Was also kann man in Deutschland tun, um dem Kapitalismus den Kollaps zu ersparen? Es ist eine Binsenweisheit, dass eine kapitalistische Wirtschaft darauf angewiesen ist, dass das Geld fluktuiert. Nun kann man sich darauf verlassen wollen, dass immer die anderen beim Exportweltmeister ihre Devisen abliefern, wie das schon in den vergangenen Jahrzehnten der Fall war. Das aber ist nicht nur parasitär, sondern auch eine Strategie, deren Gefahren spätestens 2009 offen zutage traten. Die Krise trifft die Exporteure zuerst.

Um also zu einer möglichst stabilen Weltwirtschaft beizutragen, müssen die Handelsbilanzen halbwegs ausgeglichen sein. Je besser die Ressourcen verteilt sind, je geringer die Unterschiede, desto weniger krisenanfällig ist das System.
Das gilt selbstverständlich für die nationalen (Binnen-)Wirtschaften, und auch hier erweist sich Deutschland als unbelehrbarer Freund der unfairen Verteilung. Die Zuwächse und Gewinne können noch so hoch sein, die übergroße Mehrheit der Menschen hat gar nichts davon.

Selbst wer von Gerechtigkeit nicht sprechen mag wie die neoliberalen Anhänger der Ergebnisungleichheit, kann nicht darüber hinwegsehen, dass dies ökonomisch schädlich ist. Ein immer größerer Anteil der Mittel landet bei denen, die es nicht ausgeben können und wird daher der Spekulation zugeführt. Immer weniger bleibt für den Konsum von Gütern und Dienstleistungen, worauf das Wirtschaften fundamental beruht. Es ist ein Irrwitz, dass die Neoliberalen das nicht wahrhaben wollen. Es bleibt aber eine sehr einfache Wahrheit: Auch der Kapitalismus kann nur existieren, wenn konsumiert wird.

Kein Kapitalismus ohne Konsum

Es ist also dafür zu sorgen, dass möglichst viel konsumiert wird. Eine Wirtschaft, die nicht dem Untergang geweiht ist, muss für Konsum sorgen. Soll es eine stabile Wirtschaft sein, müssen möglichst viele konsumieren. Gefährdet wird sie dadurch, dass sich wenige auf Kosten der großen Mehrheit bereichern. Das Potenzial für eine überreichliche Produktion ist vorhanden. Die Frage ist nun, wie man dafür sorgt, dass eine möglichst gerechte Verteilung des Reichtums stattfindet und die notwendigen Ressourcen für Produktion und Dienstleistungen vorhanden sind.

An dieser Stelle hält sich hartnäckig die Legende, niemand würde mehr arbeiten, wenn man die Menschen nicht in Not und Zwang hielte. Nur, wem das Elend droht, der gehe noch arbeiten, und alle müssten arbeiten, damit die Wirtschaft nicht zusammenbricht. Dieser komplette Unsinn ist allein dadurch widerlegt, dass es seit Jahrzehenten florierende Staaten gibt, die sich Massenarbeitslosigkeit leisten. Obendrein brüsten sich ausgerechnet diejenigen, die von ihren Vermögen gut leben könnten, damit, wie hart sie arbeiten würden. Absurder geht es nicht.

Die große Mehrheit der Bevölkerung wird auch dann weiterhin für mehr Wohlstand arbeiten, wenn grundsätzlich die Möglichkeit bestünde, ohne Arbeit ein bescheidenes Auskommen zu haben. Letzteres ohne Zwang und Diskriminierung. Und diejenigen, deren Arbeit nicht benötigt wird, weil für sie ohnehin keine angeboten wird, stellen nicht die geringste Gefahr für eine funktionierende kapitalistische Wirtschaft dar.

Was würde sich also ändern, wenn man ein bedingungsloses Grundeinkommen einführen würde? Hier muss man sich zunächst von der dogmatischen Auslegung dieses Begriffs trennen. “Bedingungslos” heißt zunächst einmal nicht, dass jeder dieses Grundeinkommen beziehen muss. Es heißt lediglich, daß die Bezieher nicht mit Sanktionen belegt werden, wenn sie dafür keine Gegenleistung erbringen müssen. Jeder hat ein Recht auf Leben und Teilhabe. Es soll dafür gesorgt werden. Es ist mehr als genug dafür da.

Faulheit ist keine Gefahr

Es heißt weiterhin auch nicht, dass ein Grundeinkommen an eine bestimmte Form der Finanzierung gebunden ist. Die Finanzierung findet längst statt, es wird nur ständig darüber gezetert und die Bedürftigen dafür beschuldigt, dass andere “für Geld arbeiten müssen.”
Natürlich ist es nicht vollkommen irrelevant, wie Menschen dann dazu motiviert werden, wirtschaftlich verwertbare Arbeit zu leisten. Aber selbst wenn es dafür nur ein Motiv gäbe – zu mehr Wohlstand zu kommen -, sind mehr als ausreichende Mittel dazu da, zur Arbeit zu animieren. Einzige Voraussetzung: Das muss sich lohnen. Man muss sich dafür ‘etwas leisten können’. Der finanzielle Anreiz muss also so hoch sein, dass für den Konsum genug übrig bleibt.

Hier haben wir den Hauptunterschied zum gegebenen Zustand: Es müssen erheblich mehr der vorhandenen Mittel in Löhne und Konsum fließen. Genau dies aber wiederum stabilisiert die Wirtschaft und würde für ein Wachstum sorgen, das heute real zusehends einbricht bzw. nur dadurch in einem Land möglich ist, weil es einem anderen entzogen wird. Hinzu kommt ein Potenzial, das heute noch unterdrückt wird: Die Entfaltungsmöglichkeiten, die damit verbunden sind, dass die Menschen aus anderen Motiven relevante Beschäftigungen aufnehmen. Kompetenzen, die brach liegen, weil die Massen mit Tätigkeiten beschäftigt sind, zu denen sie keine Beziehung haben.

Was heute eine soziale Katastrophe wäre, der ungehemmte Abbau von Arbeiten, die keine menschliche Betätigung fordern, kann bei einer allgemeinen Absicherung umgesetzt werden. Arbeitnehmer müssen sich nicht mehr verbiegen, um “Arbeitsplätze zu erhalten”, sondern sie könnten es genießen, dass weniger Arbeit nötig ist.

Die Geldhalden abschöpfen

Und wo soll das Geld herkommen, dass dazu nötig wäre?
In der Tat kommt man nicht umhin, Reichtum abzuschöpfen – und im Optimalfalle auch zu begrenzen. Es ist ein unfassbarer Skandal, dass schon eine nennenswerte Erbschaftssteuer für Tabu erklärt wird. Wie aber soll die reale Wirtschaft erhalten bleiben, wenn Spekulation stets höhere Gewinne verspricht?

Die Begründungen dagegen sind nicht nur fadenscheinig, sie sind falsch, absurd und das Resultat von Propaganda. Wie soll eine fatale Austrocknung der Wirtschaft verhindert werden, wenn der nachgewiesene Entzug von Mitteln durch Riesenvermögen nicht gestoppt wird? Darauf weiß der Neoliberalismus keine Antwort. Er will sie schlicht nicht hören.

Allein durch zwei prominente Maßnahmen, nämlich eine bedingungslose Grundsicherung und eine Abschöpfung der Geldhalden durch Erbschafts- und Finanzmarktsteuern (oder Vermögenssteuern) wäre eine nach wie vor kapitalistische Wirtschaft erheblich besser gegen Krisen abgesichert. Dass sie ganz nebenbei weniger ungerecht und menschlicher wäre, steht dann noch auf einem ganz anderen Blatt.

Zu den Argumenten, die dagegen aufgeführt werden, werde ich mich in einem Folgeartikel äußern. Ich bitte auch darum, die Diskussion über den Kapitalismus als solchen noch zurückzustellen. Es geht mir darum, einen Gedanken schrittweise zu entwickeln.