SpOn schreibt über ein tragikomisches Phänomen, den Patentekrieg. Dabei spielen immer häufiger Patentaufkäufer ihre schmutzige Rolle, die für kleines Geld “geistiges Eigentum” einkaufen und dann Produkte suchen, in die das Wissen eingeflossen sein könnte, das ihnen “gehört”. Das Spiel gegenseitiger Erpressung mit Patenten und angeblichen Verletzungen ist nicht neu. Es hat zwischen großen Konzernen oft zu einem Burgfrieden geführt. Wer Patente hält, weil er selbst innovative Produkte herstellt, wird von der Konkurrenz gemeinhin nicht behelligt, weil das nur zu unnötigem Ärger führt. Immerhin eine sinvolle Haltung. Daß mittelständische Betriebe, die einem Großen im Weg sind, gern mit der Patentkeule aus dem Weg geräumt werden, ist schon ärgerlich. Noch blöder, wenngleich es nicht immer die Falschen tirfft, ist aber das Gezecke windiger Sozietäten an Herstellern moderner Produkte. Sie säen nicht, sie ernten nicht, aber sie wollen möglichst viel fressen. Daß sie sich auch mit Weltkonzernen anlegen, läßt nichts Gutes ahnen: Diese Parasitenjuristen sind offenbar gut bewaffnet. Sollte ihr Treiben Schule machen, geht in Zukunft jeder, der technisches Gerät herstellt, ein enormes Risiko ein. Wer ein Auto baut, muß damit rechnen, daß ein Anwalt daherkommt, erklärt, er habe das Patent auf Gummifußmatten und einige Milliarden Schadenersatz verlangt.
Die Gerichte, nicht zuletzt die Deutschen, neigen bislang stark dazu, Kläger bzw. Rechteinhaber zu bevorzugen. Wenn ihnen doch das Recht gehört, muß bestraft werden, wer davon widerrechtlich Gebrauch macht. Das Beste daran: Es gibt keinen Ausweg aus diesem Unsinn. Denn wenn man alles kaufen und verkaufen kann, also auch Ansprüche, profitieren immer die Geier. Nichts anderes hat jüngst die Bankenkrise ausgelöst: Da wurden Kredite zu bestimmten Bedingungen ausgehandelt zwischen Banken und ihren Kunden. Dann gingen die Banken hin und haben ihren Anspruch auf Rückzahlung weiterverkauft. Sie gehen also nicht mehr davon aus, daß es einen Vetrag gibt, der Gültigkeit hat, sondern daß ihnen alles gehört, was irgendwie aus dem abgeschlossenen Geschäft hervorgeht.
Ähnlich verhält es sich mit den Patenten: Anstatt ein Patent zu verstehen als Garantie, daß eine Idee nicht einfach abgekupfert werden darf, als Recht darauf, das erfundene Produkt für eine gewisse Zeit allein verkaufen zu dürfen, geht mit dem Patent ein Recht in Eigentum über. Daß “Recht” eigentlich die Beziehung zwischen freien Bürgern darstellt, gerät völlig in Vergessenheit. Einmal in Eigentum verwandelt, führt es sich selbst ad absurdum, indem es Auswirkungen auf Bereiche hat, die mit der ursprünglichen Idee überhaupt nichts zu tun haben. Dabei spielt es auch gar keine Rolle, daß solches Recht, wenn es vor Gericht gesprochen wird, die Grundlagen der Systeme zerstört, die das Recht eigentlich schützen soll. Es gibt keine übergeordneten Prinzipien, die es Richtern erlauben würden, diesem Unfug ein Ende zu bereiten. Und überdies neigen Richter auch noch dazu, den gröbsten Unfug für Recht zu befinden – siehe das Hamburger Landgericht und das Internet.
Im Kern des Problems steckt der Kern des Kapitalismus’, die Aneignung. Was Adorno “verdinglichtes Bewußtsein” nannte, zeigt sich vor allem darin, daß kaum jemand an der Rechtmäßigkeit von Aneignung zweifelt. Sie wird nachgerade als Naturgesetz betrachtet, vor allem von neoliberalen Ideologen wie denen von INSM. Es ist aber nicht logisch oder selbstverständlich, daß man Rechte kaufen kann, Es ist nicht unwiedersprochen hinzunehmen, daß Aneignung in Qualität oder Quantität grenzenlos sein darf. Der Handel mit Rechten hat auf ein Minimum reduziert zu bleiben, und Rechteinhaber sollten nur in deutlich definierten Grenzen geschützt werden. Dazu müßte allerdings das “Recht” auf freien Handel mit allem und jedem endlich eingeschränkt werden – zugunsten des Erhalts eines irgend noch funktionierenden Rechtssystems.