Kirchen: Mehr Reformen in der Eurozone
Posted by flatter under Hintergrund[9] Comments
12. Jun 2013 21:21
Nach den neuesten mutigen Reformschritten in Griechenland (Abschalten des Öffentlich-rechtlichen Fernsehens, Privatisierung der Atemluft, Steuerbefreiung für die Capsaicin verarbeitende Industrie) sind weitere Maßnahmen auf dem Wege, um die Bevölkerung mit den Beschlüssen der Troika zu versöhnen. So hat die kreuzkatholisch orthodox evangelikale Reformkommission der EU die ökumenische Übereinkunft getroffen, Arbeitsunwilligen nur noch eine halbe Hostie zu verabreichen. Auch werden ihnen nur noch zwei Drittel ihrer Sünden vergeben.
Der gesamtchristliche Bibelkreis Römische Deutung (BRD) hat die Geistlichen aller Konfessionen angewiesen, die “Brotvermehrung” bei künftigen Predigten in einer neuen Fassung zu verbreiten. Demnach wurden Brote und Fische nicht in größerer Menge verabreicht, sondern vielmehr den Hungernden durch den Erlöser eine Anleitung zur Selbsthilfe gegeben. Der Messias habe durchaus Kenntnis von dem negativen Effekt unnötiger Hilfe gehabt.
Revision sozialistischer Fehldeutungen
Der Begriff “Nächstenliebe”, bekannt durch den von Sozialisten missbrauchten Slogan “Liebe deinen Nächsten wie dich selbt”, beziehe sich ausschließlich auf den jeweils nächsten berechtigten Bedürftigen. Auch “Liebe” sei eine endliche Ressource und dürfe nicht zu Missbrauch verleiten. Das Opfer des Gottessohnes sei darüber hinaus nicht als Freibrief für Getaufte zu verstehen. Es sei als unzweifelhafte Aufforderung zur Opferbereitschaft der arbeitenden Bevölkerung und ihrer nicht arbeitenden Nachkommenschaft zu verstehen. Das hölzerne Kreuz des Adoptivsohns eines Zimmermanns stehe symbolisch für die Konsequenz fortgesetzter Arbeitsverweigerung und selbstverschuldeter Armut.
Die Rolle der Pharisäer und Hohepriester wurde ebenfalls einer grundlegenden Neuinterpretation unterzogen. Demnach hat der Messias zwar von seinem Recht auf freie Meinungsäußerung und Kritik Gebrauch gemacht, stellte aber die Autoritäten nicht grundsätzlich infrage. Die Pflicht zur Kooperation mit der römischen Ordnungsmacht und ihren lokalen Vertretern sei auch durch Jesus von Nazareth nie angezweifelt worden. Im Gegenteil habe die von ihm widerstandslos akzeptierte Sanktion (Kreuzigung) Vorbildcharakter. Allein dadurch habe er die vereinbarte Wiedereingliederung in die Gesellschaft (Auferstehung) legitimiert.
Kirchen stützen Märkte
Weitere Anpassungen der Basistexte abendländischer Wirtschafts- und Gesellschaftsordnung sind in Arbeit. In Kürze erscheint der reformierte Kommentar zur Eigentumsfrage. Wie vorab gemeldet wird, ist die “Vertreibung aus dem Tempel” als Kritik an der behördlichen Einflussnahme auf den freien Handel zu verstehen. Der Retter habe mit seiner Aktion ein Zeichen setzen wollen dahingehend, dass die Händler sich nicht im Schutze einer übergeordneten Macht betätigen sollten. Ihr Platz sei außerhalb solcher Protektion verortet. Freier Handel habe dort nichts zu suchen, wo Zweifel an der Freiheit von Erwerb und Privateigentum gesät werden.
Die Kirchen wollen mit ihrer ausdrücklichen Zustimmung zur Neudeutung des Evangeliums die Reformprozesse aktiv unterstützen. Die soziale Marktwirtschaft® solle nicht infrage gestellt werden, auch nicht durch den Messias oder seinen Mentor im All, so ließ der Papst am Rande des Christopher Street Day verlauten.
p.s.: Sollte der Text irgendwie bekannt klingen, seid ihr schon verdammt lange hier ;-)
Juni 12th, 2013 at 21:52
Herrlich, ein echter flatter. Schön geschrieben und das mit der Hostie und den zwei Drittel Sünden hat mich zum herzhaften Lachen gebracht. Der Rest aber auch.
Ja, Reformen oder wie Heike Göbel von der FAZ schreibt, “Mut war erforderlich gewesen”, den Sender platt zu machen. Sowas nenne ich wahre Nächstenliebe, immer schön rein in den Neocons-Hintern.
Wahrscheinlich wurde auch ihr vom Kapital und der Kirche versprochen, das wer den faulen Apfel vernichtet, dem gehöre auf immer das Paradies, wenn es auch noch weit entfernt seien mag und wahrscheinlich nie geben wird. Glaube versetzt Zwerge.
Allein bei den Worten Reform, Veränderung, Privatisierung oder Anpassung sollte stets Vorsicht angebracht sein. Sie dienen nur dem elitären Kreis. Deren Freiheit will verteidigt sein, nicht die des Volkes.
Uns Steinmeier schlägt ja noch einen drauf. Gratiskultur zugunsten des Qualitätsschurnalismus verhindern; LSR damit die Propaganda weiter die Oberhand hat. Agenda 2013 – möge er die Hostie bekommen.
Juni 12th, 2013 at 22:35
Hierzulande wirste sogar aufgefordert zusätzlich zu der Kirchensteuer noch Kirchgeld zu entrichten. Sogar eine Liste schicken sie Dir, mit dem was Sie meinen, was angebracht sei. Selbst bei Einkommen unter 1200 sind noch (mal) 10 % fällig….Ein paar Jahrhunderte früher hatte man Leute wegen dem Zehnten richtiger Weise noch gehängt. Aber warte mal in Nordreihnvandalen regieren ja noch die antilutherischen Kardinäle, von einigen ländlichen Enklaven abgesehen. Die sollten sich einfach mal mit den Salafisten treffen. Sie haben ja die gleichen Ziele, wenn auch unterschiedliche Prämissen. Da gab es ja auch noch den Kalif von Köln. Eine ziemlich gruselige Vorstellung, wie Menschen im Innersten ticken können.
Juni 12th, 2013 at 23:09
Freue mich schon auf die historisch-kritische Neufassung des Gleichnisses vom barmherzigen Samariter. Entgegen linksgrüner Falschdarstellungen hat jener Samariter nämlich dem Überfallenen am Wegesrand (der ja selbstverschuldet in seine Lage geraten war) die berechtigte Frage gestellt, wie viel Fürsorge ihr Land sich eigentlich noch leisten könne und dass Solidarität und Fürsorglichkeit eher dazu beitragen, uns erschlaffen zu lassen. Durch diese Worte innerlich neu aufgerichtet gründete der Mann gleich am nächsten Tag ein erfolgreiches mittelständisches Unternehmen mit 20 Mitarbeitern.
Juni 13th, 2013 at 00:04
@ flatter: Also dass das hier mal nötig sein würde… ist das jetzt noch der Nachtdienst oder schon das Alter? :P
P.S.: Ist die Schrift hier inzwischen kleiner oder ist das auch eine Alterserscheinung (meinerseits)?
Juni 13th, 2013 at 00:32
1) Verfluchte Demens, früher habe ich Idioten an diesem Fehler erkannt. So why don’t ya kill me?
2) ist die Typo in den Sidebar ne andere, aber eher größer. Haben wir strg- gedrückt? Lässt sich leicht korrigieren. Unentschieden?
Nice ta hear from you ;-)
Juni 13th, 2013 at 07:27
Für alle jene, die den Glauben an die Kirchen verloren aber den an einen gütigen Gott nicht aufgeben möchten, empfehle ich zur Versöhnung “Gott bewahre” von John Niven (Buch und Hörbuch sind gleichermaßen unterhaltsam). Es begann damit, dass Moses das in Schönschrift gemeißelte Gebot “Seid lieb!” nicht ausreichte, und er sich daraufhin in seinen 40 Tagen auf dem Sinai gleich 10 Gebote ausdachte…
Juni 13th, 2013 at 12:43
Die neue Schrift für die Kommentare finde ich auch nicht so schön, vor allem schlechter lesbar. Warum nicht mehr die auch für die Beiträge verwendete?
Juni 13th, 2013 at 13:02
Moah ey …
edit: Da haste! :-P
- Ich hatte die Typo für die Sidebars geändert und dabei gleichzeitig auch für die Kommentare. Habe ich jetzt differenziert. Bin isch ssie ess ess Proffi oda was?!
Juni 13th, 2013 at 13:15
@7. Peinhart: Seit einem Jahr hab ich meinem Alter geschuldet ne Lesebrille (Feynsinn.org ist schließlich die rote Zelle für Altautonome). Damit gibts keine Probleme mit der Schrift. ;-)