Wir haben jahrzehntelang über unsere Verhältnisse gelebt, und nachdem jetzt hunderte Milliarden zum Schutz der Mittelschicht und ihrer Ersparnisse auf Pump ausgegeben wurden, müssen wir den Gürtel enger schnallen. Es reicht einfach nicht mehr für ein BAFöG auf Hartz-IV-Niveau. Wir müssen die Angestellten und Arbeitslosen mit in die Verantwortung nehmen und in der Gesundheitsversorgung sparen. Jeder muß jetzt sein Scherflein beitragen.

Das ist kein Sarkasmus, keine brutalzynische Überhöhung gegenwärtiger Debatten zum bizarren Schwachsinn, sondern eine Auswahl der politischen Verbrechen, die das schwarzgelbe Panoptikum des Grauens derzeit in Bundestag und Medien verbreitet. Nicht nötig zu erwähnen, daß erst gar nicht diskutiert wird , ob man den Spitzensteuersatz oder die Erbschaftssteuer erhöhen kann oder eine Vermögenssteuer einführen. Selbst die Börsensteuer wird von der FDP zur satirischen Veranstaltung umgemodelt. Wie immer werden zuerst Geringverdiener und Bedürftige geplündert und dann die mittleren Einkommen. Nur wer mehr als alles hat, geht günstig aus der Sache raus.

Gegen ist Für, Abwählen ist Bestätigen

Man wundert sich nicht mehr. Als eine der wahrscheinlichsten Optionen für NRW wird in den Medien die von Neuwahlen bezwitschert. Es muß rot-grün werden. Dazu läßt man dann so lange wählen, bis es reicht. Oder wenigstens die SPD stärkste Partei wird, das ginge vielleicht auch. Diese Klatsche gegen die Restdemokratie kann wohl verhindert werden, wenn diejenigen, die gegen Rüttgers in die Schlacht gezogen sind, ihn im Amt halten. Warum nicht, das war in Hessen schon genau so und galt dort als “Wort halten”.

A propos. Der lauteste Marktschreier unter den Armenhassern, dem nichts mehr am Herzen liegt als den Pöbel dumm und von Bildungsmöglichkeiten fern zu halten, hat ein Problem. Nicht etwa, daß ihm Millionen Betroffener ins Gesicht spucken möchten, sondern daß die haarsträubende Vetternwirtschaft rund um seine Regierung beim Namen genannt wird.

“In den Dreck ziehen” nennt er das. Welchen “Dreck” kann er damit meinen? Nach der kriminellen Finanzierung seiner Partei, die er als “jüdische Vermächtnisse” zu tarnen versucht hat, ausländerfeindlichen Wahlkämpfen, dem Versuch der menschlichen Vernichtung von Steuerprüfern und anderen Affären um seinen Finanzminister stellt sich der “Aufklärer” nunmehr vor seinen Innenminister, um dessen Machenschaften zu decken. Ihn aus diesem Dreck zu ziehen ist gänzlich unmöglich, und es gibt auch niemanden, der das versuchen wollte. Im Gegenteil suhlt sich die ganze Bande wie die Schweine im eigenen Geschmeiß.

Solche Leute sind prädestiniert dafür, uns zu regieren, will heißen: Die Billigmargarine vom Brot zu kratzen. Ganz folgerichtig kann sich Koch darauf verlassen, daß außer der aufrechten FR kein relevanter Medienauftritt in diesem Sumpf stochert. Immer wieder wird er als hoher Minister oder gar Bundeskanzler gehandelt. Es ist nicht auszuhalten.

Wenn das eigene Geschwätz Pause hat

Die Grünen sind derweil derart im verlogenen Establishment angekommen, daß die Gastritis Geschwüre streut. Nicht nur der gestrige kriecherische Auftritt von Frau Löhrmann war ein unappetitliches Beispiel dafür. Was ein Arvid Bell im Gespräch mit dem Liberalala Johannes Vogel laviert, ist furchtbarste frühsenile Meinungsfreiheit – Freiheit von Meinung, ganz im Trend der allzeit Regierungsbereiten. Befragt zu der Korrupti-Koalition im Saarland aalt er sich heraus: “Das Saarland ist das Saarland, ist das Saarland“. Das wird man ihm vermutlich als “mutig und kritisch” anrechnen. Gleichzeitig natürlich als “solidarisch” – mit den vom FDP-Chef gekauften Parteikameraden. Daß er dann noch den Schneid hat, der FDP “Klientelpolitik” vorzuwerfen, ist dümmste populistische Betriebsblindheit. Wer die Bösen sind, ist freilich auch klar: Die Linke, weil für sie die DDR “kein Unrechtsstaat” ist.

Ich frage mich manchmal, was sich hinter den gefriergetrockneten Mienen angeblicher “linker” (rotgrüner) Abgeordneter abspielt, wenn sie mit der schlichten Wahrheit konfrontiert werden. Wenn das eigene Geschwätz, die ganze Schönfärberei einmal Pause hat und einer von den Aussätzigen die Dinge schmerzhaft auf den Punkt bringt. Wie Gregor Gysi in seiner bemerkenswerten Rede. [via]