Müntefering zwei: No Future
Posted by flatter under PolitikKommentare deaktiviert
07. Sep 2008 19:24
Als Kurt Beck SPD-Chef wurde, nachdem innerhalb eines halben Jahres zwei Vorsitzende verbraucht waren, schrieb ich:
“Das letzte Aufgebot quasi ist das letzte Schwergewicht der SPD. Nicht nur deshalb, so sei hier wieder ein Orakel gewagt, wird er lange ihr Chef bleiben.”
Ich hatte mit einigem gerechnet, den Intrigen der Agenda-Fraktion und der Presse etwa, setzte aber darauf, daß es nach Beck keine Alternative gäbe. Zumindest damit behielt ich recht. Wer hätte gedacht, daß die SPD derart rückwärtsgewandt ist, einen bereits verschlissenen Vorsitzenden noch einmal ins Rennen zu schicken? Zumal die Voraussetzungen noch dieselben sind: Nahles und die Kohorten, die Münte damals seinen Generalsekretär vorschreiben wollten, sitzen noch immer fest im Sattel. Was mich damals bewog, zu prognostizieren, man müsse sich den Namen des Neuen (Platzeck) nicht lange merken, war die Substanzlosigkeit der SPD 2010 und ein Personal, das weder Inhalt noch Charakter zu bieten hat. Heute serviert man also einen Aufguß dessen, in der ernsthaften Hoffnung, damit etwas, nämlich die Bundestagswahl, zu retten.
Das Symbol, das ein Vorsitzender Müntefering darstellt, ist die schiere Resignation. Er ist bereits verbraucht und mit 68 Jahren kein Mann für die Zukunft. Er und die Agenda-Kumpels fahren seit Jahren den Kurs “nach uns die Sintflut”, und mit ihm bringen sie einen nach vorn, dem tatsächlich alles wurscht sein kann. Dazu paßt auch das Verfahren: Ein kleiner Kreis klüngelt erst den Kanzlerkandidaten aus, wobei dem Vorsiztenden offenbar hintenrum übel mitgespielt wird. Als nächstes kungelt wiederum ein durch nichts legitimiertes Klübchen denjenigen aus, der den Vorsitz übernehmen soll. Die Partei wird nicht gefragt, sie hat das gefälligst abzunicken. Müntefering ist kein Kandidat, sondern die Lösung der Agenda-Fraktion, die sich inzwischen ganz offen als Entscheidungsmacht von Gottes Gnaden aufspielt.
Der Gedanke, der dahinter steht, ist halbwegs nachvollziehbar: Münte ist bei den Seeheimern und der Presse beliebt und gilt bislang auch als ein “Mann der Partei”. Strategisch betrachtet also der einzig Richtige. Darin aber liegt noch immer das Problem: Die 2010er kennen keine Diskussion, keine andere Meinung und schon gar keine Menschen, die sie überzeugen müßten. Das gilt für die Partei ebenso wie die Wähler. Sie sind das Fleisch gewordene Schrödersche “Basta”, und Müntefering ist das Mittel, die Partei ruhigzustellen.
Es wird nicht funktionieren. Die ganze Mannschaft stinkt der Partei. Steinmeier, Steinbrück, Scholz, Heil und wie sie alle heißen, sind politische Funtktionsmöbel ohne jeden Esprit. Münte haftet jetzt auch noch der Makel an, Kurt Beck gemeuchelt zu haben, gemeinsam mit seinen Weggefährten aus der Hartz-IV-Schmiede. Zu glauben, er könnte unter den aktuellen Bedingungen die Partei hinter die Führung bringen, ist nicht mehr naiv, sondern schon debil. Und als sei das noch nicht dumm genug, macht sich die Führungsclique noch immer nicht klar, daß Steinmeier, Müntefering und Co. die falsche Politik verkaufen. Die Besetzung der Hauptrollen ist da nur Symptom, wenngleich ein deutliches.
Vielleicht gelingt es Münte dennoch, die Partei ein wenig zu einen. Am besten holt er dazu Wolfgang Clement wieder ins Boot. Das würde ihm noch einmal so viele Parteiaustritte bescheren wie zu seiner letzten Amtszeit und vielleicht endlich die Befreiung bringen – von den letzten Sozialdemokraten in der SPD.
September 7th, 2008 at 19:58
Hallo,
ich denke auch, dass Parasiten-Clement und Schröder-Basta bald wieder eine Rolle spielen.
Ich bin nur mal gespannt, ob es schon die ersten Parteiaustritte gibt.
Sollten die 60 Agenda-KritikerInnen es ernst meinen – in der SPD – mir Ihrer Kritik, dann wäre die einzige Konsequenz aus der SPD auszutreten.
Ottmar Schreiner könnte bei der Vorstellung seines neuesten Buches den Anfang machen, und gleich in die Linkspartei eintreten.
Ich weiß nur ein Traum….
Mfg
Arne
September 7th, 2008 at 20:00
Übrigens, was die angeht, die bei der Linkspartei überall “Kommunisten/Sozialisten” wittern, wie gewisse CSU und FDP-Politiker, dann sollten die wissen, dass der autoritäre Kommunismus/Sozialismus spätestens seit dem Fall der Mauer in Deutschland mausetot ist.
Beim Wähler ist die Botschaft schon angekommen….frägt sich nur wie lange unsere PolitikerInnen brauchen? Oder ist für die der Sozialstaat erhardtscher Prägung schon Kommunismus/Sozialismus?
Mfg
Arne
September 7th, 2008 at 21:22
Chapeau. Großartiger Text.
September 7th, 2008 at 21:25
[...] Müntefering zwei: No Future Das Symbol, das ein Vorsitzender Müntefering darstellt, ist die schiere Resignation. Er ist bereits verbraucht und mit 68 Jahren kein Mann für die Zukunft. Er und die Agenda-Kumpels fahren seit Jahren den Kurs “nach uns die Sintflut”, und mit ihm bringen sie einen nach vorn, dem tatsächlich alles wurscht sein kann. Dazu paßt auch das Verfahren: [...]
September 7th, 2008 at 23:44
[...] Müntefering zwei: No FutureAm besten holt er dazu Wolfgang Clement wieder ins Boot. Das würde ihm noch einmal so viele Parteiaustritte bescheren wie zu seiner letzten Amtszeit und vielleicht endlich die Befreiung bringen – von den letzten Sozialdemokraten in der SPD. Wie, da gibt es noch welche? [...]
September 8th, 2008 at 13:47
Man sieht zu und staunt!
Das Demokratieverständnis dieser Menschen zeigt sich ja schon alleine darin, daß die meine der Kanzlerkandidat wird in einem Vieraugengespräch im Hinterzimmer entschieden.
Das funktioniert auch nur in der SPD, wo eine Andrea Nahles (wie immer) gleich auf auf den fahrenden Zug mitaufspringt und sofort Geschlossenheit fordert. Nahles ist wie Merkel, bloss nie festlegen, mit dem Strom schwimmen und so langsam noch oben durchsickern.
Klar weiß auch Steinmeier, daß er niemals auch nur in den absurdesten Gedankenspielen Kanzler wird, aber das war auch nie der Sinn. Der Sinn ist es, wie damals bei den vorgezogenen Neuwahlen(Steinmeiers Idee) jegliche Diskussion um die Agenda im Keim zu ersticken und Geschlossenheit einfordern.
“Wer jetzt nicht folgt ist ein Verräter” lautet die Parole.
Dagegen war das CSU-Gerangel nach Stoiber gelebte Demokratie!
September 8th, 2008 at 18:09
Ist diese Abrissfirma noch eine Überlegung wert? Zur Konkursmasse gehören angesägte Sessel, verstaubte Endlospapiere ohne Anfang, Gebetsmühlen, Trommeln, verbeulte Posaunen, Nachtsichtgeräte zum Tunnellicht suchen, – wer, bitte schön, wer vertraut diesen Leuten noch und warum. Muss man mit dem gleichen Kopf, mit dem man in hohem Bogen zum Fenster hinausgeflogen ist, immer und immer wieder zur Tür hereinschauen in der Hoffnung, dass vielleicht doch noch etwas Verwendbares übrig bleibt?
Ich habe zuweilen recht herzlich lachen müssen über die Verrenkungen des Kurt Beck. Man könnte brüllen vor Lachen über den Heil, wenn er Widergekautes aufsagt und das Aufgesagte wieder und wieder und noch einmal kaut. Aber ich wende mich nun ab. Ich kann nicht mehr folgen. Es ist zu absurd. Ich trete zurück.
September 8th, 2008 at 18:50
@snozin: Du trittst zurück? Nimm mich mit!
Ich habe gestern ein paar mal bei Anne Will reingezappt, da saßen sie beieinander: u.a. Westerwelle, Pofalla und Heil. Unter diesen Giganten des Biz war Heil tatsächlich noch der ärmste. Es war nicht länger als zwei Minutenauszuhalten, und was dieser Laberautomat von sich gab, war einfach nur noch Aua.
September 8th, 2008 at 22:57
Warum nur Clement wiederholen? Am besten auch Schröder gleich mit. Basta! Und das Wahlkampfmotto für 2009 könnte lauten:
“Wählerbetrug will gelernt sein.
Vertrauen Sie uns!”
September 16th, 2008 at 02:34
No Future trifft es gut.
Mit diesem Neocons gibt es keine Zukunft.
Die Linke ist die letzte Hoffnung, dieses
System in die Tonne zu treten.
MfG