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2005


Der Hartzer wird einfach zu teuer. WZ So ist es ganz konsequent, zu sparen, indem man etwa der buckligen Verwandschaft die Kosten für Arbeitslose aufbürdet. TAZ Wer sich nicht nur Kinder leistet, sondern sie auch noch zu Versagern erzieht, soll nicht mal nicht wundern! Außerdem schicken wir die Faulenzer mit dem Spaten in den Wald, ganz wie früher. Diese Maßnahme ist bereits umgesetzt und ein sehr gnädiger Umgang mit Kaufkraftzersetzern.
Aber davon kommt die Wirtschaft nicht in Schwung, und dem Volk geht es nicht besser. Für die gute Laune könnte man also wöchentlich die tausend faulsten Ausländer ausweisen. Das kommt sicher gut an. Unsere lieben Gäste aber empfangen wir natürlich herzlich – so weit sie den wiedereingeführten Zwangsumtausch leisten. Für, sagen wir, zweihundert Euro gibt es dann an der Grenze handgefegtes Laub aus deutschen Wäldern oder einen Sack Luftmaschen von der örtlichen Häkelbrigade.
Manchmal erschrecke ich selbst angesichts solcher Texte. Aber was fällt einem noch ein zu solcher “Arbeitsmarktpolitik”?

In sechs Semstern zum Diplom und dann Unternehmensberater? Der “schnellste Student Deutchlands”, wie ihn nicht die BILD, sondern der SPIEGEL nennt, will seine Blitzkarriere so fortsetzen.
Er hat das “volle Studentenleben mitgenommen”, “war vom Bafög abhängig, [hat] Volleyball und Golf gespielt”. Aha. Ich wußte doch, daß mir zum vollen Studentenleben etwas fehlte: Golf spielen! Sicher hätte ich dann nicht so ewig für mein Laberfachstudium gebraucht. Was sage ich? – Ich hätte es gar nicht erst studiert.
Ich stelle mir vor, wie das, Verzeihung, Bürschchen mit seiner Beratertruppe in die Unternehmen einfällt und dort die krisengeschüttelten Angstschwitzer in den Ruin berät. Bei allem Respekt, junger Herr: Es ist zwar Usus, Unternehmensberatung von oben herab mit Golfspielermiene zu absolvieren, in dem Glauben, Kostensenkung sei das ganze Leben. Dennoch gebietet es der Anstand, wenigstens so zu tun, als wisse man, welche Folgen das haben kann. Und dazu muß man ein winziges bißchen Lebenserfahrung heucheln können. Dinge sagen wie: “Ich weiß, wie es Ihnen geht” oder “Vertrauen Sie mir”. Ein Jährchen Bumsurlaub auf den Philippinen und eine Tour durch Deutschlands mieseste Spelunken sollten dazu beitragen können. Am Handicapp können Sie dann immer noch arbeiten.

Mein unreflektierter Antiamerikanismus bricht wieder durch, nur, weil die Amis im Irak weißen Phosphor eingesetzt haben. Das rührt daher, daß ich keine Ahnung von Kriegsrecht und -führung habe. Denn: “Weißer Phosphor ist eine konventionelle Munition, keine chemische Waffe”, so ein Pentagonsprecher. SPIEGEL Aha. Daß es eine Konvention zum Einsatz konventioneller Waffen gibt, sagt er nicht. Daß es den Opfern wurscht ist, welchen Status das Zeug hat, an dem sie elend zugrunde gehen, darf man wohl annehmen. Was sagt der Broder? Das sind keine Opfer, das sind Täter? Wir Antiamerikanisten sehen in Terroristen immer nur die Opfer? Noch ein infantiles Argument. Man muß es tatsächlich immer wieder betonen: Die abendländische Zivilisation hat sich nicht nur vorgenommen, Recht walten zu lassen sogar gegen die größten Missetäter, sondern sie beruht auf solcher Rechtsstaatlichkeit, und zwar im Krieg wie im Frieden. So will es das alte Europa.
Was unterscheidet Saddams Giftgas von Bushs Phosphor? Letzerer ist demokratisch legitimiert. Vermutlich sogar gesegnet. Ein Glück, denn es ist noch eine Menge davon da.

Unter den Titel “Gestalten statt Verwalten” haben sich Poliltik, Arbeitgeberverbände und Gewerkschaften zu einem Projekt zusammengeschlossen. Gemeinsames Ziel ist die Belebung von Kultur und Wirtschaft durch Investitionen in regionale Projekte.
Dabei werden die Investoren nicht den schnellen Profit, sondern stabile langfristige Gewinne anstreben, während es den Gewerkschaften nicht um höhere Löhne, sondern um die Möglichkeit zur selbstverwirklichenden Beschäftigung geht. Angestrebt wird ein Mix aus Erwerbsarbeit und ehrenamtlicher Betätigung. Unterstützt werden diese Projekte durch Mittel der Arbeitsagenturen. Nicht die Kontrolle von Arbeitswilligkeit steht mehr im Vordergrund, sondern der positive Anreiz zu freiwilliger Beschäftigung.
Leute, bleibt locker, das war natürlich ein Scherz! Wir sind immer noch in Deutschland!

Schon wieder so ein nachrichtenarmer Vormittag. Das Spannendste waren noch Artikel über ein Automodell von 1975, das man sofort kaufen muß, weil es bald “Kult” sein wird, und einer über “Guerilla-Marketing”. Meine Abos bei AP, Reuters und dpa sind auch abgelaufen, deshalb muß ichs mir woanders besorgen. Also Blogs lesen. Was soll ich euch sagen? Wenn ich mir anschaue, was bei Zeit.de und dergleichen an Magerkost angeboten wird, kommen mir die Tränen. Hier verdorrt eine Perle in der Bedeutungslosigkeit, während andernorts die gebrochenen Metaphern völlig unbemerkt unters massenhaft linksklickende Volk gestreut werden. Aber ihr paßt auf mich auf, ja? Hallo? Hört mich jemand? Irgendjemand?

Von den Ossis lernen, heißt siegen lernen. Matthias Platzek weiß noch, wie man sich unrealistische Mehrheiten verschafft und wird daher der nächste Kanzler werden, das hat die Partei bereits entschieden.
Der Mann, der unter Stasi-Modrow schon Minister war und über das Bündnis 90 (als es noch nicht grün war) zur SPD kam, zeigt, wie es geht und zum Beispiel seinem Vorgänger Lafontaine, was eine Harke ist. Während der sich zum Vorzschwätzer der schon bei ihrer Gründung abgehalfterten Linkspartei degradieren ließ, übernimmt der Ostkader die sozialistische Volkspartei. Respekt! Ob die Zustimmung zum Neuen Chef ernst gemeint ist oder aus schierer Verzweiflung das letzte Aufgebot zum Supertsar gekürt wurde, werden die Sozen bald geklärt haben. Spätestens, wenn sich Platzeck zur Äußerung einer Meinung versteigt und auf die Idee kommt, diese auch noch duchsetzen zu wollen.
Passend zur fünften Jahreszeit präsentiert die alte Tante einen Generalsekretär namens “Hubertus Heil”. Das klingt zwar dumpf nach Stasi-Deckname, ist aber nur PR. Schon bei der nächsten Wahl können die Stimmen der Jäger entscheidend sein!
Und sonst? Gibt es einen klugen Kommentar in der FR, den die dort Gelobten sicher nicht beherzigen werden. -> FR

Allmählich wird sichtbar, was wir uns da zusammengewählt haben. Die soziale Unwucht dank CDU, gepaart mit hemmungslosen Steuererhöhungen, die wir wohl der SPD zu verdanken haben. Dazu ein Patchwork von Einzelmaßnahmen, die den Eishauch der Sinnlosigkeit übers Land wehen lassen.
Man weiß gar nicht, wo man anfangen soll, zu zetern. Nehmen wir mal die Schnapsidee “Elterngeld”: Da soll also jungen Eltern im ersten Jahr ein gutes Gehalt von 1800 € gezahlt werden. Das ist erst einmal teuer, verleitet aber vielleicht den einen oder anderen doch zur Nachwuchsproduktion. Bei einigen wird man das wörtlich nehmen dürfen. Jedes Jahr ein Kind, und wenn’s nervt, gib’ts eine in die Goschen. Das Nähere regelt das KJHG.
Und dann? Schon heute gibt es Unterhaltsvorschuß für Alleinerziehende nur bis zum 12. Lebensjahr des Kindes. Dann fängt das große Elend an. Kaum eine Familie, die Unterstützung in Form des Elterngeldes bräuchte, kann sich wirklich Kinder leisten. Daran wird sich zwar nichts ändern, aber wenn alles klappt, werden es dann mehr Familien sein, die finanziell scheitern. Immerhin: Ein Jahr Spaß war dann dabei!
Anderes Beispiel: Die Kosten dür Rente und Krankenversicherung werden steigen, aber in Zukunft wird diese Last vollständig den Arbeitnehmern aufgehalst. Der Schwachsinn firmiert dann noch ernsthaft unter “Reform”:
“Die Entscheidung für das Unionsmodell der Gesundheitsprämie oder den SPD-Plan einer Bürgerversicherung wird damit vertagt.Dafür wollen beide Seiten mit zahlreichen Maßnahmen die Ausgaben im Gesundheitswesen weiter eindämmen.” SPIEGEL
Eben. Das marode System bleibt, wie es ist, und es zahlen die, von denen schon immer alle durchgefüttert wurden. Merke: Arbeit zahlt sich nicht aus. Achja: Und die Sache mit dem Binnenmarkt, nicht wahr? Die vergessen wir besser. Die große Koaltion erweist sich als brutalst möglicher Kaufkraftkiller. Schlimmer konnte es tatsächlich nicht kommen.
Aber vielleicht tritt ja noch jemand zurück, und es gibt Neuwahlen. Die Hoffnung stirbt zuletzt. Allmählich wird sichtbar, was wir uns da zusammengewählt haben. Die soziale Unwucht dank CDU, gepaart mit hemmungslosen Steuererhöhungen, die wir wohl der SPD zu verdanken haben. Dazu ein Patchwork von Einzelmaßnahmen, die den Eishauch der Sinnlosigkeit übers Land wehen lassen.
Man weiß gar nicht, wo man anfangen soll, zu zetern. Nehmen wir mal die Schnapsidee “Elterngeld”: Da soll also jungen Eltern im ersten Jahr ein gutes Gehalt von 1800 € gezahlt werden. Das ist erst einmal teuer, verleitet aber vielleicht den einen oder anderen doch zur Nachwuchsproduktion. Bei einigen wird man das wörtlich nehmen dürfen. Jedes Jahr ein Kind, und wenn’s nervt, gib’ts eine in die Goschen. Das Nähere regelt das KJHG.
Und dann? Schon heute gibt es Unterhaltsvorschuß für Alleinerziehende nur bis zum 12. Lebensjahr des Kindes. Dann fängt das große Elend an. Kaum eine Familie, die Unterstützung in Form des Elterngeldes bräuchte, kann sich wirklich Kinder leisten. Daran wird sich zwar nichts ändern, aber wenn alles klappt, werden es dann mehr Familien sein, die finanziell scheitern. Immerhin: Ein Jahr Spaß war dann dabei!
Anderes Beispiel: Die Kosten dür Rente und Krankenversicherung werden steigen, aber in Zukunft wird diese Last vollständig den Arbeitnehmern aufgehalst. Der Schwachsinn firmiert dann noch ernsthaft unter “Reform”:
“Die Entscheidung für das Unionsmodell der Gesundheitsprämie oder den SPD-Plan einer Bürgerversicherung wird damit vertagt.Dafür wollen beide Seiten mit zahlreichen Maßnahmen die Ausgaben im Gesundheitswesen weiter eindämmen.” SPIEGEL
Eben. Das marode System bleibt, wie es ist, und es zahlen die, von denen schon immer alle durchgefüttert wurden. Merke: Arbeit zahlt sich nicht aus. Achja: Und die Sache mit dem Binnenmarkt, nicht wahr? Die vergessen wir besser. Die große Koaltion erweist sich als brutalst möglicher Kaufkraftkiller. Schlimmer konnte es tatsächlich nicht kommen.
Aber vielleicht tritt ja noch jemand zurück, und es gibt Neuwahlen. Die Hoffnung stirbt zuletzt.

Die israelische Arbeitspartei hat überraschend einen neuen Vorsitzenden gewählt. SPIEGEL
Erwartet wird vom dem gewerkschaftsnahen Amir Peretz, daß er das
Augenmerk auf die wirtschaftlichen Probleme des Landes richtet, anstatt
den Konflikt mit den arabischen Nachbarn als Politikersatz zu pflegen
wie sein Vorgänger Peres und der amtierende Misterpräsident Sharon. ZNet Konsequenterweise kündigte Peretz sofort den Austritt aus der Regierung Sharon an.

Da auch die Tage von George W. Bush als US-Präsident gezählt sind, darf
man dieser Tager wieder ein wenig Hoffnung auf Frieden in der Region
hegen. Und sei es, weil alles besser ist, als die kriegslüsterne
Außenpolitik von Bush und Sharon.

TAZ Was sich vor Gericht abspielt, wenn eine braune Dumpfbacke sich für ihr hetzerisches Gequatsche verantworten muß, ist reif fürs Mittagsfernsehen. Die teutonischen Helden machen sich verdient um die völkische Bewußtseinsbildung, stellen sie doch unter Beweis: Gerichtsshows übertreiben gar nicht. Es ist schon sehr skurril, was entsteht, wenn hirnlose Verschwörungstheoretiker sich organisieren und aus ihrer Wirklichkeit plaudern. Dem kommt man mit aller Pädagogik nicht bei, und so bleibt für den einen oder anderen eben nur der Laufstall.
Mein Mitgefühl gilt dem genervten Richter.

In der TAZ findet sich ein Artikel, der ein wenig mit der Ideologie aufräumt, die den Sozialstaat als Untergang des Abendlandes betrachtet. Man fragt sich, ob solche Freiheit von zeitgemäßer Verblendung schon ein Indikator für Linksradikalismus ist oder doch einfach besserer Journalismus. Es sind traurige Zeiten, in denen der gröbste Unsinn schon als Wahrheit gilt, weil er so oft wiederholt wurde. Fast ist man geneigt, mit einem Schild spazieren zu gehen, Aufschrift: “Kostensenkung ist Mord”.
Fraglich ist außerdem aber, ob die Bezeichnung “Neoliberalismus” wirklich zutreffend ist, bzw. ob nicht auch diese schon so abgedroschen ist, daß man sie eben nicht wiederholen sollte. “Liberal” ist eine Vokabel, die hier völlig fehl geht und überdies eine krasse Beschönigung. Schließlich geht es den Ökonomisten nicht um Freiheit, sondern um die Verbreitung nahezu religiöser Glaubenssätze. Sie haben keine Ahnung vom Wirtschaften und sind aus Überzeugung blind in bezug auf die simpelsten menschlichen Bedürfnisse. Solche Propheten des Vulgärdarwinismus’ als “liberal” zu bezeichnen, erfüllt den Tatbestand der Verleumdung. John Stuart Mill, auf den sie sich gern berufen, hatte andere Ziele: Nämlich, daß “keiner arm ist, niemand reicher zu sein wünscht, und niemand Grund zu der Furcht hat, dass er durch die Anstrengungen anderer, die sich selbst vorwärts drängen, zurückgestoßen werde”. Heute würde man ihn dafür als sozialistischen Träumer brandmarken.

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