Handelsblatt: Die neoliberale Variante der Meinungsfreiheit
Posted by flatter under NetzweltKommentare deaktiviert
04. Okt 2008 0:48
Ganz im Sinne des Meinungstankers INSM interpretiert das Handelsblatt “Freiheit”, im besonderen die der Meinung. Es soll nicht frei sein, was nicht den Kotau vor dem Eigentum leistet. Diese ideologische Pervertierung des Freiheitsbegriffs habe ich bereits an anderer Stelle diskutiert. Jetzt schlägt ein Verlag zu, der es für “Journalismus” hält, eine Meinung seines Autoren zu unterdrücken, nachdem sie bereits veröffentlicht wurde.
An der Blogbar ist zu lesen, was Harald Uhlig widerfuhr und warum er ganz folgerichtig sein Blog schließt. Dieser Frontalangriff auf die Meinungsfreiheit belegt in unüberbietbarer Deutlichkeit, wie weit der Journalismus hierzulande heruntergekommen ist. Wer nicht vorauseilenden Gehorsam leistet, soll mundtot gemacht werden. Dieser Fall wird mehr Aufmerksamkeit erregen, als der Artikel ohne die Attacke des Verlags auf seinen Autoren je hätte bekommen können. Ob diese strunzdumme Maßnahme einer diktaturwürdigen Unterdrückung sich dennoch auszahlt, wird sich zeigen. Sie ist ein Präzedenzfall des korrupten Geschäfts mit der öffentlichen Meinung. Wie weit dieser Skandal über die Blogosphäre hinaus Wellen schlagen wird, ist eine Frage. Eine andere ist die nach der Macht einer Gegenöffentlichkeit. Harald Uhlig ist kein Niemand, den man einfach kaltstellen kann. Er hat nicht die Macht einer Holtzbrinck-Verlagsgruppe, nicht die der Mohns oder Springers. Er hat nur eine Stimme, die sich Gehör verschaffen kann und wird.
Die Brutalität, mit der der politisch-publizistische Komplex derzeit zu Werke geht, zeigt uns einmal mehr die Grenzen auf. Was bleibt, ist die Hegemonie über eine Freiheit, die sich auf die Suche nach der Wahrheit beruft, anstatt sie der herrschenden Ideologie zu übereignen. Darin besteht die Macht der Gegenöffentlichkeit. Sie ist einmal mehr gewachsen. Machen wir das Beste draus.
[update:] Harald Uhlig bloggt jetzt hier.
Oktober 4th, 2008 at 10:47
Selbst als Bürger, der noch ohne Seelenklempner daherkommt, kann man sich des öfteren des Eindrucks nicht erwehren, dass man manchmal unter Verfolgungswahn leidet.
Was vor Jahren in Zeiten besser funktionierender Systeme noch nicht so aufgefallen ist, ist plötzlich eher Realität und nicht mehr nur “nicht denkbar”.
Wenn man aber sieht, was man über den Umweg von privaten Blogs an Nachrichten an die Oberfläche holen kann, die im Presse-Mainstream nicht thematisiert werden, wird aus dem Verfolgungswahn plötzlich ein ganz anderes Weltbild.
Das wirtschaftsorientierte Handelsblatt hat natürlich keine Interesse daran, dass sich über die Geschäftsmodelle seiner Kunden kritisch auseinandergesetzt und ein anderes Weltbild gezeichnet wird. Über den politischen Einfluss dieser Maßnahme lässt sich nur spekulieren, aber eigentlich kann man dies nicht wirklich trennen…
Natürlich ist das Ganze kein Ruhmesblatt für das Handelsblatt, aber kann man in so einer Situation von einer relativ einseitig orientierten Gazette etwas anderes erwarten? Es ist jedoch nur ein weiterer Mosaikstein dafür, dass das bestehende System sich irgendwie selbst das eigene Grab schaufelt, da es eine Änderung und Anpassung der Ideologie nicht zulässt.
Wenn Herr Uhlig unabhängig sein und seine Meinung kundtun möchte, sollte er dies auf einer privaten Seite allein oder mit anderen gemeinsam tun, alles andere ist nach dieser Sache nicht denkbar.
Oktober 4th, 2008 at 10:47
Selbst als Bürger, der noch ohne Seelenklempner daherkommt, kann man sich des öfteren des Eindrucks nicht erwehren, dass man manchmal unter Verfolgungswahn leidet.
Was vor Jahren in Zeiten besser funktionierender Systeme noch nicht so aufgefallen ist, ist plötzlich eher Realität und nicht mehr nur “nicht denkbar”.
Wenn man aber sieht, was man über den Umweg von privaten Blogs an Nachrichten an die Oberfläche holen kann, die im Presse-Mainstream nicht thematisiert werden, wird aus dem Verfolgungswahn plötzlich ein ganz anderes Weltbild.
Das wirtschaftsorientierte Handelsblatt hat natürlich keine Interesse daran, dass sich über die Geschäftsmodelle seiner Kunden kritisch auseinandergesetzt und ein anderes Weltbild gezeichnet wird. Über den politischen Einfluss dieser Maßnahme lässt sich nur spekulieren, aber eigentlich kann man dies nicht wirklich trennen…
Natürlich ist das Ganze kein Ruhmesblatt für das Handelsblatt, aber kann man in so einer Situation von einer relativ einseitig orientierten Gazette etwas anderes erwarten? Es ist jedoch nur ein weiterer Mosaikstein dafür, dass das bestehende System sich irgendwie selbst das eigene Grab schaufelt, da es eine Änderung und Anpassung der Ideologie nicht zulässt.
Wenn Herr Uhlig unabhängig sein und seine Meinung kundtun möchte, sollte er dies auf einer privaten Seite allein oder mit anderen gemeinsam tun, alles andere ist nach dieser Sache nicht denkbar.
Oktober 4th, 2008 at 15:43
[...] – Klassisches Eigentor von HoltzbrinckPatrick – Seismische Wellen oder die Zensur beim HandelsblattFeynsinn – Handelsblatt: Die neoliberale Variante der MeinungsfreiheitDon – Wie das Handelsblatt seinen Blogger [...]
Oktober 4th, 2008 at 15:43
[...] – Klassisches Eigentor von HoltzbrinckPatrick – Seismische Wellen oder die Zensur beim HandelsblattFeynsinn – Handelsblatt: Die neoliberale Variante der MeinungsfreiheitDon – Wie das Handelsblatt seinen Blogger [...]
Oktober 4th, 2008 at 16:22
Ach benbenben!
Deine Begründung: “Das wirtschaftsorientierte Handelsblatt hat natürlich keine Interesse daran, dass sich über die Geschäftsmodelle seiner Kunden kritisch auseinandergesetzt und ein anderes Weltbild gezeichnet wird” ist ja rührend-herzerweichend und könnte ein und diese Haltung könnte ein Hinweis darauf sein, warum man sich in den Entscheidungslasteseletagen sowas wie FAZ, Welt und Handelsblatt auf den Schreibtisch legen lässt ohne dass ein Höllengelächter die Fensterscheiben etagenweise ‘rausfliegen lässt. Da ich öfter mal in diesen erlauchten Etagen zu tun habe, guck ich immer ob wenigstens die NZZ oder FT (nein, nicht D) herumliegt – und ob ich der erste bin, der sie aufschlägt…
oas
Oktober 4th, 2008 at 16:22
Ach benbenben!
Deine Begründung: “Das wirtschaftsorientierte Handelsblatt hat natürlich keine Interesse daran, dass sich über die Geschäftsmodelle seiner Kunden kritisch auseinandergesetzt und ein anderes Weltbild gezeichnet wird” ist ja rührend-herzerweichend und könnte ein und diese Haltung könnte ein Hinweis darauf sein, warum man sich in den Entscheidungslasteseletagen sowas wie FAZ, Welt und Handelsblatt auf den Schreibtisch legen lässt ohne dass ein Höllengelächter die Fensterscheiben etagenweise ‘rausfliegen lässt. Da ich öfter mal in diesen erlauchten Etagen zu tun habe, guck ich immer ob wenigstens die NZZ oder FT (nein, nicht D) herumliegt – und ob ich der erste bin, der sie aufschlägt…
oas
Oktober 4th, 2008 at 18:35
[...] Handelsblatt: Die neoliberale Variante der Meinungsfreiheit Ganz im Sinne des Meinungstankers INSM interpretiert das Handelsblatt “Freiheit”, im besonderen die der Meinung. [...]
Oktober 4th, 2008 at 18:35
[...] Handelsblatt: Die neoliberale Variante der Meinungsfreiheit Ganz im Sinne des Meinungstankers INSM interpretiert das Handelsblatt “Freiheit”, im besonderen die der Meinung. [...]
Oktober 4th, 2008 at 18:56
ich habe deinen text und den von uhlig auf meine seite übernommen, um die “öffentlichkeit” zu vergrößern. leider habe ich dich vorher nicht gefragt, ob ich das darf. ich hoffe, du hast nichts dagegen.
grüße
klaus
Oktober 4th, 2008 at 18:56
ich habe deinen text und den von uhlig auf meine seite übernommen, um die “öffentlichkeit” zu vergrößern. leider habe ich dich vorher nicht gefragt, ob ich das darf. ich hoffe, du hast nichts dagegen.
grüße
klaus
Oktober 4th, 2008 at 19:30
Klar, kein Problem.
Oktober 4th, 2008 at 19:30
Klar, kein Problem.
Oktober 4th, 2008 at 20:22
danke
Oktober 4th, 2008 at 20:22
danke
Oktober 4th, 2008 at 22:16
@oas
was soll daran rührend-herzerweichend und was soll denn sonst der Grund der Löschung sein?
Gerade wenn Du öfter in erlauchten Etagen zu schaffen hast, sollte Dir doch so eine Denke nicht fremd sein. Dort geht es ja nicht nur um kritische und unzufriedene Kunden, sondern auch um unbequeme Mitarbeiter.;-)
Oktober 4th, 2008 at 22:16
@oas
was soll daran rührend-herzerweichend und was soll denn sonst der Grund der Löschung sein?
Gerade wenn Du öfter in erlauchten Etagen zu schaffen hast, sollte Dir doch so eine Denke nicht fremd sein. Dort geht es ja nicht nur um kritische und unzufriedene Kunden, sondern auch um unbequeme Mitarbeiter.;-)
Oktober 4th, 2008 at 22:29
Ist der Chefredakteur vom “Handelsblatt”, Bernd Ziesemer, in seinen “wilden Jahren” nicht ein Linker gewesen und ein fanatischer “Kapitalistenfresser” dazu? Die Zeiten ändern sich, bestimmte Personen aber nicht.
Oktober 4th, 2008 at 22:29
Ist der Chefredakteur vom “Handelsblatt”, Bernd Ziesemer, in seinen “wilden Jahren” nicht ein Linker gewesen und ein fanatischer “Kapitalistenfresser” dazu? Die Zeiten ändern sich, bestimmte Personen aber nicht.
Oktober 5th, 2008 at 01:24
Zensur ist böse, keine Frage.
Aber….
Das Blog läuft (lief) auf der Handelsblatt-Domain. Der Autor ist also Gast, er profitiert von dem Handelsblatt-Label. Er hätte ja – wie zigtausende andere auch – ein eigenes Blog eröffnen und sich sein Publikum selbst aufbauen können. Wollte er aber erstmal nicht. Nun gut.
Ich habe mir den strittigen Blogeintrag durchgelesen und denke der Stein des Anstosses war die Aussage zwischen und auch in den Zeilen, dass Kunden gewisser Banken gerade stählerne Nerven bzw. akutes Kopf-in-den-Sand-Syndrom beweisen wenn sie ihr Geld nicht sofort abheben und auf mehrere Konten verteilen.
Ist das Panikmache? Ein wenig schon.
Macht es einen Unterschied, ob so etwas in Bild steht oder in einem Blogbeitrag der mit dem Handelsblatt assoziiert wird und von einem Prof für Makro-Ökonomie geschrieben wurde? Ja.
Kann es sein, dass das Handelsblatt an alle Mitarbeiter und auch Blogger die Maxime: “Nicht zum Run auf die Bankschalter aufrufen!” herausgegeben hat? Kann es sein dass da sogar juristische Unwägbarkeiten lauern wenn einen Tag nach dem Blogeintrag bei der Dresdner und der Commerz Geld von Kontoinhabern abgehoben oder wegtransferiert wird?
Ich sehe keine Zensur in diesem Fall, sorry. Zensur wäre das Abschalten eines privaten Blogs. Die Handelsblatt-Blogs sind etwas grauzonig, die Blogger scheinen recht freie Hand bei den Inhalten zu haben, aber Hausrecht hat doch immer noch der Verlag.
Unglücklich gelaufen ist die Sache allemal. Schätze, dass mindestens die Hälfte der Leser dieses Blogs sich auf die (erfolgreiche) Suche nach dem verschollenen Artikel gemacht haben.
Und jetzt noch eine Verschwörungstheorie am Ende: Erreicht der Artikel so vielleicht (gewollt) mehr Publikum und gleichzeitig kann sich das Handelsblatt die Hände in Unschuld waschen?
Wann macht eigentlich meine Dresdner-Filiale am Montag auf? Hmmmm….
Oktober 5th, 2008 at 01:24
Zensur ist böse, keine Frage.
Aber….
Das Blog läuft (lief) auf der Handelsblatt-Domain. Der Autor ist also Gast, er profitiert von dem Handelsblatt-Label. Er hätte ja – wie zigtausende andere auch – ein eigenes Blog eröffnen und sich sein Publikum selbst aufbauen können. Wollte er aber erstmal nicht. Nun gut.
Ich habe mir den strittigen Blogeintrag durchgelesen und denke der Stein des Anstosses war die Aussage zwischen und auch in den Zeilen, dass Kunden gewisser Banken gerade stählerne Nerven bzw. akutes Kopf-in-den-Sand-Syndrom beweisen wenn sie ihr Geld nicht sofort abheben und auf mehrere Konten verteilen.
Ist das Panikmache? Ein wenig schon.
Macht es einen Unterschied, ob so etwas in Bild steht oder in einem Blogbeitrag der mit dem Handelsblatt assoziiert wird und von einem Prof für Makro-Ökonomie geschrieben wurde? Ja.
Kann es sein, dass das Handelsblatt an alle Mitarbeiter und auch Blogger die Maxime: “Nicht zum Run auf die Bankschalter aufrufen!” herausgegeben hat? Kann es sein dass da sogar juristische Unwägbarkeiten lauern wenn einen Tag nach dem Blogeintrag bei der Dresdner und der Commerz Geld von Kontoinhabern abgehoben oder wegtransferiert wird?
Ich sehe keine Zensur in diesem Fall, sorry. Zensur wäre das Abschalten eines privaten Blogs. Die Handelsblatt-Blogs sind etwas grauzonig, die Blogger scheinen recht freie Hand bei den Inhalten zu haben, aber Hausrecht hat doch immer noch der Verlag.
Unglücklich gelaufen ist die Sache allemal. Schätze, dass mindestens die Hälfte der Leser dieses Blogs sich auf die (erfolgreiche) Suche nach dem verschollenen Artikel gemacht haben.
Und jetzt noch eine Verschwörungstheorie am Ende: Erreicht der Artikel so vielleicht (gewollt) mehr Publikum und gleichzeitig kann sich das Handelsblatt die Hände in Unschuld waschen?
Wann macht eigentlich meine Dresdner-Filiale am Montag auf? Hmmmm….
Oktober 5th, 2008 at 01:51
@ben
Aus einer Zeitung wünsche ich Nachrichten zu lesen. Only bad news are good news. Sollte eine Zeitung nur mehr für die Inserenten geschrieben werden, wird diese sich mit den diversen Gratis-Blättern messen müssen, die da so in U-Bahnen auf den Sitzplätzen liegengelassen werden: Wer gibt für sowas Geld aus…?
Ich weiss, ich weiss schon, war ja selbst lang genug in dem Gewerbe: Ist dei Zeitung für die Inserenten oder für die Leser da, wer zahlt mehr?
nfu (==nix für ungut)
oas
BTW: In der NZZ steht über Österreich – speibielsweise – mehr (gehaltvolles) als in der gesamten ööösterrreichischen Tagespresse.
Oktober 5th, 2008 at 01:51
@ben
Aus einer Zeitung wünsche ich Nachrichten zu lesen. Only bad news are good news. Sollte eine Zeitung nur mehr für die Inserenten geschrieben werden, wird diese sich mit den diversen Gratis-Blättern messen müssen, die da so in U-Bahnen auf den Sitzplätzen liegengelassen werden: Wer gibt für sowas Geld aus…?
Ich weiss, ich weiss schon, war ja selbst lang genug in dem Gewerbe: Ist dei Zeitung für die Inserenten oder für die Leser da, wer zahlt mehr?
nfu (==nix für ungut)
oas
BTW: In der NZZ steht über Österreich – speibielsweise – mehr (gehaltvolles) als in der gesamten ööösterrreichischen Tagespresse.
Oktober 5th, 2008 at 02:03
“Zensur” ist ein Begriff, den ich nicht verwendet habe, aus verschiedenen Gründen.
“Zensur wäre das Abschalten eines privaten Blogs” ist auch nicht ganz richtig, es gibt viele Formen von Zensurierung, diese wäre nur eine davon.
“Hausrecht hat doch immer noch der Verlag” ist eine vielschichtige Formulierung, womit wir uns dem casus belli nähern: Ein Journalismus, der ein Hausrecht über die Freiheit der sich äußernden Autoren stellt, ist am Ende. Das Problem des Begriffs “Zensur” liegt gerade darin, daß er ursprünglich die Vorab-Kontrolle meint. Diese geschieht ganz sublim in sogenannten Redaktionen und vollzieht sich in Vorauseilendem Gehorsam. Es ist ein Alarmsignal, wenn sie post festum zuschlägt, als Disziplinierung derer, die sich nicht selbt knebeln.
“Kann es sein dass da sogar juristische Unwägbarkeiten lauern” ist genau der Kotau vor denen, die eine freie Meinung dem Wohl der Spekulanten opfern. Ist das noch Journalismus? Augstein ist noch in den Knast gewandert für seine Meinung. Heute ist schon die Möglichkeit der Gefahr einer Klage Grund genug, Autoren zu unterdrücken. Viel schlimmer als der lächerliche Versuch, eine konkrete Meinung zu unterdrücken, ist das Signal an die Schreiberlinge, die sich diesem ekelhaften System anpassen. Es ist das Ende eines Rechtsstaats, ganz ohne diktatorische Maßnahmen des Gesetzgebers.
Oktober 5th, 2008 at 02:03
“Zensur” ist ein Begriff, den ich nicht verwendet habe, aus verschiedenen Gründen.
“Zensur wäre das Abschalten eines privaten Blogs” ist auch nicht ganz richtig, es gibt viele Formen von Zensurierung, diese wäre nur eine davon.
“Hausrecht hat doch immer noch der Verlag” ist eine vielschichtige Formulierung, womit wir uns dem casus belli nähern: Ein Journalismus, der ein Hausrecht über die Freiheit der sich äußernden Autoren stellt, ist am Ende. Das Problem des Begriffs “Zensur” liegt gerade darin, daß er ursprünglich die Vorab-Kontrolle meint. Diese geschieht ganz sublim in sogenannten Redaktionen und vollzieht sich in Vorauseilendem Gehorsam. Es ist ein Alarmsignal, wenn sie post festum zuschlägt, als Disziplinierung derer, die sich nicht selbt knebeln.
“Kann es sein dass da sogar juristische Unwägbarkeiten lauern” ist genau der Kotau vor denen, die eine freie Meinung dem Wohl der Spekulanten opfern. Ist das noch Journalismus? Augstein ist noch in den Knast gewandert für seine Meinung. Heute ist schon die Möglichkeit der Gefahr einer Klage Grund genug, Autoren zu unterdrücken. Viel schlimmer als der lächerliche Versuch, eine konkrete Meinung zu unterdrücken, ist das Signal an die Schreiberlinge, die sich diesem ekelhaften System anpassen. Es ist das Ende eines Rechtsstaats, ganz ohne diktatorische Maßnahmen des Gesetzgebers.
Oktober 5th, 2008 at 11:51
Am vergangenen Sonntag wurde auf Veranlassung der Handelsblatt-Chefredaktion der Beitrag „Die Welt-Finanzkrise: was ist los mit Commerzbank, Dresdner Bank, UBS und Fortis?“ aus dem Handelsblatt-Blog von Harald Uhlig entfernt.
Uns ist bewusst, dass dies einen tiefgreifenden Eingriff in das Blog von Herrn Uhlig darstellt.
Grund für unsere Entscheidung war die Befürchtung, dass der Blog-Beitrag von Herrn Uhlig in der Öffentlichkeit irrtümlich nicht als die persönliche Meinung eines Wissenschaftlers, sondern als redaktioneller Beitrag des Handelsblatt wahrgenommen werden könnte und der Eindruck entsteht, das Handelsblatt rufe zu einem „Run“ auf die Commerzbank und andere Finanzhäuser auf.
In einer Situation, die ohnehin sehr fragil ist, wollten wir jedes Risiko ausschließen, durch missverständliche Äußerungen eine Panik in der deutschen Finanzindustrie zu verursachen. Dies haben wir höher bewertet als die Meinungsfreiheit unseres Bloggers.
Wir bitten Herrn Uhlig und unsere Leser dafür um Verständnis.
Bernd Ziesemer & Sven Scheffler
Oktober 5th, 2008 at 11:51
Am vergangenen Sonntag wurde auf Veranlassung der Handelsblatt-Chefredaktion der Beitrag „Die Welt-Finanzkrise: was ist los mit Commerzbank, Dresdner Bank, UBS und Fortis?“ aus dem Handelsblatt-Blog von Harald Uhlig entfernt.
Uns ist bewusst, dass dies einen tiefgreifenden Eingriff in das Blog von Herrn Uhlig darstellt.
Grund für unsere Entscheidung war die Befürchtung, dass der Blog-Beitrag von Herrn Uhlig in der Öffentlichkeit irrtümlich nicht als die persönliche Meinung eines Wissenschaftlers, sondern als redaktioneller Beitrag des Handelsblatt wahrgenommen werden könnte und der Eindruck entsteht, das Handelsblatt rufe zu einem „Run“ auf die Commerzbank und andere Finanzhäuser auf.
In einer Situation, die ohnehin sehr fragil ist, wollten wir jedes Risiko ausschließen, durch missverständliche Äußerungen eine Panik in der deutschen Finanzindustrie zu verursachen. Dies haben wir höher bewertet als die Meinungsfreiheit unseres Bloggers.
Wir bitten Herrn Uhlig und unsere Leser dafür um Verständnis.
Bernd Ziesemer & Sven Scheffler
Oktober 5th, 2008 at 13:41
[...] möchte ich an dieser Stelle nicht mehr kommentieren. Das Wichtigste ist bereits vielfach gesagt. Bemerkenswert finde ich in diesem Kontext aber auch die Haltung des Handelsblattes, sich im [...]
Oktober 5th, 2008 at 13:41
[...] möchte ich an dieser Stelle nicht mehr kommentieren. Das Wichtigste ist bereits vielfach gesagt. Bemerkenswert finde ich in diesem Kontext aber auch die Haltung des Handelsblattes, sich im [...]
Oktober 5th, 2008 at 13:42
“Grund für unsere Entscheidung war die Befürchtung, dass der Blog-Beitrag von Herrn Uhlig in der Öffentlichkeit irrtümlich nicht als die persönliche Meinung eines Wissenschaftlers, sondern als redaktioneller Beitrag des Handelsblatt wahrgenommen werden könnte”
Dies dürfte wohl ein Problem sein, das in der Präsenz des Blogs selbst bestand. Sollte das Handelsblatt also ein Problem mit der nicht ausreichenden Distanzierung gehabt haben, so hätte der Verlag dies lange vorher feststellen können. Aus diesem Versäumnis ist also eine Lage entstanden, in der die Meinungsfreiheit des Bloggers, immerhin expressis verbis, beschnitten wurde.
Ich würde von einer Redaktion und einem Verlag erwarten, daß sie mit großem Einsatz eine solche Beschneidung vermeiden. Um zu vermeiden, daß man Herrn Uhilgs implizite Andeutungen als explizizen Aufruf des Handelsblatt mißversteht, hätte eine öffentliche Distanzierung doch völlig ausgereicht. Dies hätte weder die Meinungsfreiheit noch das Handelsblatt beschädigt.
Oktober 5th, 2008 at 13:42
“Grund für unsere Entscheidung war die Befürchtung, dass der Blog-Beitrag von Herrn Uhlig in der Öffentlichkeit irrtümlich nicht als die persönliche Meinung eines Wissenschaftlers, sondern als redaktioneller Beitrag des Handelsblatt wahrgenommen werden könnte”
Dies dürfte wohl ein Problem sein, das in der Präsenz des Blogs selbst bestand. Sollte das Handelsblatt also ein Problem mit der nicht ausreichenden Distanzierung gehabt haben, so hätte der Verlag dies lange vorher feststellen können. Aus diesem Versäumnis ist also eine Lage entstanden, in der die Meinungsfreiheit des Bloggers, immerhin expressis verbis, beschnitten wurde.
Ich würde von einer Redaktion und einem Verlag erwarten, daß sie mit großem Einsatz eine solche Beschneidung vermeiden. Um zu vermeiden, daß man Herrn Uhilgs implizite Andeutungen als explizizen Aufruf des Handelsblatt mißversteht, hätte eine öffentliche Distanzierung doch völlig ausgereicht. Dies hätte weder die Meinungsfreiheit noch das Handelsblatt beschädigt.
Oktober 5th, 2008 at 14:17
Ich finde diese Ausrede des Handelsblatts reichlich dürftig. Nicht umsonst gibts ja die Variante: “Dieser beitrag spiegelt nicht unbedingt die Meinung der Redaktion wider” usw. – hätte das nicht ausgereicht?
Ein Armutszeugnis!
Und noch etwas zu Ben: Ist das Handelsblatt jetzt eine sogenannte unabhängige Zeitung? Oder gehört sie bereits dem Bankenkonsortium? Denn nur im leztteren Fall hätte ich ein gewisses Verständnis, weil klar ist, dass ein PR-Magazin einer Firma die Firma nicht in die Pfanne haut. Sollte sich das Handelsblatt allerdings weiterhin als “unabhängig” verstehen, dann war die Löschung des Beitrags ein Griff in die Kloschüssel und schadet der Glaubwürdigkeit, da können die Verantwortlichen beim handelsblatt noch so sehr lamentieren.
Oktober 5th, 2008 at 14:17
Ich finde diese Ausrede des Handelsblatts reichlich dürftig. Nicht umsonst gibts ja die Variante: “Dieser beitrag spiegelt nicht unbedingt die Meinung der Redaktion wider” usw. – hätte das nicht ausgereicht?
Ein Armutszeugnis!
Und noch etwas zu Ben: Ist das Handelsblatt jetzt eine sogenannte unabhängige Zeitung? Oder gehört sie bereits dem Bankenkonsortium? Denn nur im leztteren Fall hätte ich ein gewisses Verständnis, weil klar ist, dass ein PR-Magazin einer Firma die Firma nicht in die Pfanne haut. Sollte sich das Handelsblatt allerdings weiterhin als “unabhängig” verstehen, dann war die Löschung des Beitrags ein Griff in die Kloschüssel und schadet der Glaubwürdigkeit, da können die Verantwortlichen beim handelsblatt noch so sehr lamentieren.
Oktober 6th, 2008 at 00:47
[...] der Diskussion über die Unterdrückung der Meinungsfreiheit eines Bloggers durch das Handelblatt fiel mir ein Umstand auf, der sich in dieser Maßnahme [...]
Oktober 6th, 2008 at 00:47
[...] der Diskussion über die Unterdrückung der Meinungsfreiheit eines Bloggers durch das Handelblatt fiel mir ein Umstand auf, der sich in dieser Maßnahme [...]