Wie spätestens seit den Berichten der Telekom-Radprofis Dietz und Henn klar ist und demnächst von Rolf Aldag bestätigt werden wird, [edit: just bestätigt worden ist] ist Erythropoietin spätestens seit 1995 ein beliebtes Dopingmittel. Die ersten Beweise gegen EPO-Doper gab es 1998 bei der Festina-Affäre. Durch eine Durchsuchung der Teamunterkunft kam man nach einer Denunziation dahinter. Betroffen waren u.a. die Tour-Helden Alex Zülle und Richard Virenque. Seitdem ist der “Skandal” Dauerzustand. Seit 2001 gibt es Verfahren, EPO durch eine Urinprobe nachzuweisen, seitdem gibt es aber auch Methoden, die Nachweisbarkeit im Urin zu verhindern. Der erste, den es meines Wissens durch den Test erwischte, war ein Fahrer des Euskaltel-Teams, es folgten in den nächsten Jahren Fälle bei Lampre, Kelme und Cofidis. Die nächste große Affäre, die ein Team betraf, war 2004 der Fall Phonak, hiervon betroffen mindestens drei Profis, u.a. der Klassementfahrer Tyler Hamilton. Das nächste Mal, bei dem es fast ein ganzes Team erwischte, war 2006 Liberty Seguros, hervorgegangen aus ONCE, und nach dem Rückzug des Sponsors übergegangen in Astana(-Würth). Dem Topfahrer, Alexandre Vinokourov, wurde erstaunlicherweise kein Doping nachgewiesen. Der langjährige Teamchef Manolo Sainz ist tief in den Fall verwickelt und mußte daher ebenfalls zurücktreten, der Teamarzt, Eufemiano Fuentes, ist Dr. Dope persönlich..
Der große Knall kam mit dem Fall Fuentes. Pünktlich zum Vortag des Starts der Tour de France 2006 (deren Sieger, Floyd Landis, des Dopings überführt wurde) wurden von der spanischen Polizei Ermittlungsergebnisse bekannt gegeben. Daraus geht hervor, daß einige Dutzend Fahrer von ihm dopingtechnisch betreut wurden, von denen mindestens 30 mit hoher Wahrscheinlichkeit identifiziert sind. Anlaß der Untersuchung waren die Ermittlungen gegen den Top-Fahrer Roberto Heras, der des Dopings überführt worden war.
Zu Fuentes’ Kunden gehören beinahe alle aktuellen Spitzenfahrer:
Jan Ullrich, Ivan Basso, Jörg Jaksche, Alejandro Valverde, Joseba Beloki und viele mehr. Darunter auffallend viele Spanier, was dafür spricht, daß Fuentes außer der Weltspitze auch die Region versorgt hat. Daraus folgere ich, daß andere Spitzenfahrer, vor allem die Amerikaner und Australier, deshalb nicht zu seinen Kunden gehören und eigenes medizinisches Personal haben, wie bekanntermaßen ja auch das Team Telekom. Womöglich ist Ullrich zu Fuentes gegangen, weil der nicht so ein Dilettant war wie die Freiburger Ärzte. Auch nicht ganz unverdächtig ist übrigens das Team Discovery Channel, ehedem US-Postal, unter Leitung von Lance Armstrong. Seine ehemaligen Edelhelfer Hamilton und Heras sind überführt, ihm selbst wurde im Nachhinein zumindest für 1999 EPO-Doping per Probe nachgewiesen. Juristisch ist das strittig, als Beobachter kann man sich den Zweifel aber durchaus klemmen.
Neben den oben genannten Tourgrößen sind also weiterhin verdächtig Lance Armstrong und Bjarne Riis, der 1996 mit einem legendären Hämatokritwert auffiel, überlebte und nicht überführt werden konnte. Er leitet seit Jahren das Team CSC.
Damit sind also folgende Teams betroffen:
T-Mobile (Ex-Telekom), CSC, Discovery Channel, (Ex-US-Postal), Astana (ex-Liberty Seguros), Phonak, Caisse d’Epargne-Illes Balears, Saunier Duval-Prodir, ag2r Prévoyance, Gerolsteiner, Euskaltel, Lampre, Cofidis und weitere kleinere oder inzwischen aufgelöste Teams (wie etwa Kelme).
Diese Zusammenfassung ist nicht Ergebnis einer langen Recherche, sondern aus dem Gedächntis mit ein wenig Hilfe von Google zustande gekommen. Sie erhebt keinen Anspruch auf Vollständigkeit, Irrtümer lasse ich gern korrigieren.
Ich frage mich nun allerdings, wie immer noch Leute durch die Gegend schleichen und Einzelfälle suchen können – seien es “einzelne” Fahrer oder Teams. Aber es gibt ja die tollen Journalisten, die alles aufklären, etwa beim WDR, dessen Intendantin sich heute zu folgendem erblödete:
Gerade wir im WDR haben für die ARD eine neue Redaktion gegründet Anfang dieses Jahres – eine Redaktion, die sich mit nichts Anderem als mit Doping beschäftigt.[...] Und wir haben absolute Fachleute dort eingesetzt, die nichts Anderes tun, als sich dem Thema Doping zu widmen, damit wir es auch in der ARD-Berichterstattung deutlich machen.[...]
Das wäre für mich der Punkt, an dem deutlich wird, dass es wirklich keine Einzelfälle von überehrgeizigen Sportlern sind, Einzelfälle, die sich auch außerhalb der Kenntnis der Verantwortlichen abspielen, also mit irgendwelchen dubiosen Ärzten in anderen Ländern oder auch in deutschen Hinter-Praxen, sondern wenn klar würde: Das ist geduldet worden von den Verantwortlichen, das ist wirklich stillschweigend geduldet oder sogar unterstützt worden. Aber, wie gesagt, immer aktuelle Fälle und nicht alte Fälle
.”
Verlogener geht’s wirklich nicht.

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