Die Techniken des rechtskonservativen Boulevards werden seit Jahren nirgends so intensiv kultiviert wie beim “Spiegel”, besonders nachhaltig bei ‘Spiegel Online’. Ich habe dort eben eine Meldung gelesen, in der es hieß, in Afghanistan seien 17 Menschen enthauptet worden, “offenbar” weil sie “Musik gehört” hätten. Wer nicht jeden Quatsch ungeprüft glaubt, der in solchen Kulturkampfmedien steht, wird sofort hellhörig. Allein die Floskel “offenbar” offenbart nur eines, nämlich dass hier ein Gerücht gestreut wird. Es passt ja auch so wunderbar ins Bild vom ‘islamistischen’ Monster.

Ich habe mich spontan gefragt, wie man derartiges überhaupt mit einer bestimmten ‘Kultur’ in Verbindung bringen kann. Es gibt solche Phänomene – ungeheure Brutalität unter Verwendung teils primitiver Waffen – überall am Rand der kapitalistischen Zivilisation. Wo die Ordnung zusammenbricht und sich Banden bilden, sei es in Tschetschenien, in Mexiko, im Sudan oder eben Afghanistan, kommt es zu Massakern, Gewaltorgien, abscheulichen Verbrechen. Häufig sind Drogenkriege damit verbunden.

Rassismus der Leitkultur

Für Hetzer wie die sogenannten “Journalisten” vom “Spiegel” passt das aber nicht in ihren ‘islamkritischen’ Rassismus. Daher ist keine Rede von einem Angriffskrieg, von Drogenhandel und den Folgen des Krieges für die Zivilisation. Stattdessen werden dem Fremden, dem Feind, niedrigste Motive unterstellt, die ihm zueigen seien. Unveränderliche Wesensmerkmale einer Menschenart, der man nur mit Krieg und Ausrottung begegnen kann: Die Freiheit am Hindukusch verteidigen!

Dasselbe Ereignis in einem noch als seriös einstufbaren Medium liest sich schon ganz anders [Korrektur siehe Update, Link gelöscht]: Enthauptungen kämen in der Region häufig vor, meist werde den Opfern vorgeworfen, sie hätten für die NATO spioniert. Konkret erfolgten sie “nach einer großangelegten Militäraktion”. Beim “Spiegel” gilt dergleichen offenbar als Musik und Tanz. Aber wer liest schon noch solchen Schund? Verblöden kann man auch vor der Glotze.

[update: Ich nehme den Vorwurf der Seriosität zurück. Der zunächst hier verlinkte "standard"(.at) hat den Artikel ohne weiteren Hinweis völlig umgeschrieben. Äußerst merkwürdig.]

Damit ihr nicht glaubt, ich hätte nicht mehr alle Latten am Zaun, hier ein Screenshot mit einem Satz, der im Artikel nicht mehr vorkommt. Hat wer eine Ahnung, ob ich ältere Versionen aus dem Google-Cache ziehen kann?

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