Es gäbe reichlich zu tun für Madame Rien. Nachdem sie schon 2009 in virtuoser Starre und Passivität hinter sich gebracht hat, mußte sie in 2010 schon die nächste Krise aussitzen. Erst mal nix tun, dann “nein” sagen, das ist die bizarre Strategie der Kanzlerin angesichts allseits brennender Bäume. Von Griechenland wollte sie erst gar nichts wissen, was sie dann als “Druck” auf die dortige Regierung verkaufte, obwohl alle es besser wußten: Sie hätte sich gern über die NRW-Wahl laviert, und man hatte ihr erst spät deutlich genug gesagt, wo sie unterschreiben müsse. Vermutlich war das ein Bote aus der Deutschen Bank, der es nicht mehr aushielt.
Viel ist jetzt zu erwägen, Ideen wären gefragt, Mut, Tatkraft und Handlung. Was aber haben die Regierung und ihre Richtlinienrichterin zu bieten?
Die FDP will noch immer Steuern senken, weil sie das seit 35 Jahren für richtig hält. Merkel ist dagegen.
Die CSU will keine Steuersenkungen, sagt aber, sie wolle auch keine Steuererhöhungen. Merkel ist nicht dafür.
Koch und einige andere Reaktionäre, die ein dummes Volk für eine kluge Idee halten, wollen an der Bildung sparen. Merkel ist dagegen.
Diejenigen Wirtschaftswissenschaftler und -politiker, die etwas aus der Eurokrise gelernt haben, raten zu überfälligen Lohnerhöhungen in Deutschland. Ein flächendeckender Mindestlohn kann dafür einiges leisten, brächte Geld in die Sozialsysteme und sparte dem Staat Ausgaben für Aufstocker. Merkel ist dagegen.
Gegen alles und für nichts.
Die Kanzlerin hat also doch noch ihre Rolle gefunden: Fundamentalopposition. Ihre Richtlinie ist die Flatline auf dem EEG und jedem Diagramm, das irgend eine Aktivität anzeigen könnte. Der Minister für die Organisation ihres Malefiz-Spielchens beschäftigt sich derweil mit der Frage, wie Innovationen auch im Energiesektor effizient verhindert werden können und plant Laufzeitverlängerungen für AKWe unter Umgehung des Bundesrates. Dort sitzen nämlich Akteure unterschiedlichen Talents und Willens, die den unerhörten Anspruch stellen, es solle sich etwas bewegen. Merkel ist entschieden dagegen, daß von denen jemand einen nennenswerten Einfluß gewinnt.
Rote Teppiche, über die sie präsidial watscheln und sich feiern lassen könnte, rollen sich derzeit nirgends aus. Nicht einmal ihre ratlosen Berater sagen ihr, was sie zu tun hätte. Ackermann hat fertig mit Finanzkrise, palavert seine Lustlosigkeit über verzweifelte Rettungen in die Welt hinaus wie Mephistopheles in seinen besten Zeiten und liefert der bleiernen Kanzlerin das passende Motto:
“Ich bin der Geist, der stets verneint, und das mit Recht, denn alles, was entsteht, ist wert, daß es zugrunde geht“.
Merkels Quintessenz, daß es eben besser sei, wenn nichts entstünde, ist freilich eine weder literarisch noch politisch erträgliche Interpretation des Dramas, in dem sich Europa und die Welt derzeit befinden. Bei Merkel an “Faust” zu denken dieser Tage, liegt nahe. Den ollen Goethe kann man dabei getrost aus dem Spiel lassen. Hier wäre Handarbeit das Gebot der Stunde.
Mai 17th, 2010 at 01:05
“Ich bin der Geist, der stets verneint, und das mit Recht, denn alles, was entsteht, ist wert, daß es zugrunde geht“
Wobei hinter dem Negativismus eines Mephisto noch Ziel und Plan standen. Aber bei Merkel…
Doch die ist ohnehin von geringerem Interesse bei der aktuellen Schmierenkomoedie.
Sicher, die letzten Monate der Berliner Koalition waren alles andere als ruehmlich, aber es ist nun wirklich nicht so, dass Ruettgers sich die Abwahl nicht durch eigene Leistungen verdient haette.
Und auch die uebrigen Landesfuehrer haben genug Dreck auf der Weste. Genau davon soll wohl mit dieser gutinszenierten Attacke auf die Oberchefin abgelenkt werden.
Es liegt mir nun fern Angie in Schutz zu nehmen, aber hier soll sie doch wohl nur zum Suendenbeck gemacht werden.
Mai 17th, 2010 at 01:07
Ach ja,
zweiter Absatz, fuenfte Zeile, fuenftes Wort.
Sorry
Mai 17th, 2010 at 01:16
für (2) thnx!
zu (1):
Ob Merkel für die schwarzen Freaks zum Beck gemacht werden soll, ist mir beinahe wumpe – zumal wir uns über Koch nun wahrlich nicht streiten müssen.
Wie dem auch sei: Die Frau ist Bundeskanzlerin. Aargh!
Und wie grausam ist das angesichts der nominellen Opposition, der dazu nichts, aber auch gar nichts einfällt.
Mai 17th, 2010 at 02:46
“Rote Teppiche, über die sie präsidial Watscheln und sich feiern lassen könnte, rollen sich derzeit nirgends aus. ”
Und was war das für eine Aktion bei Michi Sommer (hätte fast Ron geschrieben)?
Die haben ihre Kanzlerin doch alle ganz lieb, unsere Gewerkschaftsfunktionäre.
Und überhaupt, wird doch seitens der Systemeliten derzeit alles daran gesetzt, sich nicht allzu sehr mit der Realität der Restbevölkerung zu befassen.
Anspruch und Wirklichkeit beginnen kilometerweit auseinanderzudriften.
Teile der DDR-Führung haben Jahrzehntelang in einer elfenbeinturmartigen Parallelwelt gelebt, schön separiert vom einfachen Pöbel.
Der aktuelle Zustand kann also noch ein paar Jahre anhalten…
Mai 17th, 2010 at 03:25
Die Frau ist einfach völlig fehl am Platz. Mich wundert täglich mehr, wie sie doch noch medial unterstützt wird, und kann es mir nicht erklären. Da hat sie Richtlinienkompetenz und hat dabei weder Richtung noch eine Linie noch eine Kompetenz, die sie mal zeigen würde, außer eben besagter Fundamentalopposition. Es ist schon eine komische Welt, wenn die Opposition Lösungsvorschläge macht und die Regierung sich auf “Nein” beschränkt. Früher wollte man noch gestalten, heute sitzen die Schwarzen nicht mehr nur die Probleme aus, sondern auch noch bockig im Eck. Wenn deren einstige Größen sehen würden, was mit ihrem Erbe geschieht, und im Grab rotieren könnten, dann würden wir durchgängig ein lautes Surren hören.
Mai 17th, 2010 at 05:09
Treffender kann man’s nich sagen. Ob das Merkel hier mitliest?
Und MOM (Minister für die Organisation des Malefiz) als Akronym für Pofallalla – dat passt wie A auf E!
@Alvar Hanso
Hat der Sommer Michi nich im Beisein der Kanzleuse offen die Erwartung seitens der Gewerkschaften erklärt man möge doch den Finanzbereich etwas regulieren? Das iss doch unerhört, oder? Ein (kleiner) Anfang? Die Gewerkschaften zurück zu alter Stärke? :-D
Beste Grüße
Mai 17th, 2010 at 09:27
Auch Wolfgang Storz hat sich über das Reich der Mitte und seiner Kanzlerin so seine Gedanken gemacht – und kommt zu dem Schluss, dass diese vermeintliche Schwäche und Blässe der “Ich bin konservativ, ich bin modern, ich bin liberal, ich bin sozial” Kanzlerin ihre Stärke sei
(vom 07.04.2010)
Mai 17th, 2010 at 12:17
Herr Sommer jubelte Frau Merkel auf dem DGB-Kongress zu!
Jüngst urteilte das Bundessozialgericht, dass bei einem behinderten Kind kein Mehrbedarf geltend zu machen sei. Begründung ALG2 ist ein Kombilohngesetz. Jedem verhilft es so zu einem Zusatzeinkommen. Erst wenn der Schutz des GG vor Kinderarbeit nicht mehr anzuwenden sei, könne ein Mehrbedarf geltend gemacht werden.
Das Gesetz ist ein voller Erfolg:
40,3 Millionen Beschäftigte arbeiten im Durchschnitt 1300 Stunden pro Kopf und Jahr.
Dies entspricht einem 5 Stundentag.
Die Gewerkschaft ist dafür da, die Einkommen ihrer Bonzen zu maximieren.
Mehr nicht!
Mai 17th, 2010 at 13:02
@flatter
Mein Gott, die restliche Amtsverteilung in D (Bundes- wie Landesebene) ist auch nicht gerade mutmachend.
Aber nehmen wir mal an, sie uebernimmt fuer die Wahlschlappe die Verantwortung und verabschiedet sich in den gutbezahlten Ruhestand (=Dauergast in Talkshows)…
Jetzt mal dir mal aus, mit welchen Nachfolgekandidaten die Union Deutschland begluecken koennte!
Nee, solange der Waehler keine echte Opposition waehlt, ist sie eigentlich noch ganz gut am Platz:
als geringste anzunehmende Katastrophe!
Mai 17th, 2010 at 13:05
Hab gerade erst gesehen, dass es auch eine aktuele Analyse von Wolfgang Storz auf seemoz gibt, die nicht weniger lesenswert ist, als die oben verlinkte
Mai 17th, 2010 at 13:25
@Goldener Reiter: Ich wende mich ja quasi an das Amt. Weißt du, wenn man nicht mehr weiß, ob Merkel oder Schröder die schlimmere Besetzung ist, besagt das nichts Gutes.
Es gibt darüberhninaus ja diesen Effekt, wenn es nur schlimm genug ist, auf das Schlimmste zu hoffen, weil es danach nur besser werden kann. Roland Koch droht. Das ist realistisch. Ich habe mich innerlich darauf eingestellt, weiß aber noch nicht, wohin ich auswandern soll.
Mai 17th, 2010 at 13:50
@Vogel #6
“Hat der Sommer Michi nich im Beisein der Kanzleuse offen die Erwartung seitens der Gewerkschaften erklärt man möge doch den Finanzbereich etwas regulieren?”
Und wir wissen ja, das den Forderungen seitens der Gewerkschaften umgehend politisches Handeln folgt, da sonst wieder generalgestreikt wird.
Nein, du musst dir ja nur den liebevollen Umgang von Sommer mit Gestalten wie Hundt ansehen, um zu erkennen das der Michi nur spielen will.
Und Worte tun doch wirklich niemanden weh, nichtmal der Kanzlerin.
Mutig wäre es gewesen, wenn Sommer klar die Verantworlichen genannt hätte, also u.a. auch das Mitwirken diverser SPD-Parteibuchbesitzer an internationalen Finanzverbrechen (z.B. Asmussen, der IMMERNOCH Staatsekretär im BMF ist). Oder er ganz klar mal soetwas wie einen Systemwechsel angesprochen hätte.
Ne, von den Gewerkschaften ist mittelfristig nichts progressives zu erwarten, die sind alle zu sehr mit dem Erhalt ihrer Hamsterräder beschäftigt.
Mai 17th, 2010 at 14:11
@flatter
OK, das ist eine Meinung, die ich respektieren kann.
Zumal ich nicht in D ansaessig bin und mir damit die unmittelbaren Folgen einer Kanzlerschaft Koch (Ruettgers, Seehofer, Schaeuble, Guttenzwerg) erspart blieben.
Zum auswandern habe ich meine Meinung ja schon mal kundgetan: Oesterreich.
Genauso operrettenhaft, aber wenigstens mit frischer Alpenluft ;)