Ontologischer Antisemitismus
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01. Sep 2012 18:54
Wenn ich aus dem Artikel von Judith Butler schlau werde, muss Antisemitismus eine Art Seinsgeschick sein. Etwas Ewiges und Unteilbares. Zwar spricht sie von “Rassismus und Antisemitismus“, aber dass dieser in jenem aufgehen könnte, scheint unmöglich sein zu müssen. Konsequent zitiert sie daher auch eine “antideutsche Linke”, eine Splittergruppe, an der ich nichts Linkes finden kann, die jeden Diskurs mit einer bräsigen Ideologie ruiniert.
Ich halte mich mit Äußerungen zu Israel und den Machenschaften seiner Regierung bekanntlich zurück, einfach weil es eben nur Reflexe auslöst, wenn ein nichtjüdischer deutscher Staatsbürger simple Kritik übt. Ich vertraue da auf kluge Menschen anderer Nationalitäten. die auch sehen, was nicht zu übersehen ist und sagen, was ist. Zum Antisemitismus in Deutschland muss ich Stellung beziehen, und da fällt mir auf, dass er längst ein Rassismus ist, der mit Juden und Judentum erkennbar nichts zu tun hat. Ich stelle ohne Häme fest, dass es schwer sein muss für die Nachkommen der Opfer des Holocaust, aber ihr Schicksal ist nicht frei von einer furchtbaren Beliebigkeit. Antisemitismus ist dementsprechend austauschbar.
Banales Grauen
Wer Opfer eines Verbrechens wird, ist meist nicht der einzige, dem dies widerfahren kann, es hat ihn bloß erwischt. Die Opfer werden von den Tätern nach Kriterien ausgesucht, die der Täter für sich definiert. Er hält sie in der Regel für leichte Beute, das Ziel muss ‘schwach’ sein. Der Übergang von Mobbing über den Rassismus, die Gewalt und den Krieg zur Massenvernichtung ist fließend. Das Grauen ist banal. Es hat nichts Mystisches oder Ontologisches.
Die Struktur dessen, was zynisch als “Islamkritik” verbrämt wird und dem Antisemitismus ist nicht bloß analog, sondern identisch. Die Horden hassbewegter Rassisten, die ‘den Moslems’ genetisch bedingte Dummheit und Gewaltbereitschaft andichten, sind dieselbe Charge, die den Juden das Streben nach Weltherrschaft nachsagen. Beide ‘Rassen’ sind demnach gefährlich und daher Feinde, im Kampf ums Überleben also Todgeweihte.
Der Herrenmensch und die Anderen
Der asymmetrische dritte Weltkrieg verklärt längst die halbzivilisierten Muselmanen zum Freiwild wie im zweiten das Judentum zum Ungeziefer degradiert wurde. Beide Varianten sind Konsequenzen kapitalistischer Verwertung, der ein passender Rassismus stets die letzten Mittel in die Hand gibt. Dass nur der heutige Exportweltmeister so gründlich war, gleich Millionen von Menschen zum Material des Prozesses zu machen und sie wie jedes andere in Produkte oder Asche zu transformieren, wird ein Wert für die Ewigkeit bleiben.
Daraus gelernt hat hier kaum wer. Das Hetzwerk Sarrazins trumpft mit demselben Rassismus auf wie einst ‘Mein Kampf’, ist dabei allerdings noch perfider. Die rassistische Diskriminierung von “Türken und Arabern” folgt dem bekannten Muster, Menschengruppen für minderwertig zu erklären und damit zum Feind, zum potentiellen selbstverschuldeten Opfer. Dass er aber im gleichen Atemzug die Juden diskriminiert, die “intelligenter” seien, ist der Diskussion weitgehend entgangen. Wo das drin steht, kann auch bald “verschlagener” stehen, “hinterhältig” oder sonst etwas. Die Zuschreibungen des Rassismus sind Variablen. Sie können mit beliebigen Werten gefüllt werden. Daher ist Sarrazins Machwerk nachgerade virtuos. Sein widerliches Herrenmenschenurteil über ‘die Juden’ kommt daher wie das Trojanische Pferd, als Schmeichelei.
Selber schuld
Antisemitismus ist kein Thema. Schon gar nicht von Deutschen, die schon glauben, sie seien keine Antisemiten, weil ihnen zu Juden nichts einfällt und sie eh keinen kennen. Die Rituale der geheuchelten Scham unserer Repräsentanten bei Gedenktagen machen es nicht besser. Zu viele von ihnen waren längst als Menschenhasser aufgefallen, Rassisten und Freunde von Rassisten, Parteifreunde von Nazis oder gleich selber welche, als sie ihre schlecht geübte Trauermiene aufsetzten. Das funktioniert nur leidlich und sagt nichts. Schlimmer kann man das Vergessen kaum organisieren.
Was zu tun ist, ist die Ächtung von Rassismus und Diskriminierung schlechthin. Man muss ihn und seine Ursachen erkennen, benennen und eindämmen. Dazu sind aber alle jene nicht bereit, die ihren Popanz brauchen. Und alle diejenigen, die im Konkurrenzkampf Munition für ihre Gnadenlosigkeit brauchen. Schließlich jene, die eine schale Rechtfertigung brauchen dafür, dass sie über Leichen gehen. “Selber schuld” ist das Motto der Rassisten. Wo das erklingt, wird zugeschlagen.
September 1st, 2012 at 19:18
Eigentlich ist es ein ziemlich simples Thema, wie du so schön schreibst. Vollkommen beliebig. Ignorante und/oder paranoide Angst vor Anderen und der Wunsch sich durch Abgrenzung selber zu definieren ist wahrscheinlich so alt wie die Menschheit.
Leider wird durch unsere vollkommen verkorkste Geschichtsbeackerung genau das betrieben, was vornerum kritisiert wird. Durch das ewige, steife Mahnen und Gedenken, durch das Entrücken des Holocaust in unereichbare Abgründe des Grauens, ist so ein gewaltiger Schatten entstanden, dass sich Kleingeister wie Sarrazin munter auslassen können, weil… muss man doch alles auch mal sagen dürfen, ne. Und immer wieder diese Frage “Hat er nicht doch Recht?”
Recht hat er damit, dass Deutschland (wahrscheinlich eher die Welt) ein Ort ist, an dem es immer noch und immer wieder akzeptiert wird Diskussionen anzuzetteln, die ganze Gruppen diskriminieren, ausschließen, für minderwertig erklären.
Kommt davon, wenn man als Nation aus der Geschichte gelernt hat, auf Knopfdruck zwar den Kopf hängen zu lassen, Kränze abzulegen und auf Stichworte sofort entzürnt zu reagieren, aber eine Nation sich in vielen Jahrzehnten vom Bauch und Herzen her erschreckend wenig geöffnet hat.
Flatter, was du beschreibst, sind die traurigen Fakten, ist die armselige Zustandsbeschreibung der Nation, die sich so sehr gegen das Vergessen wehren wollte und komplett versagt hat.
Und wenn ich oben schreibe “eigentlich ist es ganz simpel”, weiß ich genau wie du, es ist und wird sicher immer alles andere als simpel sein, sich da gescheit anzunähern. Weshalb leider viele schlicht gar nichts sagen. Und somit schließt sich genau dort der Kreis zum falschen Gedenken, zum ängstlichen und gelenkten Mahnen.
September 1st, 2012 at 19:26
Was zu tun ist, ist die Ächtung von Rassismus und Diskriminierung schlechthin. Man muss ihn und seine Ursachen erkennen, benennen und eindämmen.
Man könnte die überaus steile These aufstellen, dass es sich schlicht um Exklusion handelt – und Kapitalismus und Privateigentum ebenfalls grundlegend auf Exklusion bauen. Deshalb ist der Mechaneismus ja auch so hülfreich in der Konkurrenz.
September 1st, 2012 at 19:46
Bombentext. Hoffentlich liest das auch mal einer der eher Unüblichen.
September 1st, 2012 at 21:19
Feynsinn: “Die Rituale der geheuchelten Scham unserer Repräsentanten bei Gedenktagen machen es nicht besser. Zu viele von ihnen waren längst als Menschenhasser aufgefallen, Rassisten und Freunde von Rassisten, Parteifreunde von Nazis oder gleich selber welche, als sie ihre schlecht geübte Trauermiene aufsetzten. Das funktioniert nur leidlich und sagt nichts. Schlimmer kann man das Vergessen kaum organisieren.”
Wilhelm Busch: “Alles konnte Böck ertragen, ohne nur ein Wort zu sagen, aber wenn er dies erfuhr, ging’s ihm wider die Natur.”
Ein NPD-Bundesvize redet vieles straffrei, was man ihm eigentlich als rassistisch ankreiden könnte, aber das Wort “Betroffenheitstheater” in einer Landtagsrede in Schwerin hat ihm acht Monate auf Bewährung eingebracht (natürlich nicht das an sich, sondern dass er damit die Opfer verunglimpft habe, ja dann).
Merke: Den bedröppelt dreinblickenden Schweigeminuten-Zeremoniaren Heuchelei vorzuwerfen, ist das schlimmstzuahndende Vergehen! Du sprichst von “Ritualen der geheuchelten Scham”. Vorsicht!
September 1st, 2012 at 21:39
endlich mal jemand, der sich die butler vornimmt.
September 1st, 2012 at 21:56
Apfelhausen gegen Birnenhausen, Unterdorf gegen Oberdorf, Mir san mir! *kotz*
Der Feind im Anderen iss noch immer die bequemste Art und Weise von eigenen Unzulänglichkeiten abzulenken und diese zu verdrängen.
“Durchschnittlich einssiebzig hoch …” Was willste anners erwarten?
September 1st, 2012 at 22:07
“Antisemitismus ist dementsprechend austauschbar.”
Zu den Charakteristika der postnazistischen Debatte über Israel und “die Juden” gehört es, dass sich das antisemitische Ressentiment von links bis rechts als Sorge um die vernachlässigten Menschenrechte auf beiden Seiten der Konfliktparteien (Palis/Juden) tarnt.
Dabei wird das dringende Bedürfnis, mit den Juden mal so richtig Tacheles zu reden, insbesondere bei Linken und denen, die sich “….schon seit Jahren aktiv gegen Antisemitismus engagieren….” als Resultat heftigster Gewissenkonflikte dargestellt.
Rhetorisch werden die Tiraden als Freundschaftsdienst an den Israelis ausgegeben, denn nun, anderes als ihren Vorfahren nicht mehr der Krieg, sondern der Frieden erklärt wird.
Einfach mal als Nachkomme der Tätergeneration, die es (mit “demokratischen Mitteln”) nicht mal schafft, die akute Bedrohung für alles “Undeutsche ” in Gestalt der Stiefelfaschisten zu beseitigen, die Fresse halten, wäre nicht schlecht.
September 1st, 2012 at 22:20
@Sinnfrey Nr.4:
In Dräsdn wern se blos des Saols verwiesn, die drugen Dhor Schdeinar underm Dscheggid…
is ein paar Wochen her, der Schkandaaaaaal…
Mir tuts um die Eiche in Rostock leid, so als Fan des Waldes und des Baumes überhaupt, die Begründung warum die Idioten (es sind Idioten) das getan haben, die würd ich unterschreiben…
September 1st, 2012 at 22:36
“In Dräsdn wern se blos des Saols verwiesn, die drugen Dhor Schdeinar underm Dscheggid…”
Selbst das dürfte eher proforma gewesen sein. Na, so lange ‘se nicht wieder im Kinderpuff zu Leipzig mit dem ganzen Landtag auf Steuerzahlers Kosten zu Tische liegen….(wahrscheinlich mit dem T-shirt Todesstrafe für Kinderschänder zumindest als Unterhemd).
September 1st, 2012 at 22:42
Ich hab’ mir gerade noch ‘mal die 130 Kommentare vom verlinkten Post zu TS reingezogen … ab der Mitte, als dann die “Jungs von der anderen Seite des Spektrums” vermehrt auftauchten: Unfassbar! Dummheit als demokratisches Grundrecht? Sofort abschaffen!1!!
flatter: Du denkst Dir hier noch Krampfadern annen Kopp, geh’ lieber radfahn, iss gesünder!
September 1st, 2012 at 22:47
@eike: so is das, proforma. Jede Herrschaft braucht ihre nützlichen Idioten. Die Linke direkt angreifen? Selbst in Sachsen nicht unproblematisch – da bietet sich die NPD doch gradezu an.
September 1st, 2012 at 22:56
@flatter: Solange Du solche Texte herausbringst, wenn Du dich als müde bezeichnest, ist alles in Ordnung. Wirklich schön geschrieben. Hut ab!
Mach’ die Bude hier mal ein paar Tage dicht und gönn dir was feynes.
September 1st, 2012 at 23:15
bei “philo”- und antisemiten frage ich mich immer was schlimmer ist; hass und pure idiotie oder verlogenheit (und idiotie (und hass))???
dieser …herr z.b. – der gerne mal drei bier auf einmal bestellt und ein blaues blümelein ins revers steckt um sich schönerer zu machen – besucht erst medienwirksa israel und yad vashem:
https://oi56.tinypic.com/2vbo0vb.jpg
…und veröffentlicht dann solche karikaturen:
https://imgl.krone.at/Bilder/2012/08/19/Strache_postet_dubiose_Karikatur_auf_Facebook-Antisemitisch-Story-331530_476x268px_1_iPLGa7i6ao5S2.jpg
unter neu-neo-nazis war es vor einiger zeit richtig “hip” PRO ISRAEL zu sein und ZWAR GANZ GROSS GESCHRIEBEN UND AUCH GANZ LAUT DAMIT ES JEDER HÖRT UND WOMÖGLICH GLAUBT!!!1 …
seit der beschneidungs-”debatte” aber geht es dann wohl eher richtung “HEP HEP”. oh lord
wer solche freunde hat…
September 1st, 2012 at 23:30
@7 altautonomer
Für mich ist Fresse halten eher Problemverursacher. Denn wer die Fresse hält, muss sich auch nicht die Mühe machen zu denken, irgendwas zu entwickeln. Da kann man tradierte Gebetsmühlen bemühen, halt die sicheren Pfade beschreiten und fertig is. Finde ich sehr unbefriedigend. Da ist mir persönlich meine Rolle als Täternachkomme bisschen arg mager, wenn es sich darin erschöpft, dass ich fortan zu schweigen habe.
Was ich übrigens in solchen Diskussionen beobachte und etwas verwirrend finde ist, wenn immer Jude, Antisemitismus und Israel in einen Topf geschmissen werden, als wären das Synonyme.
September 2nd, 2012 at 01:36
Auch hier gilt: Intelligenz zeigt sich in der Fähigkeit differenzieren zu können. Natürlich darf man Gruppen von Menschen Tendenzen zu irgendetwas zuschreiben. Frauen sind dies, Männer sind das, Kinder sind jenes, Christen sind usw.
Es ist dabei klar, dass dies niemals ein Urteil über einen Menschen ersetzen kann, denn eine Tendenz sagt niemals etwas über ein Individuum aus.
In sofern ist die Differenzierung von allgemeinen Aussagen, die Tendenzen erfassen, niemals gültig umzulegen auf Individuen. Das gelingt vielen Menschen nicht und es gibt wiederherum andere Menschen, die wissen, dass das einigen Menschen nicht gelingt und daher schon sagen, dass tendenzielle Aussagen daher auch nicht gemacht werden sollten, wogegen ich mich aber strikt wehre.
Deine Unterstellung, dass eine Unterscheidung von Menschengruppen ein Rassismus wäre, wenn er sich auf Nationen, Religionen oder ethnischen Zugehörigkeiten bezieht, kann ich nicht teilen.
Dagegen teile ich sehr die Auffassung, dass dem Rassismus eine herabsetzende Denkweise innewohnt gegenüber Menschengruppen. Dieses Herabsetzen halte ich persönlich für den entscheidenen Punkt, ganz im Gegensatz zur Zuschreibung von Eigenschaften an eine Menschengruppe.
Wenn ich empirisch Eigenschaften nachweisen kann, bin ich dann Rassist? Sicher nicht. Wenn ich den Schluss ziehe, dass ich direkt oder indirekt die Menschen deswegen schlechter behandeln dürfte, bin ich dann ein Rassist? Schon eher.
September 2nd, 2012 at 02:09
Die einfachste und einleuchtendste Definiton von Antisemitismus welche ich gehört habe geht etwa so:
Antisemit ist, wer Juden schaden will weil sie Juden sind.
Dabei ist es die Natur jeder Art von Diskriminierung dass sie am Ende auch Jeden treffen kann, wie Niemöller in seinem bekannten Gedicht eindrucksvoll festhielt. Wer Heute noch auf der Seite der Ausgrenzenden oder Gleichgültigen steht, kann sich Morgen schon auf Seiten der Ausgegrenzten widerfinden.
Offener Antisemitismus scheint sich momentan vor Allem bei jungen Deutschen mit rechtsradikaler Gesinnung und jungen Muslimen auszubreiten – zwei Gruppen die ihrerseits reichhaltige Erfahrung mit dem Gefühl der Ausgrenzung und des Abgehängtseins machen.
Letztlich kann eben jeder Mensch nur auf zwei Arten mit ständigen Demütigungen umgehen, er wendet Wut und Frust entweder gegen sich selbst – oder gegen Andere. Der zweite Weg führt in der Regel zur Gruppenbindung und die Obrigkeit ist seit jeher schlau genug, den Hass dieser Kollektive der Abgehängten auf andere Gruppen ab- und umzulenken.
Die Eliten herrschen seit Jahrtausenden nach dem Prinzip Teile und herrsche und diese Art Herrschaft hat ungebrochen Bestand, auch wenn sie in jeder Generation mindestens einmal grandios und blutig scheitert.
Es scheint als wäre der Mensch zum Leiden in ewiger Repetition verdammt, so wie Prometheus, dessen Leber jeden Tag stets aufs Neue gefressen wird.
September 2nd, 2012 at 02:12
@oschad: “Wenn ich empirisch Eigenschaften nachweisen kann, bin ich dann Rassist?”
Yo, du bist schon einer, wenn du es nur versuchst. Die Definition ist schon das Arschloch, denn sie will etwas. Niemals etwas Gutes.
September 2nd, 2012 at 04:22
@oschad
Frauen sind dies, Männer sind das, Kinder sind jenes, Christen sind usw
sowas kann man sagen – das Problem ist nur, obwohl Frauen “so und so” sind, sind sich der Mann und die Frau oft ähnlicher als 2 Frauen/Männer, etc etc.
Kulturell läßt sich da schon eher differenzieren, am Ende stößt man da aber aufs gleiche Problem.
Ansonsten gilt für Menschen- dasselbe wie für Hunderassen:
am Anfang waren nicht Schäferhund, Terrier & Doberman – am Anfang war der Wolf. “Schäferhund” etc. sind nur das Ergebnis einer endlosen Vermischung, und am Ende auch nur ein Zwischenprodukt.
Von daher ist die Bezeichnung “reinrassiger Schäferhund”, bzw. “Rasse” überhaupt, sowieso ziemlich unlogisch.
September 2nd, 2012 at 04:36
edt: @flatter – Niemals etwas Gutes
da widerspreche ich dir. Auch “positiver Rassismus” ist gar nicht so selten, gerade bei Leuten die sich betont “un-rassistisch” geben. Unsere Anti-Deutschen Freunde wären da auch ein gutes Beispiel.
Ist im Endeffekt aber genau dasselbe.
Daß jemand ne andere Hautfarbe/Religion/Kultur hat heißt noch lange nicht, daß er kein Arschloch ist.
September 2nd, 2012 at 07:10
von ihrem Text kann man halten was man will – aber daß Judith Butler “konsequent Anti-Deutsche Linke” zitiert, kann ich nicht nachvollziehen.
“Linke” hätte sie vllt weg lassen können (ich kann an denen auch nicht viel Linkes finden), aber gerade Anti-Deutsche benutzen “Anti-Semitismus” ja nun mal nicht selten als Totschlagargument.
Rassismus & Antisemitismus sollten vllt ineinander aufgehn, sind in Deutschland aber de facto halt was völlig Anderes, wie ja auch die Beschneidungs-Debatte wieder zeigt. Ginge es da “nur” um Moslems, wär die Sache vermutlich gar kein Thema.
“kein Thema” ist Antisemitismus vllt in der “offiziellen” Gesellschaft… ansonsten kann ich aus persönlicher Erfahrungen nur sagen, daß Antisemitismus/ typische “Juden”-Vorurteile mittlerweile auch ganz offen immer alltäglicher werden. Immer interessant, daß man dafür nicht mal welche kennen muß, wie Flatter schon geschrieben hat.
D ist da keine Ausnahme, man braucht sich nur mal im Netz umzuschauen. Kommentare à la “die Weisen von Zion” findet man unter jedem 2. YT-Clip, und auch hier gilt: um zu wissen daß “die Juden” die Finanzwelt in der Hand haben, braucht man nix & niemand zu kennen… wobei sich natürlich schlecht sagen läßt, was davon alles von 13jährigen Spinnern kommt.
Auf den ersten Blick könnte man sagen, der ZdJ z.B. tut seinen Leuten auch nicht immer einen Gefallen… Tatsache ist aber, daß Juden selbst für solche wenig sympathie-fördernden Aktionen meist wenig können. Dafür sind die deutschen Medien verantwortlich.
Wie immer werden gezielt nur bestimmte Positionen veröffentlicht, während z.B. in der Grass-Sache solche oder solche jüdischen Kommentare komplett untern Tisch gefallen sind.
Als ob Juden alle mit einer Stimme sprechen würden… da ist es kein Wunder, wenn der geBILDete Stammtisch-Bürger den durchschnittlichen Juden für einen Hardcore-Zionisten hält.
September 2nd, 2012 at 10:22
Wiederholung: Linker Rassismus zeigt sich in Gestalt von Paternalismus, Utilitarismus, positivem Rassismus, weißem Rassismus und Eurozentrismus.
Als ein überaus innovatives Betätigungsfeld des Neoliberalismus registriere ich im Alltag mehr und mehr insbesondere im Bereich des Konsums und der neuen Medien Altersrassismus.
September 2nd, 2012 at 10:45
altautonomer meint:
September 2nd, 2012 at 10:22
“Wiederholung: Linker Rassismus zeigt sich in Gestalt von Paternalismus, Utilitarismus, positivem Rassismus, weißem Rassismus und Eurozentrismus.
Als ein überaus innovatives Betätigungsfeld des Neoliberalismus registriere ich im Alltag mehr und mehr insbesondere im Bereich des Konsums und der neuen Medien Altersrassismus.”
Schön aufgezählt, alle diese verschiedensten Formen zeitgenössischen bürgerlichen Rassismus.
Und nun? Willst du dein ganzes restliches Leben damit vergeuden, jede einzelne dieser Formen 24 Stunden am Tag akribisch zu “widerlegen”? Wozu, wer hört dir da wirklich zu? Mit welchen Resultat?
Worum es doch dabei meistens wirklich geht, steht doch schon in flatters Text am Ende, nämlich ihn vor allem entlarven als schmutzige ideologische Waffe im alltäglichen bürgerlichen Existenzkampf, national und international, eines Kampfes, welcher den meisten Menschen in diesen Klassen- und folglich auch Konkurrenzgesellschaften von den so gestalteten Existenzbedingungen vorgegeben ist!
Nicht die “Argumente” von allen diesen schillernden Rassisten zählen wirklich, sondern deren Motive, sie gehören schonungslos offengelegt und angeprangert!
September 2nd, 2012 at 12:03
@altautonomer
Zitat: “Einfach mal als Nachkomme der Tätergeneration, die es (mit “demokratischen Mitteln”) nicht mal schafft, die akute Bedrohung für alles “Undeutsche ” in Gestalt der Stiefelfaschisten zu beseitigen, die Fresse halten, wäre nicht schlecht.” Zitatende
Ich bin Jahrgang 1974 und habe nichts mit dem Holocaust zu tun. Nachkomme der Tätergeneration?
Ach, Du glaubst als Atheist neuerdings an die Erbschuld?
Schuld ist immer (!) individuell! Du machst mich echt sauer mit Deinem Tätergeschwätz. Ich muss mal wieder mein Blut untersuchen lassen, vielleicht habe ich ja kleine Hakenkreuze in den Genen und weiß gar nichts davon.
Und noch etwas: Wenn ich überhaupt eine besondere Verantwortung habe als “Nachkomme der Tätergeneration”, dann die, das Maul aufzumachen, wenn ich Unrecht sehe!!!! Die derzeitige israelische Regierung ist stramm rechts und ich soll die Klappehalten? Nö – wirklich nicht.
September 2nd, 2012 at 12:03
»…Was zu tun ist, ist die Ächtung von Rassismus und Diskriminierung schlechthin. Man muss ihn und seine Ursachen erkennen, benennen und eindämmen…«
Es wäre ein Anfang, die Menschenwürde und damit die Gleichheit aller (!) Menschen zu respektieren. Dazu müsste dieser Punkt aber in Schulen, Medien und vielleicht irgendwann auch mal in den Kirchen vermittelt werden. Aber seit unsere Regierung (egal welcher Coleur) zunehmend ganze Bevölkerungsgruppen als Minderleister oder Schmarotzer öffentlich zum Bespucken frei gibt, und die Spucker (die echten Schmarotzer) auch noch als Leistungs- und sonstige Elite adelt, geht die Entwicklung mit Riesenschritten in die andere Richtung. Der Rassismus jenseits des Blickes auf die “Rasse” (Was immer das auch sein mag) blüht und gedeiht. Nicht nur gegen Juden, Muslime, Türken, Griechen, etc. Das Ziel der Hatz ist immer derjenige, der gerade als Feind gebraucht wird – der Andere schlechthin.
Ehrlich? Ich sehe schwarz für ein achtsames Miteinander der Kulturen und Nationen (gab es das jemals?). Deutschland macht gerade ohne Rücksicht auf die Konsequenzen auch für die eigene Bevölkerung Europa platt, und zerstört dabei Millionen von Existenzen die produktiv ohnehin nicht mehr gebraucht werden. Dumm nur, dass sie noch kosten. Also ab in die Zwangsarbeit und die Nichtexistenz – auch als Drohung für all die, bei denen sich Hirn und Gewissen melden.
Eine funktionale Differenzierung zum Nationalsozialismus fällt mir zunehmend schwerer. Formell hatten die damals die schickeren Uniformen.
September 2nd, 2012 at 12:18
Mir fallen sofort zwei bekannte Sätze dazu ein.
-Wenn sich Zwei streiten freut sich der Dritte.
-Sagt der Fürst zum Bischoff “Halt du sie dumm ich Halt sie Arm.
Wenn ich es schaffe zwei sagen wir “uneinige” gruppen (akt bsp. Israel/Iran) aufeinanderzuhetzen, kann ich mir es als dritte Partei (USA/westliche Welt) in meinem Sessel gemütlich machen und der dinge harren die da kommen mögen, ich werde am ende der sieger sein, habe ich doch mit beiden Parteien mein Geschäft gemacht, hier Israel mit Waffen, auf der andern seite, Iran mit seinem nichtverkaufen Öl, da ich meins nun teurer verkaufen kann. Über die geopolitischen Auswirkungen schweigen wir uns mal aus ^^.
Hier ist der Rassismus (Religion Hautfarbe Lebenstil) wie auch immer geartet das richtige instrument (dumme) massen zu mobilisieren, um letzendlich den 2% die Kassen zu füllen.
Um etwas anderes geht es in meinen Augen auf diesem Planeten nicht, vor allem wenn religion im spiel ist.
Der Reiche ist NIE gläubig…. er is ja nich doof.
September 2nd, 2012 at 12:27
@Garfield: (19) Wo ist da der Widerspruch? “positiver Rassismus” ist eben auch einer. Ehe es zu “positiven” Zuschreibungen kommt, hat da wer etwas definiert, womit wer diskriminiert wird. Das Resultat ist nichts Gutes. q.e.d.
(20): Konsequent ist die Erwähnung der Antideutschen, weil sie mit ähnlichen Ontologisierungen aufschlagen und daher wichtige Differenzierungen im Keim ersticken. Es darf ja nicht einmal gefragt werden, ob etwas, das die Fraktion für antisemitisch erklärt, auch wirklich so ist, weil man sich dann selbst dem Vorwurf aussetzt. Dagegen hilft nur, Antisemitismus als soziale Technik unter anderen zu betrachten. So wie ich das lese, kommt Frau Butler das nicht in den Sinn.
September 2nd, 2012 at 12:29
@Brissante: Könnte man so sehen, wenn in den USA nicht religiöse Vollidioten erhebliche Macht hätten. Ohne ein ‘Bekenntnis’ zum Lattenjupp kriegst du da ja auch kein Bein auf die Erde.
September 2nd, 2012 at 12:34
Brissante meint:
September 2nd, 2012 at 12:18
“Der Reiche ist NIE gläubig…. er is ja nich doof.”
Nicht doof, aber bei jeder Gelegenheit entweder zynisch oder heuchlerisch.
Und wo er, sie, die Reichen, die gesellschaftliche Macht haben, tun sie alles dafür, um ihre “Massen” dumm und gläubig zu halten.
Bildungssysteme und Massenmedien, das für die meisten Löhner nur schäbige Lohnsystem mit allen daraus folgenden Beschränkungen einer freien Persönlichkeitsentwicklung sorgen für die unablässige Verstetigung eines so erwünschten und so herbeiregierten Bewusstseinszustandes.
September 2nd, 2012 at 12:38
@flatter Ich bin der festen überzeugung das die die wahrhaft den Planeten führen einen scheiss glauben, es maximal nur vorgeben um die “unteren” Chargen hinter sich schaaren zu können (der akt.Papst is da glaub ich ne Ausnahme.. der glaubt die scheisse die er von sich gibt^^). Is wie bei Gasgerd, links blinken, rechts abbiegen.
September 2nd, 2012 at 12:48
@Brissante: Dass sie Pharisäer sind – geschenkt. Aber sie verlieren dadurch wichtige Ressourcen, denn das Einhalten des gepredigten Kodexes ist real wie zum Schein mit Aufwand verbunden. Zudem beeinflusst es die personelle Besetzung relevanter Posten, weil es Eiferer anlockt, bestes Beispiel: Dorsch Kabeljau Bush. Der Mann ist wirklich religiös und wirklich erschreckend dumm. So eine Fehlbesetzung kann zu einem erheblichen Problem werden.
Noch nicht gesprochen haben wir dann über die Religion des Neoliberalismus. Die ist ein Problem ganz anderer Dimensionen.
September 2nd, 2012 at 12:54
@flatter: Dann ist also Wissenschaft ein Arschloch? Jeder von uns würde unterschreiben, dass Deutsche sich anders verhalten, als Italiener – tendenziell. Was ist daran bitte rassistisch?
Italiener haben ihre eigene Küche, ihre eigenen Bräuche, ihre eigenen Traditionen und auch eigene tradierte Denkweisen. Wie kann man so Offensichtliches leugnen?
Die deutsche Tatkraft oder die deutsche Obrigkeitshörigkeit sind ja auch legendär und wenn man sich mal länger als 5 Minuten im Ausland aufgehalten hat, dann weiß man das auch. Man verstellt ja gerne den Blick auf deutsche Eigenheiten (die natürlich nicht jedem Deutschen gleichermaßen innewohnen, doch aber immer seine Spuren hinterlassen in der Prägung).
Man könnte auch die Frage stellen: was ist Kultur? Gibt es keine Kultur?
Da ich im Ausland lebe, sehe ich das jeden Tag, was eine Kultur ist, Differenzanalyse reicht. Und wer mich deswegen einen Rassisten oder ein Arschloch nennt, dem massiere ich gerne mal den Kiefer bei einem persönlichen Gespräch.
Die Idee der Gleichheit war nicht, dass alle identische Eigenschaften aufweisen müssten. Die Gleichheit meint die Gleichbehandlung trotz individueller Ungleichheit. Diese Ungleichheit festzustellen kann missbraucht werden, sie kann aber auch positiv genutzt werden.
Den anderen zu erkennen, hilft miteinander zu leben. Denn dann kann man sich aufeinander einstellen. Das würde durch Verleugnung der Unterschiede überhaupt nicht gehen.
Was sind denn das hier für abenteuerliche Denkkonstruktionen?
September 2nd, 2012 at 13:12
@ flatter: Dorsch Kabeljau Bush war def. eine Marionette, an den Platz gesetzt an den man, sie, ihn haben wollten da haste recht, zweimal auf den Präsisessel manipuliert/betrogen. Spart den Pharisäern aber doch hier eigl. resourcen, hab ich ja meinen Clown für die Öffentlichkeit Ich glaub aber nicht das der Herr tatsächlich eine klassische Fehlbesetzung war schau dir an was die NEOCONS in den Staaten mit dem verdient haben. Das Militär hatt ihn geliebt die Ölindustrie hatt ihn geliebt… usw. Er passt direkt an die Reihe “großer” Neoliberaller des letzten Jahrhunderts, Reagan, Thatcher, Bush sen.
Wenn ich mir die Blüten des Neoliberallalas anschau…. ja da is Religion nicht weit von weg hatts doch gar nix mehr mit logik oder gesundem menschenverstand zu tun, sagste was dagegen biste sofort ein linker Spinner.
September 2nd, 2012 at 13:33
@osachad: “Jeder von uns würde unterschreiben, dass Deutsche sich anders verhalten, als Italiener …”
Wer ist “wir”? Keine Sekunde unterschreibe ich das. Eine “Wissenschaft” von den Rassen ist Rassismus, richtig. Deine “italienische Kultur” ist zwar keine Zuschreibung zu einer Rasse, dennoch ist sie immerhin schon eine Projektion, ein unhaltbares Konstrukt. Noch einmal: Solche Kategorisierungen und Zuschreibungen folgen einem Zweck. Sie sind niemals objektiv. Also sei man sich des Zweckes bewusst, lege diesen offen und überlege sich also, ob man da erfasst, was man vorgibt zu untersuchen.
Btw: Wenn du an so etwas wie Wertfreiheit oder die Unschuld der Wissenschaft glaubst, kann ich dir eh nicht helfen.
September 2nd, 2012 at 13:48
Die deutsche Tatkraft oder die deutsche Obrigkeitshörigkeit sind ja auch legendär und wenn man sich mal länger als 5 Minuten im Ausland aufgehalten hat
lol… in Hintertupfingen weiß man auch: alle Russen sind Mafia
September 2nd, 2012 at 13:59
sorry, nur um das nochmal klarzustellen -
mit kulturellen Unterschieden hast du irgendwo schon Recht, aber die “deutsche Tüchtigkeit” halte ich jetzt echt für einen Mythos…
Dafür kenne ich zuviele meiner Landsleute bei denen das absolut nicht so ist, gleiches für “Obrigkeitshörig”, und in den Betrieben in denen ich bis jetzt war, waren nicht selten die Arbeiter “mit Migrationshintergrund” um einiges fleißiger
“legendär” kommt vielleicht nicht umsonst von “Legende” ;-)
September 2nd, 2012 at 14:14
Andrea 23: Von Verantwortung für 33-45 habe ich in Bezug auf die Nachkommen der Tätergeneration nichts gesagt. Wenn schon Verantwortung (nicht Schuld), dann keine historische, sondern eine aktuell gesellschaftliche für die braunen Zustände und Ereignisse im eigenen Land. Aber anstatt sich mühseelig mit Neonazis und dem Rassismus in der Mitte der Gesellschaft auseinanderzusetzen, liegt es dem linksintellktuellen Deutschen wohl viel näher, erst einmal Israel zu kritisieren.
Falls ich mich zu Israel und dessen imperialistischer Politik äußern müßte, dürfte ich auch nicht schweigen zu dem Gemetzel zwischen Hamas und Fatah, Raketenangriffen der Hamas und Hisbolla auf Israel, den Hasstiraden des iran. Ministerpräsidenten Ahmadinedschad und dem erklärten Ziel des iran. Atomprogramms. Vielleicht ist es daher doch besser, sich mit dem Focus auf Israel zurückzuhalten.
Judith Butler ist Unterstützerin der Kampagne für “Boykott, Desinvestitionen und Sanktionen” (kurz BDS) gegen Israel. Die BDS-Bewegung ruft zu einem umfassenden wirtschaftlichen, politischen, künstlerischen und akademischen Boykott Israels auf. Das früher übliche “Kauf nicht bei Juden” wurde ersetzt durch das “Kauft nicht beim Judenstaat”.
Erbschuld und Sippenhaftung stehen bei mir auf dem umgangssprachlichen Index mit negativer Konnotation. Aber über die Kollektivschuld der Tätergeneration (individuell? strukturell?) setze ich mich gern auseinander. Das ist heute hier nicht das Thema.
September 2nd, 2012 at 14:24
oschad 31:
1. Derartige Klischees bediene ich prinzipiell nicht argumentativ.
2. Kultur ist “Technik” im weitesten Sinne.
3. Rassismus ist ein Konstrukt, ein künstliches Herrschaftsverhältnis, basierend auf vermeintlichen Differenzen.
4. und abschließend……….
Frauen fehlt das Abseits-Erklärungs-Gen,
Kenianer haben das Ausdauerlauf-Gen.;-)
Mir ist nicht deutlich geworden, ob Du soziologisch oder biologistisch argumentierst.
September 2nd, 2012 at 14:35
“Die deutsche Tatkraft” – genau so ein banales Vorurteil wie “alle Deutschen tragen Lederhosen”, allerdings ist da die Trefferquote wahrscheinlich noch höher
September 2nd, 2012 at 15:03
Wer ist “wir”?
“Es gab einmal Zeiten, da waren Künstler tendenziell kritisch und verstanden sich als außerhalb des Systems stehend.
…
Wie so vieles, was die Ökonomisierung der Lebensbereiche geschleift hat, ist auch die Kunst, sind die Künstler inzwischen ein hässlicher Abklatsch des einstigen Strebens nach Entfaltung und Ausdruck, eine unfreiwillige Karikatur, eine entstellte Fratze.”
https://archiv.feynsinn.org/?p=8888
Wäre ich Künstler, würde ich diese Verallgemeinerung keine Sekunde unterschreiben…
September 2nd, 2012 at 15:24
@altautonomer: soziologisch. Ich könnte mir auch biologische Unterschiede vorstellen, aber vermutlich werden die marginal ausgebildet sein. Ich hätte aber keine Probleme mit biologischen Unterschieden, z.B. Chinesen weiter gucken können als Russen.
Ich komme nur nicht mit, warum ein Unterschied zwischen Menschengruppen, der empirisch und damit objektiv feststellbar ist, ein ethisches Problem sein soll.
Ich definiere Gleichheit nicht als gleiche Eigenschaften, sondern als Gleichbehandlung. Offenbar scheinen hier einige Leute der Meinung zu sein, dass da eine Identität in den beiden Sichtweisen wäre.
D.h. ich strebe eine gleiche Gesellschaft im Sinne einer gleichbehandelnden Gesellschaft an, die aber in der Lage ist Unterschiede zwischen den Menschen und Menschengruppen zu erkennen, zwecks gutem Umgang miteinander.
Es ist respektvoll sich mit den Unterschieden zu beschäftigen, denn am Ende ist das eine Beschäftigung mit dem Gegenüber.
Ich wehre mich dagegen, dass ein Individuum die Eigenschaften seiner vermeintlichen Gruppe tragen muss und zwar ganz entschieden. Das hat z.B. Sarrazin gemacht. Ich habe aber kein Problem Eigenschaften von Gruppen als Tendenz zu erfassen, wie immer man auch Gruppe definiert (Linkshänder, Fahrradfahrer, Chinesen usw.)
Wenn ich über Fahrradfahrer lästerte würde ja auch keinem Hitler einfallen hoffe ich. Es ist aber aus meiner Sicht genausogut eine Einteilung der Menschen in eine Gruppe, wie die Gruppe der Holländer oder Christen zu nehmen.
Man kann darüber streiten, ob die Einteilung im Gruppen zur Entdeckung von Unterschieden sinnvoll ist, weil womöglich die Gruppen zu inhomogen sind, dass man gar kein Ergebnis bekommt. Aber da eine moralische Debatte darüber anzufangen ist aus meiner Sicht einer Projektion der Kriegsschuld geschuldet.
Hätte es Hitler nicht gegeben, gäbe es vermutlich gar keine Debatte darüber, weil die pawlowschen Reflexe nicht existierten.
Wehret den Anfängen, nachdenken ist da nicht mehr. Bei mir sind Unterschiede wertfrei zu sehen, Gleichbehandlung ist für mich entscheidend.
September 2nd, 2012 at 15:28
@flatter: Der Zweck ist Erkenntnis. Was man mit einer Erkenntnis anfängt, ist eine ethische Frage, nicht aber Erkenntnis selbst. Wenn ich mit der Erkenntnis eine Gleichbehandlung besser machen kann, dann ist das für mich gut. Wenn ich mit der gleichen Erkenntnis die Ungleichbehandlung forcieren will, dann ist das aus meiner Sicht schlecht.
Erkenntnis ist wie ein Werkzeug, man kann sie nutzen.
September 2nd, 2012 at 15:43
” Der Zweck ist Erkenntnis.”
Du meinst damit hoffentlich nicht den professoralen Wissenschaftsbetrieb oder gar den der “forschenden Institute”?!
Mich deucht, du solltest dringend einmal “Dialektik der Aufklärung” lesen.
September 2nd, 2012 at 15:43
@Herr Karl: Wenn du Verständnisfragen hast, stelle sie so, dass man sie beantworten kann. Wenn du bloß sticheln willst, halt einfach den Rand.
September 2nd, 2012 at 15:46
@flatter,
ich geh jetzt relativ effizent arbeiten…
September 2nd, 2012 at 16:43
Ehrlich gesagt habe ich das noch nie gelesen, aber wenn ich mal eine kurze Zusammenfassung lese, dann muss ich doch folgern, dass das ziemlich krude Thesen sind.
Aufklärung wird zur Mythologie, weil in einem Modell Herrschaft steckt. Äh was?
Man sollte Wissenschaft nicht mit Religion verwechseln, was zugegebenermaßen manche Wissenschaftler machen, vor allem in den Geisteswissenschaften.
Es ist mitnichten so, dass dynamische Systeme wie eine menschliche Gesellschaften, sich dauerhaft mit einem Modell beschreiben ließen. Diese Erkenntnis ist trivial. Nicht die Menschheit folgt dem Modell, sondern das Modell der Menschheit.
Natürlich kann man aus einem Modell Herrschaft ableiten, ich sage nur Merkel und “alternativlos”. Aber in Wahrheit handelt es sich doch um eine Kommunikationsmethode, um das Gegenüber zu täuschen. In der Vernunft findet sich doch gerade die Antwort, dass es keine Alternativlosigkeit gibt.
Ich verstehe dein Problem nicht, aber vielleicht kannst du mir etwas erläutern, was gegen Wissenschaftlichkeit einzuwenden ist.
September 2nd, 2012 at 18:02
Wenn dein Zugang zur Wissenschaft sich mit dem Lesen von Klappentexten bescheidet, möchte ich meine Zeit an dieser Stelle nicht weiter verschwenden.
September 2nd, 2012 at 18:07
Es gibt doch gar keine Menschenrassen. Es sei denn, man hat welche gezüchtet. Hat man?
Jeder von uns ist Träger einer ‘genetischen Visitenkarte’ von gigantischen Dimensionen. Unser ‘Name’ entspricht einem Wort, das mindestens 3 Millionen Zeichen lang wäre, geschrieben in einem Alphabet, mit bis zu tausend Zeichen. Und jeder dieser Namen kommt unter uns Menschen nur ein einziges Mal vor. An dieser Stelle bemühe ich eine Wissenschaft, die Genetik (Gen-Ethik), und greife mit ihr nur 3 biologische Merkmale heraus, die in der Medizin eine große Rolle spielen: Blutgruppen! Den Rhesus-Faktor und die HLA-Gruppe (Human Leucocyte Antigen), die bestimmt, ob wir bspws. ein Organtransplantat oder Fremdblut vertragen oder nicht. Das Blutgruppen-Gen kommt, wie wir wissen, in 3 Varianten vor (A, B, 0), der Rhesus-Faktor in 2 Varianten (+ oder -) und die HLA-Gruppe eines Menschen wird von einer Kombination von 6 Genen bestimmt, die wiederum zwischen 19 und 61 Varianten aufweisen. Geht man nur von diesen 3 Erbmerkmalen aus, ergeben sich
1.291.178.228.421.950.000
mögliche Kombinationen – und genausoviele Individuen, die sich absolut voneinander unterscheiden, das sind weit mehr, als zur Zeit auf der Erde leben. Schwachsinn, nun zu versuchen, diese Vielfalt in kleinere Grüppchen aufzuteilen, nach Ober- und Unterarten, bzw. Herren- und Untermenschen, Leistungsträger und Minderleister.
Bleiben wir bei Geschichte. Wer war es doch noch gleich, der versucht hat, Menschen in Rassen einzuteilen und ihnen verallgemeinernde Merkmale einer difusen Sichtwissenschaft zu verpassen? Jean-Joseph Virey kam auf 2, 4 meinte Immanuel Kant, 5 nach Blumenbach, 6 Buffon, 7 Hunter, 8 Agazzis, 11 Pickering, 15 Bory St. Vincent, 16 Desmoulins, 22 Morton, 60 Crawford oder nach Burke 63 Arten oder Rassen. Wozu hat man diesen Müll gelesen?
Selbst wenn es allgemein gelingt, die Rassenlehre und den sich daraus ergebenden Rassismus als Mythos zu entlarven, der mit Naturwissenschaft so wenig zu tun hat wie die biblische Erzählung von Adam und Eva, so wird das 21. Jahrhundert für diese Erkenntnis wohl ebenso wenig Verwendung haben, so wie das letzte Jahrhundert auch.
Weiter so, nur schlimmer.
September 2nd, 2012 at 18:17
flatter, se san hier etwas pampich heute. ;)
September 2nd, 2012 at 18:44
@flatter: Ich hätte erwartet, dass du argumentierst, anstatt mir mal eben eine ganze Sammlung Schriften lesen zu müssen von jemandem, der beim Klappentext schon so verwirrt klingt, dass ich vermutlich nicht mehr als 10 Seiten schaffe, ohne mich zu übergeben.
Leute, die ihre Texte dadurch versuchen eindrucksvoll zu gestalten, dass sie kompliziert formulieren, sind mir schon immer suspekt gewesen.
Der Herr Sloterdijk ist auch so ein Held, der “Hartz 4 ist super, weil ich dann besser leben kann” total kompliziert sagen kann.
Adorno klingt wie “Wissenschaft ist scheiße, weil es Pseudowissenschaft gibt und man Wissenschaft unmenschlich verwenden kann”. Leck mich, Adorno – das ist albern, auch wenn es kompliziert formuliert wird.
September 2nd, 2012 at 18:58
oschad
Leck mich, Adorno – das ist albern, auch wenn es kompliziert formuliert wird.
Soweit ich weiß hat flatter auf Adorno promoviert,und scheint ihm auch anzuhängen, da wird er nicht begeistert sein …Ich hole mir schon mal Popcorn :D
September 2nd, 2012 at 19:39
Pff … laber ich gegen dumme Vorurteile an? Thema erledigt.
September 2nd, 2012 at 20:18
Ach Shit. Jetzt wurd’s gerade spannend. Und da ich Lazarus auf die Entfernung nicht bitten konnte mir’n Tütchen mit zu besorgen, hab ich mir die edle Vegetarian gebastelt. Ihr gönnt einem aber auch gar nichts. Muss ich jetzt trocken essen.
Bei aller Sympathie für Adorno, – aber gaaaanz so unrecht, hat Oschad jetzt auch nicht. Bisschen respektlos, – zugegeben, – … aaaber (Duck – und wech)
September 2nd, 2012 at 20:24
Ja nee is klar. Ich beurteile eine Theorie, die ich nicht kenne, anhand eines Klappentextes. Wer sich ein solches Niveau abzuliefern traut, hat sicher keine Angst, sich zum Idioten zu machen. Bewundernswert.
September 2nd, 2012 at 20:33
@flatter
Das ist schon richtig. Sehe ich auch so. Aber es ist ein leichtes, – dem Bauarbeiter Adorno um die Ohren zu hauen, und damit seine eigene Argumentation zu töten. Selbst, wenn die eigentlich stellenweise auf Deckungsgleichheit hinaus läuft. Letztendlich, sind es die Gebildeten, die in ihrem Stolz, den Krieg entfachen, – und den Stolz derer, die sie darunter wähnen, dazu missbrauchen.
September 2nd, 2012 at 20:39
Wäre. War aber nicht so. Ich habe auch kein Argument für ungültig erklärt, sondern angesichts eines Bildes von ‘Wissenschaft’ einen Text empfohlen, der einem den Zahn zieht, an das Gute und Wahre derselben zu glauben – wenn man sich drauf einlässt. Ich habe kein Problem damit, wenn mir jemand sagt, dass er keinen Bock darauf hat. Aber nicht so etwas. Und ich lasse mir jetzt auch nicht durch die Hintertür die Eselsmütze des ‘stolzen Intellektuellen’ aufsetzen. Etwas für “zu kompliziert” zu erklären, ist das pure Ressentiment. Wenn jemand sich für zu dumm erklärt, soll er das nicht dem Gegnüber vorwerfen. Und bitteschön nicht von “Wissenschaft” schwadronieren. Die ist nichts für stolze Bauarbeiter.
Ich fürchte, du erweist oschad gerade einen Bärendienst.
September 2nd, 2012 at 20:47
Bleib einfach fair @flatter
September 2nd, 2012 at 21:03
Sülz nicht rum.
September 2nd, 2012 at 21:31
Es ist wirklich erschreckend, dass eine solche Wahrnehmung nicht wesentlich weiter verbreitet ist. Mich erinnern die Bruchstücke dessen, was heute alles als akzeptabel gilt immer wieder an “Hitler als Vorläufer” von Carl Amery auf den De Lapuente vor langer Zeit mal hingewiesen hat.
Ausgesprochen deprimierend wird es, wenn man sich die Zeit vor Hitlers Machtergreifung anschaut, auch da gab es viele Mahner und Warner.
So traurig. Und deshalb ist es so wichtig, dass es solche Texte gibt, auch wenn sie ungehört verhallen.
September 3rd, 2012 at 01:05
war wohl nix mit Popcorn ;-)
*kulturelle* Unterschiede würde ich auch nicht ausblenden wollen, z.B. daß Südländer *in der Regel* temperamentvoller, “Nordländer” dagegen introvertierter sind; und daß es *in der Regel* gewisse kulturelle Unterschiede zwischen Punks und Hip-Hoppern gibt, wird wohl auch keiner abstreiten wollen…
nur sind die Ausnahmen hier halt die Regel.
Man muß wirklich aufpassen, daß ein gutgemeintes “alle Menschen sind gleich” nicht in Gleichmacherei abrutscht. Beim Streit um die Kopftücher z.B. ist dieser Punkt MMN schon erreicht.
September 3rd, 2012 at 01:07
Das kann man alles mal bequatschen, aber in der Politik hat es ebensowenig zu suchen wie in der Wissenschaft. Da läuft dann nämlich ganz fix Marschmusik.
September 3rd, 2012 at 01:13
Das Kopftuch-Verbot ist in Frankreich nunmal politisch verordnet.
Da läuft gerade Marschmusik, eben weil man die Eigenheiten anderer Kulturen nicht mehr anerkennt.
besser gesagt: ihnen zugesteht. sorry, hab manchmal echt Probleme mich auszudrücken
September 3rd, 2012 at 08:19
Also nachdem ich über Adorno etwas rezipiert habe, muss ich leider meinen eigenen Ausführungen weiter zustimmen: er hält die wissenschaftliche empirische Analyse einer Gesellschaft für nicht möglich, weil der Analysierer befangen ist und das politisch missbraucht werden kann.
Das gilt aber gleichermaßen für Naturwissenschaften und wenn man sich die Geschichte der Naturwissenschaften anschaut, so wurde da auch immer Politik gemacht. Siehe Atomkraft, siehe Erde/Kugel – das ist ganz normal.
Ich halte dieses ganze Geschwurbel für eine reine Hirnfickerei, wenn man so will eine quasireligiöse Sicht auf die Dinge. Der Mensch entzieht sich der Analyse, fehlt nur noch als Zusatz, weil er Gottes Ebenbild ist.
Lustigerweise sind Adornos Thesen durchaus umstritten und beweisen kann er sie sowieso nicht. Und nun kommst du daher und erwiderst mir auf meine Aussage, man könnte empirisch ja Eigenschaften von Menschengruppen nachweisen, eine unbeweisbare These, die höchst umstritten ist, selbst unter professionellen Gehirnfickern.
Da kann ich ja nur noch laut lachen. Wenn ich deiner Religion nicht folge, bin ich doof, um es mal kurz zu machen.
September 3rd, 2012 at 09:01
Noch eine Ergänzung zu Adorno: er geht davon aus, dass der Mensch sich nicht mit Logik erschließen lässt, weil es Widersrpüche zu synthetisieren gilt.
Herr Adorno, aufwachen, dynamische komplexe Systeme sind so. Mal eine Strömung analysiert? Mal ein Atom analysiert, was da an Widersprüchen drin ist? Das ist normale Wissenschaft.
Man könnte auch sagen, dass diese Widersrpüche Regelkreise sind, da kann jeder Elektrotechniker was zu sagen. Ich sage nur mal Operationsverstärker, den man wunderbar mit sich selbst rückkoppeln kann und zwar positiv wie negativ.
Für die Nicht-Elektrotechniker unter uns: ein Operationsverstärker verstärkt eine Spannungsdifferenz ins Unendliche. Wenn man die wieder mit einem Eingang des Operationsverstärkers rückkoppelt, passieren lustige Dinge. Man braucht aber keine Dialektik von Adorno, um das aufzulösen, sondern nur mal ein paar Gleichungen hinschreiben.
Der Typ hat doch echt krassen Shit geraucht. Keine Ahnung von Naturwissenschaften, sagt aber, dass man naturwissenschaftliche Werkzeuge für Menschen und Gesellschaften nicht anwenden kann. *tätschel*, sicher.
September 3rd, 2012 at 09:15
Seinsgeschick ist wohl der Diskurs. Heidegger (Seinsgeschick) war wie in vielerlei anderer Hinsicht wegbereitend für spätere philosophische Ideen (Diskurstheorien). Diskurs ist das Thema Butlers schlechthin. Meist auf Geschlechtlichkeit bezogen, aber auch generell auf Exklusion, Rassismus. Diskurse erzeugen prinzipiell das Außerhalb ihrer selbst mit, in Bezug auf jedwede Bestimmung. Damit umgehen muss man lernen und nicht kämpfen bis zur universellen Synthese.
Mir ist nicht ganz klar, wie man Butler vorwerfen kann, irgendwie verschroben mit Rassismus und Antisemitismus umzugehen. Was man ihr vorwerfen kann und was ihr in ernsthaften Diskussionen auch vorgeworfen wird ist folgendes: sie blendet materielle ökonomische Diskriminierungen und Ungleichheiten aus. Das hat mit ihrem Zugang zu tun.
September 3rd, 2012 at 09:17
Derzeit gibt es ja auch eine sehr “lustige” Plakataktion vom Innenministerium
September 3rd, 2012 at 11:29
@flavo: Ich werfe ihr gar nix vor, ich lese ihren Begriff so, der mir eben statisch erscheint – bei solchen Ausblendungen auch nicht verwunderlich. Ich nehme Butlers Äußerungen auf, um der eine flexiblere Vorstellung von Antisemitismus und Rassismus entgegenzusetzen. Das ist keine implizite Kritik an Butlers Denke.
September 3rd, 2012 at 11:33
@oschad: Intellektuelle Zwerge müssen immer laut schreien, damit sie gehört werden. “Hirnwichser”, aha. Du machst Wissenschaft lieber mit dem Schwanz oder was soll mir das sagen? Ein letztes Mal: Jemand, der sich über Theorien äußert, die er nicht kennt, ist ein Schwachkopf. Du kommst mir Empirie und nimmst den Gegenstand der Betrachtung erklärtermaßen nicht zur Kenntnis. Passt schon. Solche Ignoranz hat Adorno nicht einmal den Positivisten vorgeworfen, aber es kommt halt irgendwann immer einer daher, der jedes Niveau unterbietet. Chapeau!
September 3rd, 2012 at 11:59
@flatter: wenn man einen Gegenstand der Betrachtung mit Empirie nicht erfassen kann, dann handelt es sich beim Gegenstand der Betrachtung um ein inhärent zufälliges System.
Offensichtlich kann man aber in einer Gesellschaft Vorhersagen machen, auch wenn natürlich in komplexen dynamischen Systemen Vorhersagen stets immer nur eine Eintrittswahrscheinlichkeit < 1 haben können.
Am ehesten kann man eine menschliche Gesellschaft mit dem Wetter und Klima vergleichen. Da hat man die gleichen dynamischen Strukturen, äußere Einflüsse (Sonnenwinde usw.), die eine Vorhersage sehr kompliziert machen. Dennoch würde man da nicht von voreingenommenen Subjekten philosophieren.
Chaotische Systeme sind der (Natur-)wissenschaft wohlbekannt und der Umgang damit ist schwierig.
Ich sage nicht, dass Adorno ein Idiot ist, er irrt sich halt recht umständlich formuliert.
Und zu deinen Ausführungen möchte ich sagen, dass du mal von deiner emotionalen Reaktion abgetrennt, eine recht eigenwillige Dinge für eine rationale Betrachtung der Dinge hast. Du bist Anhänger einer nicht beweisbaren These und hälst die Leute, die mit dieser These nichts anfangen können, für Idioten.
Du kannst es ja nicht einmal begründen, warum du das tust, verhälst dich also irrational. Na ja, jedenfalls weiß ich jetzt, wo dein Horizont endet, auch wenn ich großen Respekt davor habe, dass du wenigstens dorthin gekommen bist. Deine Texte sind durchaus anspruchsvoll im Sinne, dass sie Erkenntnis und Klarheit bieten.
Das ist mehr, als man Adorno nachsagen könnte.
September 3rd, 2012 at 12:21
“Du bist Anhänger einer nicht beweisbaren These” -
mal abgesehen davon,dass ich hier keine These vertreten habe und man ein Werk wie Adornos so gut “These” nennen kann wie einen Computer einen “Haufen Schrauben”, ist es einfach zu amüsant, wie du dich in dein Beharren auf einer Beweisbarkeit verrennst.Ich versuche es also anders: Lies niemals etwas von Adorno, es ist Ketzerei und unbewiesen. Unbewiesen, unbewiesen! Es gibt keinen Satz, den du mir beweisen kannst. Du kommst nämlich nie ohne Axiome oder Implikationen aus. Lies Foucault, den Hirnwichser, und seine “Ordnung der Dinge”. Vielleicht lehrt er dich, dass dein vermeintliches Wissen ein Haltbarkeitsdatum hat.
Deine unfassbare Arroganz, Personen und ihre Werke zu beurteilen, noch ohne zu lesen, disqualifiziert dein Urteil längst, auch wenn du es nicht zur Kenntnis nimmst. Das ist hier kein Wettbewerb. Wenn du also über mich urteilst, fällt mir nur ein: “Was schert’s die Eiche, wenn die Sau sich dran reibt?
Zum Kontext: Es ging um Begriffe. Soziologisch relevante Begriffe. Denen mit “Beweisbarkeit” zu kommen, erweist Adornos Vorbehalten gegen Szientisten und ihre sprachliche Nachlässigkeit alle Ehre.
Du hast jetzt das Schlusswort, mir wird’s zu öde.
September 3rd, 2012 at 12:33
oschad
ich hab ebensowenig Plan von Adorno wie du gestern noch.
Während ich heute noch so doof wie gestern bin, hast du Adorno über Nacht völlig durchschaut… Respekt.
Mit kulturellen Unterschieden geb ich dir irgendwo Recht, aber die Möglichkeiten einer “empirischen Untersuchung” sind da MMN sehr begrenzt. Vor allem haben gerade Eigenschaften wie “deutsche Tüchtigkeit” große Ähnlichkeit zu Horoskopen – hört man gern und bestätigt sich oft selbst, was man unbedingt will findet man auch.
Die Betrachtung ist subjektiv, und vor Allem gilt bei Ansammlungen von Individuen halt immer: die Ausnahme _ist_ die Regel.
Problematisch sind beide Extreme, Rassismus wie Indifferenz. Aber ich hab das Gefühl hier gehts inzwischen eh um was Anderes…
wie auch immer, ich klinke mich hier aus. Einen Diskurs unter Wunderkindern will ich mit meinem niederen Intellekt nicht belästigen.
September 3rd, 2012 at 12:56
Dieser Artikel ist zweifellos gut und wichtig; sprachlich beinahe auf der Höhe eines De Lapuente.
Leider kam es im zweistelligen Kommentarbereich wieder einmal zum Krieg um Begrifflichkeiten und zum bekannten pfauenhaften Imponiergehabe.
Hätte eine interessante Diskussion werden können…
September 3rd, 2012 at 12:59
der Herr Karl meint:
September 3rd, 2012 at 12:56
“und zum bekannten pfauenhaften Imponiergehabe.”
ach Karlchen, du wunderst dich? :-)
September 3rd, 2012 at 13:07
@Herr Karl:
“Hätte eine interessante Diskussion werden können…” Interessant finde ich sie schon, wie einen bizarren Stein im Salat. Aber sehr überflüssig.
Haben Pfauen Zähne? Sollte ich den Eindruck erweckt haben, imponieren zu wollen, so trügt dieser. Ich habe mein Studium mit keiner Silbe erwähnt. Ich möchte vielmehr den Eindruck erweckt haben, angepisst zu sein und auf Contenance geschissen zu haben. Einen weitgehend fäkalen Eindruck also.
September 3rd, 2012 at 13:37
@Garfield: Ich habe im Studium gelernt, wie man sich in Kürze Wissenschaft. ;-)
Dazu habe ich Zusammenfassungen, Fragmente und Kritiken gelesen. Das reicht mir für einen ersten Eindruck der Thesen. Als (natur-)wissenschaftlich arbeitender Mensch sind mir komplexe dynamische Systeme durchaus vertraut, wie man modellieren kann und wo die Grenzen sind (z.B. Dreikörperproblem).
In der Wissenschaft begnügt man sich durchaus mit Modellen, die für gewissen Fälle “gut genug” sind. Dabei ist aber einem Naturwissenschaftler klar, dass sobald sich Randbedingungen ändern, das ganz schnell nicht mehr gut genug ist und auch ein zeitlicher Rahmen gilt.
Kommen wir zum Gruppenbegriff:
Nehmen wir z.B. man die Quantenmechanik: die arbeitet inhärent mit Wahrscheinlichkeiten. D.h. es gibt z.B. eine Wahrscheinlichkeit ungleich 0, dass jeder von euch aus eurem Wohnzimmer ins Weltall getunnelt wird.
Wenn man sich das Detail der Atome anschaut, kann man sich gar nicht vorstellen, dass es eine feste Oberfläche geben könnte, denn alles hopst da unvorhersagbar wild durch die Gegend. Und zwar wirklich unvorhersagbar, nicht einmal, weil es kompliziert wäre, es vorherzusagen.
Dennoch haben wir den Eindruck, dass Festkörper existieren und auch Flüssigkeiten mit definierten Oberflächen.
Die meisten Menschen kommen ziemlich gut klar damit, dass die Tasse Kaffee ein nicht berechenbarer sich unvorhersagbar verhaltender Haufen Atome ist, mit spontanen Reaktionen auf Molekülebene dazu. Sie trinken morgens Kaffee aus einer Tasse.
Der Punkt ist, dass es Sinn macht in einem Modell die Tasse als Festkörper zu begreifen, der eine feste Oberfläche hat, auch wenn das der Realität gar nicht entspricht. Solche Modelle machen dann Sinn, wenn das System so groß ist, dass diese atomaren und molekularen Eigenschaften zu wenig ins Gewicht fallen.
Die Gruppe der Atome, die eine Tasse bilden, verhalten sich homogen genug, das als Gegenstand zu begreifen.
Trotzdem will ich jedem Atom wirklich nicht seine quantenmechanische Eigenschaften und inneren individuellen Zustände absprechen, wenn ich eine Tasse Kaffee trinke. Ich hab die Atome trotzdem alle lieb (auch wenn es keine Rolle spielt, um eine Feststellung treffen zu können), wenn ich eine Tasse eine Tasse nenne und keinen wabernden Haufen Atome (und verzeiht mir liebe Elektronen, Protonen, Neutronen, dass ich euch in einem Atom gruppiert habe und euch nicht immer mit aufzähle).
Umgelegt auf Menschengruppen spreche keinem eine Individualität und Flexibilität ab. Jeder kann sich als Individuum getrennt von der Masse verhalten, auch wenn die Erfahrung sagt, dass es eine Verbindung zwischen den Individuen gibt, es sich um ein rückkoppelndes System zwischen Gruppe und Individuum handelt.
Wenn man eine Gruppe bildet und in ihr (hinreichend) homogene Eigenschaften nachweist, dann ist das erstmal ein wissenschaftlicher Akt, der ständig überall passiert. Warum ein Molekülhaufen Mensch anders sein soll, als andere Molekülhaufen, die kein Mensch sind, kann mir ein Adorno vermutlich nur noch mit Gott erklären.
Die Systemtheorie sagt zwar, dass Aussagen über das System, in dem man sich selbst befindet, nicht vollständig sein können, aber dann wäre es im Philosophischen höchstens zu klären, bis wo die Vollständigkeit wohl geht.
Als Teil der Gesellschaft, kann ich die gleiche Gesellschaft nicht vollständig erfassen. Aber ich kann die Gesellschaft ohne mich erfassen, da ich dann ein neues System definiert habe. Das sagt die Systemtheorie.
Was Adorno und Co. ja tun ist nun aber gar keine systemtheoretische Analyse treiben, sondern dem Individuum feste Eigenschaften und Verhaltensweisen zuzuschreiben, um dann aus denen etwas abzuleiten.
Vermutlich landet man irgendwann bei Kant, wenn man nachverfolgt, warum das Adorno tut, was dann wiederhum ein Mensch mit Thesen wäre, die sich wissenschaftlich auch nur schwer erschließen lassen.
D.h. man muss nun *glauben*, dass das Individuum homogene Eigenschaften hat (denn es gilt ja für alle Menschen, was Adorno sagt), um dann zu folgern, dass es keine homogenen Eigenschaften gibt? Oder wo ist jetzt hier das Problem?
Naturwissenschaftlich kommt da keiner mehr mit, das sind religiöse Debatten in Wolkenkuckuksheim, voller Widersprüche.
Und lieber flatter, dass die philosophischen Gegner auch keine Ahnung von Naturwissenschaften haben, ist kein Argument gegen mich.
mfg
Oli
September 3rd, 2012 at 13:46
„Magnis superbus – parvis modestus“
Ludwig Pfau hatte sicher Zähne…
September 3rd, 2012 at 14:18
klaus? wo ist klaus?
September 3rd, 2012 at 14:41
nicht ganz der Eulenspiegel (Satirezeitschrift 1848–1853) von Ludwig Pfau aber immerhin ;-)
September 3rd, 2012 at 14:53
@Lazarus09
Man beachte Bild Nr. 3 “Michel und seine Kappe im Jahr 48″
https://www.stadtarchiv-heilbronn.de/stadtgeschichte/unterricht/bausteine/revolution4849/quellen/
September 3rd, 2012 at 14:58
Hah! Ihr wollt mich doch verarschen!?
Schlussendlich kommt da noch einer daher und will mir erzählen, wir wären alle nur Menschen und es gäbe diese Untertan … Untermen … Untergruppen gar nicht!
Pah! Der Thilo wird´s euch schon zeischen, dor Gudsde!
Danke @ #47, die Mieze! Hat mir am besten hier gefallen.
September 3rd, 2012 at 15:15
der Herr Karl
Mimik, die schließlich nur noch resignierte Passivität ausdrückt. Deutlich wird die Kritik an der Haltung des deutschen Bürgertums, !!
Das nenne ich TRADITION !! :-P
September 3rd, 2012 at 16:54
@ Oschad
“Herr Adorno, aufwachen, dynamische komplexe Systeme sind so. Mal eine Strömung analysiert? Mal ein Atom analysiert, was da an Widersprüchen drin ist? Das ist normale Wissenschaft.”
Aber ich glaube, dass Sie sich hier grundlegend irren. Sicher: Adorno schreibt nicht in der Sprache moderner, komplexitätsorientierter Systemtheorien, aber ganz so weit entfernt ist er dann doch nicht von dynamischen Systemtheorien.
(1) Naturwissenschaftliche und soziale/psychische Regelkreise unterscheiden sich dadurch, dass soziale und psychische Regelkreise intentional sind und damit eine qualitativ andere Strukturdeterminiertheit aufweisen als zum Beispiel Atome (oder die von Ihnen zitierten, recht mechanischen Regelkreise).
(2) Adorno hat in seinen Schriften einen gewissen und wie ich finde, rechtfertigbaren polemischen Charakter. Sein Ziel ist es nicht, die Gesellschaft auf eine Dialektik zu verkürzen (ansonsten gäbe es die negative Dialektik ja auch nicht), sondern das Einzelne, Individuelle zu retten. Diese Vorgehensweise ist durch den Perspektivismus jeglicher gesellschaftlichen Position begründet und eine Art “Zwischenheilmittel”. Atome interpretieren keine anderen Atome (obwohl man durchaus sagen kann, dass sie sich “gegenseitig beobachten); Menschen interpretieren aber schon andere Menschen. Selbstverständlich stimme ich aber mit Ihnen überein, dass dies nicht zu radikal anderen Logiken führen muss.
(3) Der polemische Unterton bei Adorno, sicherlich auch ein Überbleibsel seiner Beschäftigung mit Nietzsche, dient, meiner Ansicht nach, der Verteidigung des Individuellen gegen die Vereinnahmung, dient auch dem Beharren auf einer Uninterpretierbarkeit in jedem Individuellen. Das ist aber keine logische, sondern eine ethische Position und die Frage ist hier, ob man die Logik des bereits Erkannten über oder unter eine Ethik des Noch-nicht-erkannten stellen möchte.
(4) Widersprüche sind immer mit Intentionen verbunden, also mit Motiven, Absichten. In einem Atom gibt es sicherlich Unvereinbarkeiten, bzw. dynamische Gleichgewichte, die aus verschiedenen möglichen Zuständen eines Atoms resultieren. Aber das hat nichts mit Widersprüchen zu tun, jedenfalls nicht mit solchen, wie sie die Soziologie definiert.
Ich halte also Ihre Aussagen für äußerst unvorsichtig und wenig mit den Schriften Adornos vermittelt.
Frederik Weitz
September 3rd, 2012 at 17:07
@ Oschad, zweiter Teil
“Als Teil der Gesellschaft, kann ich die gleiche Gesellschaft nicht vollständig erfassen. Aber ich kann die Gesellschaft ohne mich erfassen, da ich dann ein neues System definiert habe. Das sagt die Systemtheorie.”
Das ist Unsinn.
(1) Selbst wenn Sie per definition ein neues System erschaffen könnten, ist die Frage immer noch, ob es nicht nur ein Teilsystem eines umfassenderen Systems ist. Niklas Luhmann beschreibt so die Entstehung von Reflexionssystemen, die immer Teilsysteme sind, und deren Aufgabe vor allem die Selbstsimplifizierung von Systemleistungen sei, oder, wie er auch mal geschrieben hat: die Selbstverdummung. Ein Mensch, der sich (scheinbar) außerhalb der Gesellschaft stellt, leistet mithin eine etwas groteske Art der Verdummung.
(2) Grundsätzlich würde ich ja gerne mal wissen, von welcher Systemtheorie Sie sprechen. Denn meine Systemtheoretiker (allen voran Niklas Luhmann) lassen sich in Ihren Aussagen nicht finden.
“Was Adorno und Co. ja tun ist nun aber gar keine systemtheoretische Analyse treiben, sondern dem Individuum feste Eigenschaften und Verhaltensweisen zuzuschreiben, um dann aus denen etwas abzuleiten.”
Womit Sie sich sowas von total als Adorno-Leser disqualifiziert haben.
Frederik Weitz
September 3rd, 2012 at 17:13
@Frederik Weitz: Ich schätze, die “Polemik” verdankt sich vor allem dem Umstand, den Holocaust überlebt zu haben.
September 3rd, 2012 at 17:15
@ Katze
“Jeder von uns ist Träger einer ‘genetischen Visitenkarte’ von gigantischen Dimensionen.”
Und damit hat man noch nicht die Genexpression mit einberechnet. Gene funktionieren nicht einfach nur so, sondern werden partiell an- und abgeschaltet, auch entsprechend der Umgebung (wobei damit zunächst die zelluläre Umgebung gemeint ist).
Kann ich also, wenn ich meine (gesamtkörperliche) Genexpression hinreichend ändere, meine Rasse ändern? Gibt es so etwas wie eine unspezifische Genorasse und eine spezifische, aber variable Phänorasse?
Frederik Weitz
September 3rd, 2012 at 17:30
@ flatter
“Ich schätze, die “Polemik” verdankt sich vor allem dem Umstand, den Holocaust überlebt zu haben.”
Wozu ich wenig sagen kann (es sei denn, du meintest das jetzt ironisch). Aber seinen Kierkegaard (1930 fertiggestellt), finde ich auch recht polemisch.
Ab und zu arbeite ich an dem Thema, weil mich die Idee, wie man der gesellschaftlichen Tendenz einen “guten” Widerstand entgegensetzen könnte, eine “gute”, intellektuelle und zugleich praktisch relevante Polemik, interessiert. Aber da habe ich Adorno bisher noch nur mangelhaft durchmessen.
Ich finde aber folgende Passage aus der Minima Moralia zwar etwas plakativ, aber durchaus die Richtung bezeichnend, die Adorno einschlägt:
“Die Absage ans herrschende Unwesen der Kultur setzt voraus, dass man an diesem selber genug teilhat, um es gleichsam in den eigenen Fingern zucken zu fühlen, dass man aber zugleich aus dieser Teilhabe Kräfte zog, sie zu kündigen. Diese Kräfte, die als solche des individuellen Widerstands in Erscheinung treten, sind darum doch keineswegs selber bloß individueller Art. Das intellektuelle Gewissen, in dem sie sich zusammenfassen, hat ein gesellschaftliches Moment so gut wie das moralische Überich.” (Seite 30-31)
Was ich überaus spannend finde, ist, dass Adorno, der den Funktionalismus durchaus kritisierte, immer wieder funktionalistisch argumentiert. Aber, wie er mal zu Dewey bemerkte (im Veblen-Aufsatz), besteht der Unterschied in Feinheiten: nicht der pragmatische Ansatz, sondern der ethische Horizont mache den Unterschied aus.
Frederik Weitz
September 3rd, 2012 at 17:46
Das ist absolut nicht polemisch gemeint. Auschwitz ist immer wieder der Fokus, Adorno spricht gar von sich als “unverdient Davongekommenen” – sinngemäß zumindest, ich finde das Zitat nicht. Auch das bekannte Zitat “(Aber) die vollends aufgeklärte Erde strahlt im Zeichen triumphalen Unheils” weist darauf hin. Das ist ja der Kerngedanke der D.d.A., dass ‘Aufklärung’ in Form der “positivistischen Wissenschaften” nicht bloß kein Mittel gegen Holocaust und Faschismus war, sondern ihm noch die Instrumente in die Hand gegeben hat.
September 3rd, 2012 at 18:03
@Frederik Weitz: Diese Unterscheidung soziologischer Systeme und anderer Systeme (auch biologischer Unterschiede) ist eine rein künstliche Unterscheidung. Ein komplexe Steuerung eines Subsystems macht die Gesetze der Systemtheorie auf einmal ungültig? Warum? Ab welcher Komplexität denn?
In Systemen interagieren immer die Subsysteme miteinander, das ist vollkommen normal. Ob das Verhalten der Subsysteme selbst komplex ist oder nicht spielt dafür doch gar keine Rolle.
Zur Verdeutlichung was ich meine: ein Mensch hat ein komplexes Steuersystem und ist ein Subsystem der Gesellschaft.
September 3rd, 2012 at 18:10
@Frederik Weitz: Systeme haben die Eigenart, dass sie praktisch immer wieder selbst ein Subsystem sind, das ist eine banale Erkenntnis. Daraus etwas zu konstruieren, halte ich noch für schwierig.
Die Frage nach der Abgeschlossenheit eines Systems ist damit natürlich nicht beantwortet, sprich es kann gegebenfalls nicht besonders sinnvoll sein sich als Außenstehender zu betrachten.
Ich möchte übrigens nochmal auf den Ausgang der Diskussion hinweisen: ich war der Meinung, dass man über Menschengruppen Aussagen treffen kann und dass das hilfreich im Umgang miteinander sein kann, wenn man das tut (was nicht sagt, dass es auch das Gegenteil bewirken kann).
Aus einem mir nicht näher bekannten Grund war flatter der Meinung, dass das nicht stimmt, weil Adorno das Gegenteil behauptet(!).
Ist das aus deiner Sicht auch so, dass Adorno das tut?
September 3rd, 2012 at 18:39
Pass mal auf, Buddy, ich habe keinen Bock mehr auf diese unsinnige Diskussion mit dir und dir schon das Schlusswort gelassen, Dann verschone uns doch bitte mit impertinenten Fehldarstellungen der Diskussion, die eh jeder selbst nachlesen kann. Sonst fange ich an, mich ernsthaft zu ärgern.
September 3rd, 2012 at 19:10
@flatter: Wenn ich dich falsch zitiere, ist das ein Versehen meinerseits. Ich hab dich so verstanden, wie ich es schrieb.
Ich wollte übrigens gar nicht das letzte Wort haben, mir wäre viel lieber, wenn du dich erklärst, anstatt mir Autorennamen vor die Füße zu werfen. Das ist, wenn ich das sagen darf, etwas unproduktiv.
Ich bringe mich hier ja nicht ein, weil ich das mal machen wollte, sondern weil ich ein Ziel vor Augen habe, nämlich nichts weiter als den Umbau der Gesellschaft zu einer deutlich(!) ausgleichenderen Gesellschaft.
Wenn wir eh alle nur für Spaß hier und woanders diskutieren, ohne ein Ziel zu verfolgen, kann man sich das auch gleich sparen.
In sofern halte ich es für mehr als wichtig, dass sich alle Diskutanten gegenseitig verstehen und das darf man gerne mehrdeutig interpretieren.
September 3rd, 2012 at 19:23
@flatter #86
“[...] dass ‘Aufklärung’ in Form der “positivistischen Wissenschaften” nicht bloß kein Mittel gegen Holocaust und Faschismus war, sondern ihm noch die Instrumente in die Hand gegeben hat.”
Heute doch kaum noch “ummäntelt” genauso wieder/immer noch: Aufklärung im Sinne von “Rationalismus”, Kosten-Nutzen-Rechnungen, Modell vom rational denkend und handelnden Menschen (wer das nicht “beherrscht”, dem muss und kann doch mit Erfolg “geholfen” werden) etc.?
Und alles immer “schön wissenschaftlich” begründet.
“Wir” sind wieder “auf dem Weg”…
September 4th, 2012 at 07:48
@Frau Lehmann: Es kann keine Zwänge geben zwischen Menschen, sie sind immer selbst gemacht bzw. Ausübung von Macht. Machtausübung ist aber zu Wissenschaft orthogonal.
Man kann zur Begründung Wissenschaft, Gott oder die Metaphysik nehmen, solange man die Begründung nur lange genug wiederholt. Man kann als Begründung Moral und Ethik anführen, klappt wunderbar (Saddam der Böse, heute gerade aktuell Assad der Böse). Man kann Kriege mit Menschenrechten begründen und das wird gemacht.
Die ganze NS-Propaganda war doch gerade offensichtlich unwissenschaftlich, hatte mit Positivismus gar nichts zu tun. Die Thesen ließen sich gerade nicht nachweisen.
Die Diskussion nimmt ja langsam absurde Züge an. Es ist eben *nicht* wissenschaftlich, wenn man Sachzwänge aufführt, das ist immer eine Verschleierung der Realitäten.
Wen kümmert es im Universum, wenn die Erde weg ist? Niemanden schätze ich. Der Mensch als Molekülhaufen hat keine absolute Bedeutung. Ethik begründet sich aus einer relativen Bedeutung zueinander, ist also eine selbstbezügliche Eigenschaft der menschlichen Gesellschaft. Sie entsteht aus Bedürfnissen, die inhärent selbstbezüglich sind.
Es gibt keine Sachzwänge.
September 4th, 2012 at 12:10
@ Frederik Weitz [September 3rd, 2012 at 17:15]
Solche Veränderungen wären wohl nicht nur auf die Rasse beschränkt, sondern führten zum Entstehen gänzlich neuer Arten mit voneinander gänzlich abweichenden Eigenschaften.
Solche einzelnen Genorassen bzw. Phänorassen gibt es meines Wissens nicht. Ihre Eigenschaften verbergen sich vielmehr im gesamten Genpool der Spezies, aus denen diese einzelnen Arten jeweils durch unspezifische Zucht oder spezifische Inzucht entstanden sind, je nachdem welche Merkmale transkriptiert werden sollten.
September 4th, 2012 at 17:11
@ Oschad
“Diese Unterscheidung soziologischer Systeme und anderer Systeme (auch biologischer Unterschiede) ist eine rein künstliche Unterscheidung. Ein komplexe Steuerung eines Subsystems macht die Gesetze der Systemtheorie auf einmal ungültig? Warum? Ab welcher Komplexität denn?
In Systemen interagieren immer die Subsysteme miteinander, das ist vollkommen normal. Ob das Verhalten der Subsysteme selbst komplex ist oder nicht spielt dafür doch gar keine Rolle.
Zur Verdeutlichung was ich meine: ein Mensch hat ein komplexes Steuersystem und ist ein Subsystem der Gesellschaft.”
Gerade deshalb würde ich gerne von Ihnen wissen, welche Systemtheorie Sie überhaupt meinen. Denn der letzte Satz stimmt in der Systemtheorie von Niklas Luhmann überhaupt nicht. Dort sind Menschen, bzw. Bewusstseine keine Teilsysteme der Gesellschaft, sondern die Umwelt der Gesellschaft.
Was die Subsysteme angeht: Systeme haben die Eigenschaft, die Variation ihrer Subsysteme zu begrenzen. Wir müssen also von einer gewissen Ontologie ausgehen, wenn wir die Praktikabilität unserer Aussagen annehmen wollen und nicht einfach nur herumspinnen.
Aus demselben Grund passen komplexe Subsysteme und zwar nur solche in die sie enthaltenden globaleren Systeme. Zumindest, wenn man von der Theorie autopoietischer Systeme ausgeht.
Und a propos: autopoietische Systeme sind eben keine einfachen Regelkreis-Systeme. Die klassische Systemtheorie hat sich an mechanischen Regelkreisen orientiert, die moderne an biologischen, diese dann aber deutlich verschoben. Wir reden also nicht von denselben Systemen. (Und ich wiederhole nochmal: es geht andererseits nicht darum, eine komplette Andersartigkeit zu behaupten.)
September 4th, 2012 at 17:13
@ Katze
“Solche Veränderungen wären wohl nicht nur auf die Rasse beschränkt, sondern führten zum Entstehen gänzlich neuer Arten mit voneinander gänzlich abweichenden Eigenschaften.”
Du willst damit jetzt sagen: selbst für einen Mann bin ich ein seltsamer Vogel. (Lecker, sagt hier die Katze.)
September 4th, 2012 at 17:19
@ flatter
“Das ist absolut nicht polemisch gemeint.”
Ja, ich hatte gleich das Gefühl, dass ich ein wenig an dir vorbeigedacht habe.
Trotzdem: Adorno mochte aus welchen Gründen auch immer polemisch gewesen sein. Mich interessiert (auch) die Rhetorik, im weitesten Sinne also die Wirkung. Und ich selbst kann mich nun so überhaupt nicht als einen Davongekommenen bezeichnen.
September 4th, 2012 at 18:44
@oschad #92
“Es ist eben *nicht* wissenschaftlich, wenn man Sachzwänge aufführt, das ist immer eine Verschleierung der Realitäten.”
Ich habe nicht das Gegenteil behauptet, sondern genau das, dass Wissenschaft missbraucht wird bzw. als Wissenschaft bezeichnet wird, was i.e.S. keine ist, auch wenn sie so daherkommt/so aussehen will.
Das ist ja auch nicht der Punkt. Es kommt doch darauf an, wie man damit umgeht, wenn Wissenschaft missbraucht wird, um Menschen zu beeinflussen und Inhumanität zu legitimieren.
Es macht m.M.n. einen gravierenden Unterschied, ob die Pseudo-Wissenschaftlichkeit bemängelt wird (es also “nur” fundierter wissenschaftlicher Legitimation bedarf) oder ob bezweifelt wird, dass eine Wissenschaft eine beispielsweise “Rassen-Theorie” überhaupt je begründen kann.
Es kann nur zu Missbrauch führen, wenn darauf beharrt wird, dass wissenschaftliche Erkenntnisse wertneutral sind und keinen Deut weiter Richtung Anwendung und Praxis gedacht wird.
Indem du den Menschen theoretisch in ein wissenschaftlich erklärtes/erklärbares (mechanisches, bio-chemisches …) System “einnordest”(jedenfalls kommt das so bei mir an), tust du nichts anderes, als Ausschnitte bisher gesicherter wisschenschaftlicher Erkenntnisse auf DEN Menschen als eine Art “tabula rasa” oder “Molekülhaufen” zu übertragen und daraus Erkenntnisse abzuleiten, die Auskunft über eine Menschengruppe oder auch DEN Menschen zu geben scheinen. Alles bestens dazu geeignet, um Menschengruppen in “wissenschftliche” Kategorien zu pressen und zu wissen, wo manipulativ der Hebel angesetzt werden kann, um sie dahin zu bekommen, wo der Manipulator sie hinhaben will.
Genau das wird ja gemacht, und da spielt es überhaupt keine Rolle, ob die Begründungen für die krude neoliberale Theorie inklusive einer Renaissance rassistischer “Thesen” nun tatsächlich wissenschaftlich belegt ist oder nur so scheinen soll.
Was soll es für einen Sinn machen, darauf zu beharren, dass es THEORETISCH keine Sachzwänge gibt, weil diese praktisch von Menschen erschaffen werden?
Ich kann keinen Wissenschaftler (erst recht keinen Ökonomen/Betriebswirtschaftler) mehr hören, der mir theoretisch erklärt, wer/wie ich bin und wie ein Teil eines theoretisch “errechneten” Systems.
Wenn schon nicht Adorno: Max Frischs “Andorra” tuts z.B. evtl. auch.
September 4th, 2012 at 18:49
@Frau Lehmann #97: Toller Kommentar. Physiker haben uns auch die A-Bombe gebracht. Es war schließlich eine rational zu bewältigende Aufgabe.
September 4th, 2012 at 19:51
@ R@iner
Vielen Dank. Bin grad ganz verlegen.
Die Hauptsache: Du hast mich verstanden :)
Ich halte mich ja durchaus für in der Lage analytisch zu denken. Aber diese nicht nur Überbewertung, sondern m.M.n. regelrecht falsch ausgelegte Form von Rationalismus macht mir mittlerweile schon Angst.
September 4th, 2012 at 21:44
@ Frederik Weitz [September 4th, 2012 at 17:13]
Um den Zugang zu seltsamen Vögeln zu erhalten, muss man selbst fliegen können.
September 5th, 2012 at 19:19
In sofern halte ich es für mehr als wichtig, dass sich alle Diskutanten gegenseitig verstehen und das darf man gerne mehrdeutig interpretieren.
(Dialektik, – oder was? :-)))
Yooo, – dies ist es was scheitern wird. Denn der Wunsch alleine, ist bereits Homogenisierung. Da hilft kein Adorno, kein noch so guter Philosoph, – und schon mal gar keine Systemtheorie. Natürlich ist jeder der größte, schönste und tollste Wissenschaftler. Von was auch immer. Das verstehe ich. Aber das Atömchen und sehr irrationale Element des Systems, verabschiedet sich generell aus diesem illustren Kreise. Möge der Elfenbeinturm mit euch sein.
September 5th, 2012 at 23:31
@ eb
Ganz ehrlich. Ich finde das sehr schade. Warum versuchst du ihn nicht zu sprengen, den “Elfenbeinturm”? Und: Was wird scheitern?
September 6th, 2012 at 19:09
@Frau Lehmann.
Das geht nicht. Was Adorno mit den Systemtheoretikern gemeinsam hatte, war die Drübersteherei. (Ein generelles Problem der Soziologen) Frei nach dem Motto; Wie hätte Adorno die Aufklärung kritisieren können, – ohne die Aufklärung? Das ist der Punkt, wo keiner drüber hinwegkommt. Dabei ist es das Gegenteil von dem, was er gesagt hat. Um den Elfenbeinturm zu sprengen, muss jede Kammer darin, erst mal seine Eitelkeiten besiegen. Dann erst, kann man über Homogensierung ohne Verletzung des Stolzes einzelner debattieren. Was zumindest am Anfang, Akzeptanz und Respekt von Vielfalt bedeutet. Was die Systemtechnokraten betrifft, – könnte ich jetzt auch anfangen, davon zu reden dass es an die 18 verschiedene naturwissenschaftliche Systemtheorien gibt. Und alle 18, wiedersprechen in ihrer Logik eindeutig der soziologisch-wirtschaftlichen von Niklas Luhmann. Bereits Adorno hatte schon die Sicht darauf frei, dass Systemtheorie nur den Objektivbegriff, – aber keinen Subjektivbegriff kennt. Und deshalb aus soziologischer Sicht, niemals mit Humanismus zu verkoppeln ist. Systemtheorie auf Menschen angewandt, – macht sie zu Atomen, – Elementen, – Objekten. (Wie du ja hier liest) Zu schlichten Sachlichkeiten. Und dies trägt sich in die Wirtschaft, – und auch die Politik. Die Auswirkungen sehen wir gerade. Am Ende steht da lediglich die Ideologie einer Sachlichkeit ala Adolf Eichmann, – wenn das System mal Mucken kriegt und wieder auf seine Funktionalität justiert werden muss. Blöderweise, hat auch Adorno, sich nicht von der sachlichen Sicht von außen lösen können. Stellenweise triefen seine Texte sogar geradezu vor Arroganz über Menschen. Und vieles davon, war wirklich ausgesprochen subjektiv, sollte aber als objektiv rüber kommen. Was ich ihm vorwerfe. Also bleibt es bei dieser Sicht über die Dinge. (Posthum Dinge=Mensch) Und niemand kann einen Elfenbeinturm sprengen, in denen Götter wohnen, die nicht versuchen wieder zu Menschen zu werden. Tut mir leid.
September 6th, 2012 at 19:19
Wenn du Adorno Obektivismus vorwirfst, hast du ihn fundamental missverstanden.
So etwas kann man hier aber nicht diskutieren, wewegen ich dergleichen auch nicht thematisiere. Es war eine Lektürempfehlung, nicht mehr. Wenn’s einem nix bringt, auch okay. Ich dachte halt, dass es in dem einen Fall die Perspektive erweitern könnte.
Im übrigen ist die Kritische Theorie ausdrücklich kein Weltbild, kein Konstrukt fürs Ganze. Sie bietet Reflexionen aus einer bestimmten Perspektive, wissend, dass es auch andere gibt. Das unterscheidet sie fundamental von fast allen anderen Ansätzen.
September 6th, 2012 at 19:48
Ich habe hier Dialektik der Aufklärung von Horkheimer im Regal in den 90 angefangen nie fertig gelesen ..schwere Kost
September 6th, 2012 at 22:58
@flatter
Irgendjemand sagt immer, dass du ihn falsch verstanden hast. Genauso wie bei vielen anderen berühmten Namen. Das ist ermüdend. Natürlich unterscheidet sie sich fundamental von fast allen anderen Ansätzen. Das macht sie so toll. Und ? Was ist mit dir? Bleibst du bei Adorno stehen? Oder hängen?
September 6th, 2012 at 23:52
Was soll der Scheiß? Hier sind mehr als 2000 Artikel zu lesen. Sind die von Adorno oder was? Und muss ich mich jetzt jedesmal langatmig rechtfertigen, wenn ich ein Buch empfehle, weil es wichtige Gedanken enthält? Oder muss ich so tun, als sei jeder Gedanke, denn ich habe, auf meinem Mist gewachsen? Das Rad dauernd neu erfinden? Was zur Hölle willst du von mir?
September 7th, 2012 at 00:24
Ohh, – ich will gar nichts von dir. Wie kommst du darauf, dass ich was von dir will? Ich find deine Artikel Klasse. Kein Zweifel. Ich les sie sogar furchtbar gern. Extrem bereichernd. Weitaus bereichernder als dieser Adorno-Kult. Der geht mir nämlich auf den Nerv. Genauso wie der Marx-Kult. Genauso wie der Luhman-Kult. Genauso wie dieser Neoliberalla-Kult. Und … Und … Und… Das hat überhaupt nichts mit dir alleine zu tun. Sondern mit den Freaks, die ständig in der Ecke der Kneipe hocken, und die Welt über Theorie erklären. Und davon gar unzählige. Mit Büchern anderer. Während die Welt sich praktisch weiter dreht. Nimm’s bitte nicht persönlich. Ich verstehe deine Begeisterung für Adorno. Genauso wie die Begeisterung anderer für ihre Helden. Aber du selber hast hier mehrfach angedeutet, nach Lösungen suchen zu wollen. Die kann nicht bedeuten, das bei der kleinsten Kritik an Adorno gleich die Bude explodiert. Das Rad über Adorno neu zu erfinden, finde ich jetzt nichts ungewöhnliches.
September 7th, 2012 at 01:49
Grrr …. geh’ doch mal auf den Verlauf ein: Ich habe keinen Kult aufgerufen, sondern ein Scheißbuch empfohlen. Hier ist m.E. auch keine Bude explodiert. Ich habe mich nur aufgeregt, dass jemand – sagen wir – Platon kritisert, ohne je eine Zeile von ihm gelsen zu haben und dann eine komplette Philosophie in die Tonne tritt, weil er bei Amazon eine Kundenrezession verköstigt hat.
Wenn es dich beruhigt (obwohl es nix zur Sache tut): Ich kenne auch Adorno-Adepten, die gern die schlimmsten Stilbrüche des Meisters “sich aneignen”. Alles ist kritikwürdig. Aber nicht ohne jede Kenntnis. Das hat mit einzelnen Autoren nichts zu tun. Es kommt auf das ‘Wie’ an.
September 7th, 2012 at 10:33
Dann mal eine ganz praktische Frage: kennst du diese Einführung? Taucht die…?
September 7th, 2012 at 11:21
Mal eine ganz theoretische Frage: Wieviel muß man gelesen haben, um ein Mensch zu sein oder ab wann werden Gedankengebäude zum rechtfertigenden Selbstzweck, der einen von jeglichem Handeln befreit?
Ich glaube, ich verstehe den eb und was er sagen will recht gut. Erinnert euch an den Anfang von Goethes Faust I.
September 7th, 2012 at 11:32
bei allem respekt vor den denkern, aber ich fürchte, dass man die momentan angespannte lage im nahen osten (und der restwelt auch) nicht über den mainstream oder was vor jahren mal vllt an unis der mainstream war erklären kann, sondern ich fürchte man muss wirklich die mülltonnen der verschwörungstheorien durchwühlen, den ganzen nazidreck und antiaufklärerischen mist beiseite schieben…
zum obigen thema konkret habe ich vor einiger zeit auf einem – inzwischen gelöschten blog – einen artikel verfasst, wo es darum ging, ob hinter dem ganzen antisemitismus in der welt nicht letztendlich das – ich betone! – europäische establishment steckt, vor allen dingen solche, welche ganz “philosemitisch” tun.
blog wurde gesperrt, grund: antisemitismus (!)
anmerkung: ich habe diesen artikel allerdings geschrieben BEVOR ich mich mit VTs befasst habe, weil mir schlicht und einfach die ganzen “Freunde Israels” zu schmierig und verlogen vorgekommen sind, egal ob kriegsgeiler Amipräsident, Partei bibeltreuer Christen oder die … auf PI News.
…oder diejenigen, welche “ein Jerusalem in England bauen” wollen (haben die royals bei der hochzeit gesungen!)
was wird uns stattdessen serviert? die offizielle variante lautet ja: in den 30ern waren die leute so aarm und haben dann den hitler gewählt und der hat versucht die welt in die luft zu jagen und 1945 haben uns die amis befreit und dann waren die russen die nazis aber heute sind das die moslems… oder so!
man hört und liest wenig bis gar nichts über die einflussreichen sponsoren, die hitler hatte (wenn’s hochkommt, fällt der name hugenberg oder krupp).
aber es ist doch wirklich so, wenn man sich die neuere geschichte anguckt, dann sind immer diejenigen, die sich “durchaalen” die monarchen, die alte und immernocharistokratie; egal ob als nachfahren irgendwelcher raubritter im asyl oder als “nette oma” winkende queen in einer pseudodemokratie.
früher musste jeder kleine landstrich mit dem schwert verteidigt werden und heute soll für den michel (oder john bull) genügen alle nase mal ein X zumachen und schon hat er DIE MACHT!? lächerlich
un es werden einem in der öffentlichkeit immer zwei seiten präsentiert; beide haben ein klein wenig recht, aber labern ansonsten nur dreck und wenn man sich für eine der mikroteilwahrheiten entschieden hat, dann wird man mit dreck gemästet bis die schwarte kracht. “du denkst, dass ‘die’ juden nur der sündenbock waren, dann musst du den u-bottlieferungen zustimmen, sonst bist du ein nazi” oder: “du denkst also der olle grass hatte schon recht, schön, dann musst du auch auf seite der islamisten, peking und putin sein …und der npd” und so weiter
die meisten leute halten verschwörungstheorien deshalb für unwahrscheinlich, weil sie die marionetten wie merkel für “die mächtigste” irgendwas halten und deshalb ausschließen, dass es machtgeile, gerissene psychopathen gibt und alte eliten, die nicht mit “dem pöbel” teilen wollen.
September 7th, 2012 at 19:52
@ R@iner
“Wieviel muß man gelesen haben, um ein Mensch zu sein”
Um ein Mensch zu sein, muss man nichts gelesen haben. Jeder IST ein Mensch. Und selbst wenn die Frage anders gestellt würde, nämlich: Wieviel muss man gelesen haben, um als Persönlichkeit ernst genommen zu werden, ist nicht das Lesen das Ausschlaggebende, sondern wie reflektiert jemand durchs Leben geht. Erfahrungen und Reflexionsfähigkeit sind mehr wert als angelesenes Wissen. Das behaupte ich mal, obwohl ich eine “Leseratte” bin und mir persönlich ein Leben ohne Bücher nicht vorstellen könnte. Für mich kann ich aber konstatieren, dass mich Lektüre auch menschlich weiter gebracht hat. Das funktioniert nämlich, wenn die Intention auch des Lesens die ist, das Leben, sich selbst und andere (besser) verstehen zu wollen.
“ab wann werden Gedankengebäude zum rechtfertigenden Selbstzweck, der einen von jeglichem Handeln befreit?”
Gute Frage. Ich würde mal behaupten: Nie! Sollte es jedenfalls. Und schon sind wir wieder bei alternativlosen Systemtheorien selbsternannter Experten. Was ich davon halte, hab ich ja schon deutlich gemacht.
Edit: Der Selbstzweck ist ja schon verwerflich genug, fataler noch ist aber die damit verbundene und praktizierte Manipulation.
Nächste Frage:
Wie wirklich ist die Wirklichkeit? ;)
September 7th, 2012 at 20:00
@ Frau Lehmann: Genau das habe ich auch gedacht. Und an ein Zitat von Christa Wolf “Ich ohne Lesen wäre nicht ich.”
September 7th, 2012 at 20:00
@Peinhart (110): Kenn ich nicht. Ich bin auch der Meinung, dass die ‘Dialektik der Aufklärung’ der beste Einstieg ist. Adorno meinte einmal, er lasse sich nicht regerieren. Daran mag man zweifeln. Es ist ebr nicht sinnvoll, ihn zu übersetzen. Die Sprache ist schwierig (obwohl gegen das Geschwafel Heideggers ein Kinderpsiel), aber man kann sie sich erarbeiten. Immerhin reicht dazu ein Fremdwörterlexikon. Das Manual eines PCs ist für Laien komplizierter.
Ich finde, es lohnt sich, weil ich den Text für einen der wichtigsten des 20. Jahrhunderts halte. Dennoch muss man das nicht lesen, ebenso wie man Marx nicht gelesen haben muss. Der Umweg ist aber erheblich, wenn man zu denselben Einsichten kommen will. Und wenn man nicht will – who cares?
Ich halte generell wenig von Einführungen. Sie suggerieren nur, es gebe den einfachen Weg.
p.s.: Ich hab den Schmöker ein halbes Dutzend Mal gelesen oder noch öfter. Es erschließen sich ggf. immer neue Aspekte, die man beim Lesen am Rand liegen lässt.
September 7th, 2012 at 20:32
@ eb #103
Danke für deine ausführliche Antwort, die ich zugegebener Maßen auch mehmals lesen musste, um eine Antwort darauf zu finden. Einiges ist ja nun schon von anderen dazu gesagt worden, aber ein paar Gedanken auch noch von mir dazu.
Das Problem mit den Systemtheorien, die den Menschen zu einer quasi mathematisch berechneten Einheit des Systems degradieren, sehe ich genauso wie du. Hab ich ja auch schon was zu gesagt. Es mag auch zutreffen, dass einige Wissenschaftler und Philosophen von ihrem Elfenbeinturm aus verächtlich auf den gewöhnlichen Menschen herabschauen (ob das jetzt vornehmlich Soziologen sind, wage ich nicht zu bestätigen). Auch das finde ich, gelinde gesagt, erbärmlich, obwohl es schwer sein dürfte, dagegen anzugehen, gerade in Zeiten der vielen selbsternannten “Experten” mit ihren alternativlosen Expertenmeinungen, die statt als Meinungen diskussionswürdig zu sein als absolute Wahrheiten gehandelt werden.
Aber dieses Blog hier sehe ich nicht als Elfenbeinturm, selbst wenn diesmal, aber doch nicht in der Hauptsache, auch Systemteorien zur Sprache kamen. Ich nehme hier Menschen wahr, auch (und vielleicht sogar gerade) in manchmal genervten Reaktionen.
Kommt es nicht darauf an, wie man diese zur Kenntnis nimmt und, wenn man sich das zutraut, was dazu zu sagen?
Und, schön, du hast ja weiter diskutiert und insofern diesen als Elfenbeinturm wahrgenommenen engen Raum in gewisser Weise doch “gesprengt”. Findest du nicht?
Grüße
September 7th, 2012 at 21:34
WER IST HIER GENEEERVT???!!!1! :-P
September 7th, 2012 at 21:50
Hier noch ein Interview mit Adorno aus dem Jahre 1969 auf spon: KEINE ANGST VOR DEM ELFENBEINTURM
September 7th, 2012 at 22:12
WAR, @flatter, oder immer noch? Wie menschlich ;)
September 7th, 2012 at 22:28
@ R@iner
Interessantes Interview. Danke für den Link. Adorno selbst ist es, der keine Angst vor dem Elfenbeinturm hat. Warum sollte er denn auch? Einige Äußerungen Adornos reizen mich schon zum Widerspruch und bestätigen das von eb beschriebene Problem durchaus.
September 8th, 2012 at 00:55
@benjamin:
ich denke daß viele bei “VTs” per se dicht machen, liegt nicht unbedingt an Naivität oder Merkel-Ahoi, sondern der Vereinnahmung durch jede Menge Spinner. Und was willst du überhaupt mit Juden, die Hochfinanz ist doch längst in der Hand von form-wandelnden Reptilienmenschen…
Das Internet ist schon ne tolle Sache, ohne wär Guttenberg vllt morgen schon Kanzler… aber wertvolle Infos gehn in den Massen von Schwachsinn halt ziemlich unter. Fakten von Fantasie zu trennen, kostet natürlich ne gewisse Energie.
Die meisten werden dazu einfach nicht die nötige Lust/Zeit/Kenntnisse haben. Von den Spinnern abgeschreckt, orientieren sie sich lieber an den “Seriösen”.
Was seriös ist sagen die Etablierten, und die überlassen das Feld natürlich eh viel lieber den Spinnern, so wird “VT” ganz allein zum Selbstläufer -> Totschlagargument… als Nebeneffekt werden wahre Verschwörungen umso ungefährlicher. Daß VTs und Panikmache ein Riesen-Geschäft sind, potenziert die Wirkung noch, Verbreitung wie “Glaubwürdigkeit”…
der alltägliche Einsatz der VT-Keule – hier bei Beckmann, sehr laienhaft durch Bankenlobby-Oberführer Dr. Kemmer. Sogar der FDP-Politiker musste anschließend widersprechen
September 8th, 2012 at 10:10
@flatter #105
Danke für die ausführliche Antwort. Ich habe erst ungefähr drei Anläufe auf den ‘Schmöker’ unternommen, aber abgesehen von der Sprache sind es tatsächlich die ganzen ‘Implikationen’, die sich so in Nebensätzen finden und eigentlich einer genaueren Betrachtung bedürften, aber zunächst mal ‘überlesen’ werden müssen, wenn man sich erstmal mit der ‘Erzählung insgesamt’ vertraut machen will. Vielleicht hätten sie das Ding in HTML schreiben sollen… ;) Und an der Stelle kann eine gute Einführung manchmal helfen, vielleicht mache ich den Versuch mal.
September 8th, 2012 at 11:40
Peinhart
Ich denke mal flatter hat’s gelesen …Ich war der (105) dem die Schwarte zu unbekömmlich war ;-)
September 8th, 2012 at 12:29
Ja, ich meinte ‘natürlich’ #115…
September 8th, 2012 at 12:58
War mir schon klar.
Natürlich ist es übrigens für ein durchgängiges Verständnis der Texte in “Philosophische Fragmente” – der ursprüngliche Titel der ‘D.d.A.’ – vonnöten, philosophiegeschichtliche Hintergründe zu kennen. Bei den Analysen zu de Sade noch am wenigsten, und auch die Reflexionen über Odysseus brauchen nicht allzu viel. Um aber überhaupt den Gedanken der Entstehung des (bürgerlichen) Subjekts durch Selbstunterwerfung nachvollziehen zu können, sind fundierte historische Kenntnisse – die immer auch philosophische sind – mehr als hilfreich.