Obwohl die verfassten Staaten sich gern eine ganze Reihe von Geheimdiensten leisten, tun sie sich recht schwer damit darzulegen, wo der Sinn der Dienste im besonderen und der Geheimnisse im allgemeinen liegt. Was diese Dienste genau tun, soll den parlamentarischen Kontrollbehörden bekannt sein, sonst geht das niemanden etwas an. Diese Art der Geheimhaltung ist freilich nur die Spitze der Intransparenz der sogenannten “Republik”. Diese entzieht sich auch darüber hinaus nur allzu gern der Kontrolle durch die “Öffentlichkeit”, die sie doch in Namen trägt.
Geheimhaltung ist in einem demokratischen Rechtststaat eine äußerst heikle Sache. Nimmt man diese beiden hohen Ansprüche – Rechtsstaat und Demokratie – nämlich ernst, so ist es nur zu ersichtlich, daß die Bürger wissen müssen, was in ihrem Namen geschieht. Wie im Rahmen der Betrachtung der DDR noch Common Sense ist, weist das Maß geheimer staatlicher Tätigkeiten auf das Maß der Rechtstaatlichkeit hin. Das gilt ganz grundsätzlich.
Was wir wissen müssen
Und zwar gilt dies so grundsätzlich, daß die Umkehrung des Prinzips “Geheimhaltung” wiederum ein Indikator für Demokratie und Rechtststaatlichkeit ist. Das führt einen radikalen Demokraten zu der Frage, warum es eigentlich keinen Transparenzdienst gibt, der dafür sorgt, daß die Grundlagen staatlicher und behördlicher Entscheidungen offengelegt werden? Was also Ämter und vor allem Politiker tun und lassen, wenn sie zu einer Entscheidung gelangen, erfordert demnach eine Erklärung zu den Hintergründen und Grundlagen. Mit wem wurde gesprochen? Wer hat an der Entscheidungsfindung mitgewirkt? Zu welchem Ergebnis ist man aufgrund welcher Abwägung gekommen? Das Ganze möglichst in Echtzeit.
Nun erscheint eine solche Forderung zunächst doppelt naiv. Einerseits gehören ja gerade rituelle Begründungen und schablonenhafte Argumente zu den Begleiterscheinungen politischer Prozesse. Andererseits gehen Lobbyisten bekanntermaßen ein und aus bei den Entscheidungsträgern und lassen gleich Redemanuskripte oder Gesetzestexte da, damit es die Abgeordneten nicht so schwer haben.
Ein Problem besteht aber darin, daß diese zum Teil unmittelbaren Zusammenhänge und Einflussnahmen dann eben doch geleugnet werden. Was nützt es da, wenn Lobbycontrol oder Abgeordnetenwatch irgendwo eine Halde des Halbwissens unterhalten, auf der die Erkenntnisse über die Macht hinter der Macht endgelagert werden? Es bedarf einer echten Öffentlichkeit für solche Vorgänge, um Korruption und antidemokratische Absprachen einzudämmen.
Geheimhaltung und Korruption
Derzeit häufen sich die Fälle zu offensichtlicher Klientelpolitik, es herrscht ein unmittelbar durchgereichter Lobbyismus, der Minister und Regierungsfraktionen zu Sprechpuppen der Interessengruppen macht. Hoteliers, Stromkonzerne, Pharmaindustrie, Apotheker, Tunnelbauer und Bauwirtschaft werden sklavisch bedient, während der zahlende Bürger halt den Gürtel enger schnallen muss. Es macht sich kaum mehr jemand die Mühe, das noch überzeugend zu verkaufen. Ein paar dumme Phrasen, die auf “alternativlos” enden, sollen dem Volk genügen.
Tatsächlich geht es um Korruption. Denn während es offenbar angezeigt ist, Bürger als Gefahr für den Staat zu betrachten und sich dagegen zu wappnen, haben die Bürger nur äußerst bescheidene Möglichkeiten, der Gefahr zu begegnen, die ihnen von Seiten eines korrupten Staates drohen. Ein “Gesetz zur Korruptionsbekämpfung” kennt etwa das Land NRW, darin geht es aber nur um öffentliche Aufträge und solche Verfehlungen, die im Rahmen eindeutiger gesetzlicher Vorschriften begangen werden. Zuständig ist dementsprechend der Rechnungshof, der auch nur prüft, ob ganz offensichtlich Geld verschwendet wird.
Ansonsten gibt es in Deutschland keine Korruption. Nicht nur, daß sich die gesetzliche Handhabe auf die Bestechung von Amtsträgern beschränkt – diese muß so eindeutig sein, daß es in den allermeisten Fällen nicht möglich ist, sie nachzuweisen.
Es kann auch im Endeffekt nicht nur darum gehen, strafwürdige Korruption zu verfolgen, sondern es muss einer Demokratie daran gelegen sein, schon korrumpierende Einflüsse deutlich öffentlich zu machen. Dies gilt umso mehr, je weniger unabhängig eine Presse ist, die sich inzwischen selbst den Interessen ihrer Geldgeber zu beugen hat – wobei wir hier nicht von den Lesern sprechen.
Den Einfluss öffentlich machen
Das Kartell, das “Stuttgart 21″ beschlossen hat und es jetzt mit aller Macht durchpeitscht, eine Mischpoke aus ehemaligen “Volksparteien” und sämtlichen Profiteuren, die daran verdienen können, steht inzwischen überrascht und majestätisch beleidigt einem Volk gegenüber, das einfach nicht taub und blind genug ist, um freiwillig Miliarden in ein Loch zu schmeißen, in dem die Ratten sich schon tummeln. Vielleicht läßt man deshalb ja die Wasserwerfer auf Augenhöhe sprechen.
Wie aber läßt sich eine Mafia aufhalten, die so breit aufgestellt ist?
Ein echtes Transparenzgebot und eine echte parlamentarische Kontrolle – sei es auch nur in Form der Dokumentation von Einflussnahmen auf politische Entscheidungen, die Pflicht für Politiker, all das öffentlich zu äußern, was sie bislang und zunehmend in Hinterzimmern ausbaldowern, wäre das nicht eine wunderbare Ergänzung der demokratischen Instanzen?
Man kann natürlich auch darauf hoffen, daß unabhängige Journalisten diese Aufgabe wieder übernehmen. Von denen aber wissen wir ja, daß wir nicht alles wissen müssen.
Oktober 8th, 2010 at 00:03
Danke flatter. Irgendwie hat mich ich das Thema die letzten Tage auch wieder verstärkt beschäftigt. Seit langem versuche ich für mich selbst die Frage zu klären, an welcher Stelle sich unser System befindet und wo es sich hinbewegen könnte, hatte mich doch als Jugendlicher die Frage bewegt, was genau den Boden für die Nationalsozialisten bereitet hatte und wie unsere Vorfahren tun konnten, was sie taten. Ich drücke mich immer noch ein wenig davor unser System als totalitär zu bezeichnen, obwohl vielleicht schon die Kurzdefinition des italienischen Faschismus greifen würde. Zur Klärung fand ich den etwas älteren Artikel recht hilfreich: “Fascist America, in 10 easy steps” (https://www.guardian.co.uk/world/2007/apr/24/usa.comment)
Wenn man anfängt die dort erwähnten Punkte auf deren hiesige Umsetzung zu überprüfen, dann wird einem nicht eben warm ums Herz.
Nachtrag: Als Nicht-Politologe würde ich unser Land momentan unter ‘Partiell verpixelte Plutokratie’ mit Tendenz zum Polizeistaat einordnen. Hat jemand was dafür oder dagegen? Ich bin updatefähig.
Oktober 8th, 2010 at 07:34
Der “Demokrat” Jean-Claude Juncker sagte 1999:
„Wir beschließen etwas, stellen das dann in den Raum und warten einige Zeit ab, ob was passiert. Wenn es dann kein großes Geschrei gibt und keine Aufstände, weil die meisten gar nicht begreifen, was da beschlossen wurde, dann machen wir weiter – Schritt für Schritt, bis es kein Zurück mehr gibt.”
Noch Fragen?
Oktober 8th, 2010 at 08:05
Das Problem mit der Parlamentur ist doch aber, dass die Parlamentarier in Bund, Ländern und Gemeinden/Städten selbst die Beschneidung ihrer eigenen Freiheiten zu Nebeneinnahmen beschließen müsste. Wer macht das denn?
Was theoretisch noch so schön klingt und als einziges “Kontrollorgan” installiert wurde – nämlich der BRH (Bundesrechnungshof), entpuppt sich bei genauer Sicht lediglich als ratgebender – aber nicht weisungsbefugter Papiertiger, der den Ministerien Vorschläge zur Einsparung machen darf. Wirklich Kontrollfunktion hat nur … das Volk.
Wer sich aber Jahrtausende unterdrücken ließ (weil es zu seinem besten war) und nun, da endlich mit der Möglichkeit ausgerüstet tatsächlich die Macht zu übernehmen ausgestattet, sich wieder bequatschen lässt, dass direkte Demokratie gar nicht so gut ist, KANN eben nicht effektiv kontrollieren. Im Gegenteil, der muss zuschauen und darf evtl. mal scheu ein Widerwort erheben.
Wir haben es selbst in der Hand (wie man in Stuttgart sieht). Nicht Kontrollorgane oder Parteien oder Gremien.
Was wollen denn die Mafioso machen? Die Demonstranten zusammenschießen? Es aussitzen? Der Zug ist wortwörtlich abgefahren!
Schade nur, dass sich das an so einem banalen Beispiel entlädt und nicht an wahrlich richtungsweisenden…
Was sind da einmalig 40.000 Leute gegen Atomstrom oder alle Jahre wieder einmal 20.000 Leute gegen den Überwachungsstaat oder 5.000 gegen den Afghanistankrieg?
Aber wir haben ja die Wahl… ^^
Oktober 8th, 2010 at 08:54
wieder ein kandidat fuers buch! grossartiger text!
“Vielleicht läßt man deshalb ja die Wasserwerfer auf Augenhöhe sprechen.”
lol, ein echter flatter! weiter so! das gibt ein auf jedenfall ein flattr!
Oktober 8th, 2010 at 09:15
Was leider auch ein Problem ist: die schiere Masse der Verfehlungen, die zu ahnden wären, sogar schon ohne Transparenz-Dienst. Man sollte einfach mal vier Wochen sammeln, was in Polit-Magazinen zum Thema Korruption an Schweinereien veröffentlicht wird. Kaum hat sich der Zuschauer auf seinem Sofa zu Hause zum speziellen Thema echaufiert, kommt schon der nächste Klopper. Am Ende bleibt ihm aus lauter Überforderung nur eine diffus ablehnende Haltung gegen jede Art von Politik. Man kümmert sich dann ausschließlich um seinen eigenen Kram und geht nicht einmal mehr wählen, weil die Politik ja sowieso korrupt ist. Die Journalisten, die tadellos recherchiert haben, sonnen sich im Gefühl, eine wichtige Kontrollinstanz der Demokratie zu sein. Stattdessen ist das Gegenteil der Fall. Sie tragen zu einem nicht unerheblichen Teil zu Paralyse des eigentlichen Souveräns bei. Genau deshalb werden sie mit ihren kritischen Magazinen auch von den mächtigen Partei- und Interessengruppen-nahen Programmverantwortlichen geduldet als post-demokratisches Mäntelchen.
Zusätzlich zur konsequenten Transparenz wäre deshalb so etwas wie eine Pareto-Analyse notwendig. Wikipedia: “Das Paretodiagramm beruht auf dem Paretoprinzip, nach dem die meisten Auswirkungen eines Problems (80 %) häufig nur auf eine kleine Anzahl von Ursachen (20 %) zurückzuführen sind.”
Da müsste doch im Zeitalter des Internets etwas Sinnvolles realisierbar sein. Vielleicht zusätzlich zu Abgeordneten-Watch und Lobby-Control ein Portal, auf dem jede veröffentlichte Schweinerei gesammelt wird, von den Bürgern per Online-Abstimmung gewichtet wird und mit dessen Hilfe dann die obersten 20 Prozent der Reihe nach abgearbeitet werden, gerne auch mit öffentlichem Protest a la Stuttgart. Es wird einfach das oberste auf der Liste genommen und die Bürger lassen solange nicht locker, bis die korrupte ähhh politische Klasse klein bei gibt. Hat man so die ersten 20 Prozent abgearbeitet, dürfte es nach dem Pareto-Prinzip kaum noch Korruption geben.
Wer baut so ein Portal? (Hab gerade keine Zeit :-)
Oktober 8th, 2010 at 11:41
Zu wünschen wäre aus meiner Sicht, dass alle Kritiker der fehlenden Transparenz die Gelegenheit hätten, mit klarem Blick über die Krone des Dammes zu schauen, um zu erkennen, was da gestaut ist. Ein jeder ahnt etwas von dem Druck, der in der Atmosphäre liegt. Hinter dem Damm schwappt das „Anlage“ suchende Geld mit seiner Bedingung, dass es sich durch die „Anlage“ vermehrt. Eben diese Bedingung ist der Kompressor, der den Druck ständig erhöht.
Ich kenne den Finanzierungsplan von Stuttgart 21 nicht. Handelt es sich um vereinnahmte Steuern, die über die Kanäle EU oder Bund oder Land in das Mammutprojekt fließen? Um „begebene“ Anleihen, also Schulden? Um Gewinne des Bundesunternehmens Bahn? Um den Erlös aus Grundstücksverkäufen oder den Verkauf von Zukunft in Form von verbrieften zukünftigen Einnahmequellen? Um künftige Auslagerungen in die Bad-Banks? Mittels Finanzengineering undurchsichtig gemachte Verschachtelungen aus alledem?
Auf jeden Fall sind die Kräfte des demokratischen Spektrums mit allen sichtbar gewordenen oder noch nicht sichtbaren Mitteln darauf gerichtet, Milliarden aus der Druckmasse hinter dem Damm in die Tunnel oder die Variante K zu leiten. Aus der Sicht des beauftragten demokratischen Spektrums ist das völlig alternativlos. Und ebenso alternativlos ist es aus jeder Draufsicht auf das System.
Und hier noch etwas, das mit dem Projekt Stuttgart 21 nichts, aber so was von überhaupt nichts zu tun hat, außer das es von den Leuten des demokratischen Spektrums errechnet worden ist: Bedarf für Reparaturen von Geräten für Empfang, Aufnahme und Wiedergabe von Ton, Bild, Foto- und Filmausrüstungen und Datenverarbeitung 0,48 Euro pro Monat (einschl. 0,09 Euro Mwst., jedoch ohne Kostenvoranschlag der damit angekurbelten Reparaturbetriebe).
Ich verzichte auf noch mehr Transparenz.
Oktober 8th, 2010 at 12:10
-> Gehard Schrödibär: “Genau deshalb werden sie mit ihren kritischen Magazinen auch von den mächtigen Partei- und Interessengruppen-nahen Programmverantwortlichen geduldet als post-demokratisches Mäntelchen”
Diese Funktion des ‘monitoring’ übernehmen auch die meisten Blogger. Hilft das nicht auch dem System in seinem Lauf? Frau Merkel, die mit Hilfe ihrer kreativen Grammatik jeden Zuhörer zufriedenzustellen versucht, indem sie innerhalb eines einzigen Satzes Pro und Contra erwähnt um dann ihren als ureigenst verkauften alternativlosen Schluß zu verkünden, störte sich sicher nicht daran hier mitzulesen, weil echte Forderungen andere Gestalt haben. Sei es nur ein Einziger, der ein Schild auf der Straße hochhielte. Das ist bei unserem Status Quo von höherer Wertigkeit als tausend kritische Worte, für die man in ‘fortgeschritteneren’ Gesellschaften um das bare Leben fürchten muß. Das ‘System’ funktioniert, weil sich das Hierarchieverständnis durch alle Ebenen der Gesellschaft ‘nach unten’ vererbt hat. Ich habe das immer wieder auch in kleinen Firmen gesehen, daß sich Chefs auch dann beratungsresistent geben, wenn sie gar keine Ahnung von der Materie haben. Im Gegenteil: Man wird ‘eingenordet’ und verbleibt an seiner zugewiesenen Position die Entscheidungshoheit duldend oder man verläßt den Laden, wenn man es nicht schafft, sich mit Nörgeleien unter Kollegen über Wasser zu halten. Sonst könnte der Chef sein höheres Gehalt ja auch nicht rechtfertigen. Ausbaden müssen die Folgen von Fehlentscheiden sowieso immer diejenigen, die die eigentliche Arbeit machen.
Ich plädiere jetzt nicht für eine künstliche Gleichmachung in Form einer ‘Kulturrevolution’ a la Mao Tse Tung. Mir hat aber z.B. gut gefallen, was die ‘Grünen’ zu Zeiten ihrer parlamentarischen Anfänge eingerichtet hatten, nämlich das ‘Rotationsprinzip’. Auch begrüßte ich die Einsicht, daß Politiker ihrer beruflich erworbenen Fachkenntnis nach eingesetzt würden, aber das scheitert schon daran, daß die inneren Zirkel der Parteien vor den Wahlen Charakterköpfe herauspicken, um diese dann entprechend aufgebaut dem Stimmvieh als sachkompetent zu präsentieren. Ich sah z.B. noch nie einen Sinn darin, einen Rechtsanwalt als Umweltminister zu bestimmen. Ich sehe in der momentanen Verfahrensweise den eigentlichen Grund für den Größenwahn einiger der Damen und Herren. “Hey Schatz, ich bin jetzt Außenminister. Wir müssen mal Reisepässe beantragen. Und mach’ mir bitte mal einen Termin für den Englisch-Anfängerkurs.”
Oktober 8th, 2010 at 12:25
-> snozin: Wer sagt, es wäre leicht Entscheidungen zu treffen? Wir können aber immer nur mutmaßen und müssen uns, nur mit Informationsfragmenten ausgestattet, mit dem unvollständigen Bild zufriedengeben. Konsequenterweise müßten wir also immer die Klappe halten von wegen ‘Wer keine Ahnung hat, …’. Gestern stolperte ich noch über den Artikel hier: https://www.spiegel.de/wirtschaft/unternehmen/0,1518,721932,00.html
Ich fragte mich, wer eigentlich solch einen Schwurbel schreiben kann. Wollten die uns also weismachen, der Sinn wäre Gewinne zu machen?
Noch ‘ne Frage: Warum müssen alle Impulse für Großprojekte aus der Wirtschaft kommen? Warum gibt es keine Kommission, bei der ICH Ideen einbringen kann?
Nachtrag: Wenn die Menschen hierzulande weniger ‘roboten’ gingen, hätten sie möglicherweise auch einen Anreiz, sich mit den uns alle betreffenden Themen auseinanderzusetzen. Wieviele nehmen denn – geplättet von ihrer Arbeit – die zustehende Woche Bildungsurlaub in Anspruch? Das Gesicht des Chefs möchte ich sehen…
Nachtrag2: Meine Vorschläge würden allerdings keine Atomkraftwerke, sondern eine generell dezentralisierte Energieversorgung umfassen, wie es schon einige Gemeiden mit großen Widerständen durchgeführt haben.
Nachtrag3: Z. Thema Transparenz von Parteispenden (Bei den NDS gefunden): https://labs.vis4.net/parteispenden/
Oktober 8th, 2010 at 13:15
@R@iner
Ich sehe in der momentanen Verfahrensweise den eigentlichen Grund für den Größenwahn einiger der Damen und Herren. “Hey Schatz, ich bin jetzt Außenminister. Wir müssen mal Reisepässe beantragen. Und mach’ mir bitte mal einen Termin für den Englisch-Anfängerkurs.”
Das hat was, .. aber hoppla.
Ich gehe sogar noch weiter. Dieses ganze Managementdenken, (und diese merkwürdigen Ultraquereinsteigerallüren sind ein Resultat davon ), ist für die Katz. Ich sage immer “Planwirtschaft im Kapitalismus”, dazu. Der Rechtsanwalt macht die Bauzeichnung, die Krankenschwester kümmert sich um die Statik und der Lehrer, baut das dann zusammen. (Das heisst, .. sie delegieren es.)
Oktober 8th, 2010 at 13:27
-> antiferengi: Ich hatte mich vor ein paar Jahren bei ein paar Firmen für die Projektleitung im Photovoltaikbereich beworben. Eine antworte nach 11 Monaten mit einer Absage, ich wäre nicht geeignet. Wahrscheinlich war ich denen zu alt und wollte zuviel Geld. Mit einer Berufsausbildung, einem E-Technik-Studium, zwei fließenden Fremdsprachen und zehnjähriger Erfahrung in (zugegebenermaßen anders orientierten) Projekten als Selbständiger kann ich so etwas selbstverständlich nicht. Ich frage mich dann immer, wen die suchen? Ich vermute einen trinkfesten bwler.
Oktober 8th, 2010 at 13:50
Ich hab grad ‘ne schöne Quelle dazu, wie man sich als Leitartikler wunderschön lächerlich machen kann. Da schreibt der Nonnenmacher in der FAZ zum Thema “Volksdemokratie” über “Legitimation durch Verfahren”, und dann steht da ein Satz, der seine ganze Logik ad absurdum führt:
“Man kann auch verstehen, dass gerade Schwaben empfindlich auf die Riesensummen reagieren, die da verbaut werden sollen. Aber es weiß auch jeder schwäbische Häuslebauer, dass Kostenvoranschläge regelmäßig überschritten werden, zumal wenn sich ein Projekt über Jahrzehnte hinzieht.”
https://www.faz.net/s/Rub7FC5BF30C45B402F96E964EF8CE790E1/Doc~ED0EFAE44DCE74A9C90EBA5D1EB113B35~ATpl~Ecommon~Sspezial.html
Aha, Kostensteigerungen um den Faktor 2 oder 3 stellen also die “Legitimation per Verfahren” nicht in Frage. Man darf also, wie einige Bahnmitarbeiter hinter vorgehaltener Hand bestätigen, zum Zeitpunkt, wo über ein Großprojekt entschieden wird, die Kalkulation an der öffentlichen Durchsetzbarkeit ausrichten, damit dann eine kleine Gruppe um die Entscheider herum sich später an den Kostensteigerungen dick und fett fressen kann.
Da hat seine ansonsten scheinbar stimmige Argumentation an einer Stelle einen riesigen Haken und er beruft sich einfach mal eben so auf den schwäbischen Häuslebauer, der solche Steigerung “ja kennt” und das, obwohl “gerade Schwaben empfindlich auf .. Riesensummen reagieren”.
Noch blöder kann man nicht argumentieren. Aber so sind sie bei der FAZ.
Oktober 8th, 2010 at 14:15
https://www.fr-online.de/rhein-main/empoerung-ueber-geheimnistuerei/-/1472796/4727166/-/index.html
Warum sind die denn nur so neugierig – die von der Opposition?
Oktober 8th, 2010 at 14:38
-> Gehard Schrödibär (5): “Wer baut so ein Portal?”
Schwebt Dir so etwas vor? https://www.opensecrets.org/
Oktober 8th, 2010 at 14:48
Und noch ein Projekt: https://www.heise.de/newsticker/meldung/EU-Satellitennavigation-Dauerhafter-Zuschussbetrieb-statt-Goldesel-1104017.html
Aber was ist schon Geld: https://www.tagesspiegel.de/politik/international/400-millionen-dollar-pro-tag/1189330.html
Oktober 8th, 2010 at 16:59
R@iner
“Schwebt Dir so etwas vor? https://www.opensecrets.org/”
Ich dachte eher an sowas wie eine Online-Prioritätsliste für dringend anstehende politische Maßnahmen.
Aber klar, all diese Tools sollte man weiter ausbauen: Ein bisschen was tut sich ja bei uns schon:
Z.B. Hier kann man entnehmen, dass die Renten von Landwirten merkwürdig hoch bezuschusst werden (finde ich), aber ok, wir wollen die Milch ja billig:
https://bund.offenerhaushalt.de/
Das hier ist auch sehr interessant:
https://www.spiegel.de/flash/flash-22868.html
Oder sowas: https://www.netzpolitik.org/2010/visualisierung-parteispenden-in-deutschland/
Ich vermute aber mal, dass es von dieser Art Informationssysteme bis zu wirkungsvollen Willensäußerungen des Volkssouverän a la Stuttgart mit konkreten Auswirkungen auf die Politik noch ein weiter Weg ist.
Da müsste man eine komplette politische Prozesskette angefangen bei der Datensammlung über Aufbereitung, Diskurs und Lösungsfindung bis hin zur Durchsetzung konzipieren. Da sich das ganze nach dem Grassroot-Prinzip entwickelt, wird das wohl noch einige Zeit in Anspruch nehmen.
Oktober 8th, 2010 at 19:37
-> Gehard Schrödibär: Auf die Schnelle könnte man eine Bugtracking-Software zweckentfremden. ;-))
Ich verstehe aber dein Ansinnen nicht. Wer soll von diesem ‘außerparlamentarischen Workflow-Tool’ profitieren oder es gar einsetzen? Viele auch kleine Firmen unterziehen sich inzwischen diesem iso 900x Geraffel. Ich behaupte, daß der Bundestag sich niemals Sachzwängen, die ihn in Richtung ‘Normung demokratischer Entscheidungsprozesse’ drängen würde, freiwillig aussetzen würde. Wir können froh sein, daß das bestehende System der Absegnungs-Kaskade und dem Restföderalismus nicht immer unterlaufen werden kann.
Oktober 8th, 2010 at 20:00
@ R@iner Nr.8
Später am Abend und in der kommenden Nacht werde ich ergrübeln oder zu verstehen versuchen, was ich da (als Kommentar Nr. 6) geschrieben habe. Jetzt kommt erst mal das Spiel doitsche Türkei gegen türkische Türkei.
Oktober 8th, 2010 at 20:45
Schön und gut, aber wenn die Politik transparenter würde und sich so die Amigos verpissten, würde es auch gleich wieder heißen “wirtschaftsfern” und “Gefahr für den Standort Deutschland” MfG TINA
Oktober 8th, 2010 at 21:45
R@iner/16
iso 900x Geraffel? Kecker, lach. Ok, ich verwandte das Wort “Prozesskette”, die spielt noch nicht in dem iso 900x Geraffel, aber in dem iso 2000x Geraffel eine gewisse Rolle. Verstehe also was Du meinst.
Aber im Sinne eines Brainstormings darf man doch durchaus mal etwas von der “Gegenseite” übernehmen und sei es nur, um Lücken zu erkennen. Denn was nützen Dir die besten Informationssysteme – von denen Du ja auch eins verlinkt hast -, wenn sie am Ende für sich allein nur einen Information-Overflow erzeugen. Eine ausführliche Übersicht über Spenden führt noch lange nicht zu mehr Transparenz. Da müssen (!) Komponenten hinzukommen. Denn sonst sagt die FDP zur Spende von Herrn Finck: “Was ist daran anrüchig? Sie wurde ja veröffentlicht”.
Einen politischen Prozess mal als “Workflow” zu betrachten, kann da nicht schaden. Z.B., um die fehlenden Komponenten zu finden.
Aber ich kann auch wieder anders reden :-)
(Backtracking-Software entfremden? Hmmm, wahrscheinlich noch zu kompliziert. Einfach nur ‘ne Liste. Die Leute können die Stichpunkte eingeben und gewichten. Und dann stehen die wichtigsten Themen oben. Mehr Arbeit muss man wahrscheinlich in die Taxonomie eines solchen Systems stecken. Das Problem dabei sehe ich höchstens in der Bildzeitung)
Oktober 9th, 2010 at 01:19
-> snozin: Fußball? Pah! https://www.youtube.com/watch?v=DnngpL9vQZc
-> Gehard Schrödibär: Nich Backtracker, das erinnert an den Rucksack den ich so gerne packe, sondern https://de.wikipedia.org/wiki/Bugtracker so wie z.B. hier: https://bugzilla.mozilla.org/
Wenn wir es genauer nehmen mit der iso Geschichte, dann trifft die 20000 den Punkt aber nicht. Wir wollten doch Qualität fördern und keine it-Projekte. Deine Taxonomie findest Du in jedem größeren cms. Die Frage ist: Wer vergibt die Wertigkeiten. Das wird nix. Zumindest nix demokratisches. Aber das meintest Du ja mit der Taxonmie. Oder selber bewerten? Jeder der da was reinschreibt, hält seine Sache für wichtig. Und was ist mit der bz? Jetzt verliere ich den Faden und gehe ins Bett, bevor ich weiter Krümel kacke. |-0
Oktober 9th, 2010 at 10:04
@R@iner Ich weiß, was eine Bugtracking-Software ist. Hab mich nur verschrieben.
Um zum Ausgangspunkt unserer Diskussion zurückzukommen (Kommentar 5). Das Problem ist doch, wie kommt man von der schieren Masse an Schweinereien, die jede Woche passieren, zu deren Abstellung? Ob da irgendwelche Tools helfen oder was anderes ist da nebensächlich. Ergebnis-orientiertes Denken ist das wesentliche. Wie komme ich vom Problem zur Lösung. Die meisten Leute bleiben bei der Kritik hängen. Regen sich auf und das war’s dann. Problemlösungen funktionieren anders. Warum Stuttgart funktioniert, wie ich finde, wäre eine Analyse wert.
Das hat sogar der Gysi begriffen:
https://www.sueddeutsche.de/politik/politik-kompakt-gysi-kritisiert-linke-1.1009130
Oktober 9th, 2010 at 11:45
Du willst mit deutscher Gründlichkeit Regularien einführen, um Projekte anzuprangern, die zwischen ungleichen Vertragspartnern ausgehandelt wurden, weil dir während des Projekts oder nach dessen Ausführung Informationen zugetragen werden, die dir nicht passen?
Die Unternehmen versuchen ihrerseits ‘den Staat’ als verläßlichen und zahlenden Auftraggeber zu gewinnen. Der Staat wiederum, unterstellen wir ihm das denkbar Beste, handelt im Sinne der Bürger Konditionen und Kosten aus und verläßt sich bei der Ausführung der Projekte auf die Erfahrung der Unternehmen.
Die Rolle, die er dabei einnimmt ist aber (noch) nicht die des ‘homo oeconomicus’!
Wären seine Maxime die Gewinnmaximierung und der Eigennutz, dann wäre es um uns nicht nur andeutungsweise schlechter bestellt. Königin Merkel würde ihren gebenedeiten Körper in Eselmilch schwenken, die aus goldenen Wasserhähnen strömte.
Weiterhin ist es eine pure Illusion zu glauben, alles auf der Welt wäre ‘managebar’. Was in der Simulation funktioniert, wirft im Laufe der Umsetzung neue Fragen und Probleme auf. Das paßt auch den Managern überhaupt nicht. Wenn sich also Projektkosten verdreifachen, kann das mehrere Ursachen haben, die sich nicht mit Korruption erklären lassen. Der Faktor Mensch ist keinesfalls auszuklammern.
Wenn Du aus der Softwarewelt kommst, dann weißt Du, wie groß die Zahl der weltweit nach 2 Jahren eingestampften Projekte vor ein paar Jahren war. Jeder Handwerker würde sich an den Kopf fassen, näherte er sich auch nur dem Bereich F&E eines Großunternehmens.
Das Einzige, was ich mir wünschen würde, wäre eine Beteiligung unabhängiger Dritter bei der Vergabe und Planung, weil es ein offenes Geheimnis ist, daß schon während der Erstellung der Ausschreibungstexte gemauschelt wird. Die vobs sind oft schon so formuliert, daß der Zirkel derer, die für eine Auftragsvergabe in Frage kommen, von vornherein eingeschränkt ist. Die Lobby wirkt also von Anfang an mit, was bedauerlich ist.
Oktober 9th, 2010 at 13:38
Nee, ich glaube, Dich stören nur ein paar Begriffe, die ich verwendet habe und gegen die Du irgendwelche Aversionen hegst. Mit deutscher Gründlichkeit will ich gar nichts.
Ich glaube übrigens auch nicht, dass es nur um Kosten geht. Der Spiegelfechter hat gerade einen schönen Artikel geschrieben, in dem deutlich wird, warum S21 auch verkehrstechnisch keinen Sinn macht. Dass z.B. für’s Verkaufen des neuen Bahnhofs die Umsteigezeiten des Kopfbahnhofs einfach verdoppelt wurden (von 3 auf 6 Minuten), die für die Tunnellösung einfach verkürzt wurden(von realistischen 3 Minuten auf unrealistische 1 Minute, Gutachten dazu wurden geheimgehalten, etc.). Eine neue Verteidigungsstrategie der Befürworter schleicht sich gerade ein. Man könne bei so einem komplexen Projekt immer Gutachter finden, die dafür und welche die dagegen sind.
Unsinn!
Es geht darum, dass Bürger offensichtlich Sachkompetenz haben, die denen der Entscheidungsträger überlegen ist.
Wer sollen denn Deiner Meinung nach die unbeteiligten Dritten sein?
Ich bin wirklich mal gespannt, wer am Ende die besseren Argumente hatte.
Vielleicht täusche ich mich aber auch. In einem halben Jahr wird man mehr wissen.
So, und jetzt wünsche ich noch ein schönes internetfreies Wochenende.
Oktober 9th, 2010 at 14:09
Ok – Du hast wahrscheinlich Recht mit den ‘Aversionen’. Ich argumentiere nur aus meiner Erfahrungswelt heraus, wie alle hoffentlich?!
‘Unbeteiligte Dritte’ könnten für mich Leute ‘guten Leumunds’ sein, die ihre Schäfchen bereits ins Trockene gebracht und ihre berufliche Karriere beendet haben; Eben Leute, die durch ihre Knowhow schon frühzeitig Fehler in der betriebswirtschaftlichen Denke erkennen können und die vor allem davor gefeit sind, sich vom Glanz der Projekte blenden zu lassen, weil diese nicht ihren Namen in die Zukunft tragen werden.
Solch eine projektbegleitende Supervision könnte am Ende vielleicht die Schlichtereien wie jetzt mit dem Geißler (egal was man von ihm denkt) oder Vertragsstrafen ersparen. Ist nur so ‘ne Idee.
Angenehmes Wochenende!
Oktober 10th, 2010 at 13:22
Es hat bei dem Planfeststellungsverfahren zu “Stuttgart 21″ 60.000 Einwendungen gegeben!!!
60.000 Menschen haben sich demnach die ausgelegten Planungsunterlagen vor mehr als 15 Jahren genauestens angesehen. Sie haben darin Mängel gefunden oder haben sich direkt gegen das Vorhaben gewandt – und sie haben mit ihren Einwendungen ihr Recht auf “Mitsprache” wahrgenommen.
Nur – und da liegt das Problem – das Mitsprache-Recht verhilft den Einwendern nicht dazu auch mit zu entscheiden.Ihre Einwendungen wurden größtenteils nicht zur Kenntnis genommen. Die Genehmigungsbehörden umschreiben das dann immer mit dem “hübschen” Satz: Ihre Einwendungen werden im Projekt gegebenenfalls “Berücksichtigung” finden . . . Wohl wissend, dass keiner der Einwender die Kraft und die Kohle hat, dagegen zu klagen.
Sämtliche Gesetze, ob Baugesetzbuch, Bundesimmissionsschutzgesetz, Raumordnungsgesetz etc. sind “veraltet”. Die meisten Gesetze wurden zwar in den vergangenen Jahren punktuell geändert.
Doch diente das “Wegfallen” mancher Paragrafen einzig dazu, den “Antragstellern” (Stichwort – Wirtschaft hat Vorrang) noch mehr vermeintliche Hindernisse aus dem Weg zu räumen.
Wenn also, eine Pseudophysikerin, die sich als Bundesmutter geriert, erklärt: “. . . dass das öffentliche Gemeinwohl zurückzustellen ist, weil man schließlich an kommende Generationen denken muss . . .”, dann umschreibt sie damit genau die Durchtriebenheit und Perfidie dieses Staatswesens:
Mit der Interpretation der “veralteten” Gesetze durch das jeweils herrschende Klientel werden die Leute schlichtweg “über den Tisch gezogen”. Denn, sie können sich nicht wehren. Die Machteleite kann immer sagen, aber was wollt ihr denn, es hat alles ausgelegen, ihr hättet euch ja informieren können . . .
Bundesdeutsche Wirklichkeit sieht so aus: selbst Beamte in Ämtern, die die bestehende Gesetze zum Schutz für Otto-Normal-Verbraucher anwenden wollen – Arbeitsschutz, Gesundheitsschutz, Strahlenschutz und und und – werden von ihren Vorgesetzten daran gehindert: Motto “Wirtschaft hat Vorrang”.
Die Hanseln der Koalition haben es doch in ihren “Zeitvertrag” geschrieben: Wirtschaft hat Vorrang. Alles, was “Arbeit” schafft . . .
Da hilft nur abwählen und die Gesetze “durchforsten”, um wenigstens diese den Erfordernissen unserer Zeit anzupassen – weg vom Wirtschaftwachstum auf Deubel komm raus und hin zu einer Gesellschaft, die selbst Konsens darüber findet, was sie notwendig braucht und auf was sie verzichten will.