Es klingt, als habe da einer etwas eingesehen, als sei er selbstkritisch und erkenne, dass er Fehler gemacht hat. Als habe er einen Irrtum erkannt und lasse sich eines Besseren belehren. Thomas Straubhaar schreibt:

Warum haben so wenige – auch ich nicht – kritisch hinterfragt, wer, erstens, ein ganz profanes persönliches Interesse am Effizienzmythos der Finanzmärkte hat und wer, zweitens, in welcher Form auch immer in der Praxis vom Glauben an die Effizienz von Finanzmärkten profitiert.”

zombecoIch bemühe mich meist, solche Lernprozesse wohlwollend zu betrachten. Diesmal habe ich da allerdings ein Problem: Ich glaube ihm kein Wort. Ausgerechnet einer, der seit Jahren für die INSM die Trommel schlägt, soll nicht wissen, dass und wer vom “Glauben an die Märkte profitiert”? Dazu muss er nur seine Kontoauszüge lesen. Das ist schlicht lächerlich. Ein Ökonom, der sich angeblich nicht einmal diese Frage gestellt hat, sollte wenigstens seine Ämter niederlegen und fortan schweigen. Leider ist damit keineswegs zu rechnen. Wer braucht einen, der nur redet, was ” ‘angesagt’ ist und publiziert wird in jenen akademischen Zeitschriften, die als Grundlage von Rankings genommen werden“, aber stets mit unerhörter Arroganz seinen Gegnern übers Maul fährt?

Wir war’n im Widerstand

Es ist ja nicht so, als sei der Glaube an die Effizienz der Märkte der einzige “Irrtum” des Uniformierten, der jetzt zum Widerstand gehören will. Im Gegenteil ist Straubhaar einer der prominentesten Verfechter des Neoliberalismus in allen Details. Das brachte ihm schon einige Auftritte in diesem Blog ein:

Er sprach vonVollkaskoversicherung für alle oder eine Ergebnisgerechtigkeit, die allen den gleichen Lebensstandard verspricht“, als es darum ging, die Sozialversicherung schlecht zu machen.
Er sprach sich für ein Sonderrecht gegen Ausländer aus, dass viele effektiv zu Hunger und Obdachlosigkeit verurteilt hätte im Fall von Arbeitslosigkeit:
Ausländer bekämen dann die sozialen Grundleistungen nicht mehr nach deutschem Standard, sondern nach den Regeln, die in ihrem Heimatland gelten.”
Er ist ein Lohndrücker und Beschützer der Reichen der gegen Mindestlöhne ist, für hohe Mehrwertsteuern, gegen Erbschafts-oder Vermögenssteuer, für niedrige Einkommenssteuern, das ganze Programm. Ich zitiere aus meinem Artikel anno 2009:


Der schon lange und immer deutlicher widerlegte Aberglaube, mehr Geld für Wohlhabende führe zu Investitionen, wirkt hier ebenso wie der Unfug, Menschen würden durch niedrige Grundabsicherung wie von selbst an Arbeit kommen. Hier wird Straubhaars wirre Alptraumökonomie endgültig absurd:

Ein hohes Grundeinkommen bedingt hohe Steuersätze, ein niedriges Grundeinkommen ermöglicht tiefe Steuersätze. Hohes Grundeinkommen und hohe Steuersätze verringern den Anreiz zu arbeiten, niedriges Grundeinkommen und niedrige Steuersätze verstärken den Anreiz zu arbeiten.
Je höher der Anreiz zu arbeiten, umso einfacher wird das Grundeinkommen zu finanzieren sein, je geringer die Arbeitsanreize, umso weniger wird das Grundeinkommen finanzierbar sein. So einfach ist die ökonomische Logik des politisch Machbaren.
‘ ”

Wenn die Todessteuer droht

Straubhaar ist nicht einmal zu schade für propagandistische Blödheiten wie die, eine Erbschaftssteuer als “Todessteuer” zu bezeichnen.

Jemand, der sich derart aggressiv für niedrige Löhne, hohe Gewinne und ungehemmte Vermehrung von Privatvermögen stark gemacht hat, das Aushängeschild des mächtigsten Think Tanks des deutschen Neoliberalismus, will jetzt das Opfer eines allgemeinen Trends sein? Wer, wenn nicht er hat diesen Trend gesetzt? Den Geisterglauben an die Markteffizienz vertritt er im übrigen ungebrochen, wenn er weismacht,

dass die unsichtbare Hand des Marktes dafür sorgt, dass aus egoistischem Handeln auch altruistische Folgen zum Wohle aller entstehen.

Er hat es nach wie vor nicht kapiert, fühlt sich aber gleichwohl dazu auserkoren, schon wieder Ratschläge zu erteilen:

Entsprechend sollten Politik und Gesellschaft Gesetze und Regeln, Anreize und Sanktionen dergestalt setzen, dass Menschen dazu gebracht werden, sich so zu verhalten und ihr Tun oder Lassen so zu verändern, dass mikro- und makroökonomisches Erfolgsstreben möglichst deckungsgleich werden.

Dem toten Gaul die Sporen geben

Ach ja, das System soll bleiben wie es ist, bloß müssen “Politik und Gesellschaft” dafür sorgen, dass das Spiel der Bereicherung nicht an der Dummheit der Akteure an den Märkten scheitert. Was kann der Staat da machen? Ich ahne es: Niedrige Löhne und “Nebenkosten”, Abschaffung der Todessteuer, hohe Mehrwertsteuer, niedriger Spitzensteuersatz? Und dazu vielleicht ein bisschen Verbot von Leerverkäufen und eine klitzekleine Transaktionssteuer, die ausschließlich zur Rettung systemrelevanter Einheiten genutzt werden darf. Wetten dass?

Was Straubhaar da bietet, bleibt das dilettantische Gewäsch eines Nützlings, der weder die Dimension der Krise erkannt hat noch das Scheitern seiner eigenen Ideologie. Dieses Dilettieren bereichert er jetzt noch um die Lüge der angeblichen Unkenntnis über die Profiteure dieses Spiels. Sollen wir davon also nichts glauben oder zur Kenntnis nehmen, dass sich einer als profunder Depp outet, aus dessen rühmlicher Dummheit alle lernen müssen? Wer soll den Mann noch ernst nehmen? Das Ganze ist im Grunde ein wissenschaftlicher und publizistischer Selbstmord. Er wird freilich nicht der erste Zombie sein, dessen hohle Hülle weiterhin durch die Medien geistert.

Bildquelle: Wikimedia Commons / Acey Duecy