Same Government as every Year, Angie
Posted by flatter under PolitikKommentare deaktiviert
09. Dez 2009 23:42
An allen Enden Kontinuität: Dafür steht Angela Merkel. Ob mit den “Sozialdemokraten”, den “Liberalen” oder allein, et is wie et is. Weiß irgendwer wofür Merkel steht? Gibt es irgend ein Ziel, sei es der aktuellen Regierung oder der vorherigen, das ihr besonders wichtig wäre? Irgendeine Meinung, die sie auszeichnet, wenigstens eine, die sie einmal beiläufig geäußert hat?
Und dann sind wir noch lange nicht bei den Taten. Denn was immer sie angekündigt hat, es ist nicht geschehen. Angela Merkels Regierungsstil ist zutiefst geprägt durchs Nichtstun.
Allein heute geistern Meldungen und Nachrichten durch die Medien, die beinahe alle Belange der Regierungskunst berühren. In keinem dieser Sektoren ist die Wirkung einer Richtlinienkompetenz zu erkennen. Und selbst die ohne Richtlinie sucht man meist vergeblich.
In Afghanistan wird das schon allein dadurch deutlich, daß die Kompetenzen nach acht Jahren Krieg noch immer nicht koordiniert werden. Die Außen- Verteidigungs- und Weltinnenpolitik dort teilen sich das Verteidigungsministerium, die Länder, der Innenminister und der Außenminister, wobei letzterer eher theoretisch mit der Sache befaßt ist. Resultat: Acht Jahre “Aufbau”, und noch immer keine Spur von einem funktionierenden Aufbau der Polizei. Ein Komplettversagen. Verständlich, daß Frau Merkel nichts damit zu tun haben will, aber darin liegt eine der Ursachen.
Auf der Klimakonferenz geht es nicht so recht voran. Als sie es noch chic fand, hat sich die Kanzleuse für “Klima” mächtig ins Zeug geworfen. Wenn es zum Schwur kommt, ist sie freilich butterweich und erst mal woanders. Die wichtigste Schnittstelle der Klimapolitik, Entwicklungspolitik, hat sie mit einem besetzt, der Entwicklungshilfe nicht leiden kann. Alles in besten Händen. Immerhin hat sie ein paar Reden zum Thema gehalten. Kann sich noch wer an den Inhalt erinnern?
Ihren Verteidigungsminister und Nachfolger von Michel Glos als Problembär, Fanz-Josef Jung, ist sie endlich losgeworden, obwohl der von Kochs Gnaden eingesetzt war. Wie sagt der Engländer zu dem Schlamassel heute: “I removed the cause but not the symptoms”. Jetzt hat Guttenberg denselben Klotz am Bein wie sein Vorgänger. Gutti rennt damit die Tausend aber noch locker unter drei Minuten. Weil wenn nicht, würde jemand bemerken, daß das Ganze eigentlich längst ein Problem der Chefin ist. Die duckt sich geschickt weg und taucht auf in der
Gesundheitspolitik vielleicht? Nachdem jahrelang Ullalala dort wesen und verwesen durfte, um einen sehr dummen Kompromiß zu Tode zu strukturieren, darf jetzt Frischling Rösler beweisen, daß er zwar zu unerfahren, dafür aber auch nicht alt genug ist, um seinen Posten sinnvoll auszufüllen. Egal, der Mann ist von der FDP, dem geborenen Koalitionspartner mit dem Passepartout fürs Glück: Wachstuum! Genau das ist seine Lösung für das Problem, daß bald alle weniger netto haben werden von ihrem geringeren Brutto. Es wird ja zügig wieder bergaufschwung gehen, dann wird alles gut, und die höheren Kosten fressen nur das bißchen Zuwachs wieder auf.
Wenn, ja wenn es nicht doch anders käme. Leider kommen wir hier nicht ganz um die in diesem Zeugnis nicht wirklich positive Wertung “Jahrhundertversagen” herum. Denn daß es nach der explodierten Deregulierung nur bei einer zaghaften Ankündigung der Dederegulierung blieb, wird sich bitter rächen. Am Markt ist Nichtstun einfach zu wenig. Wenn man in allen anderen Fällen doof herumsteht und darauf wartet, daß der Markt das schon regelt, ist hier einfach Schluß mit lustig. Der Markt sorgt nämlich für Wachstum. Je weniger Regulierung, desto mehr Wachstum. Und so macht er aus anfangs übersichtlichen Krisen am Ende eine gigantische Katastrophe.
Das alles läßt sie unangefochten. Und wenn sie wüßte, daß morgen die Welt unterginge – sie würde einen Minister hinschicken und sich mit etwas Schönerem beschäftigen. Winken, Schnittchen mit Ackermann, über rote Teppiche schweben. Die Frisur hält.
Dezember 10th, 2009 at 00:57
Bei Avaaz läuft gerade eine Email-Kampagne:
https://www.avaaz.org/de/germany_climate_finance/?cl=393957252&v=4797&signup=1
Normalerweise bin ich gegen rumspammen (außer hier, versteht sich), aber diesmal konnte ich nicht nein sagen. Die Nachricht geht auch nicht über Avaaz, sondern per Iframe mitten rein in die Webvisage.
Dezember 10th, 2009 at 01:30
Vor einigen Monaten ist ja dieses schöne Wort “Palliativpolitik” geprägt worden, selbst das scheint sich zu einem unerreichbaren Zustand zu entwickeln…
Dezember 10th, 2009 at 03:46
“…Und wenn sie wüßte, daß morgen die Welt unterginge – sie würde einen Minister hinschicken und sich mit etwas Schönerem beschäftigen. Winken, Schnittchen mit Ackermann, über rote Teppiche schweben. Die Frisur hält…”
Und dafür wird sie vom “Volk” geliebt. Deshalb wird sie auch die 16 Jahre Regentschaft des Großen Oggersheimers locker übertreffen. Wetten dass?
Dezember 10th, 2009 at 05:30
@Ralf-zwei.null
Vergiss es, so dumm auf die Wette einzugehen ist keiner.
Dezember 10th, 2009 at 06:46
flatter, ich glaube, Du verkennst die Lage und unterschätzt die “wandelnde Knopfleiste” (Priol) ganz gewaltig. Die Dame weiß sehr genau, was sie tut (und was nicht). Dass beispielsweise Herr Rösler unser ohnehin schon gebeuteltes solidarisches Gesundheitssystem demontieren will, um die asoziale Kopfpauschale einzuführen, nimmt sie nicht einfach nur hin – sie zieht die Strippen und Rösler hampelt herum.
Dass dies und all die anderen Dinge, die geschehen und die Du teilweise ansprichst, von unseren Qualitätsmedien nicht der Merkel zugeschrieben werden, sondern einzig den jeweiligen Ministern, ändert daran ja nichts.
Ihre Frisur ist dieser Frau egal (ich erspare mir einen weiteren Kommentar dazu) – es ist einfach Berechnung, dass sie für alle diese Perversionen, die sie und ihre Parteigenossen des angeblich “bürgerlichen” Lagers planen und durchziehen, ihre Vasallen für die öffentliche Umsetzung hat. Noch offensichtlicher kann es doch gar nicht sein, dass sie einem gut ausgearbeiteten PR-Plan folgt.
Sollte es wirklich dazu kommen, dass das dumme Volk einmal aufbegehrt – dann wird es, um beim zitierten Beispiel zu bleiben, Röslers Kopf fordern. Im Notfall wird der dann auch rollen … aber Madame Merkel als unangreifbare Instanz, die angeblich mit alledem nichts zu tun hat, bleibt uns auch dann erhalten.
Wir sollten diese Perfidie nicht auch noch kolportieren, sondern die Dame beim Schopf packen: Es ist MERKELS Kopfpauschale, es ist auch MERKELS Krieg in Afghanistan, und ebenso ist es MERKELS Verdienst, dass wir keinen Mindestlohn in diesem Land bekommen. Die ganze neoliberale Bande wirkt daran mit, keine Frage – aber diese Frau zieht die Strippen.
(Dass sie selbst auch wiederum nur eine Marionette ist, die an ihren Seilen zum Hampeln gebracht wird, muss ich nicht extra erwähnen, denke ich.)
Dezember 10th, 2009 at 07:19
Und alle so: yeeaah.
Dezember 10th, 2009 at 10:35
Da kann ich ‘Charlie’ nur zustimmen – die Dame lässt exekutieren, und zwar jetzt ‘endlich’ ihr keinesfalls ad acta gelegtes Leipziger Programm. Das hier – Zitat aus dem verlinkten FR-Artikel:
“Noch einmal sind Billionen Dollar für Banken, Konjunktur und Unternehmen nicht drin. Dann bliebe nur noch die Staatskrise. Wer das nicht riskieren will, muss heute brutal gegen die Zockerei vorgehen. Der Staat kann mit neuen, strikten Regeln gar nicht so viel zerstören, wie der freie Markt dank der Spekulation kaputt machen kann.”
gehört freilich erstens nicht dazu, zweitens wird sich daran auch niemand die Finger verbrennen wollen. Denn schärfere Regeln würden unweigerlich Pleiten nach sich ziehen – und die zeigen dann nicht mehr auf den bequem unpersönlichen ‘Markt’, sondern eben auf diese Regeln und die, die sie durchgesetzt haben. Und da dies nicht national, sondern nur multilateral oder gleich ‘global’ durchzusetzen wäre, könnte sich die Knopfleiste hier auch schlecht hinter anderen verstecken – denen es im übrigen genauso geht. Und das ist ja auch das ‘Generalparadoxon’ der neoliberalen Politik: während sie allenthalben (Eigen-) Verantwortung predigt und uns einbläut, ist sie selbst gezeichnet von organisierter Verantwortungslosigkeit – indem sie nämlich alle Verantwortung an ‘den Markt’ delegiert. Die Seile, an denen sie hampelt, sind die des ‘automatischen Subjekts’ und seiner ‘Gesetze’…
Dezember 10th, 2009 at 10:39
Vor gut einem Jahr stellte ich schon die These auf, dass uns Merkel 16 Jahre(durch-)regieren wird wie einst Kohl. Die Deutschen lieben führende Köpfe die nix zu sagen haben, scheinbar nicht aufmucken und still sind. Das alles in Wahrheit ganz verläuft wissen eben nur die Informierten. Der Rest glaubt an das Märchen von der lieben Merkel, die doch einfach nur Frau sein will.
Dezember 10th, 2009 at 11:13
Jakob Augstein erklärt Merkel in zwei Minuten
https://www.youtube.com/watch?v=fc106oMwfMU
Ich hab bei Merkel zwei mal so etwas wie Leidenschaft identifiziert. Es ging beim ersten Mal darum, dass wir unbedingt grüne Gentechnik fördern müssten, beim zweiten Mal gings um die DSL-Anbindung von ganz Deutschland. Das wars dann aber auch.
Dezember 10th, 2009 at 12:00
Apropos Krankheitswesen (und etwas OT): weiß eigentlich jemand, was aus unserer Aachener Gesundheitsprinte geworden ist? In welchem Pharmakonzern tut sie jetzt eigentlich Dienst?
Dezember 10th, 2009 at 13:34
@Klaus
Ja genau! Jetzt fällt es auch mir auf: S’Ulla is wech? Herrgott!Die Guteste war ja so anhänglich wie Scheiße am Hacken. Ich hatte schon Angst, dass wir die nie mehr los werden. Regierungen kommen und gehen, aber s’ Ulla bleibt.
Na, dann gibt’s also doch was positives zu berichten, hehe.
Gut gelaunt
Dezember 10th, 2009 at 19:31
btw, jetzt wird bertelsmann auch noch chefredakteur vom ZDF! wassnscheiss!
Bild am Montag
nachdenkseiten
Dezember 10th, 2009 at 20:13
@KlausKotz: Tatsächlich, eine interessante Frage!
Das einzige, was ich dazu gefunden habe ist folgendes:
“Berlin – 17.11.2009 – Ulla Schmidt (SPD) will sich nicht mehr mit Gesundheitspolitik herumschlagen. Die abgelöste Bundesgesundheitsministerin wird die Sozialdemokraten künftig im Kulturausschuss des Bundestages vertreten. Dies bestätigte eine Sprecherin ihrer Fraktion gegenüber APOTHEKE ADHOC.”
Dezember 10th, 2009 at 22:26
@flatter
Wennste schon dat Kölsche Grundgesätz zitierts, dann minimum die ersten dre Artikel:
V.a. der Artikel 3 iss wischtisch! Dä Rest iss hej no z´ lesse.
Beste Grüße
Dezember 10th, 2009 at 22:53
@Vogel: Ist mir durchaus bekannt, mir ist freilich die Kurzform lieber, zumal der dritte Satz selbst dann behämmert ist, wenn er von einem Eingeborenen nach zwanzig Reagenzgläsern Plörre über den Stammtisch gespuckt wird.
Dezember 11th, 2009 at 16:35
*lol*
Komm ens vorbej, dann zeije isch D´r dat met de Rejajenzgläser Du Tünn!
Dezember 11th, 2009 at 16:51
Treck disch wärm aan!