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Juni 2013


 
irfk

Was geht es Jan-Josef Liefers an, ob Syrien bald bombardiert wird wie zuvor der Irak, Libyen und Afghanistan? Hat er das zu entscheiden? Selbstverständlich nicht, aber trommeln kann er dafür. Zu diesem Zweck ist er nach Aleppo gereist, hat Tote und Verwundete gesehen und offenbar Geschmack daran gefunden. Denn jetzt spricht er sich für ein “militärisches Eingreifen” aus, wozu er sich gar mit Außenminister Guido Westerwelle treffen soll. Aber aber, wie zynisch! Natürlich will Herr Liefers nur das Beste: Ganz schnell Frieden schaffen durch noch mehr Waffen.

Da Herr Liefers höchstpersönlich in Syrien war, ist er nun Experte für alles. Er weiß genau, wer dort gegen wen kämpft, wie das alles einzuschätzen ist und was daraus zu folgern. Vorher war nämlich, so die FR, noch kein “westlicher Prominenter” dort. Es braucht also westliche Prominente, um die Lage endlich zu durchschauen und die einzig richtige auch “humanitäre” Entscheidung zu treffen: Bomben gegen Bomben. Schließlich heißt das Projekt “Cinema For Peace“. Dessen umtriebiger Initiator Jaka Bizilj, ein Manager elitärer Zirkel, der auch “Sports for Peace” initiierte, ist u.a. Mitglied der “Clinton Global Initiative“, die von sich sagt, dass sie “globale Führungspersönlichkeiten zusammenführt, um innovative Lösungen für die dringendsten Probleme der Welt zu schaffen und umzusetzen.” [Übersetzung von mir]. In der Regel die amerikanische Standardlösung vermutlich.

Die amerikanische Standardlösung

Vor diesem Hintergrund tourt also ein zweitklassiger aber beliebter deutscher Mime (Jan Josef Liefers, bekannt aus Filmen und Serien, in denen er Jan Josef Liefers spielt) durch die Gegend und bereitet das Volk auf friedenschaffende Maßnahmen zur dringenden Lösung des Syrienproblems vor. Konsequent erscheint diese Besetzung allein dadurch, dass er als Pathologe im “Tatort” bekannt wurde und ein gewisses Faible für Leichen die Sache verständlicher macht. Man könnte jetzt die Propaganda zerpflücken, die aus Liefers’ Worten spricht, etwa die völlig deplazierte Vokabel “Flächenbrand”, anhand derer spätestens ersichtlich wird, dass er nicht weiß, wovon er redet. Aber wozu? Der Mann ist Schauspieler.

Vor einigen Jahren noch, als wir noch friedlich waren, haben sich Künstler stets gegen Kriege ausgesprochen, weil sie sich als Gegenkraft zur militärisch-ökonomisch-politischen ‘Elite’ begriffen. Heute gehört es wieder dazu, dass sie willig junge Menschen zum Töten und Sterben auffordern, weil einige von ihnen glauben, selbst zu jener ‘Elite’ zu gehören. Einer Elite, die nichts wissen muss, die nur kurz hinschaut und dann Befehle erteilt. Liefers ist also der erste westliche Prominente, der sich dafür hergibt, den Syrienkrieg auszurufen. Nach dem unsäglichen Till Schweiger ein weiterer Hanswurst, der den Bellizisten das Wort redet, selbstverständlich unter tatkräftiger Mitwirkung deutscher Qualitätsmedien. Der Wind wird rauh.

 
Nach den neuesten mutigen Reformschritten in Griechenland (Abschalten des Öffentlich-rechtlichen Fernsehens, Privatisierung der Atemluft, Steuerbefreiung für die Capsaicin verarbeitende Industrie) sind weitere Maßnahmen auf dem Wege, um die Bevölkerung mit den Beschlüssen der Troika zu versöhnen. So hat die kreuzkatholisch orthodox evangelikale Reformkommission der EU die ökumenische Übereinkunft getroffen, Arbeitsunwilligen nur noch eine halbe Hostie zu verabreichen. Auch werden ihnen nur noch zwei Drittel ihrer Sünden vergeben.

Der gesamtchristliche Bibelkreis Römische Deutung (BRD) hat die Geistlichen aller Konfessionen angewiesen, die “Brotvermehrung” bei künftigen Predigten in einer neuen Fassung zu verbreiten. Demnach wurden Brote und Fische nicht in größerer Menge verabreicht, sondern vielmehr den Hungernden durch den Erlöser eine Anleitung zur Selbsthilfe gegeben. Der Messias habe durchaus Kenntnis von dem negativen Effekt unnötiger Hilfe gehabt.

Revision sozialistischer Fehldeutungen

Der Begriff “Nächstenliebe”, bekannt durch den von Sozialisten missbrauchten Slogan “Liebe deinen Nächsten wie dich selbt”, beziehe sich ausschließlich auf den jeweils nächsten berechtigten Bedürftigen. Auch “Liebe” sei eine endliche Ressource und dürfe nicht zu Missbrauch verleiten. Das Opfer des Gottessohnes sei darüber hinaus nicht als Freibrief für Getaufte zu verstehen. Es sei als unzweifelhafte Aufforderung zur Opferbereitschaft der arbeitenden Bevölkerung und ihrer nicht arbeitenden Nachkommenschaft zu verstehen. Das hölzerne Kreuz des Adoptivsohns eines Zimmermanns stehe symbolisch für die Konsequenz fortgesetzter Arbeitsverweigerung und selbstverschuldeter Armut.

Die Rolle der Pharisäer und Hohepriester wurde ebenfalls einer grundlegenden Neuinterpretation unterzogen. Demnach hat der Messias zwar von seinem Recht auf freie Meinungsäußerung und Kritik Gebrauch gemacht, stellte aber die Autoritäten nicht grundsätzlich infrage. Die Pflicht zur Kooperation mit der römischen Ordnungsmacht und ihren lokalen Vertretern sei auch durch Jesus von Nazareth nie angezweifelt worden. Im Gegenteil habe die von ihm widerstandslos akzeptierte Sanktion (Kreuzigung) Vorbildcharakter. Allein dadurch habe er die vereinbarte Wiedereingliederung in die Gesellschaft (Auferstehung) legitimiert.

Kirchen stützen Märkte

Weitere Anpassungen der Basistexte abendländischer Wirtschafts- und Gesellschaftsordnung sind in Arbeit. In Kürze erscheint der reformierte Kommentar zur Eigentumsfrage. Wie vorab gemeldet wird, ist die “Vertreibung aus dem Tempel” als Kritik an der behördlichen Einflussnahme auf den freien Handel zu verstehen. Der Retter habe mit seiner Aktion ein Zeichen setzen wollen dahingehend, dass die Händler sich nicht im Schutze einer übergeordneten Macht betätigen sollten. Ihr Platz sei außerhalb solcher Protektion verortet. Freier Handel habe dort nichts zu suchen, wo Zweifel an der Freiheit von Erwerb und Privateigentum gesät werden.

Die Kirchen wollen mit ihrer ausdrücklichen Zustimmung zur Neudeutung des Evangeliums die Reformprozesse aktiv unterstützen. Die soziale Marktwirtschaft® solle nicht infrage gestellt werden, auch nicht durch den Messias oder seinen Mentor im All, so ließ der Papst am Rande des Christopher Street Day verlauten.

p.s.: Sollte der Text irgendwie bekannt klingen, seid ihr schon verdammt lange hier ;-)

 
Sie sind ein Hirni, der so grunzverdöst dämlich durchs Leben marodiert, dass selbst der zweitdümmste Spacko auf dem Planeten sofort merkt: Da kommt ein Depp daher.

Sie sind versiert in allen Arten von Blödheit:
- nicht wissen, wer Sie sind, wo Sie sind und mit wem Sie gerade sprechen
- gern die einfachsten Dinge verwechseln, z.B. Freund und Feind, brutto und netto, links und rechts (Schuhe!)
- alles ungeprüft weiterbrabbeln, was irgendwer Ihnen erzählt
- immer am falschen Ort zur falschen Zeit den falschen Witz erzählen
- alles wörtlich nehmen, sich immer angesprochen fühlen und stets etwas völlig Unpassendes antworten
- durch jeden Reifen springen, den irgendwer hinhält, jede Aufgabe sofort übernehmen und daran erbärmlichst scheitern.

Sie beherrschen darüber hinaus schmerzfrei die Disziplinen Sockenschuss, Pfeil im Kopf, Vollmeise und Dachstuhlbrand sowie alle Defekte an Keks, Murmel, Rassel und Waffel. Ihr eklatanter Mangel an Latten am Zaun und Tassen im Schrank ist sprichwörtlich, sie haben keine Nadel mehr an der Tanne, es fehlen sämtliche Fledermäuse in Ihrem Turm. Ihr kognitiver Kahlschlag ist Premiumklasse.

Die Stelle als Vollidiot – gern auch in Teilzeit – wird mit dem üblichen Salär für Staatssekretäre vergütet, Grundgehalt der Besoldungsgruppe B 11. Bewerbungen bitte mit Jagd- und Merkbefreischein, Zeugnis der geistigen Rollstuhlreife, des Hochstuhlabschusses sowie ggf. der Dissoziation an Ihr

Kompetenzteam Peer, Kap der Guten Hoffnung, Klippe 2013

 
Ein Artikel beginnt mit den Worten:
Der Nürnberger Gustl Mollath sitzt seit sieben Jahren in der Psychiatrie. Er selbst hält sich für das Opfer einer Verschwörung“.

Da ist er ja nun nicht der Einzige. Solche Leute gehören schließlich dorthin. Paranoia wurde ihm beschieden, also ist alles bestens, richtig? Oh, da wurden quasi sämtliche Vorwürfe inzwischen pulverisiert und es hat sich herausgestellt, dass Mollath keineswegs illegale Auslandsgeschäfte erfunden hatte, sondern diese tatsächlich stattgefunden haben. Dass seine Frau damit tatsächlich in Verbindung zu bringen ist, ist erwiesen und dass angebliche Ausraster wie das Zerstechen von Reifen nicht einmal ansatzweise nachgewiesen sind, ist ebenfalls amtlich. Daher ist der Fall Mollath für andere Medien ein handfester Skandal.

Der “Stern” aber veröffentlicht einen Artikel von “Carsten Höfer, dpa” – es bleibt zum Schutz des Autors unkenntlich, ob Herr Höfer von der dpa ist oder sich bei der seine Informationen zurechtsortiert hat – in dem diese neuen Wertungen einer vollständigen Revision unterzogen werden. Dies gelingt mithilfe der Aussagen von Mollaths Gegenparteien und sehr durchdachten Bewertungen der Protagonisten und ihres Tuns. So werden Mollaths von ihm angezeigte Frau, die Justizbeamten, deren Versagen oder Rechtsbeugung zur Debatte steht und die bayerische Justizministerin, die jene gedeckt hatte, zitiert.

Spinner, Spinner, Spinner

Das klingt dann so: “alle werteten Mollaths Anzeige damals als Retourkutsche eines Spinners und legten sie zu den Akten. Weil er als Spinner eingestuft wurde, wurde die Anzeige nicht ernst genommen. Und die Schwarzgeldanzeige diente als Beleg, dass er angeblich ein Spinner sei“. Na, was ist der Mollath für einer? Das weiß spätestens jetzt jeder, zumal die nächste Überschrift lautet: “Entkräftete Verschwörungstheorien“.

Diese Ansicht versteht sich von selbst, denn “inzwischen hat sich herausgestellt, dass es sich bei den illegalen Finanzgeschäften in der Schweiz um Alltagsschwindeleien einiger Bürger handelte“. Steuersünden halt, nicht etwa Kaufhausdiebstahl oder Sachbeschädigung. So etwas machen wir doch alle jeden Tag, ein bisschen schwindeln und schwups ist das Geld in der Schweiz.

Es ist sehr zu loben, dass sich hier echter Qualitätsjournalismus nicht der allgemeinen Hysterie um das angebliche Fehlurteil über einen brutalen Schläger und Spinner anschließt, sondern zu einem ganz eigenen Urteil kommt. Die bewusst wahrgenommene Verantwortung für Leistungsträger, deren kleine Schwindeleien nicht der Anlass für die Verfolgung durch Wahnsinnige sein dürfen, ist vorbildlich und ein wohltuender Kontrast zur Kampagne der FR gegen die hessische Landesregierung im Fall der paranoid-querulatorischen Steuerfahnder.

“Argumente” von Spinnern: eine Falle!

Was dieses große Stück Journalismus auszeichnet, ist dass man weder “tatkräftige Anwälte“, die nur “die große Bühne” suchen – sogar durch eine Website! – zu Wort kommen lässt, um ihre kruden Theorien zu verbreiten, geschweige denn den Täter selbst oder dessen “Fans”, wie die Unterstützer zurecht genannt werden. “Fans”, das ist die Kurzform für Fanatiker, die in blinder Gefolgschaft zu jeder Dummheit bereit sind, um ihre Treue unter Beweis zu stellen.

Besonders mutig auch, dass “Carsten Höfer, dpa” sich nicht in das sinistre Geflecht von Zweifeln, Gegendarstellungen und Argumenten begibt, dass die Partei des Paranoikers gesponnen hat. Um sich nicht von denen übers Eis ziehen zu lassen, hat er folgerichtig alle seine Behauptungen unbelegt gelassen und sich jedweden inhaltlichen Bezugs auf andere Quellen enthalten. Der Leser erfährt exakt das, was er erfahren muss. Chapeau!

 
Die Amis hatten schon immer gröbere Methoden. Erst mal den Wald abfackeln, dann gucken, ob vielleicht wer drin wohnt. Sollte jemand mit dem Feuerlöscher anrücken oder gar vor dem kommenden Brand warnen, wird der natürlich als Erster erschossen. Es geht schließlich um die nationale Sicherheit!

Aber auch die hiesigen Dienste, nicht zuletzt das BKA, dessen Umbau zur Geheimpolizei sicherlich in vollem Gange ist, ehe man versucht, diesen Skandal an der Verfassung und ihrem gleichnamigen Gericht vorbei zu pfuschen, haben so ihre Vorstellungen von Privatsphäre und Datenschutz. Ich erinnere an die unsägliche Aktion, die vor drei Jahren aufgeflogen ist. Es ging um die sogenannte “militante Gruppe”, ein Popanz rund um Brandanschläge auf Fahrzeuge, in dessen Rahmen unter anderem Andrej Holm und seine Familie terrorisiert wurden.

Damals hat das BKA Texte mit vermeintlich linksradikalem Inhalt verbreitet und darin auf die eigene Website hingewiesen. Deren Besucher wurden in der Folgezeit allesamt erfasst – alle, die man erfassen konnte. Außer bei der Telekom scheiterte das nämlich am zeitigen Löschen der Daten. Darum wollen sie auch nach wie vor ihre Vorratsdatenspeicherung. Ich schrub dazu cirka folgendes:

Wir tun nur unsere Pflicht


Dein Problem, Linksextremist, dass du immer so viel schwätzen musst. Nimm dir ein Beispiel an deinem rechten “Pendant”, da geht es zünftig zu und meist ganz wortkarg, und wenn nicht, wird wenigstens nicht lange theoretisiert.
Heil Hitler, Hermann!” – “Heil Hitler, Hans!”; mehr braucht es nicht, um ganz identifiziert, eins mit sich und den Kameraden zu sein. Das muss auch niemand aufschreiben, und wenn es doch einer tut, ist es der Franz vom Verfassungsschutz, aber der gehört schon so lange dazu, das ist längst Brauchtum.

Der Linksextremist hingegen muss ständig debattieren, kommunizieren, diskutieren. Welcher Marx gerade der richtige ist, ob’s eine Gentrifizierung hat oder der Kapitalismus sich nächsten Mittwoch endgültig zerlegt, es muss immer gequatscht werden, daheim, unterwegs und natürlich im Internet. Und weil das so ist, muss das BKA dich nicht direkt unterwandern und kann nicht beim Bier mit dir auf die Scheißkanaken fluchen, sondern es muss dich abschöpfen, entlarven und dir dann die Tür eintreten, um dich zu verhaften und deine Kinder zu traumatisieren.

Was machst du es auch dir und anderen so furchtbar schwer? Man versteht dich so schlecht, das macht dich noch gefährlicher als du ohnehin schon bist. Du könntest ein Aufwiegler sein, der zu Aktionen anstachelt. Aktionen, die die Bundesrepublik Deutschland in ihrer Existenz gefährden. Überall in deinen komplizierten Texten kann so ein Aufruf lauern. Ein Aufruf, den nur Deinesgleichen versteht. Du musst einsehen, dass sie Angst vor dir haben.

Und darum sammeln sie Informationen, über dich und deinesgleichen. Sie müssen wissen, was du sagst und wer das hört. Wer dich vielleicht versteht und mit dir den Umsturz plant. Je mehr sie von euch wissen und je besser sie euch verstehen, desto eher können sie die Gefährlichen von den Ungefährlichen trennen. Bis dahin, lieber Linksextremist, seid ihr erst einmal alle gefährlich – und werdet so behandelt. Das ist ihre Aufgabe. Das BKA und der Verfassungsschutz sind Geheimdienste wie sie jedes Land hat. Sie tun das, was sie tun müssen: nur ihre Pflicht.

 
udoframaxEs ist wieder soweit: Ich bitte wie in jedem Jahr seit 2007 um Vorschläge zum “Feynsinn Underdog”, dem Blog-Award der objektivsten Jury dieser Welt. Auch letztes Jahr musste ich wieder auf einen alten Bekannten zurückgreifen, allmählich ist das Kontingent der Inzucht aber wirklich erschöpft. Zum letztjährigen und quasi amtierenden Preisträger ist allerdings zu sagen, dass er nicht aus der ‘Ecke’ der linken oder linksliberalen Blogger kommt, jenem Pool, in dem man scheint’s immer öfter einen Bogen umeinander schwimmt. In meinem Fall liegt das sicher daran, dass ich unter den (Ex-)Lilis so etwas wie die linksradikale Sau bin, mit der der eine oder andere nicht mehr will – was im Einzelfall auf Gegenseitigkeit beruht.

Ich fand meine letztjährige Entscheidung sehr gelungen, weil viele bei ihm hängen geblieben sind und er auch einen sehr geilen Job macht. So soll es sein. Was weniger gelungen war, ist dass ich ihm damit auch die dunkle Seite der Trolleria zugeführt habe. Ich hoffe, der Hund hat dennoch überwiegend Freude gemacht.

Kurz zum Kern der Sache:
Ich suche Blogs, gute Blogs, herausragende Blogs. Aber eben nicht die, die eh schon jeder liest, sondern solche, die eher unbekannt sind oder zumindest noch nicht die Resonanz haben, die sie verdienen. Wer eins kennt oder einen kennt, der eine kennt … immer her damit. Sollte sich keiner finden, der mich inspiriert, werde ich mich selbst auszeichnen und dann die Autodestruction in Gang setzen. Dies ist übrigens noch immer keine Wahl oder so ein demokratischer Schickschnack. Ihr könnt mir gern sagen, was ihr gut oder schlecht findet, eine öffentliche Abstimmung abhalten oder euch verschwören. Für die Jury ist das unerheblich. Die setzt sich ebenfalls wie immer zusammen aus mir, mich und ich. Und jetzt her mit den Vorschlägen!

Auf vielfachen Wunsch gibt es diesmal auch einen kurzen Blick in die Historie. Der Underdog (er hat übrigens inzwischen Herz, hält sich mit Pillen aber ganz wacker) wurde 2007 erstmals ausgelobt, nachdem der “Grimme Online Award” schon auf der Jungfernfahrt zu einer peinlichen Groteske geriet. Hier die bisherigen Preisträger:

2007: Kiesow (derzeit down)
2008: Hokey’s Blog
2009: Der Morgen
2010: Notizen aus der Unterwelt
2011: Die roten Schuhe
2012: daMax
2013: Ja? Nee? Ja?

 
ures

Nachtdienst essen Gehirn auf. Daher aus immer aktuellem Anlass eine Rezyklung aus 2008. Als wäre es gestern gewesen …

Im folgenden ein Auszug der Rede des Abgeordneten Püfelswitz (SPD):

Herr Präsident, meine Damen und Herren!

[Applaus von CDU/CSU und SPD]

Das BKA-Gesetz ist die Antwort der freiheitlich demokratischen Grundordnung auf die aktuelle Bedrohung durch den internationalen Terrorismus. Gerade der nationale Terrorisus zeigt uns, dass wir den internationalen bekämpfen müssen. Die Demokratie muss wehrhaft bleiben, damit nicht Kräfte rechts von der Mitte unsere Schwächen im Kampf gegen den Terror für ihre Zwecke missbrauchen.

[Zwischenruf des Abgeordneten Schieble (CDU): Ischlamischtisch, ischlamischtisch!]

Wie der Bundesminster des Innersten bereits ausführte, ist der Gesetzentwurf ausgewogen und maßvoll. Dies ist kein Staat, der seine Bürger überwacht, ganz im Gegenteil! Der Bürger überwacht vielmehr den Staat. Der “Bürger in Uniform” wird dafür sogar diese seine Uniform ablegen und ganz unauffällig als Bürger unter Bürgern auftreten. Der Staat, das sind wir alle. Wir alle haben ein Grundrecht auf Schutz und Sicherheit.

[Stehender Applaus von CDU/CSU und SPD]

Meine Aufgabe und die Aufgabe der sozialdemokratischen Partei Deutschlands besteht in diesen Tagen darin, dafür zu sorgen, dass die Ausstattung des BKA mit mehr Kompetenzen als ein Meilenstein der Bürgerrechte und des Datenschutzes angesehen wird. Wir waren es, die den Bundestrojaner erfolgreich bekämpft und stattdessen die ausgewogene und unauffällige Online-Durchsuchung durchgesetzt haben.

[Tränenreiches Gelächter bei Linken, Grünen, FDP, CDU/CSU und A. Nales.
Zwischenruf A. Nales: Richtig! Pfui! Bravo!]

Wir haben dafür gesorgt, daß die Vorratsdatenspeicherung vom Tisch ist und dafür alle Verbindungsdaten mindestens sechs Monate gespeichert werden. Wir haben für die Trennung von Polizei und Geheimdiensten gekämpft und durchgesetzt, dass eine reibungslose Zusammenarbeit aller Sicherheitsdienste in einer gemeinsamen Behörde gewährleistet ist. Alle Büros dieser Behörde werden durch stabile Rigipswände voneinander getrennt sein.

[Zwischenruf A. Nales: Hört, hört!]

Es waren Sozialdemokraten, die die Einhaltung der Bürgerrechte in aller Welt immer wieder eingefordert haben, sogar vom Kollegen Schieble, der ein Lied davon singen kann.

[Zwischenruf des Abgeordneten Schieble (CDU): Ischlamischtisch, ischlamischtisch!]

Dabei haben wir uns immer wieder gegen jede Einschränkung der Grundrechte ausgesprochen und waren am Ende dennoch immer ein zuverlässiger Koalitionspartner.
Wenn wir jetzt dem Gesetz zustimmen, das das BKA mit allen allen notwendigen und denkbaren Mitteln ausstatten wird, so ist darin keine Resignation oder Kapitulation zu sehen. Es ist vielmehr ein gelungener und ausgewogener Mix aus beidem, und zwar aus Überzeugung.
Mehr kann man von uns Sozialdemokraten in diesen schweren Zeiten wohl nicht verlangen. Wir können stolz auf uns sein. Ich danke Ihnen.

[Applaus von CDU/CSU, FDP, SPD und Grünen.]

 
pira

Kai Biermann hatte bislang versucht, sich als irgendwie netzaffin zu präsentieren, trat auch beim CCC auf, um seine aus meiner Sicht oberflächlichen semantischen Betrachtungen des “Neusprech” aufzugießen, die er unter dem gleichnamigen Blog anstellt. Derweil geriert er sich für die “Zeit” als Fachexperte für “Internet, Datenschutz und Netzpolitik”. Seine Hauptaufgabe als journalistischer Hofschreiber hat er dabei allerdings nie vernachlässigt und liefert mit einem unsäglichen Artikelchen zum Streaming über Movie2k.to sein Gesellenstück ab. Im Zweifel schreibt man da für den Profit, zu diesem Zweck kann keine Argumentation zu dumm oder zu peinlich sein.

Was zunächst auffällt, ist dass von den ersten 12 Kommentaren, in denen die “Zeit”-Leser ihm seine Inkompetenz um die Ohren hauen, satte sechs gelöscht wurden. Das ist die Hälfte, wie auch mathematisch weniger Begabte bereits errechnet haben. Entweder sind also die Leser dieses Auftritts besonders widerwärtige Zeitgenossen, die sich nur vulgär oder sonstwie aggressiv zu artikulieren wissen oder der Finger des Zensors hatte da ein großes Zittern. Es nützte freilich nichts, der Gegenwind wurde nur heftiger, scheinbar ist niemand der Ansicht des Experten.

Deutsches Recht weltweit

Dessen Borniertheit fokussiert auf eine angebliche Illegalität: “Das Anbieten solcher Streams ist illegal. Punkt.“, meint er sowie: “Das zur Verfügung stellen von Filmen ohne das Einverständnis des Urhebers und der Rechteverwerter ist illegal. Das Ansehen solcher Streams mag eine Grauzone sein, nochmal: mag. Es gibt auch ein Urteil, das das temporäre Speicherin in Ihrem Cache als Speichern betrachtet. Das Anbieten aber ist klar illegal und damit auch das Portal.”

Für Biermann gilt also deutsches Recht weltweit, auch zum Beispiel in Tonga. Er macht sich nicht einmal die Mühe zu erörtern, inwiefern die unterschiedlichen nationalen Gesetzgebungen einen Einfluss auf das Problem haben. Dass er dann noch die verschrobene Konstruktion der “Speicherung” im Browsercache ins Feld führt, zeigt, dass er sich für eine Seite entschieden hat: Für die der “Rechteverwerter”, deren Lobby immer neue Versuche diktatorischer Rechtsbeugung auf den Weg bringen, um ihr Interesse international durchzusetzen. Allein deren Interesse ist eindeutig: Profit.

Natürlich muss der Neusprech-Profi Biermann diesen Umstand projizieren und der Gegenseite dieses Motiv unterstellen: “Profit ist das Motiv, nicht Netzfreiheit“, sagt er und meint die Anbieter kostenloser Streams. Selbstverständlich ohne je zu diskutieren, was es bedeutet, dass er hier von einem der meist besuchten Webauftritte deutscher Nutzer spricht. Legal ist das Kapital, bloß nicht fragen, warum.

Basta, Punkt, Ende der Diskussion

Informationsfreie Meinungsproduktion ist das, obendrein eine, die sich selbst richtet, dazu gehören dann auch erfundene Gefahren wie “Abofallen” und “Schadsoftware”, die man sich dort angeblich einfängt. Ja nee ist klar: Wer Geld mit massenhaftem Streaming verdienen will, verbreitet Schadsoftware und Abofallen. So wie ein Metzger vergiftetes Fleisch verkauft, weil ihm das die Kunden in Scharen zutreibt. Face. Palm.

Mir persönlich ist es völlig wurscht, ob Angebote wie Movie4k.to existieren oder nicht. Es ist mir aber nicht egal, dass bei dem Versuch einen Deckel auf Streaming und Filesharing zu pressen Bürgerrechte mit Füßen getreten werden und überhaupt das Rechtsempfinden der großen Masse unreflektiert als “illegal” abgetan wird. Es handelt sich hierbei – selbst wenn man dem Kapital ein Recht auf Profit einräumt – zumindest um widerstreitende Interessen. Wäre es also wirklich so, dass die Legalität völlig einseitig die Interessen des Kapitals über die der Massen von Nutzern stellt, dann stimmt mit dieser Legalität etwas nicht.

Dies kann man dann wenigstens zur Kenntnis nehmen und darüber diskutieren, dabei kann ein gedungener Lohnschreiber ja durchaus die Meinung seiner Geldgeber vertreten. Stattdessen aber in Basta-Manier stumpf den Befehl zum Ende der Debatte zu wiederholen, das ist noch blöder als Neusprech. Das ist Propaganda für Anfänger.

Deutsche Polizisten wissen, wie es geht. Ein Befehl, den sicher niemand dokumentiert hat, rechtswidrig sowieso – Recht ist dazu da, gebeugt zu werden wie der Gang der Untertanen – und schon marschieren sie los. Der propagandistische Vollblödsinn von der “passiven Bewaffnung”, die seit Jahrzehnten ein Vorwand ist loszuschlagen, mündet in eine neue Qualität absurden Theaters: Regenschirme und Sonnenbrillen verstoßen also nunmehr nach Ansicht der Obrigkeit und ihrer Vollstrecker vor Ort gegen das ‘Vermummungsverbot’. Ein herausragender Schachzug – sofern man ein Brettspiel, das mit dem Gummiknüppel gespielt wird, als “Schach” bezeichnen möchte, denn so ist bei jedem Wetter ein Teil der Teilnehmer Anlass zur Prügelorgie. Nur nackte Demonstranten wären danach nicht vermummt, die kann man dann aber wegen Erregung öffentlicher Erregung festnehmen.

Wenn ein Beamter im Laufe sogenannter “Verhandlungen” über die Frage, auf welche Weise das Demonstrationsrecht ad absurdum geführt werden solle, seinen Erschießungsphantasien freien Lauf gelassen hat, klingt dies nicht wirklich nach Fiktion. Die bewaffneten und vermummten Polizeikräfte – was ist eigentlich das Gegenteil von “Elite”? – und Handlanger jedes halbirren Obersheriffs mit Hang zum Krawall sehen in Demonstrationen ganz offenbar nicht die Wahrnehmung eines demokratischen Rechts. Schlimmer vielleicht noch: Womöglich sehen sie das eben doch, sie können aber genau das nicht leiden. Sie als die Guten und ihre Führer als die Besten der Besten wissen doch stets besser, was sich gehört. Sie selbst sehen keinen Grund zu demonstrieren, im Gegenteil gilt ihnen die Versammlung freier Bürger/innen als Respektlosigkeit. Wenn sie als Beamte unter dem Befehl der Obrigkeit stehen, deren Autorität da offenbar angezweifelt wird, kann ja wohl etwas nicht stimmen.

Die Besten der Besten

Dass es Menschen gibt, die nur zu Demonstrationen fahren, um vermummt auf den Souverän einzuprügeln, kann niemand mehr ernsthaft bestreiten. Diese Leute sind häufig Berufsanfänger, viele mögen den Dienst in einer kasernierten Einheit, die ursprünglich eine bewaffnete antikommunistische Truppe war, welche nach 1968 auch gezielt auf Demonstrationen losgelassen wurde. Zwar sind die Bereitschaftspolizeien Ländersache, sie agieren aber überregional. Kurz gesagt erfüllen sie alle die Kriterien, die sie ihren Feinden vorwerfen.

Das Feindbild ist schon immer dumm gewesen, weil eben ein Feindbild, und inzwischen qualifizieren sich die verfassungsfeindlichen Schläger als Deppen der Nation, die bewaffnete Autonome nicht mehr von singenden Rentnern unterscheiden können. Solche Experten braucht es, wenn künftig immer häufiger Bürger/innen zusammengeschlagen werden müssen, die ihren Unmut kundtun. Dazu passt auch die rhetorische Aufrüstung gegen faule Arbeitslose, die man vielleicht bald in Massen vor sich haben wird. Tröstlich, dass die Honks, die das noch gut finden und sich mit ihrem primatenhaften Auftreten brüsten, keine Ahnung haben, was wirklich ein aggressiver Pöbel ist. Gegen den helfen auch keine Schusswaffen.

Die Aussichtslosigkeit demokratischer Opposition ist am Ende beinahe ein gutes Zeichen. Wut ist reichlich da, aber keine Hoffnung. Die parlamentarischen ‘Vertreter’ werden von niemandem mehr als solche betrachtet, der sich mit ihnen befasst. Die Exekutive tritt zunehmend feindlich auf, unter dem Befehl oft korrupter Regierungen. Dennoch wenden sich die Zornigen noch nicht autoritären Ideologien zu. Sie haben offenbar ein trotziges Vertrauen in eine Demokratie, von der sie wissen, dass sie anders sein muss als das, was von Parteisoldaten und ihren militanten Handlangern derzeit in Schutt und Asche regiert wird.

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