Wie ich bereits Anfang April in zwei Artikeln erläutert habe, ist die Situation der Hartz IV – Empfänger keine isolierte, die sie quasi als Schicksalsschlag aus der Gemeinschaft der Tüchtigen reißt. Der Übergang ist vielmehr fließend. Was viele nicht wissen, ist der Usus der “Eingliederungsvereinbarung” schon beim ALG I, womit Sanktionen verbunden sind, die genauso hart zuschlagen wie beim ALG II. Zwar ist der Katalog von Gesetzgeber festgelegt, aber es hilft nicht viel. Wenn man sich etwa aus Unwissen auf Stellen nicht bewirbt, die die AA “vorschlägt”, tritt nach dem Gesetz ein sofortiger Ausfall der Zahlungen ein. Selbst wenn man sich als Maurer auf eine Stelle als Elektriker bewerben soll.
Zwei Schichten
Wer noch Arbeit hat, von der er leben kann, sollte Zweierlei wissen: Erstens ist sie ihm niemals sicher, zweitens gibt es Menschen, die noch mehr arbeiten und davon nicht leben können. Es sind darunter sogar viele mit einer guten Ausbildung.
Wer nicht wirklich ausgesorgt hat und ohne Erwerbslohn auskommt, hat Grund zur Angst. Es ist nicht sinnvoll, sich von ihr leiten zu lassen, aber sie sollte ein paar Gedanken wert sein.
Zum Beispiel über genau diese Zäsur: In der “Marktwirtschaft” verläuft die Grenze zwischen denjenigen, die von ihrem Eigentum leben können, bis sie kühles Gras von unten wachsen sehen, und eben den anderen. Zu welcher Gruppe gehörst du?
Eine der unerfreulichsten Entwicklungen in der bundesrepublikanischen Gesellschaft (was durchaus auch auf andere Staaten zutrifft) ist die Aufspaltung in Statusgruppen. Dabei streben die allermeisten nach Höherem und führen sich auf, als sei es wichtig, sich stets von den vermeintlich tiefer stehenden abzugrenzen. Man identifiziert sich lieber mit denen, die “es geschafft haben” und befördert die unsoziale Mentalität, die einem jederzeit selbst zum Verhängnis werden kann. Der “soziale” Status, der ein rein wirtschaftlicher ist und sich jederzeit ändern kann, ist der Solidaritätskiller par exellence.
Das Verschwinden der Arbeiter
Der neoliberale Zeitgeist hat diese Pervertierung gesellschaftlichen Miteinanders in die passende Formel gepresst. Als “Soziale Marktwirtschaft” gilt heute das Gegeneinander konkurriender Statusstreber.
Dabei ist der Spaltungsmechanismus ausnahmsweise keine Erfindung der herrschenden Ideologie. Einen Wendepunkt stellt bereits die Unterscheidung in “Arbeiter” und “Angestellte” dar. Diese war noch annähernd rational, soweit sie Lohnabhängige (u.a. steuerlich) unterteilte in solche mit einem festen Monatsgehalt und solche, die stundenweise bezahlt wurden.
Damit einhergehend wurden grob Qualifikationsmuster differenziert. Arbeiter waren zumeist Angelernte, die sich gleichwohl in der Praxis bewähren und weiter qualifizieren konnten. Angestellte gingen erst nach einer vollendeten Ausbildung in den “Beruf”.
Die Entwicklung der Industrie- und Dienstleistungsgesellschaft brachte es mit sich, daß “ungelernte” Arbeitskräfte kaum mehr gefragt waren und – durchaus in guter Absicht – möglichst alle eine Ausbildung absolvieren sollten.
Statusstreben vs. Solidarität
Was sich über die Jahrzehnte nach dem zweiten Weltkrieg derart vollzog, war ein vielschichtiger Prozeß, der den Aufstieg als Ideal wirksam beförderte. Vor allem die ehemalige Arbeiterpartei SPD und die Gewerkschaften setzten sich ein für eine Klientel, die nicht mehr wehrlos Abhängige reproduzieren sollte. Alle sollten möglichst gute Chancen haben, sich zumindest einen bescheidenen Wohlstand zu erarbeiten.
Die Kehrseite dieser Medaille ist jenes Statusstreben, das in Vergessenheit geraten ließ, daß es eben Chancen, d.h. Möglichkeiten sind, die sich im günstigen Fall ergeben, und daß es nach wie vor mit abhängiger Arbeit zu tun hat. Es wurde verdrängt, daß in dieser Abhängigkeit ein wirtschaftlicher Aufstieg erreichbar war, und stattdessen galt der individuelle Erfolg als “verdient”.
Dieser Wandel in der Wahrnehmung – vom abhängig erarbeiteten Wohlstand zum verdienten Status – ist der Sündenfall der Entsolidarisierung der Lohnabhängigen.
Wir sind Arbeiter
Das letzte Aufbäumen gegen diese zutiefst unsoziale Einstellung bestand in einem teils recht unreflektierten und banal romantischen Versuch der 68er Studentenbewegung, die Werktätigen für ihre Ideale zu erreichen. Dieser darf als verheerend gescheitert gelten.
Es kann heute sicher noch weniger Ziel einer intellektuellen Offensive sein, “Arbeiter” zu agitieren. Allerdings drängt die neoliberale Eroberung der Definitionsmacht dazu, eine der wenigen Lücken zu nutzen, die der gängige Zwiesprech gelassen hat.
Gibt es keine Arbeiter mehr? Das Gegenteil ist der Fall. Arbeiter sind nämlich alle die oben Genannten, die nicht angstfrei fröhlich zu Hause bleiben können, wenn ihnen ein Job nicht paßt. Wir sind beinahe alle Arbeiter. Es gebietet sich von daher, dies endlich wieder zu erkennen und auszusprechen. Das wäre der erste Schritt zurück zu einer Solidarität, die völlig unter die Räder gekommen ist.
Mai 1st, 2010 at 00:47
Zur sogenannten Eingliederungsvereinbarung einen Rat:
https://forum.mysnip.de/read.php?15338,253721,253721#msg-253721
(mir hat es geholfen – ich habe keine unterschrieben – und auch keine Sanktion erhalten)
Mai 1st, 2010 at 01:38
Ich finde diesen Artikel sehr gut, denn er ruft einfach mal wieder in Erinnerung, was einst viele Menschen ganz intutiv wussten, heute aber oft verdrängen, vergessen, verleugnen: Für Lohnabhängige, “Arbeiter”, welche gezwungen sind, sich ihren Lebensunterhalt durch den Verkauf ihrer Arbeitskraft zu beschaffen, gibt es in dieser Gesellschaft keine wirkliche Freiheit, sondern – ganz frei nach Karl Marx – nur Lohnsklaverei.
Und endet diese, so warten schon die Schergen der Argen auf diese dann ausgemusterten, wegrationalisierten oder schon zu alten armen Teufel.
Nur wer von seinem Besitz, seinen sonstigen “Ansprüchen” gut leben kann ohne sich als Lohnarbeiter verdingen zu müssen, genießt in dieser Ordnung ein hohes Maß an Freiheit.
Und allein in deren Interesse ist diese Gesellschaft organisiert, wird verteidigt von CDU/CSU/SPD/FDP/Grünen – und möglicherweise bald auch noch von der PDL.(siehe die Gier einiger ihrer Häuptlinge nach “Regierungsverantwortung”, Koalitionen mit SPD und Oliv- KriegsGrünen…
Das “Kommunistische Manifest” ist heute wohl noch aktueller als 1848/49!
Mai 1st, 2010 at 01:48
@Bakunin:
Zwar etwas OT, aber:
“[...] und möglicherweise bald auch noch von der PDL.(siehe die Gier einiger ihrer Häuptlinge nach “Regierungsverantwortung””
Also was nützt denn ein politisches Programm ohne die Möglichkeit einer Umsetzung. Und das setzt nunmal eine Regierungsbeteiligung voraus. Und der “Gier einiger ihrer Häuptlinge” stehen ja auch sehr kritische Stimmen gegenüber, die aber letztlich darauf hinaus laufen, die Forderungen der Linken nicht zu verwässern. Sollte es also irgendwann mal zu einer Regierungsbeteiligung kommen, so ist das nicht per se schlecht, solange eben dieser Punkt eingehalten wird.
Mai 1st, 2010 at 05:57
Gut auf den Punkt gebracht. Vielen Dank!
Mai 1st, 2010 at 07:08
Guten Morgen – einen schönen 1. Mai!
Gut geschrieben @flatter.
Wieviele Jahre bräuchte so mancheiner für diesen Text, diese Einsicht.
Wie lange hast Du dazu ‘gebraucht’ und wie kam’s das Du diese Einsicht an Dich heranlassen konntest.
Nein, kein Vorwurf – im Gegenteil – aber vielleicht sagt die (stille) Beantwortung dieser Frage etwas darüber aus, wie es ‘anderen’ nahe gebracht werden könnte.
Lohnarbeiter.
Lohnarbeiter sind alle, die nichts weiter haben, außer sich selbst und ihre (Ware)Arbeitskraft.
(siehe @Bakunin)
Es sind damit nicht nur die in ‘Lohn und Brot’ – es sind auch die,die keine ‘Anstellung’ haben.
Es ist der ‘Hartzi’ wie der Rentner wie der Arzt im Krankenhaus, ja, sogar der (momentan) hochdotierte Manager.
Ist es nicht eigentlich auch schon der kleine, mittelständige Zulieferbetrieb mit nur einem Abnehmer!
Ist der nicht schon so spezialisiert und abhängig, daß ihn sein privater Produktionsmittelbesitz gar nicht ‘mehr’ unterscheidet – denn – sein Betrieb dürfte über Kredite eh lange der Bank gehören…
Mai 1st, 2010 at 09:25
In der Tat sind jederzeit all jene bedroht, die nicht mindestens ein Jahr von Erspartem oder sonstigem Vermögen leben können. Deshalb braucht es ein soziales Jedermannsrecht, das alle unabhängig von Herkunft oder Eigentum jederzeit auf einem moderatem Niveau absichert.
Im aktuellen Wahlkampf fällt auf, dass die NSFDP vom “Aufstieg durch Leistung” blafaselt, obwohl die einzige Leistung der meisten Anhänger dieser Idiotologie darin besteht, bürgerliche Eltern / Familien zu haben, ohne materielle Not studieren zu können und Dank Erbe der Taufpaten, Großeltern oder irgendwann Eltern vollkommen leistungslos an Vermögen zu kommen, das die meisten Arbeiter in einem ganzen Leben von ihrem Lohn nicht erarbeiten könnten, weil die Besitzenden sie ausplündern, z.B. als Vermieter oder Aktionär von privatisierten Versorgungsunternehmen. Insofern ist jeder Kapitalist ein Sklaventreiber, der mittels Umweg über Eigentum oder Bank andere für sich arbeiten läßt. Und da sag nochmal einer, die Sklaverei sei abgeschafft, hahaha…
Gruß
Alex
Mai 1st, 2010 at 09:50
[...] Feynsinn: Tag der Arbeiter [...]
Mai 1st, 2010 at 09:58
@flatter
Ich verstehe nicht,was so schlimm daran ist, wenn ein abhängig Beschäftigter / eine abhängig Beschäftigte seine / ihre “Möglichkeiten” zum wirtschaftlichen Aufstieg nutzt und diesen erarbeiteten Erfolg als “verdient” ansieht. Oder ist hier der “eingebildete” Statusunterschied zwischen Angestellten und Arbeitern gemeint?
Mai 1st, 2010 at 10:12
ja sehr gut beschrieben flatter
@ wat – ich bin sicher, im Bauch der meisten “nach oben strebenden” ist dieses Wissen zumindest als dumpfes Bauchgefühl vorhanden, die Angst ist ja da und dieser Angst nachzugehen würde einem dann auch diese Einsicht schenken. sie (die Angst) wird aber mit allen Mittel unterdrückt, man will sich zu dieser Einsicht einfach nicht durchdringen, würde doch das ganze Konstrukt das man sein Leben nennt, ganz schnell an Halt verlieren
Mai 1st, 2010 at 11:05
Wer hätte das gedacht?
Ist also nur übermalt,
der Unterschied der Klassen… ;-)
Mai 1st, 2010 at 11:14
nun ich halte den Beitrag doch für etwas irreführend.
Erstens ergibt sich die Unterscheidung von Angestellten und Arbeitern ursprünglich aus ihrer Stellung im kapitalsitischen Verwertungsprozeß. Angestellte, die früher sogar Beamte hießen, verrichteten klassische Kapitalistenfunktionen, die im Laufe der Zeit wegen der Vergrößerung der Unternehmen von der Tätigkeit des Kapitalisten abgespalten wurden. Daß sie einen Monatslohn bekommen ist nur Ausdruck davon.
Zweitens unterstellt Solidarität Konkurrenz. Die Entsolidarisierung ist nicht erst Resultat der Erfolge der Gewerkschaften, sondern sozusagen der Urzustand des Arbeiters. Er steht mit seinesgleichen in Konkurrenz um den Arbeitsplatz und in Konkurrenz um den Lohn. Besonders schön zu betrachten bei Akkordlohn, wo das Streben nach höherem Lohn dazu führt, daß dieser für alle zusammen immer geringer wird. Der erste Akt einer Gewerkschaft ist immmer Solidarität herzustellen, weshalb sie auch als Wert so hochgehalten wird. Der Ruf nach Solidarität unterstellt die Konkurrenz, die nicht etwas Willkürliches ist, sondern sich tatsächlich aus der gesellschaftlichen Stellung der Arbeiter und Angestellten ergibt. Man steht eben in Konkurrenz um Arbeitsplatz und Lohn/Gehalt. Insofern unterstellt dieser Ruf nach Solidarität die Fortexistenz dieser geselschaftlichen Stellung.
Drittens ist die Differenzierung in der Arbeiter-/Angestelltenschaft zunächst einmal ebenfalls Folge des Arbeits”marktes”. Seltene Fähigkeiten im Verhältnis zur Nachfrage werden höher bezahlt.
Die Gewerkschaften haben diese Differenzierung zum Anlass genommen, sie zu objektivieren. Unterschiedliche Tarifgruppen etc. mit Eingruppierungsbeschreibungen usw.. Sie haben also den Anschein erzeugt, als käme es tatsächlich auf die jeweilige Leistung an ganz ohne Bezug auf den “Arbeitsmarkt”. Das ist dann wieder die Grundlage für die Statusbildung. Zumindest die detuschen Gewerkschaften haben dies bis auf kleine Ausnahmen, stets befördert und nicht bekämpft. Alles kein Grund auf Gewerkschaften und diese Sorte Solidarisierung zu setzen.
Mai 1st, 2010 at 11:25
@Robin: Ich spreche vom Status als “verdientem” Erfolg. Dies suggeriert jene moralische Gerechtigkeit, die behauptet, jeder bekomme, was er “verdient”.
Wenn der eigene Erfolg mit dem Mißerfolg aanderer unmittelbar zusammenhängt, ist das nichts Gutes. Die Früchte des Erfolges werden einem nämlich nicht von Gott zugeteilt, sondern von denen mit dem Geld.
Mai 1st, 2010 at 11:33
und noch ein kleiner Nachtrag zu Punkt 3: Mit dem Entgeltrahmenabkommen (ERA) hat die IG Metall genau einer “Marktentwicklung” Rechnung getragen. Der Entwertung der Angestelltentätigkeiten. De facto. ergibt sich deshalb auch meistens eine niedrigere Bezahlung für Angestellte als vorher. Nur tut sie wieder so, als würde sie hier irgendwelchen Gerechtigkeitsvorstellungen Genüge tun. Und behauptet wieder, daß die Höhe von Lohn und Gehalt nicht Folge des Arbeitsmarkts sein – und damit eine höchst unsichere Sache. Sie macht sich auch damit wieder darum verdient, den Schein zu erzeugen als wäre die Lohn-/Gehaltshöhe eine Frage der Leistung.
Mai 1st, 2010 at 11:52
@so, so: Deine kritische Einstellung gegenüber den heutigen Gewerkschaften teile ich durchaus. Deine Behauptungen zum Angestelltenstatus sind z.T. sachlich falsch, aber was ich nicht wirklich für fruchtbar halte, sind deine Versuche, jedem Denkansatz deine (marxistische?) Weltsicht entgegen zu halten.
“Die Entsolidarisierung ist nicht erst Resultat der Erfolge der Gewerkschaften, sondern sozusagen der Urzustand des Arbeiters”?
Für mich ist der Urzustand eines Arbeiters der an Mutters Brust. Abgesehen davon, daß eine Ent-Solidarisierung schon sprachlich von einer vorgehenden Solidariät zeugt, kann ich mit einem urzuständlich entsolidarisierten Arbeiter nichts tun. Dann gehe ich nämlich zum Friedhof und warte, bis ich dran bin.
Mein Ansatz ist grundsätzlich dialektisch: Es gibt sowohl Solidarisierung als auch Entsolidarisierung. Die Frage ist dann die, wie man zu welchem Zwecke darauf Einfluß nimmt. Angebliche Urzustände interessieren mich dabei ebensowenig wie ewige Wahrheiten.
Mai 1st, 2010 at 12:25
Andreas meint:
Mai 1st, 2010 at 01:48
@Bakunin:
Zwar etwas OT, aber:……
Auf was alle die Koalitionen und Regierungsbeteiligungen der PDL hinauslaufen, kann man überall dort begutachten, wo diese Partei bereits “mitregiert”, ob in Berlin, MV, Brandenburg.
Regierungsbeteiligungen der PDL sind immer nur Feigenblätter, hinter denen die altebekannte Politik wie gewohnt fortgeführt wird.
Genauso lief es auch bei den einstigen Grünen.
Wirkliche Veränderungen können nicht im bürgerlichen Parlament durchgesetzt werden sondern nur außerhalb, durch die Organisierung von außerparlamentarischen Widerstand.
Dort wäre meines Erachtens der wahre Platz der PDL. aber nicht in diesen korrupten und gekauften “Parlamenten” mit den ewigen Kungeleien und Pöstenschachereien.
Außerdem gilt es zu bedenken, dass keine der übrigen Systemparteien eine Koalition mit der PDL eingeht so lange diese wirklich an ihren Positionen festhält.
Kommt es aber dann doch zu derartigen Koalitionen und “Regierungsbeteiligungen”, dann nur um den Preis der Aufgabe wesentlicher Positionen der PDL, aber nie der übrigen Systemparteien.
Die Macht des Kapitals und seiner willigen Polit-Marionetten sowie Nato- u.EU-Gefolgschaft darf von niemanden angetastet werden, diese “ESSENTIALS” sind VORBEDINGUNGEN einer jeden “Regierungsbeteiligung”!
Mai 1st, 2010 at 12:31
@flatter
meine Weltsicht steht hier doch nur gegen Deine Weltsicht. Und ich dachte schon, daß ich für sie auch Argumente bringe, wie Du auch. Soweit dies mangelhaft ist, ein Fehler von mir. Nur daß man seine Weltsicht kundtut, ist wohl keine Spezialität von mir. So what?
Was Angestellte betrifft: Heute hat sich dies sicherlich etwas verwischt, weshalb ich auch ursprünglich schrieb. Es war mir nur wichtig, weil sich aus diesem ursprünglichen Verhältnis der Monatslohn ergeben hat.
Und bitte: Wenn ich vom Urzustand des Arbeiters schreibe, schreibe ich nicht vom Urzustand des Menschen. Lustigerweise setzt Du meinen Argumenten (die ja dastehen) nur Deine Weltsicht entgegen. “Mein Ansatz ist grundsätzlich dialektisch”. Ja und? Also entweder wir haben halt alle so unsere Weltsicht. Du mit der dialektischen Methode (wozu auch einiges zu sagen wäre) und ich mit der marxistischen oder so. Und je nach Weltsicht oder Ansatz denkt man sich halt seinen Teil. Dann gibt es keine Kritik von Deinem Ansatz aus an meinem Ansatz und umgekehrt also auch kein “Stören”. Warum man dann allerdings die Kommunikation sucht, was so ein Blog unterstellt, ist mir dann nicht klar.
Und wenn Dich wirklich der Urzustand stört, dann formuliere ich das halt so, daß historisch zuerst die Konkurrenz der Lohnarbeiter da war, was eben mit Ihrer gesellschaftlichen Stellung zu tun hat, sie also historisch zuerst in Konkurrenz standen und die Solidarität erst danach herstellten. Und das war ein brutaler Kampf, wie der Kampf gegen Streikbrecher zum Beispiel zeigt. Daß der andere Arbeiter aber immer auch Konkurrent bleibt, das zeigt eben die beständige Aufforderung zur Solidarität. Es ist halt nicht so, daß es Solidariserung und Entsolidarisierung einfach so gibt – das ist halt einfach Fakt – sondern wenn, dann mußte unter den Lohnarbeitern die Solidarität durch diese selbst hergestellt werden. Das ist halt kein metaphysischer dialektischer Prozeß sondern von Menschen gemacht oder eben auch nicht. Und dafür gibt es dann halt auch Gründe, die diese Menschen für das eine und andere haben.
Mai 1st, 2010 at 13:03
@Flatter und wenn schon Dialektik, dann sind Konkurrenz und Solidarität Gegensätze, die eine Einheit bilden und deren prozessiernder Widerspruch ihre Synthese in der Aufhebung der beiden Momente findet ;-)
Mai 1st, 2010 at 13:32
Naja, wenn das eine ‘marxistische’ Sicht ist…
ok, man weiß wohl, daß Marx und Engels mal gelebt haben.
Gesellschaftliche Stellung:
Diese ergibt sich aus der Stellung zu den Produktionsmitteln.
Worin unterscheidet sich die Stellung eines Arbeiters von der eines Angestellten?
Durch gar nix – beiden gehören keine – sie sind Lohnarbeiter.
Btw. Zu viele kleinbürgerliche, sich marxistisch nennende, Literatur ‘verarbeitet’ – wäre also mein Resümee.
‘Man’ kann und soll die Welt immer wieder ‘neu’ betrachten,allerdings geht das mit verklebten Augen (idealistische, persönliche Interessen) etwas schlecht(er).
Mai 1st, 2010 at 14:23
@wat
ja so kleinbürgerliche Literatur, wie die “Theorien über den Mehrwert” zum Beispiel. Dort kann man nachlesen, daß man schon mehr dazu sagen kann, als daß alle Lohnarbeiter sind. Nämlich ihre Stellung im Produktionsprozess des Kapitals zu untersuchen.
Und nochmal: Ich habe “ursprünglich” geschrieben, um zu erklären warum ein monatliches Gehalt gezahlt wird. Es geht hier also um die “Lohnform” und warum es sie jeweils in der Form gibt, was in MEW 23 – ein anderes kelinbürgerliches Werk – umfänglich für den mehrwertproduzierenden Arbeiter abgehandelt wird. Das deshalb, weil flatter sie einfach so voraussetzt. Und es soll ja auch “Gehaltsempfänger” geben, die ihrer Mittellosigkeit entwachsen.
Mai 1st, 2010 at 14:48
@Wat.
>>Ist es nicht eigentlich auch schon der kleine, mittelständige Zulieferbetrieb mit nur einem Abnehmer!
Es ist sogar auch der ‘Unternehmer’, der ‘Chef’ zB eines Handwerksbetriebes ist, der ohne die ‘Zu-Markte-Tragung’ der eigenen Arbeitskraft ebenfalls nicht überlebensfähig ist. Der landläufigen Gleichsetzung von ‘Unternehmer’ und ‘Kapitalist’ sollte man sich auch immer wieder entgegenstellen, da man sonst ganz falsche Fronten zieht…
>>Es ist [...] sogar der (momentan) hochdotierte Manager.
Anders hier – denn ist dieser ‘Unteroffizier des Kapitals’ so gut dotiert, dass er innert eines Jahres nicht nur im Grunde genommen ‘ausgesorgt’ hat, sondern seine überflüssige Penunze natürlich auch ‘anlegt’, wird er zum ‘Kapitalisten’, während der og ‘Unternehmer’ eigentlich immer ‘Arbeiter’ bleibt und Kapital allenfalls ‘bedient’, aber nicht wirklich besitzt bzw sein Eigentum nennen kann.
Mai 1st, 2010 at 15:37
@peinhard
allerdings sind die kleinen Selbständigen auch keine Arbeiter, Und bitte, ich gebe hier lediglich das Zitat wieder, da ich mal sowohl bei wat. wie Peinhard ein entsprechendes Interesse voraussetze und ich doch gerne die Gelegenheit ergreife mal wieder Marx zu zitieren ;-):
“Der unabhängige Bauer oder Handwerker wird in zwei Personen zerschnitten. … Als Besitzer der Produktionsmittel ist er Kapitalist, als Arbeiter ist er sein eigener Lohnarbeiter. Er zahlt sich also seinen Lohn als Kapitalist und zieht seinen Profit aus seinem Kapital, d.h. er beutet sich selbst als Lohnarbeiter aus und zahlt sich in dem Mehrwert den Tribut, den die Arbeit dem Kapital schuldet.
Vielleicht zahlt er sich noch einen dritten Teil als Grundbesitzer (Rente)…
Die Produktionsmittel werden nur Kapital, soweit sie als selbständige Macht der Arbeit gegenüber verselbständigt sind. Im angegebenen Fall ist der Produzent …. Besitzer, Eigentümer seiner Produktionsmittel. Sie sind also nicht Kapital, sowenig wie er ihnen gegenüber Lohnarbeiter ist. …
Der Produzent schafft zwar im angegebenen Fall seinen eigenen Mehrwert (der Fall gesetzt, dass er seine Ware zu ihrem Wert verkauft), … dass er aber das ganze Produkt seiner eigenen Arbeit sich selbst aneignen kann und es nicht von einem dritten Herrn angeeignet wird, … verdankt er nicht seiner Arbeit – die ihn nicht von anderen Arbeitern unterscheidet -, sondern dem Besitz seiner Produktionsmittel. …“ K. Marx, Theorien über den Mehrwert I., MEW 26.1, 382-384.
Mai 1st, 2010 at 15:55
@so ,so (21) Und das ist ein hervorragendes Beispiel dafür, warum Marx einem oft im Weg steht wie seine Büste auf der Verkehrsinsel: Die Bezeichnung von Kleinstunternhehmern als “Kapitalisten” verhindert gerade die alternativen Differenzierungen, wie Peinhard sie erläutert. Mich interessiert auch überhaupt nicht, was Marx dazu meint, ebensowenig was Weber, Adorno oder Luhmann dazu einfiele. Es langweilt mich sogar. Ich denke, das ist der Grund, warum es mich stört. Selbstverständlich darfst du dennoch deinen Senf dazu geben – es ist ja ein Angebot, vielleicht stößt es auf Nachfrage :-P
Mai 1st, 2010 at 16:15
@flatter
noch mal: ich habs nur wegen Leuten geschrieben, die vielleicht daran Interesse haben. Also zum Beispiel nicht für Dich als Dialektiker. Daß es Dich langweilt, nun ja, ehrlich gesagt, scheinst Du das Zitat gar nicht gelesen zu haben. Die Frage wäre doch hier vielleicht, ob die Differenzierung von Marx stimmt. Ist dies der Fall, wüßte ich nicht warum ich nach alternativen Differenzierungen suchen sollte (natürlich auf Grundlage dessen was Marx vorher geschrieben hat). Man muß es auch nicht wissen. Aber sofern man sich mit dem Gegenstand beschäftigt, kanns ja nicht schaden. Ich halte es ja auch nicht für richtig, weil Marx es geschrieben hat. Nur Originalität halte ich auch für einen komischen Zweck beim Denken. Also zum Beispiel bei Dir als Dialektiker: Ich denke mir, dir wäre schon geholfen, mal genauer Hegel zu lesen. Weil so ist Deine Dialektik ziemlich “blutleer”. Ich halte es auch für vermessen bis langweilig das Rad immer wieder neu erfinden zu wollen. Sag doch mal, warum diese Analyse von Marx falsch findest. Oder welches Kriterium hast Du beim Beurteilen eines Gedankens?
Mai 1st, 2010 at 16:40
@so,so
Das Karl-Marx-Forum und sein Lexikon kenne ich auch – wenn man es nutzt, sollte man dieses faierweise auch angeben.
https://www.marx-forum.de/marx-lexikon/lexikon_k/kleinburger.html
Ok, die Auslassungspünktchen sind natürlich nur rein zufällig an den gleichen Stellen ;-)
Wieviele Bauern, Handwerker/ Unternehmer haben keine Kredite?
Worauf haben sie ihre Kredite – Dispo – vergiß es.
Da sind die Maschinen, wenn vorhanden, auch Gebäude/Land ‘beliehen/finanziert’… damit Bankeigentum.
Nix mit Produktionsmitteleigentum.
Ansonsten ist der kleine Selbständige Kleinbürger und damit immer näher am Lohnarbeiter als an seinem Traum – daß er sich endlich durch andere diesen erfüllen kann.
Und da beginnt dann die (‘richtige’ kapitalistische Produktion)
Ich zitiere an gleicher Stelle – nur einen Absatz weiter:
Die kapitalistische Produktion beginnt, wie wir sahen, in der Tat erst, wo dasselbe individuelle Kapital eine größere Anzahl Arbeiter gleichzeitig beschäftigt, der Arbeitsprozess also seinen Umfang erweitert und Produkt auf größerer quantitativer Stufenleiter liefert. K. Marx, Kapital I, MEW 23, 341.
@Peinhard
Anders hier – denn ist dieser ‘Unteroffizier des Kapitals’ so gut dotiert, dass er innert eines Jahres nicht nur im Grunde genommen ‘ausgesorgt’ hat, sondern seine überflüssige Penunze natürlich auch ‘anlegt’, wird er zum ‘Kapitalisten’, während der og ‘Unternehmer’ eigentlich immer ‘Arbeiter’ bleibt und Kapital allenfalls ‘bedient’, aber nicht wirklich besitzt bzw sein Eigentum nennen kann.
Hm…
In seinem Job ist er ersteinmal Lohnarbeiter. Dort bekommt er so viel ‘Gage’, daß er die ‘Seiten’ wechseln könnte.
Versuchen bestimmt auch viele.
Aaaaaber.
Wer von denen ‘kauft’ oder errichtet wirklich Produktionsmittel. Die geben ihr ‘Geld’ zur Bank, gehen long und short.
Da kauft sich im ersteren Fall die Bank von Produktionsmittel, aber nicht dieser selbst.
Aktien, Stammaktien selbstverständich, kennzeichnen Inhaber – so weit war das mal klar.
Nur, da knabber ich nun schon lange dran, inwieweit sind diese dann in jedem Fall auch Inhaber – auch diese ‘Hütten’ sind von innen so mit Krediten überladen, daß ihnen höchsten die Hülle ‘gehört’…
(Müssen wir nicht jetzt und hier diskutieren, wollte nur darstellen, wie ich zu meiner Anicht oben ‘kam’)
nochmals @so,so
So oder so, ich habe Marx niemals so verstanden, daß er mit der Assoziation freier Produzenten die Vereinigung von Kleinbürgern meinte.
Mein Verständnis reichte dazu, sehen zu können, daß durch die Aufhebung des Widerspruchs zwischen gesellschaftlicher Produktion und privat-kapitalistischer Aneignung, eher die jetzigen Lohnarbeiter die sind, die sich da ‘vereinigen’.
Ja, diese (Lohnarbeiter) wollen nur ruhig, zufrieden und in einigermaßenem Wohlstand leben, ‘diese’ wollen nix besseres und höheres – dazu würde ein (ehemaliger) Diener nämlich selbst Diener, die ‘unter’ ihm stehen, brauchen – dies wäre nun nichts qualitativ neues/besseres und scheint mir als ‘Aussicht’ auf ein nach-kapitalistisches System ‘ungeeignet’.
Mai 1st, 2010 at 17:00
@so,so: Mir wäre also damit geholfen, mal genauer Hegel zu lesen. Ich glaube vielmehr, dir wäre damit geholfen, mal von deinem lächerlich hohen Roß zu steigen. Ich habe den ganzen Scheiß studiert, promoviert gar, und kann Adorno im Kopfstand zitieren – was die Lektüre des Georg Wilhelm Friedrich selbstverständlich ebenso voraussetzt sie die von Marx, Weber, Freud etc.. Nun ist es so, daß du mich ständig mit deiner holprig marxistischen Ansicht zu korrigieren versuchst. Was du schon mal von vornherein nicht begriffen hast, ist daß eine Differenzierungsweise eine andere nicht (unbedingt) ausschließt. Ich sagte nicht, daß ich eine Analyse falsch fände – ich finde nicht einmal, daß es eine Analyse ist -, sondern daß sie mich nicht interessiert. Ich lebe übrigens in einem anderen Jahrhundert als Karl aus Trier. Ich habe keine Lust und sehe keinen Sinn darin, mich ständig damit zu beschäftigen, wie der Mann mit der Sauce im Bart die Sache wohl sähe. Ich mache das exakt dann, wenn ich es für relevant halte. Das ist einmal mehr nicht der Fall.
Mai 1st, 2010 at 17:29
@wat
ist in Ordnung mit dem Karl-Marx-Forum. Ich habe darauf zugegriffen, weil es einfach kopierbar ist. Das mit dem Kredit ist so nicht richtig. Ein Kapitalist, der – was heutzutage völlig Usus ist – einen Kredit hat, ist ja trotzdem Kapitalist, weil Eigentümer seiner Produktionsmittel. Er verfügt ja nach wie vor über seine Produktionsmittel gemäß seinem Zweck. Nur im Falle seines Scheiterns verliert er es. Ansonsten schuldet er dem Geldkapitalisten Zins und Rückzahlung des Kredits. Dadurch ist ja sein Eigentum an den Produktionsmitteln nicht aufgehoben. Weitere Ausführungen s. MEW 25. Und warum gilt das für den Handwerker nicht?
Mai 1st, 2010 at 17:53
Och menno @so,so
Diese kriegen doch den Kredit nicht, weil sie so nett aussehen oder so einen tollen Namen haben.
1) Du kriegst von einer Bank immer nur, was diese denkt, daß Du es bereits hast. Und das nimmt sie für gewöhnlich als Sicherheit. Du bist damit nur noch Besitzer, nicht mehr Eigentümer (BWL, ersten 5 – 10 min, sorry)
2) Sie kann jederzeit(!) den Kredit kündigen und hat Durchgriffsrecht – also mit freier Verfügung über Eigentum hat das auch aus diesem Blickwinkel nichts zu tun.
Warum gilt das für den Handwerker nicht…
@Peinhard meint, weil er ja immer (noch) seine eigene Haut zu Markte tragen muß – Du selbst hast das Zitat aus dem KM-Forum gebracht – und ich habe ergänzt … die kapitalistische Produktionsweise, die erweiterte Reproduktion.
Als Kleinbürger hat er eine , nennen wir es mal ‘Zwitterstellung’, er ist noch nicht das eine (Lohnarbeiter) und noch lange nicht das andere (Kapitalist), der nur(!) andere (für sich) arbeiten lassen kann.
Als Handwerker, als jemand mit Hand selbst arbeitender – wäre es irgendwie auch ein Widerspruch in sich. Er müßte sich ‘verändern’ und nicht mehr der Hand-werkende sein.
Nun kann er zwar, um selbst gar nicht mehr arbeiten zu müssen, aber trotzdem in der Handwerksrolle als Handwerksbetrieb eingetragen bleiben zu können, einen Meister ‘anstellen’, der ‘handwerks-seitig’ seinen Betrieb führt, aber da das nicht nur pro forma sondern per Vertrag und Zahlung zu geschehen hat, wird das in den meisten Fällen so ‘teuer’, daß sich allein die Überlegung ‘erübrigt’.
Mai 1st, 2010 at 18:42
@wat
also auf den reinen Kapitalisten habe ich nur rekurriert, um klarzumachen, daß dieser ja auch nach wie vor Kapitalist bleibt auch wenn er den Kredit nimmt. Und in Analogie dazu wollte ich sagen, bleibt der Handwerker auch mit Kredit nach wie vor der Zwitter. Ansonsten gibt es ganz unterschiedliche Formen der kreditsicherheiten (https://de.wikipedia.org/wiki/Sicherheiten). Es ist keineswegs so, daß in jedem Fall mit dem Kredit Du auch Dein Eigentum an der mit dem Kredit gekauften Sache aufgibst. Deshalb gibt es ja die diversen Finazierungsregeln was mit welcher Kreditform finanziert werden soll. Und auch daß die Bank nur das gibt was Du nur hast stimmt so nicht. Dann bräuchtest Du es Dir ja nicht leihen. Sachlich bekommt der Handwerker doch den vollen Wert seiner Arbeit und davon muß er eben dann der Bank den Zins abtreten.Das ist ökonomisch die Differenz – Spaltung in Unternehmensgewinn und Zins sowie Lohn gegenüber ohne Kredit Unternehmensgewinn und -lohn. Der Handwerker ist nach wie vor der Zwitter. Und selbst wenn die Produktionsmittel nur geliehen wären – was es ja auch gibt (Bau, Fuhrunternehmen etc.) wäre dies m.E. immer noch nicht gleichzusetzen mit einem Lohnarbeiter es sei denn es geht wirklich Richtung Verlagswesen.
Mai 1st, 2010 at 18:59
@flatter
Nett, daß jetzt der Doktorhut gezogen wird. Alle Unarten der universitären Befassung mit Marx und der Wisssenschaft also zur Genüge exerziert, könnte ich sagen. Alles ist eine Sichtweise – genau. Aber ob jemand eine Sichtweise korrekt wiedergibt, das weißt du dann wieder genau? Das ist keine Frage der Sichtweise? Und daß du das so siehst, daß es eben unterschiedliche Differenzierungen gibt ist schon klar. Nur: Du triffst laufend Aussagen über Zusammenhänge wie zum Beispiel
„Was sich über die Jahrzehnte nach dem zweiten Weltkrieg derart vollzog, war ein vielschichtiger Prozeß, der den Aufstieg als Ideal wirksam beförderte. Vor allem die ehemalige Arbeiterpartei SPD und die Gewerkschaften setzten sich ein für eine Klientel, die nicht mehr wehrlos Abhängige reproduzieren sollte. Alle sollten möglichst gute Chancen haben, sich zumindest einen bescheidenen Wohlstand zu erarbeiten.
Die Kehrseite dieser Medaille ist jenes Statusstreben, das in Vergessenheit geraten ließ, daß es eben Chancen, d.h. Möglichkeiten sind, die sich im günstigen Fall ergeben, und daß es nach wie vor mit abhängiger Arbeit zu tun hat. Es wurde verdrängt, daß in dieser Abhängigkeit ein wirtschaftlicher Aufstieg erreichbar war, und stattdessen galt der individuelle Erfolg als “verdient”.“
und ich entgegne
„Drittens ist die Differenzierung in der Arbeiter-/Angestelltenschaft zunächst einmal ebenfalls Folge des Arbeits”marktes”. Seltene Fähigkeiten im Verhältnis zur Nachfrage werden höher bezahlt.
Die Gewerkschaften haben diese Differenzierung zum Anlass genommen, sie zu objektivieren. Unterschiedliche Tarifgruppen etc. mit Eingruppierungsbeschreibungen usw.. Sie haben also den Anschein erzeugt, als käme es tatsächlich auf die jeweilige Leistung an ganz ohne Bezug auf den “Arbeitsmarkt”. Das ist dann wieder die Grundlage für die Statusbildung. Zumindest die detuschen Gewerkschaften haben dies bis auf kleine Ausnahmen, stets befördert und nicht bekämpft. Alles kein Grund auf Gewerkschaften und diese Sorte Solidarisierung zu setzen.“
Ist das nun eine andere Sichtweise, oder reden wir über denselben Gegenstand auf derselben Ebene nur, daß ich meine, daß das was Du als Kehrseite der Medaille bezeichnest, einen bestimmten Grund hat und auf der einen wie der anderen Seite die Gewerkschaften mit vorkommen? Darüber lässt sich ja streiten – oder auch nicht.
„Ich habe keine Lust und sehe keinen Sinn darin, mich ständig damit zu beschäftigen, wie der Mann mit der Sauce im Bart die Sache wohl sähe. Ich mache das exakt dann, wenn ich es für relevant halte. Das ist einmal mehr nicht der Fall.“
Und Du meinst, ich mache das. In meinem ersten und zweiten Beitrag war überhaupt keine Rede von Marx. Meine ganze Nichtanalyse kam ganz ohne Bezug auf Marx aus. Wage sogar zu bezweifeln, daß er das auch so gesehen hätte. Und von mir aus hätte es ja auch so bleiben können. Und gegenüber dir habe ich das die ganze Zeit auch so gehalten. Mein Zitat von Marx habe ich klar für Leute gekennzeichnet, die wohl sich für Marx interessieren. Und dann hast Du es trotzdem kommentiert. Mit der lapidaren Bemerung ich würde alternative Differenzierungen verhindern. Was bitte habe ich denn damit verhindert? Weder Peinhart noch Du noch irgendjemand sonst werden dadurch, daß ich bestimmte Zitate von Marx bringe, daran gehindert alternative Differnzierungen vorzunehmen. Ihr macht es ja! Und das mit dem Jahrhundert ist ja auch ein tolles Argument. Also komm Du ruhig auch mal wieder runter.
Mai 1st, 2010 at 19:31
@so, so #28
Wie kann man nur so einen….. ach, ich verkneife es mir.
Ich weis nicht, ob der grossindustrielle Kapitalist dem Geldkapitalist (wo auch immer da der Unterschied sein möge) auf Augenhöhe begegnet, wenn er einen Kredit braucht. Mag sein, ich kenne mich mit Betriebswirtschaft und dergleichen nicht aus. Sehr wohl weis ich aber, das der kleine Unternehmer mit einer handvoll Mitarbeiter vor dem Kreditgeber gnadenlos “blank zu ziehen” hat. Da wird z.B. das eigene Haus und gern auch das elterliche Haus (des kreditnehmenden Unternehmers) als Sicherheit genommen, wenn vorhanden. Nicht nur Produktionsmittel. Ich weis auch von einem Fall, wo eine Bank einen Unternehmer zwang gute Leute zu entlassen, obwohl der Betrieb “gut in Arbeit stand” und die Entlassenen gute Leute waren, auf die der Unternehmer nicht verzichten wollte. Und das nur weil die Erwartungen der Bank an die Bilanzen des Betriebes nicht erfüllt wurden, obwohl der gegebene Kredit bedient wurde.
Dein theoretischer “Plünn” ist ja nicht zum aushalten.
Sorry, wenn das jetzt nicht intellektuell genug gewesen sein sollte.
Mai 1st, 2010 at 19:41
@wat nochmal
noch zu #24 nochmals @so,so, weil ichs überlesen habe
also daß die Arbeiter die freie Assoziation bilden, das sehe ich auch so.
Einen Haken sehe ich in der Aufhebung der gesellschaftlichen Produktion und privatkapitalistischer Aneingung. Das betrachte ich nicht als den Witz. Worum es m.E. geht ist der Gegensatz zwischen der Selbstverwertung des Werts (Akkumulation) als Zwck der Produktion (!) und den Interessen der Produzenten. Die besagten Werke sind in meinen Augen nichts als der Nachweis und die begriffliche Entfaltung dieses gegensatzes. Überall führt der Zweck der Produktion zum Schaden der Produzenten. Und dieser Zweck, das ist da auch nachzulesen, führt auch in der Produktion selbst zu diversen Härten. Soll heißen, der Schaden beginnt nicht erst mit der privatkapitalistischen Aneignung. In einer Gesellschaft in der es um den Wert geht, ist Arbeit (als wertbildende) überhaupt nicht etwas, was wegen Ruhe und Komfort möglichst verkürzt und kräfteschonend praktiziert wird, sondern ihre möglichst intensive und lange Verausgabung ist das Ziel ihrer Anwendung.
Mai 1st, 2010 at 19:54
@robin
ja, als Kleinbürgersproß weiß ich auch wie es zugeht, wie um den Kredit gezittert wird. Bloß, heißt das jetzt, daß der Kleinbürger – solange die Bank den Kredit gibt – nicht über seine eigenen Produktionsmittel verfügt? Daß er nichts als seine Arbeitskraft hat? Daß er also nicht ein Zwitter ist?
Und was den Unternehmer betrifft, der auf Drängen der Bank Leute entlässt, tut er das nicht um Produktionsmittelbesitzer zu bleiben?
Und was ist “Plünn”? Fragen über Fragen.
Mai 1st, 2010 at 21:43
@so,so (abschließend)
“Einen Haken sehe ich in der Aufhebung der gesellschaftlichen Produktion und privatkapitalistischer Aneingung. Das betrachte ich nicht als den Witz. Worum es m.E. geht ist der Gegensatz zwischen der Selbstverwertung des Werts (Akkumulation) als Zwck der Produktion (!) und den Interessen der Produzenten. Die besagten Werke sind in meinen Augen nichts als der Nachweis und die begriffliche Entfaltung dieses gegensatzes. Überall führt der Zweck der Produktion zum Schaden der Produzenten. “
Glaub mir, diese Diskussion hab’ ich rauf unter runter…
Was meinst Du, woher meine ‘Allergie’ gegen kleinbürgerliche ‘Optimierungen’ kommt…
Ich wußte (ja, manchmal bin ich Hellseher), daß Du genau auf diesen Punkt gehst und hab’s vorsorglich gleich ‘mit erledigt’.
Nur noch eins – wenn niemand mehr die Möglichkeit hat, sich privat etwas anzueignen, das andere (hier die Gesellschaft) produzieren, keiner mehr allein über ‘verwertbares’ Eigentum verfügt, dann hat sich das auch mit dem Wert und dem Wertgesetz ‘erledigt’.
Dann hat sich Lohnarbeit erledigt und auch das Pendant dazu – Kapital.
Wenn nicht, ist auch der Widerspruch nicht aufgehoben und die wirklichen Produzenten haben tatsächlich den ‘Schaden’, ihre Reproduktion geht immer zugunsten anderer minderer aus.
Das war’s hierzu – der Tag heißt zwar ‘Tag der Arbeit’, aber übertreiben wollte ich es nun heute auch nicht ;-)
Btw. Kleinbürger sind die, die schon immer, die Geschichte könnte ganze Bücherwände vollpinseln, wenn sie ‘dürfte’, privates Eigentum verteidigt haben, trotzdem sie selbst gar keines mehr hatten, und nur meinten, es sei ‘ihrs’.
Ende :-)
Mai 1st, 2010 at 22:02
@wat
“Nur noch eins – wenn niemand mehr die Möglichkeit hat, sich privat etwas anzueignen, das andere (hier die Gesellschaft) produzieren, keiner mehr allein über ‘verwertbares’ Eigentum verfügt, dann hat sich das auch mit dem Wert und dem Wertgesetz ‘erledigt’.”
ja, ja, das habe ich mir schon auch gedacht und insofern wäre meine Hervorhebung auch nicht wichtig, wenn es nicht tatsächlich den Versuch gegeben hätte zu “vergesellschaften” und das Wertgesetz “wissenschaftlich” anzuwenden. Was natürlich – wie Du schreibst – mehr als merkwürdig ist, weil es ja gar nicht mehr existiert sondern sogar simuliert werden muß. Erwarte keine Antwort.
Mai 1st, 2010 at 22:19
Erwarte ich nicht, aber dafür kriegst Du noch eine:
Vergesellschaftung ist nicht gleich zusetzen mit Verstaatlichung!!!
‘Wissenschaftlich’ anwenden – ja, ja – ‘Marxismus machen’.
Vergiß es.
Mai 1st, 2010 at 23:53
Eben. Es ist ja nicht so, als hätte ich kein philosophisches Ansinnen, das ich gern verbreiten würde. Allein, es hilft nichts, die Welt besser beschreiben zu können. Das ist ironischerweise das, was Marx getan hat und was Marxisten in den manischen Exzess treiben.
Ich würde wie mehrfach angedeutet basierend vor allem auf Texten Adornos meinen Beitrag zur Analyse leisten. Was soll ich aber damit hier? Wenn sich die Gelegenheit bietet, sikzziere ich so etwas und verweise auf die Lektüre.
Die Alternative zum klassischen Journalismus kann aber kein diskursives Bällchenbad sein, in dem sich die vermeintlich Wissenden die Kügelchen zuschubsen und weise nicken.
Ich vereinfache ganz selbstverständlich auch, und zwar sehr absichtsvoll.
Ich habe da den Vorschlag gemacht, wieder von Arbeitern zu sprechen. Das wäre m.E. praktikabel und könnte ein klein wenig zur Verbesserung der Welt beitragen. Was ich an “Wissenschaft” mit mir herumschleppe, ist der Hintergund, und da soll es auch in aller Regel bleiben.
Mai 2nd, 2010 at 00:55
@so, so #32
“Und was den Unternehmer betrifft, der auf Drängen der Bank Leute entlässt, tut er das nicht um Produktionsmittelbesitzer zu bleiben?”
Vielleicht beisst er auch in den sehr sauren Apfel, um den Rest der Belegschaft halten zu können und den “Laden am laufen zu halten”? Schon mal was von “Verantwortung” gehört? Übrigens: Was nützen dem Unternehmer die Produktionsmittel, wenn ihm die Leute zur Bedienung fehlen?
Mai 2nd, 2010 at 14:32
@robin
ja, wenn es anders ist, dann ist es anders. In deinem Fall #30 hat er sie aber entlassen. Als letztes doch noch, was ist jetzt “plünn”?
Mai 2nd, 2010 at 14:57
@flatter
“Allein, es hilft nichts, die Welt besser beschreiben zu können. Das ist ironischerweise das, was Marx getan hat und was Marxisten in den manischen Exzess treiben.”
Marx hat das durchaus absichtsvoll getan. Es geht darum «den versteinerten Verhältnissen ihre eigene Melodie vorspielen und sie so zum Tanzen zu bringen.» Das ganze Kapital ist eine einzige Kritik der Verhältnisse incl. der Kritik diverser Vorstellungen über die Vereinbarkeit eines anständigen Lebens von Lohnarbeitern mit Ihnen – incl. zum Beispiel der Rolle der Gewerkschaften. Und es ist genau das, was ich mit universitärer Unart im Umgang mit Marx gemeint habe. Seinem Werk diese Kritik zu nehmen und sie in ein geschichtshistorisches Werk (durchaus verdienstvoll) oder es gar in eine Anleitung zur Methodologie einer Gesellschaftsanalyse umzudeuten. Mal als Arbeiter, die wir alle sind, gelesen, erklärt es (und das ist etwas Anderes als Beschreiben), warum (!) man ewig der Geschädigte ist und weil die Gründe dafür genannt werden, auch was zu ändern ist. Eine kürzere Fassung davon wär mir im Übrigen auch lieber. Wat. – glaube ich, hast Du übrigens falsch verstanden – das “Marxismus machen” bezog sich nach meinem Dafürhalten auf die “wissenschaftliche Anwendung” des Wertgesetzes.
Mai 2nd, 2010 at 15:02
@flatter
und bevor jetzt wieder irgendwas losgeht, von wegen Weltsicht oder so: Ja das ist eine Behauptung,die im Übrigen jeder überprüfen kann im Nachvollzug. Eigenständig zu erklären gibt es auch dan noch genug, weil sicher einige zeit ins land gegangen ist, seitdem Marx es zu papier bebrahct hat.
Mai 2nd, 2010 at 15:32
Marx und Engels haben einen Fehler begangen, indem sie ihre These veröffentlicht haben. Es sei denn, sie wollten die Entwicklung verhindern.
Denn mit der Veröffentlichung haben sie das Kapital vor den Folgen gewarnt. So konnte das Kapital ein paar Brosamen abgeben, um die befürchtete Entwicklung zu verhindern.
Wenn die These richtig war, dann wäre sie ohne die Veröffentlichung irgendwann eingetreten.
Später wurde sie dann benutzt, um Menschen zu verarschen. Es gab nie einen echten Kommunismus, es sei denn, man zählt die Urchristen dazu. Somit war die von Marx und Engels propagierte Antireligiösität des Kommunismus falsch.
Also war die ganze Sache nichts als die Verhinderung des logischerweise irgendwann erfolgenden Aufstandes der Arbeiter, indem man diese Gruppe spaltete. Teile und Herrsche, die Methode mit der die These von Marx und Engels angegangen wurde. Mit Erfolg.
Wem nützt es – das ist doch die erste Frage. Also, wem hat die Veröffentlichung genützt? Dem Kapital, um die Revolution zu verhindern. Punkt.
Mai 2nd, 2010 at 18:44
@so, so
“Plünn” bedeutet “Kram” oder “Mist” (Räum mal deinen Mist weg!”).
Kennt man wohl am ehesten im nördlichen Schleswig-Holstein. Vielleicht kann man in Hamburg und Niedersachsen auch noch etwas damit anfangen. Vermutlich kennen auch nur eher ältere Menschen in den genannten Regionen/Ländern den Begriff.
“Plünn” ist, soweit ich weis, immer eher negativ belegt. Es können aber auch “Klamotten” damit gemeint sein. Ob es immer schon diese Bedeutung hatte, weis ich aber nicht. Es kann auch sein, das meine Schreibweise nicht korrekt ist, habe es nach Aussprache buchstabiert.
Mai 2nd, 2010 at 18:52
@robin
so so
Mai 2nd, 2010 at 20:09
@Robin – Gibt es die deutsche Schriftsprache nicht offiziell nur in Hochdeutsch…?
“Plünnen” kenne ich als Ausdruck auch, Benutzung geht bis tief in die Uckermark – da wohne ich ;-)
Es sollte also sowohl im Uckermärkischen Platt, als auch im Neumärker Platt (heute Polen)gebräuchlich gewesen sein.
Das Wort “Plünnen-Kroam” hat dann mein Stiefvater ‘eingeschleppt’ – der kam aus dem Krs. Grevesmühlen (so bei Wismar)
Fand ich immer ‘doppelt-gemoppelt’ ;-)
Es waren damit in beiden Fällen immer Klamotten oder eine Ansammlung von altem Kram/alten Dingen gemeint.
So wie Du es beschreibst.
Ich benutze es bis heute – meine Familie ist (leider) schon ‘auf 1,80′ – sie kann es deshalb nicht mehr.
Mai 2nd, 2010 at 20:53
@Wat.
“Plünnen-Kroam” oder verkürzt “Plünn-Kroam” kenne ich auch aus unserem “Angeliter Platt” (Region Angeln in Schleswig-Holstein).
War mir nicht sicher ob man es nur “Plünn” oder auch “Plünnen” schreibt.
Bei uns wird das Wort aber auch in abschätziger Weise benutzt, wenn man mit einer Sache (kann alles mögliche sein, nicht nur Gegenstände) nichts anfangen kann (“Was’ dat fürn Plünn?”).
Der Begriff scheint sich also um die Ostsee “rumzuschleichen” (so in etwa). Danke! Hab’ ich wieder was gelernt!
Mai 2nd, 2010 at 21:18
Naja – Schwedt/Oder ist aber ‘ne ordentliche Ecke von der Ostsee weg ;-)
Schönen Rest-Sonntag Dir… und den anderen natürlich auch.
Mai 2nd, 2010 at 21:27
Plünn = Plunder
Mai 2nd, 2010 at 21:31
Hast doch vom Stiefvater aus der Ecke Wismar erzählt : – )
Selbst auch noch einen Schönen Abend!
Mai 3rd, 2010 at 05:50
[...] kommentiert: "Die Phase der Unsicherheit für unsere Mitarbeiter in Antwerpen sei damit beendet" 1. Mai – Der Tag der Arbeiter Zitat: Wer noch Arbeit hat, von der er leben kann, sollte Zweierlei wissen: Erstens ist sie ihm [...]
Mai 3rd, 2010 at 10:56
@robin
also so etwas, wie im Schwäbischen “Zeugs”, das in seiner Wertung von neutral bis negativ changiert. Natürlich nicht gleichzusetzen mit dem Heideggerschen “Zeug” ;-). Nur wegen dem nötigen Niveau.
Mai 5th, 2010 at 01:34
[...] Tag der Arbeiter [...]
Mai 5th, 2010 at 20:24
Ohne weitere Worte:
https://www.jungewelt.de/2010/05-05/058.php
Mai 8th, 2010 at 18:40
“Die Kehrseite dieser Medaille ist jenes Statusstreben, das in Vergessenheit geraten ließ, daß es eben Chancen, d.h. Möglichkeiten sind, die sich im günstigen Fall ergeben, und daß es nach wie vor mit abhängiger Arbeit zu tun hat. Es wurde verdrängt, daß in dieser Abhängigkeit ein wirtschaftlicher Aufstieg erreichbar war, und stattdessen galt der individuelle Erfolg als “verdient”.”
Ich würde dem noch eine Nuance hinzufügen: dass es Möglichkeiten sind oder waren, die nicht im Entscheidungsraum des abhängige Arbeitenden lagen. Das ist nämlich wie ich finde, ein Gedanke, dessen man heute in der Regel nicht mehr mächtig ist: dass ein Individuum nur sehr wenig zu Stande bringt, wenn es nicht auf Kontexte stößt, die für es irgendwie förderlich sind und dass sein Strebungswille, seine Leistungspotenz, alsbald erschlafft, wenn es gegen Mauern rennt und es früher oder später zu einer Marionette wird, deren Gedankenkreisläufe nur mehr ausgetrocknete Gewebe des gerade Gängigen sind. Das ist die illusio unserer Selbst: zu meinen, nein, mit zusammengebissenen Zähnen zu meinen, man könnte aus sich heraus zu einem bekömmlichen Leben gelangen, wenn man nur seine Kräfte nicht baumeln lässt, sondern Fleisch und Geist anzurrt, in Hochspannung versetzt und wie ein Schneepflug durch die Welt rast.
Wenn man nur fest genug daran glaubt, verbergen sich ehebaldigst sämtliche Sinne des Geistes und was bleibt, ist der kraftvolle Nisus durch die Welt, der Zynismus gegenüber allen, die es so nicht tun/können, die Stiefelleckerei nach oben hin. Wäre man in der Lage sich dieser Kränkung seiner selbst anzunehmen, dann hätte man einen prinzipiellen Grund zur Solidarität sowie zu Sozialstaat. Nichts anderes als ein vergesellschaftetes Individuum ist man. Marx dreht sich schon lange im Grab, wenn die aus ihm erstandene Kirche nur mehr Egoisten hervorbringt, die auf den Lauf der Geschichte hoffen, damit sie dann egoistisch fischen gehen können, wann sie wollen.
Wie auch immer, jenen, die aufgestiegen sind, ist im Schlaf des Konsums eine sanfte, sehr sanfte Geistmassage zu teil geworden und am nächsten Tag haben sie den Grund ihres Daseins, vor allem ihres Status, in ihrer eigenen Leistungspotenz erblicken gemusst. Die Akkzeleration der Muskeln am morgentlichen Bett schon, konnte ihnen reichen, um zynisch zu werden, um Faule zu sichten, um gleichgültig zu werden. Das Prinzip, das Leistungsprinzip kennt nur eine affizierbare Entität und es lebt nur mit einer Entität: mit mir, mit mich. Die Welt der Menschen ist graduell: je nach Muskel- und Geistspannung. Die Geschichte konnte umgeschrieben werden, die Leiden jahrelanger Arbeit wurden zu eigenem Durchhaltevermögen und Anstrengung, zu einem Selbstlob. Das eigene Kapitalvolumen kann man wohlig beäugen, es ist Frucht eigener Hände, Schweißtropfen und erfahrener Beleidigungen. Aber es ist da, der Druck lichtet sich, alles hat einen Grund. Man kann die ganze mentale Welt verklären um die eigene Leistungspotenz herum, man wird zum Magma der Welt.
Es sind alles Esel auf der Welt, die meinen, wenn sie der Karotte vor ihrer Nase nur schneller nachrennen als die anderen, dann erlangen sie das Glück.
Dagegen ist zu lernen, dass wir zwar keine Spielbälle sind, aber auch nicht viel mehr. Dass es immer Bedingungen geben muss, die einen zur Entfaltung bringen können. Und diese Bedingungen sind oft nicht der Fall. Und wenn, dann sind sie oft zufällig. Nachsichtig muss man werden, wissend um das Ausgesetztsein, wissend die eigene Vergesellschaftung, nicht nur im Bewußtseinsgetriebe, auch im Körper und in den eigenen Tätigkeiten, Bahnen des Lebens und Hoffnungen. Das ist den Falschliberalen das Weihwasser des Teufels.