Das bedingungslose Grundrecht auf Existenz
Posted by flatter under Politik[59] Comments
02. Nov 2010 15:59
Ich hatte schon seit längerem die Absicht, mich zur Idee eines “bedingungslosen Grundeinkommens” (BGE) zu äußern, da ist der Artikel beim Spiegelfechter eine gute Gelegenheit. Jens Berger befasst sich dort einerseits nur mit dem “Althaus-Modell”, andererseits mit den Aspekten des BGE, die meiner Ansicht nach eher verzichtbar sind. Es geht dabei meist um Berechnungsgrundlagen, Finanzierbarkeit und einen Vergleich zum heute gegebenen Zustand.
Die Diskussion insgesamt ist typisch deutsch. Dazu hat auch und vor allem Götz Werner beigetragen, jener Milliardär, der schon ein Menschenfeind sein muss, weil er so stinkreich ist. Das von ihm propagierte Ulmer Modell zeichnet sich vor allem dadurch aus, dass schlaue Ökonomen es durchgerechnet und ihm Finanzierbarkeit bescheinigt haben. Der ökonomische Ansatz, der besagt, alle Kosten – also auch Steuern und Sozialabgaben – würden im Endeffekt über den Produktpreis getragen, führt dabei zu der logischen Konsequenz, nur noch eine Steuer zu erheben, nämlich die auf den Preis. Die Mehrwertsteuer.
Und nun wird also fröhlich diskutiert, über Finanzierungsmodelle und die Folgen für die Volkswirtschaft, über sinistre Motive eines Milliardärs und die heuchlerische Adaption der Idee durch den gefallenen CDU-Funktionär Dieter Althaus. Dabei ist längst alles klar und gar nichts: Die Ulmer Porfessoren haben ja errechnet, dass es funktioniert, gleichzeitig aber betont, dass niemand vorhersagen kann, wie sich eine Umstellung auf das neue Modell langfristig auswirken würde. Ja wie denn auch? Das weiß man doch nicht einmal vom gegebenen System, da ist nur eines gewiss: Die neoliberalen Vorhersagen der Wirtschaft taugen weit weniger als die der Wetterfrösche.
Die Wiederherstellung der Menschenwürde
Im Kern geht es doch um etwas völlig anderes. Es geht um die Wiederherstellung der Menschenwürde. Deren real existierende Verlaufsform in den Ämtern, den Medien und der Politik, zwischen Arbeitszwang und Armenbeschimpfung, kann nicht das sein, was das Grundgesetz als “unantastbar” bezeichnet. Das Menschenrecht auf eine Existenz bedarf auch einer ökonomischen und ethischen Basis. Ökonomisch bedarf es der Möglichkeit zur Teilhabe, ethisch ist zu sichern, dass das Recht darauf nicht infrage gestellt wird. Genau dies geschieht aber, wenn Menschen sich für ihre Bedürftigkeit rechtfertigen müssen. Dieses Recht wird pervertiert, wenn es juristisch nur unter Zwängen zugestanden und moralisch durch eine aufgestachelte Öffentlichkeit vollends aberkannt wird.
Den Armen ihre Würde zurückzugeben bedeutet in einer vorläufig kapitalistischen Gesellschaft, sie unabhängig zu machen. Es bedeutet, sie von Zwang und Schikane zu befreien, und es bedeutet, ihnen eine souveräne Rolle im Marktgeschehen einzuräumen. Damit müssten sich eigentlich alle zufrieden geben können, nicht zuletzt diejenigen, die glauben, der Wettbewerb sei das Zaubermittel der marktwirtschaftlichen Alchimie. Es geht also auch darum, den Wettberb um Arbeitskräfte zu beleben, um Arbeit als solche einer positiven Entwicklung zuzuführen.
Darauf könnte man sich endlich doch einmal einigen: Dass ein Arbeitszwang sozial, ökonomisch und ethisch nicht hinnehmbar ist. Dass es niemandem hilft, sich mit der Hatz auf angebliche Faulpelze aufzuhalten, wenn die Wirtschaft auf ihre Mitarbeit problemlos verzichten kann. Dass das Prinzip “Fordern und Fördern” nicht funktioniert, weil Zwang niemanden fördert. Im Gegenteil zerstört er die Motivation der Betroffenen endgültig und verhindert Wettbewerb in einem der wichtigsten Bereiche der Wirtschaft. Das haben sogar solche Leute erkannt, die persönlich kein Problem damit haben, Menschen auch mit der Peitsche zur Arbeit zu treiben.
Zwang fördert niemanden
Die Verwässerung dieses möglichen Konsenses durch Finanzierungs-Planspielchen und gegenseitige Unterstellungen kann nur denen dienen, denen die heutige Situation der Unterschicht zupass kommt und die sie deshalb gar nicht ändern wollen. Zur Umsetzung neuer Modelle hat man noch viel Zeit und Muße und kann viel ausprobieren. Ob sich wirklich allein durch eine Produktsteuer die öffentlichen Haushalte und das Sozialwesen finanzieren lassen, wird man sehen. Auch die Besteuerung großer Vermögen und vor allem Erbschaften darf weiter diskutiert werden.
Was aber schon morgen problemlos umgesetzt werden kann und eine völlig neue Dynamik auslösen würde, ist die Abschaffung des Arbeitszwangs für Bedürftige. Als nächstes muss man dann über eine Ausweitung der Zuverdienste und eine Vereinfachung der Bedürftigkeitsprüfung sprechen.
Man müsste dann allerdings auf einen gern genutzten Sündenbock verzichten, da dürfte das Problem liegen. Man will ja nicht nur noch auf den Ausländern herumhacken und dadurch unangenehme politische Konkurrenz nach vorn bringen.
November 2nd, 2010 at 16:42
Dearest Flatter
Wie schlimm es wirklich um die Menschenwürde in diesem, Land steht, weiss man wohl erst wenn man TV glotzt.
Ich tu mir das ja selten an und die RTl Shows kenne ich eigentlich gar nicht. Deswegen bin ich auch fast vom Stuhl gekippt, bzw. hätte, wäre mein Magen voll gewesen, diesen über meinen PC entlehrt, als ich das hier gesehen habe
https://www.youtube.com/watch?v=9QkY8to7x_Q
(via aufgelsen und kommentiert auf duckhome:Wie der Bertelsmann-Sender RTL Hartz-IV-Hetze produziert
Ein Video von fernsehkritik.tv)
Leider steht die Menschenwürde auf keiner polit. Agenda.
November 2nd, 2010 at 17:17
Aber wieso sollten diese Ziele nicht beispielsweise mit einem erneuerten Sozialhilfemodell, mit deutlich erhöhten Sätzen, ohne Sanktionen und Arbeitszwang, erreichbar sein?
Beim Grundeinkommensmodell stellen sich massive ökonomische und auch soziale Probleme (von denen etwa Weissgarnix vor einiger Zeit einige aufgezählt hat: https://www.weissgarnix.de/2010/02/24/warum-ich-gegen-das-bge-bin/ ).
November 2nd, 2010 at 17:21
… und die ich deshalb auch gar nicht diskutieren möchte.
November 2nd, 2010 at 19:48
Nur funktioniert ohne das abfällige Nachhintenschauen und ohne die Gewissheit, dass es anderen schlechter geht, das ganze egoismusgetriebene Wirtschaften sowie das karriereorientierte und auf Belohnung fixierte Leistungsbringertum nicht.
Ich habe wenig Hoffnung, dass man dieses Pferd bedingungslos von hinten aufzäumen kann.
November 2nd, 2010 at 20:32
Wie sehr ich dir zustimme, kann ich gar nicht sagen. Dies ist aber das generelle Grundproblem. Unser wirtschaftlich-soziologisches Systemmodell, kennt keine “Menschenwürde”. Es wird immer so leichthin ökonomisch oder philosophisch diskutiert. Mit der Entscheidung unserer Wirtschafts- und Sozioingeneure für das Luhmansche Systemmodell, ist der Humanismus als mögliche Basis abgeschafft worden. Es gibt keine Möglichkeit, so etwas wie Menschenwürde zu implementieren. Dies gibt es bei uns nur noch formal aus traditionellen Gründen heraus. Aber da ist keine Möglichkeit, in diesem pseudowissenschaftlichen Umfeld, (und dass sag ich ganz bewusst), einen menschlichen Wertekontext zu definieren bzw. politisch-wirtschaftlich-soziologisch zu akzeptieren. Den wenigsten scheint bewusst zu sein, wie sehr sich unsere Soziostrategen darauf berufen. Und viele linke Systemtheoretiker wissen auch nichts besseres, als die Menschen zum Objekt zu erklären. Das Ding ist immerhin mittlerweile fast dreissig Jahre alt, und hat sich gnadenlos eingefressen.
Da bleibt mir nur traurig die Feststellung der @Geheimrätin;
Leider steht die Menschenwürde auf keiner polit. Agenda.
Was glaubt man, warum ich immer hohl drehe, wenn ich das Wort System höre?
November 2nd, 2010 at 20:36
Genau so sollte ein Neuansatz aussehen und sich eben nicht der Kleingeisterei der neoliberalen Logik unterwerfen.
Wenn jetzt noch wer von den Gewerkschaften mitlesen würde …
November 2nd, 2010 at 20:45
Es ist für mih nicht nachvollziehbar, warum wir uns bei dem Vorbild für unsere Gesellschaft und Wirtschaft ausgerechnet das Modell der brutalen und räuberischen Fleischfresser ausgesucht haben, während Pflanzenfresser verschiedener Arten nebeneinander existieren können, ohne sich gegenseitig umzubringen.
November 2nd, 2010 at 20:47
[...] plötzlich an ihre Grundrechte, beschäftigen sich intensiv mit dem Grundgesetz, debattieren über Menschenwürde, halten sogar Grundrechtemahnwachen ab, es gibt sogar eine Grundrechtekommitee und zu allem [...]
November 2nd, 2010 at 21:43
In einer Gesellschaft, die den Wert des Daseins lediglich daran mißt, ob mensch Arbeit hat und Karriere macht, wird es noch sehr sehr lange dauern, bis ein derart revolutionärer Gedanke in die Tat umgesetzt werden kann. Denn das hieße: sich verabschieden von der so lange gehegten “Arbeitsethik”. Eher findet eine bemannte Marsmission statt, als das in diesem verkorksten Land das BGE eingeführt wird.
November 2nd, 2010 at 21:47
Richtig.
November 2nd, 2010 at 21:48
Das bedingungslose Grundeinkommen ist auf den ersten Blick eine neue Idee. Wenn man sich intensiver damit beschäftigt, zeigt sich, dass es jenseits der Thüringer Hochalpen Alternativen aufzeigen könnte.
Wie bitte? Alternativen? Das reicht doch wohl: Bis hierher, aber bitte keinen Schritt weiter!
November 2nd, 2010 at 22:27
Wer soll eigentlich ein bedingungsloses Grundeinkommen, mit dem Menschen TATSÄCHLICH gut und anständig leben könnten, beschließen und einführen?
Etwa die gleichen “demokratischen Parteien”, denen im Grunde selbst die Hartz 4 Sätze immer noch zu hoch sind? Gar das BVG?
Wozu dieses Ungetüm eines bedingungslosen Grundeinkommens, wenn es doch viel einfacher wäre, ganz und gar unbürokratisch allen Arbeitslosen und wirklich Arbeitssuchenden ein ordentliches Arbeitslosengeld plus Bezahlung der tatsächlichen Wohnkosten zu gewährleisten, ALLEN Rentnern eine gute AUSKÖMMLICHE Rente?
Ich bin überzeugt, sollte es je so etwas wie ein bedingungsloses Grundeinkommen geben, wäre auch dies unter den heutigen Machtverhältnissen nichts anderes als eine vornehm umgetaufte Armutsverwaltung.
Und man muss immer bedenken: Das Kapital, die Konzerne, auch der liebe gute, “ehrliche”, “verantwortungsbewusste” Mittelstand sollen auf möglichst billige, willige, vor allem aber vor sozialer Absturzangst schlotternde “Mitarbeiter” FREIWILLIG verzichten? Werden sie? WOLLEN sie?
Welch eine Naivität!
Warum wird bei diesen “tollen Ideen” immer unter den Teppich gekehrt, “vergessen”, dass sich aller Mehrwert, aller Profit, aller in privater Hand zusammengeraffter kapitalistischer Reichtum heute noch genauso wie zu Marxens Zeiten sich der Aneignung unbezahlter Mehrarbeit verdankt, wohlgemerkt: ERPRESSTER Mehrarbeit?
Wie sollte denn diese Erpressbarkeit der “lieben Mitarbeiter”, “Arbeitnehmer” noch funktionieren bei einer vollen guten sozialen Absicherung der “Arbeitnehmer” auch OHNE Arbeit, einen Job? (Oder: Was würde einem Bankräuber eine Pistole nützen, die sich beim ersten Anblick als Wasserpistole entpuppen würde?)
Alle diese schönen Theorien wollen den heute herrschenden Machthabern, Ausbeutern, Herrschaften alle Macht und Reichtum belassen und GLEICHZEITUNG und TROTZDEM ein “Paradies” für die “kleinen Leute” herbeivernünfteln, ob nun mit einem bedingungslosen Grundeinkommen, “unbelasteten Geld” bzw. “Regio-Talern” oder sonstigen “Ideen”, aber immer so “klug”, so “genial”, so “überzeugend”, dass man auf KEINEN FALL gegen die heute Mächtigen kämpfen, sie entmachten MUSS! Wirklich “verführerisch”…..
Leutchen, warum wartet ihr nicht lieber gleich zusammen mit den Zeugen Jehovas bis zum Eintreten der wirklichen “höheren Gerechtigkeit” nach dem Jüngsten Gericht?
November 2nd, 2010 at 22:31
…..bravo….bakunin……bravo….
November 2nd, 2010 at 22:35
# reinhard meint:
November 2nd, 2010 at 22:31
…”..bravo….bakunin……bravo….”..
Na ja, watt mutt, datt mutt… mal gesagt werden.
November 2nd, 2010 at 22:44
@ Bakunin Chapeau, ganz fulminant, hinreißend!
1) Wer ist “ihr”? Bakunin der Weise gegen den Rest der welt?
2) ist bei aller Kenntnis der Verhältnisse, ihrer Ursachen und Möglichkeiten der Appell an das eben doch Mögliche der letzte Weg, nicht einfach bloß zu nicken.
3) fordere ich da oben im Prinzip nix anderes, als den Leuten ein Auskommen zu sichern.
4) ist es wichtig, immanente Widersprüche zu benennen (siehe “Wettbewerb”) und
5) ist das Interessante ja, dass jene Sklavenhaltermentalität, die du diagnostizierst, ganz en passant den Kapitalismus ruiniert.
Man kann sich natürlich auch einen großen Namen leihen und alles schon immer besser gewusst haben.
November 2nd, 2010 at 22:45
Ja Bakunin und wenn es um Arbeit geht, dann kann u. sollte auch die bitte geteilt werden, sodass auch jeder arbeiten kann der es will! Und das ist wohl kaum mit einer 45 Stunen Woche erreicht, wie es die FDP nun auch noch propagiert, sondern mit einer radikalen Arbeitszeitverkürzung. Und das würde dann der Arbeit itself dann auch gleich noch ihre Würde wieder zukommen lassen, bzw. deren angemessenen Stellenwert im Leben. Dann wäre auch die Freizeit wieder frei, die jeder nach eigenem Dafürhalten dann mit Muse, Nichtstun, kreativ sein, sozial sein, arbeiten, denken oder was immer er oder sie gerade tun will, ausfüllen. Auch mittels Müllproduktion ein Wirtschaftswaxtum zu kreieren, das Mensch u. Natur vergiftet ist abzulehnen. Massentierhaltung sowieso, wenn schon nicht aus ethischen Gründen, dann wenigstens aus Selbsterhaltungstrieb
…..
November 2nd, 2010 at 23:16
flatter und Geheimrätin…, fordern kann man ja viel und immer, aber was ist wenn diese Forderungen aus ganz und klar einsichtigen Gründen bei den Herrschenden kein Gehör finden?
Denkbar, vorstellbar ist vieles, aber wie kann es auch gegen mächtige Interessen durchgesetzt werden? WER soll es durchsetzen?
Wie kann man glauben, ein bedingungsloses Grundeinkommen wäre besser, wenn es in diesem Land noch nicht mal möglich zu sein scheint, vernünftige, ausreichende Arbeitslosensätze einzuführen?
“Weise” bin ich sicherlich nicht, aber sehr nüchtern und realistisch, was die gegenwärtigen gesellschaftlichen Kräfteverhältnisse angeht.
Bedenkt nur, was aus dem BVG Urteil zu den Hartz 4 Regelsätzen wurde ohne jegliche ernsthafte Proteste.
Und die heutige neoliberale Sklavenhaltermentalität ruiniert keinesfalls den Kapitalismus, dafür um so mehr aber Millionen von Lohnabhängigen, mit oder ohne Job.
Und lehrt uns nicht schon seit Jahrzehnten die so genannte “Dritte Welt”, dass ein Kapitalismus SOGAR ganz ohne “Sozialstaat” funktionieren kann?
Bitte keine Mißverständnisse: Ich habe nichts gegen gute Ideen, auch von “ihr”…, aber “ihr” sollten dann auch sagen, wie und von wem diese GEGEN WEN, WESSEN INTERESSEN durchgesetzt werden könnten!
Appelle an die Herrschenden, deren “ureigenste Interessen” sind da nur hilflos, denn sie WISSEN, was sie wollen und versuchen daher mit allen Mitteln, den gegenwärtigen Status Quo zu verteidigen.
Ohne eine machtvolle gesellschaftliche Bewegung, wie auch immer organisiert, unter welcher Bezeichnung und Farbe auch immer, wird es da nicht gehen, große Mehrheiten müssten gewonnen und organisiert werden.
In sehr wichtigen Fragen müssten besonders ideologische Unterschiede zurücktreten, sich alle gemeinsam auf ein einziges konkretes Ziel konzentrieren, ähnlich S 21, Frankreich, Griechenland…, Anti-Atomkraft Bewegung….
Freiwillig wird das “Kapital” bzw. seine Handlanger und Diener den “Unterschichten” niemals ein gutes auskömmliches Dasein “gewähren”, so “vernünftig”(Binnenwirtschaft, etc..) darum auch immer gebittet werden mag.
Sorry, aber so sehe ich das.
November 2nd, 2010 at 23:24
ps: Ich wäre wirklich zufrieden, mit meinen 2 kl. jobs, 80-100 Stunden im Monat zu arbeiten empfinde ich als familienkompatibel und ausreichend. Mehr wäre schon wieder Stress für alle Beteiligten.Wir arbeiten schnell, zuverlässig, kollegial und mit Spaß an der Freude. Auch wenn die Bücher, die ich so verräume größtenteils Schrott sind, so freue ich mich über jedes gute Buch umsomehr. Noch mehr freue ich mich, wenn die Hetzliteratur liegen bleibt und irgendwann ganz verschwindet, weil die Menschen stattdessen wieder miteinaner kommunizieren, wieder selber denken und dabei dann an Grozzügig-und Herzigkeit zunehmen. Auch das Essen an Senioren ausliefern macht mir Spaß, wenn ich das auch gerne mit einer Umweltfreundlicheren kutsche täte. Dieser Fortschritt muss irgendwie forciert werden! Wenn ich nun also auch noch ein ausreichendes Einkommen hätte, wäre das prima.Stattdessen muss ich aufstocken, kann das aber gar nicht in ausreichendem Maße weil die Miete zu hoch ist und werde zudem immer noch entmündigt.
Auch wenn die Parteiendemokratie allein niemals einen Paradigmenwechsel zustanden bringt, der den Namen auch verdien, so glaube ich nicht, dass schon! alles verloren ist, zumindest solange die Menschen selbstkritisch sind und zur Reflexion fähig. Was die Linken, so habe ich da heute einen interessanten Beitrag gelesen, also was deren Selbstkritk und Selbstreflexion betrifft.
https://hebel.frblog.de/neue-tone-von-links/
Warum nich wirklich mal mehr Demokratie wagen? Und das nicht in der Urne, sondern im tägl. Miteinander. Verantwortung übernehmen, selbstkritisch sein, Großzügig/herzig und solidarisch.
November 2nd, 2010 at 23:26
pps @ baknuin
um ein BGE gehts mir gar nicht
November 2nd, 2010 at 23:56
Ach, Bakunin… ich organisiere hier keine Demos, ich beschäftige mich mit Inhalten. Der Kapitalismus tut gerade alles, um sich heillos in die eigene Idiotie zu verstricken. Ich habe mich häufig zur Problem der Binnenwirtschaften und der realen Wirtschaft geäußert, andere sind da aus guten Gründen ausführlicher, mit Flassbeck sei da mal nur einer genannt.
Die Frage ist heute so präsent wie nie: Wie bauen wir ein System so um, dass es nicht im Weltbürgekrieg endet? Auch wenn es die Propagandisten noch nicht einsehen: Es liegt im Interesse der “Herrschenden”. Die Beherrschten müssen freilich begreifen, dass sie keine willenlosen Opfer sein müssen. Ich bemühe mich darum aufzuzeigen, dass sie ihre Würde einfordern können, ohne dass es auch nur ökonomische Gründe dagegen gibt. Traurig genug, dass es nicht ausreicht, der Menschenwürde einen höheren Stellenwert einzuräumen – weil dieses Argument sich nicht durchsetzt, wenn man nicht gleichzeitig gegen die falschen ökonomischen Dogmen angeht. Wer auch immer opponieren will, braucht Argumente und muss überzeugen.
ICH KANN DAS AUCH ALLES GROSS SCHREIBEN.
November 3rd, 2010 at 00:01
@Frank (9). Ich hab dich vermisst. Schon der wenigen Worte wegen.
November 3rd, 2010 at 02:36
Wieso BGE? Dümmliche und gering bezahlte Tätigkeiten bei denen die Beschäftigten täglich ihre kostbare Lebenszeit opfern, sowie ein noch geringerer alimentierter staatlicher Zuschlag welcher nach eingehender Überprüfung gewährt wird, tun es doch auch. Ich wette, die Beschäftigten in den Jobcentern wären traurig, wenn ihnen ein Gesetz vorschriebe, sie könnten keine Bedingungen mehr an die Transferleistungsempfänger stellen. Bedingungslos?! Die Arbeit wäre nicht mehr das, was sie einmal war. Niemanden mehr herumschubsen? Keine geringfügige Beschäftigungen mehr erzwingen, die sich unterhalb des HartzIV-Satzes befinden? Was wäre das für ein Verlust?
Ich verstehe noch immer nicht, warum der Lohn einer Stunde menschlicher Lebenszeit, so unterschiedlich vergütet werden, während Menschen gleichermaßen essen, trinken und irgendwie leben müssen. Die einen knapsen schon am Anfang des Monats mit dem Wenigen herum, während andere am Ende des Monats gar nicht wissen wohin mit dem vielen übrigen Geld. Was soll das? Ist doch klar das es dann zu unterschiedlichen Wertigkeitsvorstellungen und gesellschaftlichen Reibereien kommt. Da würde ich auch ein BGE eher ablehnen. Es marodiert doch das bestehende und gut ausgebaute Leistungsmodellsystem welches seit Anbeginn der Zeit existiert. Daher lassen die politischen Entscheider und deren Auftraggeber auch die Finger davon. Mit BGE wäre der Niedriglohnsektor in grosser Gefahr, könnte nicht mehr weiter wachsen und für die Anbieter solcher Jobangebote arbeitsarmen Wohlstand gewährleisten.
Ich glaube nicht an ein BGE, es fällt mir daher schwer eine Einführung zu unterstützen. Gewisse Symphatien dafür hege ich dennoch.
November 3rd, 2010 at 02:37
Artikel 1 Grundgesetz
1) Die Würde des Menschen ist unantastbar.
2) Bekenntnis zu den Menschenrechten
***
Unser auf Geld ausgelegtes System entspricht nun einmal nicht diesem Grundsatz.
Lösungsvorschlag – Morus – Utopia
Probleme – Egoismus und Dummheit
Hier wäre nur eine Lösung möglich – Abschaffung von Privatbesitz. Und das kann funktionieren – Kibbuzim!
Leider nicht auf Dauer – weil das System dann unterwandert wurde.
Endziel – Apokalypse – viel Glück – möget ihr in interessanten Zeiten leben.
November 3rd, 2010 at 10:24
@ Guardian of the Blind
Es ist nicht nur die menge des Geldes, sondern vielmehr auch die Klassenbildung. Wie Flatter schon schreibt muss man sich als H4-Empfänger alle 6 Monate für seine Bedürftigkeit rechtfertigen und es bildet sich unweigelerich eine Klasse in der Gesellschaft die als Schmarotzer gelten.
“… Menschen sich für ihre Bedürftigkeit rechtfertigen müssen…”
Bei einem BGE würde dieser Aspekt völlig wegfallen weil es ja jeder bekommt vom Chefarzt bis zum Taxifahrer.
Ein weiter wichtiger Aspekt ist die Freiheit und Unabhänigkeit. Jenes Lebensgefühl das nur den “Reichen” vorbehalten ist weil sie weder von Arbeit noch von Almosen abhängig sind und durch ihr Vermögen im Stande sind etwas zu “vermögen” – etwas zu tun – weil sie sich in sicherheit wiegen können das ihre Grundbedürfnisse wie Wohnraum und Nahrung gesichert sind. Das könnte ein kulturelles und inovatives Potential von ungeahnter größe freisetzen.
Was die “niederen” Jobs angeht für die sich keiner mehr in Knechtschaft nehmen lassen wird, ist es allmählich an der Zeit diese durch automatische System wie Roboter usw. zu ersetzen. Wir sind inzwischen auf einem technischen Stand der das ohne weiteres zulässt.
Und wo der Markt nach solchen möglichkeiten ruft wird er auch bedient. Das es nicht schon längst soweit ist liegt einzig daran das es noch eine ganze Herrscharr von Kleinjobber gibt die gezwungen sind für Kost und Logie zu arbeit.
Man sollte auch nicht vergessen das ein BGE egal in welcher höhe es ausgezahlt wird, keineswegs ein “hohes” Einkommen ist, sodass, möchte man “mehr” in seinem Leben, Arbeit immernoch die einzige Möglichkeit ist.
November 3rd, 2010 at 11:03
sam meint:”Man sollte auch nicht vergessen das ein BGE egal in welcher höhe es ausgezahlt wird, keineswegs ein “hohes” Einkommen ist, sodass, möchte man “mehr” in seinem Leben, Arbeit immernoch die einzige Möglichkeit ist.”
Wenn ich diesen Satz richtig verstehe, dann praktisch weiter Grundsicherung bzw. Hartz 4, Lohn-Aufstockerei, nur eben OHNE Bedürftigkeitsprüfung, Sanktionen, Arbeitszwang?
Ganz vorsichtig gesagt: Ein sehr dürres Angebot, so ein BGE!
November 3rd, 2010 at 11:30
Jetzt kribbelt es in meinen Fingern – Verzeiht mir deshalb die epische Breite, die sich der Unbequeme et al. offenbar bewußt erspart haben.
Das von flatter angerissene Thema berührt entweder sehr viele Aspekte unserer ‘WünschDirWasWelt’ oder eben nur sehr wenige, wie er es für mich nachvollziehbar darlegt. Ich picke mir die angesprochene Würde des Menschen und damit auch den Begriff der Freiheit des Individuums in der Gesellschaft heraus. Genauer, warum es weder friedlich, noch aufrührerisch ‘funktionieren’ wird, eine Änderung herbeizuführen.
Am meisten beeindruckt und überzeugt hat mich bisher die Darstellung George Orwells im Roman 1984 über den Aufbau der Gesellschaften und die Ziele der sich auch nach Umstürzen immer wieder bildenden Schichten.
Vor allem teile ich seine Ansichten darüber, warum der Aufstand der ‘Proles’ nicht stattfinden wird. Ich meine den Abschnitt, in dem das Parteimantra ‘Unwissenheit ist Stärke’ erklärt wird. Dieser findet sich im neunten Kapitel des zweiten Teils des Romans.
Er schrieb: Seit Beginn der geschichtlichen Überlieferung, und vermutlich seit dem Ende des Steinzeitalters, gab es auf der Welt drei Menschengattungen: die Ober-, die Mittel- und die Unterschicht. Sie waren mehrfach unterteilt, führten zahllose verschiedene Namensbezeichnungen, und sowohl ihr Zahlenverhältnis wie ihre Einstellung zueinander wandelten sich von einem Jahrhundert zum anderen: Die Grundstruktur der menschlichen Gesellschaft jedoch hat sich nie gewandelt. Sogar nach gewaltigen Umwälzungen und scheinbar unwiderruflichen Veränderungen hat sich immer wieder die gleiche Ordnung durchgesetzt, ganz so wie ein Kreisel immer wieder das Gleichgewicht herzustellen bestrebt ist, wie sehr man ihn auch nach der einen oder anderen Seite neigt.
Die Ziele dieser drei Gruppen sind miteinander vollkommen unvereinbar. Das Ziel der Oberen ist, sich da zu behaupten, wo sie sind. Das der Mittelklasse, mit den Oberen den Platz zu tauschen. Das der Unteren, wenn sie überhaupt ein Ziel haben – denn es ist ein bleibendes Charakteristikum der Unteren, daß sie durch die Mühsal zu zermürbt sind, um etwas anderes als hin und wieder ihr Alltagsleben ins Bewußtsein dringen zu lassen –, besteht darin, alle Unterschiede abzuschaffen und eine Gesellschaft ins Leben zu rufen, in der alle Menschen gleich sind.
[..]
Vom Gesichtspunkt der Unteren aus hat kein geschichtlicher Wandel jemals viel anderes bedeutet als eine Änderung der Namen ihrer Herren.
[..]
Aber in jeder von 1900 an sich geltend machenden Spielart von Sozialismus wurde das Ziel, Freiheit und Gleichheit einzusetzen, immer unumwundener aufgegeben. Die neuen Bewegungen, die um die Mitte des Jahrhunderts auftauchten, nämlich Engsoz in Ozeanien, Neo-Bolschewismus in Eurasien, Sterbekult, wie er gewöhnlich bezeichnet wird, in Ostasien, setzten es sich bewußt zum Ziel, Unfreiheit und Ungleichheit zu einem Dauerzustand zu machen. Diese neuen Bewegungen gingen natürlich aus den alten hervor und neigten dazu, deren Namen beizubehalten und ihren Ideologien Lippenlob zu zollen. Aber alle zielten darauf ab, dem Fortschritt Einhalt zu gebieten und die Geschichte in einem entsprechenden Augenblick für immer zum Stillstand zu bringen. Das übliche Ausschlagen des Pendels sollte noch einmal vor sich gehen, und dann sollte es stehen bleiben. Wie gewöhnlich sollten die Oberen von den Mittleren verdrängt werden, die damit die Oberen wurden. Aber diesmal würden die Oberen durch eine bewußte Strategie imstande sein, ihre Stellung für immer zu behaupten.
Stören wir uns nicht um die Bezeichnungen oder um die Frage, ob nicht Aldous Huxley in seiner ‘schönen neuen Welt’ mit seiner Vision der Spaßgesellschaft stellenweise exakter die ‘systemerhaltenden’ Lebensumstände in den heutigen ‘reichen’ Staaten extrapolierte.
Ich selbst war weder bei irgendwelchen Veranstaltungen politischer Gruppen, noch mochte ich die Einschwörungsrhetorik der so ‘geschulten’ Teilnehmer. Mich interessierten eigentlich immer nur die Ideen des Humanismus und geschichtliche Hintergründe. Einige hier mögen es mir verzeihen, aber ich glaube einige Aussagen hier als typisches Unterschichten-Denken entlarven zu können.
-> Die Katze aus dem Sack: “Ich verstehe noch immer nicht, warum der Lohn einer Stunde menschlicher Lebenszeit, so unterschiedlich vergütet werden, während Menschen gleichermaßen essen, trinken und irgendwie leben müssen.”
Es liegt doch auf der Hand, daß nur die Mühsal der Einen das Glück der Anderen bedeutet.
Weiter schreibst Du: “Die einen knapsen schon am Anfang des Monats mit dem Wenigen herum, während andere am Ende des Monats gar nicht wissen wohin mit dem vielen übrigen Geld.”
Du – und ich leider auch – denkst also in Monaten. Interessanter Aspekt. Diejenigen, die mit einem Silberlöffel im Suppenschlitz geboren werden, denken unzweifelhaft in Generationen.
-> flatter: “Der Kapitalismus tut gerade alles, um sich heillos in die eigene Idiotie zu verstricken.”
Das ist deine Sicht der Dinge. Ich behaupte, daß der Laden rund läuft, wenn auch nur für eine Minderheit.
Unser gesamtes Schul- und Ausbildungssystem kennt nicht das Ziel einen mündigen Menschen – ich sage bewußt nicht Bürger – hervorzubringen. Da Du mit Sicherheit die ursprünglich in Summerhill (https://www.summerhillschool.co.uk/) verfolgten Ideen kennst, bin ich sicher, daß Du mir rechtgibst, daß ein direkter Vergleich mit unserem dreigliedrigem Schulsystem hinkt, weil Freiheit nunmal Freiheit ist.
Danach sagst Du “Die Frage ist heute so präsent wie nie: Wie bauen wir ein System so um, dass es nicht im Weltbürgekrieg endet?”
Die Frage wurde immer schon von eingen Wenigen gestellt und die Kriege/Umstürze folgten auf den Fuß.
Du sagtst “5) ist das Interessante ja, dass jene Sklavenhaltermentalität, die du diagnostizierst, ganz en passant den Kapitalismus ruiniert.”
Ich sehe die Gefahr eher darin, daß selbst der Aufstand gelenkt werden würde. Notorische Kriegsdienstverweigerer wie wir, so unterstelle ich einfach mal frech, haben den Strategen und ihren Mitläufern wenig entgegenzusetzen. Und das nicht nur, weil sie angeblich Sunzi und Machiavelli bereits mit der Muttermilch erhielten, sondern weil ‘dort oben’ im Gegensatz zu ‘hier unten’ organisierte Einigkeit herrscht.
Weiter mit Orwell: Aber die Probleme, eine hierarchische Gesellschaftsordnung für immer einzusetzen, liegen tiefer. Es gibt nur vier Möglichkeiten, auf die eine herrschende Gruppe der Macht verlustig gehen kann. Entweder wird sie von außen überwunden; oder sie regiert so ungeschickt, daß die Massen zu einer Erhebung aufgerüttelt werden; oder sie läßt eine starke und unzufriedene Mittelschicht aufkommen; oder aber sie verliert ihr Selbstvertrauen und die Lust am Regieren. Diese Gründe wirken nicht vereinzelt, und in der Regel sind alle vier von ihnen in gewissem Grade vorhanden. Eine herrschende Klasse, die sich gegen sie alle schützen könnte, bliebe dauernd an der Macht. Letzten Endes ist der entscheidende Faktor die geistige Einstellung der herrschenden Klasse selbst.
[..]
Daher besteht von dem Gesichtspunkt unserer gegenwärtigen Machthaber aus die einzige wirkliche Gefahr in der Abspaltung einer neuen Gruppe von begabten, nicht genügend ausgefüllten, machthungrigen Menschen und dem Zunehmen von Liberalismus und Skeptizismus in ihren eigenen Reihen. Das Problem ist daher sozusagen erzieherischer Natur. Es besteht darin, dauernd das Denken sowohl der leitenden Gruppe als auch der größeren, unmittelbar nach ihr folgenden ausführenden Gruppe zu formen. Das Denken der
Massen braucht nur in negativer Weise beeinflußt zu werden.
Kürzlich sah ich einen Herren von vielleicht 80 Jahren. Er las über eine Stunde – ich weiß garnicht wie das so lange gehen kann – die bild-Zeitung von vorne bis hinten. Ich dachte, wie kann das nur angehen, daß man in ‘dem Alter’ so etwas immer noch lesen kann, aber schauen wir, was Orwell dazu zu sagen hat:Das Wesentliche der oligarchischen Herrschaft ist nicht die Vererbung vom Vater auf den Sohn, sondern der Fortbestand einer gewissen Weltanschauung und einer gewissen Lebensweise, die von den Toten den Lebenden aufoktroyiert werden.
Eine herrschende Gruppe ist so lange eine herrschende Gruppe, als sie ihre Nachfolger bestimmen kann.
Der Partei geht es nicht darum, ewig ihr Blut, sondern sich selbst ewig zu behaupten. Wer die Macht ausübt, ist nicht wichtig, vorausgesetzt, daß die hierarchische Struktur immer dieselbe bleibt.
Alle für unsere Zeit charakteristischen Überzeugungen, Gewohnheiten, Geschmacksrichtungen,
Meinungen, geistigen Einstellungen sind in Wirklichkeit dazu bestimmt, das Mystische der Partei
aufrechtzuerhalten und zu verhindern, daß die wahre Natur der heutigen Gesellschaftsordnung erkannt
wird. Leibliche Auflehnung oder jeder auf Auflehnung abzielende Schritt ist gegenwärtig nicht möglich. Von den Proletariern ist nichts zu befürchten. Sich selbst überlassen, werden sie von Generation zu Generation und von Jahrhundert zu Jahrhundert fortfahren zu arbeiten, Kinder in die Welt zu setzen und zu sterben, nicht nur ohne jeden Antrieb, zu rebellieren, sondern ohne sich auch nur vorstellen zu können, daß die Welt anders sein könnte, als sie ist. Sie könnten nur gefährlich werden, wenn die fortschreitende Entwicklung der industriellen Technik es notwendig machen sollte, ihnen eine höhere Erziehung angedeihen zu lassen; aber
da die militärische und merkantile Konkurrenz keine Bedeutung mehr hat, ist das Niveau der öffentlichen
Erziehung im Sinken begriffen. Welche Ansichten die Massen vertreten oder nicht vertreten, wird als
belanglos angesehen. Man darf ihnen getrost geistige Freiheit einräumen, denn sie haben keinen Geist.
Andererseits kann bei einem Parteimitglied auch nicht die kleinste Meinungsabweichung in der
unbedeutendsten Frage geduldet werden.
Der Unbequeme hat das etwas kürzer als ich gesagt, Bakunin seinerseits vehementer. Ich jedenfalls teile eure Auffassung zu 100%. Das Heil besteht deshalb für mich in kleinen Strukturen, in denen man sich gegenseitig unterstützt und nicht in dem Ruf nach dem Staat.
Achso, das Thema ist BGE? Wenn so etwas käme, dann nur mit entsprechenden Restriktionen.
Während alle großen Reiche am Größenwahn der Führer zugrunde gingen, lassen wir uns einreden, Europa wäre etwas Neues und man könne uns eine gemeinsame (Welt-?-Christen-)Kultur aufzwingen. Man hat es geschafft den Zwist in die kleinste Zelle des Staates, die Familie zu tragen, damit jeder auf sich zurückgeworfen sich von Gesetz und Ordnung terrorisieren läßt. Wir leben hier ein ‘Jeder für sich und Gott gegen alle’. An Stelle der Suche nach Gemeinsamkeiten trat die verordnete Suche nach Unterschieden. Und ein Heer von Rechtsanwälten, Psychologen und Sozialarbeitern steht gegen Bezahlung bereit, dieses auf die sanfte Art zu sichern. Menschen werden krank, können aber nicht benennen, warum das so ist. Spätbehaviouristen wollen die Menschen formen und die Wissenschaften werden als Knebel benutzt, die das Atmen erschweren, wenn man nicht in der Lage ist, die Manipulation zu bemerken.
Oder man bleibt halt dumm bis zum Tode und denkt, ach war das nett hier.
Zusammengefaßt möchte ich es so nennen: Probleme bei der Umsetzung heerer Ziele sehe ich beim Bewußtsein der Menschen, die ‘Armbanduhren für eine tolle Erfindung’ (D. Adams) halten.
Grüße R@iner und abermals sorry!
Css geändert: Danke!
November 3rd, 2010 at 12:15
Wer ist Orwell? Der eine nervt mit Marx, der nächste kommt mit Neill, und da winkt schon einer mit Kant. Was soll das bringen, hier seitenlang zu zitieren? Und ganz selbstverständlich am Thema vorbei.
Wenn ich meine, der Kapitalismus ruiniere sich, dann zielt das ab auf die Notwendigkeit, sich noch Kunden heranzuzüchen, weil sonst das Verhältnis von realen Geschäften zu Luchtbuchungen bestandsgefährdend ausfällt. Mich interessiert herzlich wenig, welche Klasse in der Vergangenheit wie gehandelt hat. Ich organisisiere auch immer noch keinen Klassenkampf. Ich sehe eine Krise, die nicht mehr beherrschbar ist, egal wie entschlossen die ‘herrschende Klasse’ ist. Ich erörtere Möglichkeiten, ihnen weiter etwas zu herrschen zu geben. Die Gegensätze auflösen? Ich bin doch nicht doof. Aber Leben und leben lassen, das ist machbar.
November 3rd, 2010 at 12:18
@Bakunin
“Alle diese schönen Theorien wollen den heute herrschenden Machthabern, Ausbeutern, Herrschaften alle Macht und Reichtum belassen und GLEICHZEITUNG und TROTZDEM ein “Paradies” für die “kleinen Leute” herbeivernünfteln, ob nun mit einem bedingungslosen Grundeinkommen, “unbelasteten Geld” bzw. “Regio-Talern” oder sonstigen “Ideen”, aber immer so “klug”, so “genial”, so “überzeugend”, dass man auf KEINEN FALL gegen die heute Mächtigen kämpfen, sie entmachten MUSS!”
Ganz kurz:
Eben jene Ansätze hätten ja vorallem einmal das Potenzial eine emazipatorischen Wirkung zu erzielen, den “Einstieg in den Austieg” des bestehenden Systems zu ermöglichen.
Und zwar für eine breitere Bevölkerungsgruppe als derzeit (“Ausstieg” ist aktuell ja eher etwas für Lebenskünstler).
Würde Rabenvater Staat der Bevölkerung eine gewisse Autonomie erlauben oder gar fördern – statt diese zu bekämpfen – könnte man m.E. schon einiges bewegen, z.B. den sozialzersetzenden Zeitgeist umprägen.
Denn welche emanzipatorische Wirkung hätte es, den Hamstern wieder ihr 13. Jahresgehalt zu geben, damit sie auch morgen noch ergeben in ihrem Hamsterrad rennen?
Ziel sollte es doch sein, dem todkranken System-Gaul die erlösende Giftspritze zu setzen und ihn nicht noch künstlich am leben zu erhalten indem man im parlamentarischen Volks-Theater eine neue Runde “teile und herrsche” mit Klassenkompromist aufführt.
Der herrschenden Klasse ihre Macht wegnehmen, klar.
Ihre Kristallpaläste ebenfalls.
Ist nur nicht umsetzbar.
Politik, Wirtschaft und Medien sind dafür zu sehr verbandelt, das Bewusstsein für strukturelle Probleme (Vermögensverteilung, Erwerbsarbeit, gar mit der Herrschaft an sich) in der Bevölkerung zu unterentwickelt (nicht zuletzt bei überzeugten Gewerkschafts-Hamstern und Sozialdemokraten) und der Mittelschicht geht es materiell noch viel zu gut.
No way.
Bevor irgendein deutscher Multimilliardär sein Vermögen abgeben muss, brennen wahrscheinlich eher bundesweit die Moscheen.
Ansonsten, @R@iner, schöner Text!
November 3rd, 2010 at 12:26
Guten Tag,
flatter hat’s ja bereits eingangs des Artikels, auf den Punkt gebracht.
Milliardär als Synonym für Menschenfeind.
Nächstenliebe und Empathie als Reichtumsbremse.
Der handelsübliche millionenschwere Sonnendecknutzer benötigt offensichtlich Unmengen an Selbstbestätigung.
Je schlechter es anderen geht, desto heller sieht er sein Licht leuchten.
Gibt’s sowas wie pathologischen Narzismus ? ;-)
Wie auch immer.
In diesen Kreisen fehlt’s hinten und vorne an sozialer Kompetenz. Und dennoch…..tief, tief innen drin, möchte man ja eigentlich nur gemocht werden.
Und das funktioniert immer weniger.
Ich glaube, auf dem Sonnendeck schon das ein oder andere Augenbrauenzucken erkannt zu haben.
Denn während man in diversen Foren, den Briefbombensendern standing ovations zukommen lässt, verschickt das Kanzleramt reihenweise Warnungen an den Geldadel, sich aktuell doch bitte die Post von “Anderen” öffnen zu lassen.
Und schon liegen sich Sympathicus und Parasympathicus inne Wolle:
“Verdammt….wir werden nicht mehr gemocht…..aber wieso ?
WIESOOOOOO NUR ????”
“Degoutant. Was haben die Leute nur, UNS geht’s doch gut!”
Tja, ja. Mal schauen, wo die Reise noch hingeht.
Und before I forget ;-)
Vielen Dank für die Seite.
November 3rd, 2010 at 12:43
-> flatter: “Aber Leben und leben lassen, das ist machbar.”
Die Frage ist tatsächlich wie prekär die Situation für beide Seiten geworden ist, weil sich inzwischen auch Peitschenschwinger nicht mehr wohl fühlen sollten. Ich will auch nicht, daß Du hier anfängst, Rezepte für Molotov-Cocktails zu verbreiten. Ich hege nur große erfahrungsbedingte Zweifel, ob Lösungen ‘von unten’ akzeptiert würden oder je wurden, bzw. ob Änderungen überhaupt gewünscht sind. Unsere mit Zahlenmaterial um sich werfenden Oberlehrer haben den Mensch geschickt aus dem Zentrum jeglicher Diskussion gerückt, was Du ja immer wieder auf unterschiedliche Art und Weise ‘einforderst’.
Die Zitate sollten nur helfen, meine natürlich rein subjektive Sichtweise besser darzustellen.
Wie gesagt – Sorry. Das mit dem von dir vorgegebem Thema auch andere verbandelt sind, sehe ich als gegeben an. Wer es lesen mag, der lese es. Ich dachte dabei mehr an die Nur-Leser.
November 3rd, 2010 at 12:48
Richtig! Allerdings etwas höher schließlich geht es um Grundeinkommen und nicht um Existensminimum.
Wobei ich auch dafür plädire die Politikerdiäten zu streichen, sodass ihnen nur noch das BGE bleibt.
Nicht aus bosheit, auch wenn sie es Verdient hätten, sondern rein aus fairnissgründen. Politiker sein ist schließlich kein Beruf! Warum also sollte es Vergütet werden.
Die Politker dennen das BGE nicht ausreicht, können ja in die freie Wirtschaft gehen es zwingt sie keiner Politiker zu sein.
Wer aber Politik betreibt um seine politischen Ziele umzusetzen der muss selbstverständlich von etwas leben können.
Damit wäre auch das Phänomen beendet, dass es immer wieder Menschen gibt die als Beruf “Politker” angeben. Ein politisches Amt auszuüben muss wieder ein Privileg sein das man sich Verdient und kein Beruf in dem man Karriere macht. Da Bedarf es keines Gehaltes nur ein Grundeinkommen.
November 3rd, 2010 at 12:49
-> Alvar Hanso: “Lebenskünstler”
Ich glaube, daß genau dieses Gefühl immer mehr Leute teilen. Was soll sonst die Parole vom ‘lebenslangen Lernen’ bezwecken?
November 3rd, 2010 at 13:34
@flatter 27:
“Wenn ich meine, der Kapitalismus ruiniere sich, dann zielt das ab auf die Notwendigkeit, sich noch Kunden heranzuzüchen, weil sonst das Verhältnis von realen Geschäften zu Luchtbuchungen bestandsgefährdend ausfällt.”
Der Notwendigkeit wird doch genüge getan. In China entstehen massenweise Kunden, die noch nicht so gesättigt sind, dass Sie schon in jedem Raum einen Fernseher haben und auf Biobaumwolle in ihrer Jeans umsteigen.
Die Herrschenden und Reichen sind sowieso nicht mehr ortsgebunden, man wohnt ein halbes Jahr in Monaco und ein halbes Jahr in Thailand, während man in China die Menschen ausbeutet. Wo das Geld arbeitet, und ob in Deutschland irgendwann gehungert wird, tangiert dann nur noch peripher.
Zitat: “Ich erörtere Möglichkeiten, ihnen weiter etwas zu herrschen zu geben.”
Der Handlungsspielraum ist viel größer geworden. Wer dabei ist, die Welt zu unterjochen, der kann sich nicht die ganze Zeit um die kleine Provinz Deutschland (1,2% der Weltbevölkerung) kümmern. Höchstens als Spielzeug. Man kann es nebenbei abwickeln, rückbilden und irgendwann zurückkommen, wenn sich wieder mehr Demut in allen anderen Schichten bzw Kreisen verbreitet hat. Wer die “ius primae noctis” kennt, kann schon auf die Idee kommen, dass Herrschen heute im wahrsten Sinne des Wortes unbefriedigender ist und noch viel Obtimierungspotential vorhanden ist.
November 3rd, 2010 at 13:56
Ich bin mir nicht sicher, ob Sie, flatter, Götz Werner nicht unrecht tun. Er hat übrigens seine Anteile am Unternehmen, das er inzwischen abgegeben hat, in eine gemeinnützige Stiftung eingebracht.
Sinistre Motive? Kann ich nicht erkennen. Der Mann ist glaubwüdig.
November 3rd, 2010 at 13:59
Als Atheist erlebe ich schlechte Zeiten, also brauche ich eine angemessene Weltanschauung, Religion.
Ich werde mich umhören bei allen Anbietern. Wichtig ist mir die Frage:
Muß ich auch im Himmel arbeiten?
@flatter …….chapeau!
November 3rd, 2010 at 14:01
@Gioconda: “jener Milliardär, der schon ein Menschenfeind sein muss, weil er so stinkreich ist” – klingt das wirklich nach meiner eigenen Argumentation? Dann hätte ich das “Vorsicht, Ironie” – Schild doch dranpappen sollen.
November 3rd, 2010 at 14:08
@shock: Das sehe ich völlig anders. Das Gejubel über deutsche Karren in Fernost ist schon das Pfeifen im Walde. Danach wird nichts dergleichen mehr kommen. Die Deutschen Exporte werden zurückgehen, die Weltwirtschaft stagnieren, wenn nicht implodieren, und nur, wer noch einen halbwegs brauchbaren Binnenmarkt pflegt, wird das überstehen. Ich glaube, dass unterschätzt wird, wie sehr die Herren Milliardäre an ihre Domänen gebunden sind. Klar können sie jederzeit auf eine Insel verschwinden und die letzten Cocktails schlürfen. Sie wollen aber dort sein, wo ihr Thron steht. Und wenn da nur verbrannte Erde bleibt, ist das nicht in ihrem Interesse.
November 3rd, 2010 at 14:14
R@iner meint:
-> flatter: “Der Kapitalismus tut gerade alles, um sich heillos in die eigene Idiotie zu verstricken.”
-Das ist deine Sicht der Dinge. Ich behaupte, daß der Laden rund läuft, wenn auch nur für eine Minderheit.”
Der Kapitalismus ist noch immer “rund” gelaufen, ob mit oder ohne Krisen.Und selbstverständlich folgten allen Krisen, Produktionsrückgängen, Kapitalvernichtungen neue Prosperität, bis erneut…
Auch jetzt ist das so, es wird wieder kräftig verdient, eine gewisse Menge vorher freigesetzter Leute darf erneut – unter was für Bedingungen auch immer- wieder strampeln.
Und die gegenwärtige minimale Besserung erscheint Michael Sommer und allen seinen DGB Kumpanen so toll, dass ihnen glatt die Spucke wegbleibt, der von ihnen vollmundig im Sommer angekündigte “heiße Herbst” bis zu diesem Augenblick glatt ausgefallen ist. Ja: Der Kapitalismus läuft wieder rund, und
die “Masse” ZAHLT ganz einfach für diese Krise, RETTET via “Vater Staat” jede Menge beinahe verlorengegangenes Vermögen der Vermögenden, Reichen, Super-Reichen, Besitzenden.
Und was lernen wir daraus? Eben, dass die da “oben” ganz einfach weiterwirtschaften wie gewohnt wenn ihnen von “unten” nicht in die Karre gefahren wird.
Weshalb also sollten sie dieser ganz und gar braven “Masse” so ganz ohne Not ein gutes bedingungsloses Grundeinkommen gewähren, möglichst gar noch zu eigen Lasten?
Andererseits: Ein Grundrecht auf bedingungslose Existenz als AUFHÄNGER, um endlich mal wieder eine relevant große Menge Menschen sonstiger unterschiedlicher Meinungen zu einem gemeinsamen Ziel, zu einem gemeinsamen Kampf dafür zu mobilisieren, dass könnte ich mir als durchaus sinnvoll vorstellen, wie immer man sonst auch zu einem BGE stehen mag.
Jede starke gesellschaftliche Bewegung hat immer das Potential zu einer Eigendynamik der Entwicklung, die über die ursprünglichen Forderungen hinauszugehen vermag.
In DIESEM Sinne würde ich so eine Forderung unbedingt unterstützen.
November 3rd, 2010 at 14:33
Hallo Bakunin!
“Der Kapitalismus tut gerade alles, um sich heillos in die eigene Idiotie zu verstricken.”
Ja, da hat der Flattermann recht, die belügen uns ja gar nicht mehr, die glauben tatsächlich ihren eigenen PR-Sermon. Soweit haben sie das schon geschafft.
Um’s für Dich mal klar zu sagen:
“Die” sind unzurechnungsfähig!!!
November 3rd, 2010 at 15:42
Ich “arbeite” gerade an einem Entwurf, wie die nächste Finanzkrise von den Theoretikern des Systems erklärt werden kann und wird. Selbstverständlich beachte ich dabei, dass die letzte Krise, wie schon der Name sagt, die letzte gewesen sein wird und also keine mehr nachfolgt. Sind eigentlich alle Kartoffelfelder des 22. Jahrhunderts schon verbrieft und, falls zuviel Regen, in Bad-Banks ausgelagert?
November 3rd, 2010 at 16:28
@ sam
Aber all das ist doch auch zu erreichen bei einer Sozialhilfe, auf die jeder Anspruch hat, der kein Einkommen bezieht.
Dass der Niedriglohnsektor durch ein Bürgergeld eingedämmt wird ist keineswegs zu erwarten (vgl. z.B. den Artikel beim Spiegelfechter)
November 3rd, 2010 at 20:48
# carlo meint:
November 3rd, 2010 at 14:33
“Hallo Bakunin!”
“Die” sind unzurechnungsfähig!!!
Dieser Brüderle mit seinen monatliche XXL “Aufschwüngen” auf alle Fälle!(oder einfach notorischer Alkoholiker?)
Aber auch in den Medien sitzen eine Menge solcher Gestalten, die inzwischen schon von der eigenen Propaganda völlig nebe de Kapp sind, z.B. gestern diese Anja Kohl von der Börse mit dem “hausgemachten Aufschwung” der da die Börse tanzen lassen soll…
November 5th, 2010 at 16:04
“Darauf könnte man sich endlich doch einmal einigen: Dass ein Arbeitszwang sozial, ökonomisch und ethisch nicht hinnehmbar ist. Dass es niemandem hilft, sich mit der Hatz auf angebliche Faulpelze aufzuhalten, wenn die Wirtschaft auf ihre Mitarbeit problemlos verzichten kann. Dass das Prinzip “Fordern und Fördern” nicht funktioniert, weil Zwang niemanden fördert. Im Gegenteil zerstört er die Motivation der Betroffenen endgültig und verhindert Wettbewerb in einem der wichtigsten Bereiche der Wirtschaft.”
Was hat das mit dem BGE- Quatsch zu tun? Wer arbeitet, muß einen anständigen Lohn bekommen, wer nicht arbeiten kann, muß abgesichert werden, ohne Druck, jede Arbeit annehmen zu müssen. Das BGE ist aber Kombilohn für alle.
“Ob sich wirklich allein durch eine Produktsteuer die öffentlichen Haushalte und das Sozialwesen finanzieren lassen, wird man sehen.”
Klar, am besten BGE mit Mwst finanzieren, dann zahlen die kleinen Leute sich ihr BGE quasi selber und müssen für Hungerlöhne schuften. das nenne ich mal Logik!
November 5th, 2010 at 16:13
@Andreas: Das ist nun aber kurz gedacht.
Die Warensteuer beträfe ja alles, was verkauft wird, also m.E. auch Exporte. Eine entsprechende Umsatzststeuer wäre demnach zu entrichten. Ob nun Angestellte Lohnsteuer zahlen oder man diese über die Steuer aufs verkaufte Produkt erhebt, ist ja erstmal egal.
Von “Hungerlöhnen” zu sprechen, wenn alle grundsätzlich versorgt sind, ist ja nu Quatsch. Im Gegenteil werden sich Menschen, die nicht unbedingt arbeiten müssen, entsprechend bezahlen lassen. Je unangenehemer der Job, umso höher. Das ist der Grundgedanke.
Die einen sagen, dann ginge keiner mehr arbeiten, die anderen, es gäbe nur Hungerlöhne. Die Wahrheit liegt vermutlich in der Mitte.
Was bei solchen Diskussionen gern völlig übersehen wird, ist dass das vorhandene System viel größere Paradoxien aufweist.
November 5th, 2010 at 21:41
@flatter
Ich glaube auch nicht an das BGE – sowohl aus wirtschaftlichen, als auch politischen, soz… phil… usw. Gründen.
Dein letzter Satz in #44 iss jedoch maximaler Zunder! Erinnert sei an André Gorz: “Der Kapitalismus wird sich seine Kunden kaufen müssen!” Iss bereits passiert: Die Abwarackprämie war nix anners, gelle?
Du machst mich hinundher gerissen zwischen durchschnittlich einssiebzig hoch… und einer schönen Utopie.
Aber doch noch ‘ne ketzerische Frage: Wer bringt dem Rest der Menschheit bei, dass das “Fressen-Saufen-Fliegen-Auto-Fernseh-Modell” aus iss bevor die alle ‘mal daran riechen durften?
November 6th, 2010 at 11:14
“Ob nun Angestellte Lohnsteuer zahlen oder man diese über die Steuer aufs verkaufte Produkt erhebt, ist ja erstmal egal.”
Ich dachte eigentlich, die Implikationen von direkten vs indirekten Steuern wäre bekannt… konkret zum Werner-Modell mit sagen wir 50% ‘Warensteuer’: da hat einer 1.000 zur Verfügung und gibt alles aus, zahlt also 50% Steuern, ein anderer hat ein Einkommen von 100.000 – wieviel davon gibt er aus? Vielleicht 10.000? Dann läge sein ‘Steuersatz’ bei gerade mal 5%. Das gäbe einen Akkumulationsschub von hastenichgesehen. Und wohin dann mit dem Geld…? In ‘realwirtschaftliche’ Investitionen etwa? Warum, wenn das schon heute nicht passiert?
Die Ulmer Professoren, die dem ganzen Finanzierbarkeit bescheinigen, haben mE den Fehler gemacht, quasi ‘statisch’ zu rechnen. Letzlich haben sie damit nur die Finanzierbarkeit des sozusagen ‘ersten Jahres’ berechnet, aber eben nicht den weiteren Verlauf. Was sie allerdings auch völlig zu recht thematisiert haben.
Ich habe – bevor das Forum dann schließlich geschlossen wurde – mit vielen anderen immer wieder diese und die oben ausgeführte Frage gestellt – und nie auch nur irgendeine Antwort bekommen.
Da scheint mir doch der alte Keynes zielführender zu sein, der der ‘Ökonomischen Möglichkeiten unserer Enkelkinder’. Wir befinden uns erkennbar längst in der dort ausgeführten ‘Dritten Phase’. Und insofern halte ich auch Flassbeck für einen ‘Vulgärkeynesianer’, der immer noch mit den ‘Reparaturen’ der zweiten Phase daherkommt. Ganz enttäuschend übrigens sein Buch mit Spieker zumm ‘Ende der Arbeitslosigkeit’. Ua wurde dort mit ‘Arbeit’ bei Robinson Crusoe und sogar dem Say’schen Theorem argumentiert. Nein, auch wenn ich natürlich immer noch lieber Flassbeck als Sinn und Co hätte – insgesamt ist das och nix.
Hier dieser Aspekt von Keynes noch einmal ausführlicher.
Und hier noch eine generelle Kritik am BGE-Konzept.
November 6th, 2010 at 12:32
@Peinhard: Genau, deshalb wäre es egal, es liefe auf dasselbe hinaus. Es würde sich strukturell nichts ändern. Darum bin ich auch der Ansicht, dass so oder so zum Beispiel eine Erbschaftssteuer eingeführt wird, die meinetwegen bei 100% liegen darf/soll, jedenfalls wenigstens posthum korrigiert. Dazu später mehr.
November 6th, 2010 at 12:44
Äh, was liefe jetzt auf’s selbe hinaus? Stichworte reichen… ;)
November 6th, 2010 at 13:03
@flatter:
“Von “Hungerlöhnen” zu sprechen, wenn alle grundsätzlich versorgt sind, ist ja nu Quatsch. Im Gegenteil werden sich Menschen, die nicht unbedingt arbeiten müssen, entsprechend bezahlen lassen. ”
Genau das habe ich 100.000 mal schon auf YT durchgekaut. Die Löhne werden gedrückt und nicht steigen. Ist einfache Logik. Warum soll ein AG dir einen hohen Lohn zahlen, du bist ja abgesichert. Außerdem können auch die Preise nicht beliebig steigen, du willst ja von deinem BGE leben können, oder nicht!? Außerdem ändert BGE an der Angebots- Nachfrage- Relation nichts. Und zu guter letzt: Es muß jemand arbeiten gehen, sonst gibt es nix zum Konsumieren für die, die nur vom BGE leben wollen.
November 6th, 2010 at 15:38
@Andreas: Der Arbeitgeber muss mir einen solchen Lohn zahlen, weil ich sonst nicht für ihn arbeite, Wo ist da das Problem? Heute werden Leute zur Buckelei gezwungen. Das würde sogar mit dem ALG II funktionieren, wenn es eben nicht mit Arbeitszwang verbunden würde. Das BGE ist ein Kombilohmodell. Der einzige unbestreitbare Vorteil liegt darin, dass niemand hungern muss, der nicht arbeitet. Wie sich die Löhne damit entwickeln würde, das wagen zumindest die Ulmer nicht zu prognostizieren.
@Peinhard: Wir haben eine maximal ungerechte Verteilung. Das BGE wäre also keine Verschlechterung. Allerdings auch keine verbesserung, wenn sich sonz nix ändert.
November 6th, 2010 at 18:32
Mein lieber unbekannter flatter,
zunächst ein großes kompliment für Deine fleißige arbeit und Dein umfangreiches wissen. Mit vielem kann man einverstanden sein, aber eben nicht mit allem. Deshalb gestatte mir einige anmerkungen zum BGE.
An sich ein verlockender gedanke, aber …
Sollten wir nicht den menschen in den focus unserer betrachtung stellen? Dann nämlich stellt sich sogleich die frage nach einem sinnerfüllten leben. Sinnvoll scheint mir dabei nicht der rundum versorgte, alimentierte mensch zu sein, sondern der mensch, der einer sinnvollen beschäftigung, genannt arbeit, nachgeht. Somit für sich und seine familie selber, mehr oder weniger erfolgreich, sorge trägt.
Die arbeitgeberseite ist von dieser idee ebenfalls fasziniert, bietet sie ja die möglichkeit der vermeidung von lohnkosten, wenn nur die nachfrage nach arbeit groß genug wäre. Genau das ist m.E. zu erwarten, weil die wenigsten auf sinnvolle arbeit verzichten würden. Dauerhafter urlaub scheint irgendwann langweilig.
Ja lieber flatter, die neoliberale politik unserer lobbyvolkszertreter, denen schon sechs teuro lohn zuviel sind, laufen fast schon durchs selber gesteckte ziel.
Mit besten grüßen und wünschen
Michel (Dtld)
November 7th, 2010 at 17:11
“Der Arbeitgeber muss mir einen solchen Lohn zahlen, weil ich sonst nicht für ihn arbeite, Wo ist da das Problem? ”
Habe ich dir schon erklärt: 1. Sind deine Grundbedürfnisse durch BGE abgesichert, der AG kann also Löhne drücken,
2. Ändert BGE nichts an Angebot und Nachfrage.
Oder ganz einfach ausgedrückt: Wenn sich genug Dumme finden, arbeiten die für Hungerlöhne. (Und die finden sich allemal, sagt selbst Werner!) Und du hockst mit BGE zuhause und drehst Däumchen. Seeehr sozial! Wobei noch zu beachten ist, dass BGE nix weiter als ALG II für alle wäre – auch bei 1500,- €, nach Werners Modell! (Da er es über Mwst finanzieren will.)
November 7th, 2010 at 17:30
[...] von Vermögen ist absolut ALLES, und Existenz, gar ein Recht auf bedingungslose Existenz (https://archiv.feynsinn.org/?p=5494), ist NICHTS! Nicht zuletzt auch daher habe ich meine Aktion gestartet, den Text hierzu kann man [...]
November 7th, 2010 at 19:42
Andreas: Du gehst also davon aus, dass der Arbeitgeber gar keine Arbeitskräfte braucht und sie nur zum Spaß einstellt? Denn wenn er sie braucht, muss er zahlen, was die Arbeiter haben wollen. Die wiederum können sich diese Haltung leisten, weil sie nicht in solche Arbeit gezwungen werden. Zu glauben, Leute arbeiteten für “Hungerlöhne”, wenn sie das gar nicht nötig hätten, ist absurd. Das tun sie vielmehr heute, weil sie sonst wirklich hungern müssen.
November 8th, 2010 at 18:01
@flatter: Die Drogen bekommen dir nicht, bleibe lieber beim Bier, du Wicht.
Oder anders: Höre auf, mir irgendwelchen Quark zu unterstellen, lies lieber mal, was ich geschrieben habe und drehe mir nicht meine Worte im Mund herum.
November 8th, 2010 at 19:16
Ich lese sehr wohl, was du schreibst. Deine Logik ist nur extrem schief. Und mäßige deinen Ton, mein Guter.
November 9th, 2010 at 22:22
@flatter: Logisches Denken solltest du Leuten überlassen, die das können.
Aber klar, du kriegst deine 1500 € für nix und wenn du arbeitest, kriegst du noch ‘n paar Tausender obendrauf. – Wie ich solche “schlauen” Leute liebe!
Mit euerer “Logik” blockiert ihr gerechte Löhne, ihr solltet euch was schämen.
November 10th, 2010 at 00:20
Genau, und weil ich so ein Depp bin, der sich nicht von Erstkommentatoren anpissen lässt, hab ich ein gemütliches Plätzchen für dich auf der Bannliste.
November 11th, 2010 at 12:40
“Bedingungsloses Grundeinkommen (Öffentliche Anhörung des Petitionsausschusses vom 08.11.2010)”
(https://webtv.bundestag.de/iptv/player/macros/bttv/od_player.html?singleton=true&content=851777)
Vorher Popcorn kaufen! (bis ~1:19) – Lohnend! Beeindruckend, wie gelassen Frau Susanne Wiest mit den Zahlenfreaks umgeht.