Wolfgang Clement ist der Rüge wegen seines parteischädigenden Verhaltens mit der üblichen Arroganz begegnet. Wann immer ihm goldene Brücken gebaut wurden, hat er sie zertrampelt und noch einen draufgesetzt. Die Konsequenz aus diesem seinen Verhalten hat er heute bekommen: Er wurde aus der Partei ausgeschlossen.
Ausgeschlossen haben ihn auf Antrag der Mitglieder die zuständigen Gremien, respektive die Schiedskommission. Die Reaktion der Partei und der Medien ist unisono ein Eindreschen auf diejenigen, die eine alternativlose Konsequenz gezogen haben – mit bekannt wirren Argumenten. Aus der Rolle fällt lediglich Hubertus Heil, der im Stile eines Jahhundertwaschlappens nichts sagt, um ganz sicher eine passende Interpretation nachzuliefern, wenn die SPD ihren Rückzieher gemacht haben wird. O-Ton:
Die engere Führung der SPD ist sich einig, daß sich alle im Gesamtinteresse der Partei besonnen und auch umsichtig äußern sollten. Auf Basis unserer Grundwerte kann jeder solidarisch für seine Überzeugung streiten in der SPD. Die Schiedsgerichtsbarkeit SPD beurteilt also nicht politische Überzeugung, sondern Verhalten.”
Die SPD ist also in Wahrheit eine soziologische Partei. Verhalten ist ihr Gegenstand, nicht etwa politische Überzeugung. Das kann hinkommen. Der Aufruf, sich besonnen zu äußern, kommt spät. Jahre zu spät. Nicht nur, daß die SPD Clements “Überzeugungen” unbeanstandet ließ, etwa die, HartzIV-Empfänger seien Parasiten. Nein, man ließ ihn auch während des längst laufenden Verfahrens fröhlich weiter pöbeln, ohne daß der Generalsekretär dem öffentlich entgegen getreten wäre. Das rhetorische Gehampel um “soldiarischen” Streit könnte Heil zum Mühlstein werden, denn genau dies wirft die Schiedskommission Clement vor, und da hilft kein Winkeladvokat der Welt: Unsolidarischer als Clement geht nicht. Der Generalsekretär hätte sich, wüßte er denn, was er sagt, damit für den Rauswurf ausgesprochen. Ist das “besonnen und auch umsichtig”? Nicht so gemeint wird es sein, hoppla!
Das Beste an dem klebrigen Statement des verurlaubten Generalsekretärs ist aber seine Formulierung “die engere Führung”. Wer bitte ist denn das? Man ahnt es schon, und sie werden fleißig auf allen Kanälen zitiert: Sigmar Gabriel, Franz Müntefering, Franz W.Steinmeier, Johannes Kahrs. Johannes wer? Daß Kahrs sogar in der Tagesschau vor die Kamera treten darf (und auch sonst in der willfährigen Agenda-Presse omnipräsent ist), zeigt, was die SPD für eine Partei ist. Kahrs ist “Sprecher des Seeheimer Kreises”. Die Seeheimer und die Netzwerker, beides Klüngelkonglomerate ohne jede Legitimation, sind die Speerspitzen der Agenda-Politik. Ihre Angehörigen, und sei es irgend ein Wicht aus dem letzten Hinterwald, brüllen ihre besonnene Parteinahme für Clement ungehemmt in die Welt, die anderen halten still oder werden nicht zitiert. Es geht nicht um Überzeugung und ebensowenig um Verhalten, es geht um die Macht der Partei in der Partei. Die “engere Führung” entmündigt einmal mehr Seit an Seit mit ihren Duzkumpels aus den Medien die eigenen Parteimitglieder. Wenn man sich etwa anschaut, was SpOn zum Thema zusammenkratzt, ist Nüchternheit angesagt. Sonst kommt einem nämlich die letzte Mahlzeit hoch. Was der unerträgliche CC Malzahn dort zum besten gibt, ist so dummdreist, daß es nur noch Masochisten zu empfehlen ist. Wir üben daher bewußte Linkzurückhaltung.
Wenn es kommt, wie es kommen muß, und Clement mithilfe seiner Seilschaften weiter offensiv die Reste der Sozialdemokratie in der SPD ruinieren darf, bin ich einmal gespannt, wie man das noch irgendwem erklären will. Am Ende wird es wohl wieder heißen, linke Fanatiker seien am Niedergang schuld. Solche wie die Bochumer, die sich und ihre Genossen nicht unwidersprochen von Clement demütigen lassen wollen. Wenn dann der betroffene Ortsverein geschlossen in die LINKE eintritt, wäre das sicher die Bestätigung für solche Thesen.
Ein gutes Argument gegen Clements Parteiausschluß gibt es gleichwohl: Würde man diesen Auswuchs widerwärtigster Machtpolitik entfernen, gäbe das nur wieder Hoffnung, wo längst keine mehr ist. Dann lieber ein Ende mit Schrecken.