Zum vorläufigen Abschluß der Doping-Serie in diesem Blog zunächst eine Erklärung für diejenigen, die Radsport für irrelevant halten und sich fragen, was Feynsinn damit zu tun hat: Der Grund liegt in dem unerträglichen Blödsinn, der durch die Medien “kommuniziert” wird. Dem muß einfach widersprochen werden.
Heute komme ich zu der Konsequenz, die m.E. aus den gegenwärtigen Zuständen folgen sollte: EPO muß freigegeben werden. Dazu betrachte man zunächst das bisherige Vorgehen in Sachen “Doping”:
Es gibt allerlei erlaubte Substanzen wie Vitamin-und Nahrungskonzentrate, Kortison und Asthmamittel (diese nur in “Einzelfällen” auf Rezept, allerdings sind die meisten Radprofis merkwürdigerweise Asthmatiker). Darüber hinaus gibt es Mittel, die nur in einer bestimmten Konzentration erlaubt sind wie etwa Koffein. Eine Tasse Kaffee etwa ist erlaubt, aber Koffeindoping mit entsprechend hohen Konzentrationen eben nicht. Verboten sind auch andere Substanzen wie zum Besispiel THC (Cannabis), von denen man nicht wirklich eine leistungssteigernde Wirkung erwarten darf.
Unbekannte Substanzen sind nicht unbedingt verboten, aber auch nicht erlaubt. Da sie in der Regel aber nicht nachgewiesen werden können, ist es natürlich entsprechend reizvoll, damit zu experimentieren. Wird jemand beim Dopen erwischt, gibt es zunächst meist eine einjährige Sperrre, danach eine zweijährige oder gar lebenslänglich. Der Fleiß bei der Recherche nach den Wegen des Dopes zum Sportler hielt sich bislang eher in Grenzen. Der Fahrer wurde gehängt, und gut war’s. Erst die (über-)eifrigen spanischen Behörden haben daran etwas geändert. Danach haben sich die Teams, allen voran die Telekom, gegen die Fahrer versichert. Diese mußten unterschreiben, die Drogen nicht genommen zu haben, die das Team ihnen zuvor verabreicht hatte.
Derzeit outen sich viele ehemalige Fahrer, womit die Absicht des Auslösers, Bert Dietz, beinahe erfüllt wird: Das System fliegt als solches auf. Aber selbst im Angesicht der unumgänglichen Wahrheit mauern noch immer die allermeisten. Jenseits der deutschen Grenzen schweigt man noch immer eisern. Mitnichten wäre die Rede von flächendeckendem Doping, die Wirklichkeit hat noch immer keine Chance, Wahrheit zu werden.
Unter diesen Bedingungen geht es also weiter, wie zuvor schon: Doping ist Alltag, und die Fahrer haben zwei Möglichkeiten: Sie riskieren ihren Job, indem sie weiter dopen und vielleicht nicht geschickt genug vertuschen. Oder sie riskieren ihren Job, indem sie den weiterhin gedopten Konkurrenten das Siegen überlassen.
Das Ende dieses Systems wäre das Bröckeln der Mauer. Einzelne werden erwischt werden, einzelne werden ihr Schweigen brechen. Es werden diejenigen bestraft, die auffallen, der Rest bleibt unbehelligt. Der best mögliche Effekt wird der sein, daß EPO zu heiß wird und nicht mehr in dem Maße zum Einsatz kommt.
Und dann? Womöglich führen wir hier eine Diskussion, die längst überkommen ist, und eine andere Substanz steht oben auf der Hitliste. Womit das Spiel von vorn losgeht. Daß sich eine Alternative zu EPO findet, ist bestenfalls eine Frage der Zeit.
Was aber, wenn EPO freigegeben wäre?
Die Schummelei hätte schlagartig ein Ende. Man darf endlich über die Wirklichkeit reden. Transparenz würde zu einer echten Kontrolle führen. Man könnte sich über eine Obergrenze des erlaubten Hämatokritwertes einigen, was unmittelbar im Interesse der Fahrer wäre. Ob Höhenkammer, Training in Mexiko oder EPO – wurscht, wie ihr an die Erythrozyten kommt. Das Ganze könnte legal von Ärzten beobachtet werden, die dafür sorgen können, daß sich nicht jemand übernimmt. Niemand müßte Angst vor der Wahrheit haben und sich das Zeug im Hinterhof spritzen.
Solchermaßen Transparent, könnten die Fahrer ganz offen über neuartige Substanzen sprechen. Es gibt etwas besseres als EPO? Dann diskutiert man eben darüber, ob man die neue Droge anstelle der alten auf die Whitelist setzt. Jeder weiß bescheid, das ist kein Betrug. Und da EPO eine höchst wirksame Droge ist, wäre es sehr unwahrscheinlich, daß sich so schnell etwas besseres findet, das man heimlich einwerfen könnte. Eine ähnliche Diskussion kann man über Wachstumshormone führen und was da sonst noch im Rennen ist. Die Fahrer, die so ins Geschäft gekommen sind, dürfen bleiben. Sie wären sonst bis auf wenige Ausnahmen berufsunfähig. Die Zuschauer schließlich müßten sich nicht bei jedem Rennen fragen, wer noch immer gedopt ist und wer nicht.
Aber diese Variante würde ja der Heuchelei vom “sauberen Sport” den sudden Death versetzen. Die aktiven Heuchler an allen Fronten werden das vermutlich zu verhindern wissen, das ist wohl ihre Berufung.
Der Gedanke ist einfach, und er bedenkt wirklich die Konsequenzen. Wer etwas anderes will, soll deutlich machen, wie er sich das in der Realität vorstellt.
Zum Schluß noch eine Bemerkung zum fröhlichen Ullrich-Bashing. Der Mann weiß offenbar nicht, wie man mit den Medien umgeht. Seine Berater sind zum großen Teil Idioten. Ullrich mit seinen begnadeten körperlichen Voraussetzungen wäre der erste, der von einem dopingfreien Sport profitiert hätte. Aber das ist nicht die Welt, in der wir leben. Die Heuchler in den Redaktionen, die jetzt nach einem “Geständnis” schreien, verschweigen, daß er der einzige ist, der ein Strafverfahren an den Hacken hat. Hier ist das System von Verbieten und Bestrafen at it’s best: Da wird einer zum Schweigen gedrängt, obwohl die Wahrheit längst raus ist.