Gegen Öffentlichkeit oder Gegenöffentlichkeit?
Posted by flatter under Journalismus , Netzwelt[123] Comments
17. Feb 2011 16:07
Werter Kollege Frank Lübberding, ich bin an zwei Stellen nicht wirklich einverstanden mit deinem Statement zur “Öffentlichkeit” der Blogs.
“Nur muss niemand die Demokratie retten, solange morgens nicht die Geheimpolizei klingelt“, ist ein schwacher Anspruch an Demokratie. Ist es nicht vielmehr so, dass die Geheimpolizei irgendwann ziemlich sicher dort Türen eintritt, wo zuvor demokratische Institutionen und nicht zuletzt der Geist der Demokratie vernachlässigt wurden? Ist alles eine Demokratie, wo nicht die Gestapo wütet? Und schließlich: Reicht es schon, etwas irgendwie noch als “Demokratie” bezeichen zu können oder darf man auch nach Gerechtigkeit und Legitimität fragen?
Bildquelle: Wikimedia Commons / TheBrain
Der Begriff “Öffentlichkeit”, zu der du auch Blogs (ausdrücklich die Nachdenkseiten) zählst, beschreibt ein weites Feld. Natürlich sind Blogs ein Teil der Öffentlichkeit. Das Beharren auf ein “Gegen” kommt aber nicht von ungefähr. Es ist eine Anleihe von Macht und Gegenmacht und verweist daher auf eine oppositionelle Stellung zur organisierten Öffentlichkeit der klassischen Medien. Der Begriff “Gegenöffentlichkeit” konnte sich allein deshalb etablieren, weil es nachweislich Auslassungen und merkwürdige Übereinkünfte in den Massenmedien gibt, die ein einseitiges Bild von Wirtschaft und Gesellschaft erzeugen. Die Studie von Hans-Jürgen Arlt und Wolfgang Storz (pdf, knapp 300 Seiten) etwa ist ein deutliches Dokument dieses Umstands.
Allerdings ist der Begriff nicht glücklich gewählt, denn eigentlich ist es die ‘Gegenöffentlichkeit’, die wirklich öffentlich, weil offen ist. Im Gegensatz zu den medialen Wirtschaftsbetrieben sind Blogger unabhängig. Sie vertreten ihre Meinung und kaschieren nicht unter dem Deckmantel der Neutralität Interessen Dritter, von denen sie geleitet werden. Sie stehen als Autoren für ihre Inhalte. Öffentlicher geht es nicht. Dem gegenüber stehen Medien, die entscheiden, was der Leser wissen muss und was er nicht wissen muss (siehe Video). Solche Medien sind offenbar allzuoft gegen Öffentlichkeit.
Soll es also wirklich Öffentlichkeit sein, und zwar eine, die nicht autokratisch reguliert ist, müssen Medien und Autoren weitest möglich unabhängig sein. Vielleicht ist es besser, darüber zu debattieren, wie solche Unabhängigkeit wieder hergestellt werden kann. Denn ohne unabhängige Medien wird es im Fall des Falles gar nicht mehr möglich sein, die Demokratie zu retten.

Na klar, niemand muss sich bei Facebook anmelden, jeder kann entscheiden, was er von sich preisgibt, so die Argumentation der Betreiber und ihrer Fans. Das ist aber blanke Augenwischerei, denn das Geschäftsmodell beruht ebenso auf dem Gegenteil wie die Funktionalität der Plattform. Nur weil der Umgang mit persönlichen Daten auf beiden Seiten – höflich formuliert – fahrlässig ist, findet man sich dort. Dass man “sich findet”, finden die Naivlinge, sie sich dort tummeln, supi. Ihnen wird aber vorenthalten, was ihre Daten ‘wert’ sind, in Euro und Cent. Schon gar nicht machen sie sich klar, was die Weitergabe dieser Daten zur Folge haben kann. Ist doch alles so schon bunt und lustig. Wer da Bedenken äußert, ist ein Miesmacher. Wir feiern hier ‘ne Party und du bist nicht dabei, ätsch!
Das ist natürlich genau die Art von Suchabfrage, die man braucht. Warum kommt Google nicht auf diese großartige Idee? Nachdem Schuster also offenbart, dass sie nicht den Grips hat, eine Suchmaschine mit brauchbaren Anfragen zu füttern, empfiehlt sie die Wohlfühl-Informationen der Datenraub-Community. Man will schließlich irgend etwas finden, das irgendwie mit irgendwem zu tun hat. Bei Google findet man hingegen nur das, was mit den eingegebenen Schlagwörtern zu tun hat. Das ist blöd und langweilig.
Ich gratuliere mir einmal wieder. Vor fünf Jahren schrub ich den ersten Artikel, dieser hier ist bereits der 1568te.
