Knapp 30% der Deutschen rauchen. Dies ist eine Bevölkerungsgruppe, die man nicht wirklich kleinreden kann. Normalerweise wäre eine solche Gruppe eine Klientel, auf die Politik und Medien Rücksicht nehmen müßten, denn wer so viele Leute ärgert, ist nicht gut beraten.
Bei den Rauchern ist das etwas anderes, die sind nämlich Freiwild. Die abenteuerlichsten ‘Argumente’ kursieren, wenn es darum geht, diesen Menschen Übles nachzusagen, da gelten auch die Regeln des Anstands nicht mehr, die für alle anderen eingefordert werden.

smokeWürde man irgendwem vorwerfen, seine Krankheit belaste die Haushalte? Den Rauchern wirft man es vor – übrigens zu Unrecht. Würde man irgendeiner Bevölkerungsgruppe vorwerfen, sie benähme sich durchweg und immer rücksichtslos? Raucher hören sich das dauernd an. Würde man anderen Gruppen das Recht nehmen, sich öffentlich unter ihresgleichen zu versammeln, um etwas zu tun, das Abwesende stören könnte? Raucher derart zu bevormunden ist selbst dann in Ordnung, wenn es gegen Freiheitsrechte, Sinn und Verstand verstößt. Raucher sind Geächtete.

An ihnen kann man frei experimentieren, sie lassen sich herrlich einfach vom Rest der Bevölkerung diskriminieren. Das hat natürlich seine Gründe:
Raucher sind selber schuld, und dafür darf man sie büßen lassen. Was immer man irgendwann dem Rest des Volkes zumuten will, ann man zuerst an den Rauchern ausprobieren. Verbot, Zwang, Plünderung, das geht in Ordnung, weil doch niemand Raucher sein muß. Sie können ja konvertieren und tun sich noch etwas Gutes damit.

Sie können ja konvertieren

Es gibt kein Interesse der Medien mehr, an Rauchern auch nur ein gutes Haar zu lassen. Die Nichtraucher sind in der Mehrheit, und vor allem herrscht ein Werbeverbot für Tabak. Wer je wissen wollte, welchen Einfluß Werbekunden auf die Inhalte der Medien haben, nehme sich alte Medienprodukte vor und vergleiche sie mit der Zeit nach dem Werbeverbot. Wo früher Gefälligkeitsartikel und qualmende Helden das Bild prägten, wird jetzt zum Halali auf den quarzenden Abschaum geblasen. Es gibt kein Argument mehr, das die Raucher entlasten darf. Nicht einmal das, daß sie eine der größten Minderheiten darstellen. Moralisch sind sie vollkommen entrechtet.

Die nicht Betroffenen nehmen das kaum wahr, bei ihnen kommt die Dauerbeschallung einfach ungefiltert an. Das ist halt die öffentliche Meinung, und wer dagegen redet, ist ein rücksichtsloser Nikotinjunkie, der unser aller Leben gefährdet. Das ist der Stand der Debatte. Tatsächlich findet sich keine vergleichbare Diskriminierung anderer Minderheiten, die so ungehemmt und offiziell stattfindet. Die fundamentalen politischen Gefahren, die darin bestehen, werden nicht gesehen, weil alles, wirklich alles, was das Mobbing gegen Raucher eingrenzen würde, als Argument des Teufels und der verblendeten Satanisten gilt.

Moralisch entrechtet

So ist es auch gar kein Problem, wenn die Verfassungsmäßigen Rechte der Raucher einmal mehr verletzt werden und sie gleich anschließend wieder einmal für die Interessen des Kapitals bluten müssen. Ein Drittel der Hartz-IV-Empfänger wurde jüngst einfach per Gesetz zu Nichtrauchern erklärt, was dazu führte, daß allen der Regelsatz gekürzt wird. Dies hätte vermutlich sogar unter Nichtrauchern einen Aufschrei gegeben, hätte es eben nicht die Hartzer getroffen – jene andere Minderheit, die ebenfalls als selbstverschuldet asozial gilt. Divide et impera.

kippeDer Regierung gefällt es wieder einmal nicht, daß die Dinosaurier der Großindustrie für einen Teil dessen aufkommen, was sie zur Unweltzerstörung beitragen. Und während man den Massen verbietet, Glühbirnen zu verwenden, werden “energieintensive Betriebe”, vulgo Dreckschleudern, steuerlich entlastet. Was durch den großen Schlot geht, dafür kommt jetzt der kleine Raucher auf.

Darüber wird sich niemand aufregen, obwohl es eine der frechsten direkten Umverteilungen von unten nach oben ist, die wir in diesen Zeiten erleben. Man kann ja doch nichts tun, und wenn es die Raucher trifft, wollen wir auch gar nicht. Denen kann man nämlich gar nicht brutal genug ans Fell gehen.