Nicht nur das sich “Dopingjäger” schimpfende Saubermänneken Franke treibt die Radsportler in die Depression, Jan Ullrich mußte nach den Ermittlungen von Fred Apostel jetzt ausgerechnet vor Richter Buske büßen, der feststellte, daß Ulle doch etwas mit Epomanio Fuentes zu tun hatte. Während vor allem spanische Apotheker seit Jahren nahezu unbehelligt über die Gipfel von Alpen und Pyrenäen rollen, gehen die Einzefälle aus dem Rest der Welt allmählich in die tausende.
Ein neues Beweisverfahren könnte dabei schon lange alle mit Leichtigkeit des Dopings überführen, wenn es denn Anwendung fände. Man erkennt die Gedopten sehr einfach daran, daß sie an einer großen Rundfahrt teilnehmen, auf einem Rennrad sitzen und eine Startnummer auf dem Trikot tragen. Der begründete Verdacht ungedopt zu sein, ergibt sich nur dann, wenn jemand am dritten Tag tot von Rad fällt.
Saubere Leistung
Jeder weiß das, alle wollten es so, es ging und geht gar nicht anders. Die verlogenen Sponsoren à la Telekom, US Postal, Gerolsteiner, CSC und wie sie alle hießen, haben unmenschliche Leistung eingekauft, um mit ihren Helden ihre Umsätze zu steigern. Die wurden vertragsgemäß geliefert. Das Konglomerat aus Sponsoren, Medien, Zuschauern und Politik hat die Heroen ganz wunderbar gebrauchen können für ihre betrügerische Leistungsanbetung. Es wurden jahrzehntelang Rituale gepflegt, die “sauberen Sport” suggerierten, den es niemals gegeben hat, ganz wie im echten Kapitalismus.
Der Terror gegen die Sportler begann mit einer undurchsichtigen Aktion gegen das Team Festina 1998. Als danach der Business dennoch weiterging, begannen die Rennställe, d.h. Sponsoren, sich auf Kosten der Fahrer reinzuwaschen. Die Profis, die nur durch Doping ihre Verträge hatten einhalten können, wurden in den folgenden Jahren dazu verpflichtet, falsche eidesstattliche Erklärungen zu leisten, in denen sie das Gegenteil behaupten mußten. Sie wären sonst sofort entlassen und vermutlich auf Schadenersatz verklagt worden.
Dies traf nicht nur die Großen und Prominenten, sondern ebenso deren Wasserträger, die keine Millionen verdient hatten und sich nicht hätten zur Ruhe setzen können. Andere haben darauf gehofft, nicht erwischt zu werden. Die Techniken dazu sind ja reichlich vorhanden. Die Lücken, in die eifrige Kontrolleure vordringen, werden allmählich wieder geschlossen. Die großen Sponsoren springen dennoch ab, bis die neue Sauberkeit wieder genügend Deppen findet, die daran glauben.
Das konnten wir nicht wissen
Als Ullrichs Karriere 2006 einen Tag vor der “Tour” medienwirksam hingerichtet wurde, schrieb ich: “Der Radsport ist tot”, im Anschluß daran u.a. mein “Plädoyer pro EPO“. Seitdem ist nichts Nennenswertes passiert, die Zombies fahren und berichten weiter. Wettberwerb findet weiter statt, genauso fair wie in der Wirtschaft, nur werden regelmäßig die Helden am Ende der Verwertungskette lebenslänglich aussortiert, wenn das Treppchen geputzt ist und eine mangelhaft vorbereitete Blutprobe sie als “Sünder” überführt hat. Bis dahin ist die Ernte für die Profiteure eingefahren, die das Ganze gar nichts kostet. Dann wird halt ein anderer eingekauft.
Von alledem wollen die Zecken nichts wissen, die ihre Seiten mit vorgetäuschten Empörungsorgasmen füllen, wenn wieder irgenwer irgendwo lang gemacht wird. Einsicht ist nicht in Sicht und die “Aufklärung” ist alle paar Wochen dieselbe bigotte Veranstaltung. Bis heute lese ich nichts von den Opfern, die ihre begnadeten Körper im Dienste der Investoren schinden, um nachher bespuckt zu werden, weil sie naiv denen vertraut haben, die das Sytem organisieren. Es gehe um Sport, machen uns die Lohnschreiber vor. Von Geld ist kaum je die Rede, geschweige denn von einem mörderischen “Wettbewerb”, der vielmehr als per se für “fair” deklariert wird. “Unfair” sind immer nur die erwischten Angestellten. Das Management und die Anleger waschen ihre Hände in Eigenblut. Wie sollen sie auch je etwas davon gewußt haben?
August 14th, 2010 at 00:59
[...] Ein neues Beweisverfahren könnte […] alle mit Leichtigkeit des Dopings überführ… [...]
August 14th, 2010 at 07:28
“Ullrich und Armstrong gedopt” dess hätt’ isch jezz abber nedd gedacht!
Einzige Möglichkeit: Alle “Kampfhandlungen” einstellen, der “Krieg” gegen Doping iss nich zu gewinnen!
August 14th, 2010 at 11:38
Es sind dieselben Kritiker, die es für legitim, weil legal halten, wenn Menschen sich mit Alkohol oder Medikamenten ruinieren, aber wenn die Einnahme nicht erfolgt, um sich kaputtzumachen, sondern um seine Leistung zu steigern – und dieses noch, wie vermutlich im Falle Ullrich, in Absprache mit einem Sportarzt – gilt es in ihren Augen als straf- und verachtenswürdig.
Dabei ist der kommerzielle Profisport für mich weniger das Problem sondern dessen Vorbildwirkung für den Freizeitsport mit seinen Wettbewerben. Deshalb gibt es nicht nur in der Bodybuilder-Szene die “anonymen Anaboliker” sondern auch beim Zugspitz-Extrem-Beglauf (1.900 Höhenmeter), beim BIKE-Transalp-Challenge Mountainbike-Rennen (18.000 HM in 6 Tagen bei 600 km Strecke), Ötztaler Radmarathon (260 km an einem Tag mit drei Pässen) und Vienna-Marathon Dopingkontrollen.
Den Teilnehmern dieser Wettbewerbe geht es nicht um die (realitiv niedrige)Siegprämie, sondern anders als bei den Profis primär um Anerkennung (Beruf, Familie, Freundeskreis), die sie vielleicht im normalen Leben nicht finden.
In meinem PC-Archiv “lagert” z. B. eine aktuelle Studie über die massenhaft von Ausdauersportlern vor Wettkämpfen eingenommenen Dopingmittel (nichtsteroidale Antiphlogistika)unterhalb der Schwelle verbotener leistungssteigernder Substanzen.
Und mir fällt auf, dass in der Marathon-Szene das Motto “Je öller desto döller” seine Berechtigung hat.
Dort laufen über 60-jährige Männer, deren freies Testosteron seit einigen Dekaden kontinuierlich sinkt und für den normalen biologisch degenerativ bedingten Leistungsverlust verantwortlich ist, die 10.000 Meter immer noch wie 30-jährige unter 40 Minuten.
Gruss vom Aussteiger.
August 14th, 2010 at 12:06
Da lob ich mir doch die Formel 1. Die sagen wenigstens alle Nase lang, dass es ein Zirkus ist und der mit der dicksten Kohle die besten Siegchancen hat. ;-)
Auch wenn Niki Lauda immer wieder von Motor”sport” faselt, an “Sport” glaube ich schon lange nicht mehr. Das gilt für alle telegenen “Sport”veranstaltungen.
Obwohl, nach dem letzten Carl-Zeiss-Jena-Spiel soll es noch ziemlich gute Boxkämpfe unter Amateuren gegeben haben… :-D
August 14th, 2010 at 16:13
“no sports”, wird zwar Churchill zugeschoben, könnte aber von mir kommen – grins. Es sei denn, Schach wird als Sport anerkannt – lol.
Spitzensport ist doch nur “Krieg auf anderer Ebene”, wenn ich die “Medaillenspiegel” und “Bestenlisten” betrachte.
Wie kann ein vernünftig denkender Mensch Leistungen von Menschen vor 100 oder mehr Jahren mit denen von Heute vergleichen.
Jede Leistung ist nun einmal eine individuelle Leistung. Nicht ein Land siegt, sondern ein Mensch. Problematisch ist doch nur, dass alle immer nur den Sieger bewundern – schon in der Antike war es so.
Seine eigene persönliche Bestleistung, ehrlich erzielt, die kann Befriedigung bringen.
Nun – no sports – ist übertrieben. Ich fahre “Rad”, auch zu Hause auf einem Ergometer. (Der Gesundheit zu liebe). Und da, ohne Doping, versuche ich auch in der Zeitspanne die ich stets “übe” meine Leistung zu verbessern. Also ein paar “Meter” mehr zu schaffen.
Aber nie würde ich versuchen die Leistung durch Doping zu verbessern. Denn ich selber wüsste doch, das diese meine Leistung nicht echt ist.
So wie auch “cheaten” bei Computerspielen nur zum angeben benutzt wird. Die Cheater selber wissen doch, das sie nur betrügen. Und so ist es doch auch bei den dopenden Sportlern.
Lügen haben kurze Beine – auch wenn damit oft ein “längerer Weg” ohne Enttarnung zurückgelegt werden kann.
August 14th, 2010 at 16:39
Wayne? (sorry)
August 14th, 2010 at 16:57
me.
August 14th, 2010 at 21:29
na…
als ich noch ziemlich jung war habe ich ullrich wirklich “geliebt”. Ich hab mit ihm gezittert wenn er im sitzen den berg hoch ist. und armstrong war dieser unsymphtische ammi, der an jeder ecke seine story immer wieder erzählt hat…wie er den krebs besiegt hat…blabla. ja, diese story nervte wirklich.
aber ullrich wurde ja meistens immer nur 2. das war schon traurig genug, für mich damals.
brecht schrieb mal einen kurzen dialog:
“Unglücklich das Land, dass keine Helden hat”
“Nein, unglücklich das Land, dass Helden nötig hat!”
Doch trotzdem wirkte der zauber. das hat dann auch nichts mit dummheit zu tun. wenn ich fußball gucke und mitfiebere, halte ich mich nicht für blöd. lasst es uns nur dort lassen wo es hingehört…und vielleicht wieder dorthinbringen wo es hingehört. das ist sport… dort gibt es zuschauer, die sich identifizieren… aber es muss deshalb kein milliardengeschäft damit gemacht werden.
aber was wäre der fußball ohne die sogenannten “Helden von Bern”?
Die konnten kaum vom fußball leben, aber hatten herz.
das machte sie so groß. sie spielten erstmal nur aus spaß… aber wieso brauchen wir nur immer wieder “helden”?
warum?
weiß ich nicht.
August 14th, 2010 at 21:45
Als ich die Tage ein wenig Leichtathletik EM sah dachte ich mir zugegebenermaßen schon, dass der Kampf gegen Doping erste Erfolge zeigt. Die teilnehmenden Frauen wirkten auf mich irgendwie weiblicher. Vor einigen Jahren schien mir jedenfalls der Besitz von BHs in den Kreisen der rennenden/springenden Sportdamen weniger verbreitet. Ich kann mich natürlich auch irren. Möglicherweise hat man heute nur die Nebenwirkungen besser im Griff.
August 14th, 2010 at 22:19
Warum sich immer gleich alle so aufregen… Der Radsport wird von der INMW genutzt, um in einem klar abgesteckten Rahmen (also ein “Feld”) die Möglichkeiten der Leistungsteigerung abzuklären. Langfristig sollen die kleinen Helfer natürlich der ganzen Bevölkerung zugute kommen (Trinkwasser).
Begrüßendwerter Nebeneffekt ist die Einschränkung kritischer Rezeptoren: wie immer hat am Ende niemand nichts gewusst.
Egal, wenn es morgen nicht regnet, schredder ich mit meinem MTB durch Brandenburg, gedopt mit Bananen und der kritischen Vernunft.
August 15th, 2010 at 10:09
Nach der Deutschlandtour 2009 bin ich mit dem MTB einmal eine Etappe nachgefahren, um mein Leistungsgefälle zu den Profis zu testen. Von Bad Tölz über Sylvenstein- und Achensee, runter ins Inntal, dann über Schwaz, Hall in Tirol, Innsbruck nach Telfs, um dort 600 Höhenmeter nach Seefeld, dem Ziel, hinaufzuklettern. Dafür benötigte ich -allerdings mit Trink-Pausen- 8 Stunden, die Profis so ca. 4 Stunden für die rd. 180 km.
Der von mir vermutete Grund dieser enormen Differenz: Ich hatte am Vorabend nicht die Spezialnudeln zur Verfügung, die den Profis als “Carboload” verabreicht wurden.
Dabei gehöre ich mit 10.000 Rad- und über 2.000 Laufkilometern pro Jahr nicht gerade zu den untrainierten Freizeitsportlern.
Bei der Tour de France wäre die Leistung der Profis vergleichbar mit einem kenianischen Langstreckenläufer der Weltelite, der 10 Tage hintereinander einen Marathon unter 2.10 Stunden läuft. Das sagt doch alles.
August 15th, 2010 at 10:33
Sommer und seine Schwärmerei für die “Helden von Bern”:
Leider wurde auch hier der Versuch unternommen, die “Helden” unterhalb der Schwelle heute unerlaubter leistungssteigernder Substanzen fitzuspritzen. Und zwar mit verflüssigem Traubenzucker durch eine Mehrwegspritze (Einwegkanülen gab es damals noch nicht). Heute erst wissen wir, warum die meisten früh gestorben sind. Sie wurden durch diese Impfaktion mit Hepatitis-C-Viren infiziert und sind an Leberzirrhose gestorben, der letzte, glaub ich, Ende de 90er Jahre.
August 15th, 2010 at 22:34
Jaja ist weiß schon, dass sowas irgendwie putzig ist. die frage war ja trotzdem eine andere. und was doping betrifft glaube ich nicht, dass das jeweils fair werden wird. die neuesten dopingmethoden finden dann im genetischen bereich statt. schwer das dann noch nachzuweisen…weil gene sind ja auch irgendwo “talent”.
ich glaub wir täten der fairness einen größeren gefallen, würden wir alles erlauben. dann muss der zuschauer beurteilen obs ihn noch interessiert oder nicht. aber die dopingjäger, wenn es wirklich welche gibt, rennen den pharmakonzernen doch immer nur hinterher.
August 16th, 2010 at 08:20
Tja, das ist eine schlappe Diskussion, bewertet man allein die Quantität der Beiträge. Das mag nach meiner Einschätzung daran liegen, dass Linke eher weniger leidenschaftlich irgendeinen Sport betrieben. Daneben ist die entpolitisierende Wirkung des Sports ja auch unbestritten, denn wo sind die Linken unter den Leistunsgssportlern? Viele prominente Sportlerinnen und Sportler sind entweder bei der Bundeswehr oder bei der Bundespolizei in Diensten (ich glaube so ca. 50 %). Früher in den 80er Jahren gab es mal die “Sportler für den Frieden”.
Wer sich sportsoziologisch dem Thema Doping von links nähern möchte, dem empfehle ich das Buch “Wer macht den Sport kaputt?” Verbrecher Verlag Berlin. Als “Appetizer” einen kurzen Auszug:
“Verhängte man über alle Mitarbeiter des Fernsehens, die ihre Arbeit ohne Einnahme von Alkohol, Nikotin, Aufputsch- oder Beruhigungsmittel weder leisten noch ertragen können, eine Sperre, und vergäße auch jene nicht, die sich -vom Schlupflied bis zur Reiterhose- bildschirmkompatibel haben zurechtschnitzen lassen, wäre auf hundert Kanälen nichts zu sehen als das Testbild. Auch nicht die peinlichen Verhöre, die der valiumgecoolte Moderator, gestrafften Tränensacks und Doppelkinns aus solargebräuntem Teint weißeste Implantate bleckend, als Prophet der Natürlichkeit dem Radfahrer Jan Ullrich veranstaltet.”