An allen Enden Kontinuität: Dafür steht Angela Merkel. Ob mit den “Sozialdemokraten”, den “Liberalen” oder allein, et is wie et is. Weiß irgendwer wofür Merkel steht? Gibt es irgend ein Ziel, sei es der aktuellen Regierung oder der vorherigen, das ihr besonders wichtig wäre? Irgendeine Meinung, die sie auszeichnet, wenigstens eine, die sie einmal beiläufig geäußert hat?
Und dann sind wir noch lange nicht bei den Taten. Denn was immer sie angekündigt hat, es ist nicht geschehen. Angela Merkels Regierungsstil ist zutiefst geprägt durchs Nichtstun.

Allein heute geistern Meldungen und Nachrichten durch die Medien, die beinahe alle Belange der Regierungskunst berühren. In keinem dieser Sektoren ist die Wirkung einer Richtlinienkompetenz zu erkennen. Und selbst die ohne Richtlinie sucht man meist vergeblich.

In Afghanistan wird das schon allein dadurch deutlich, daß die Kompetenzen nach acht Jahren Krieg noch immer nicht koordiniert werden. Die Außen- Verteidigungs- und Weltinnenpolitik dort teilen sich das Verteidigungsministerium, die Länder, der Innenminister und der Außenminister, wobei letzterer eher theoretisch mit der Sache befaßt ist. Resultat: Acht Jahre “Aufbau”, und noch immer keine Spur von einem funktionierenden Aufbau der Polizei. Ein Komplettversagen. Verständlich, daß Frau Merkel nichts damit zu tun haben will, aber darin liegt eine der Ursachen.

Auf der Klimakonferenz geht es nicht so recht voran. Als sie es noch chic fand, hat sich die Kanzleuse für “Klima” mächtig ins Zeug geworfen. Wenn es zum Schwur kommt, ist sie freilich butterweich und erst mal woanders. Die wichtigste Schnittstelle der Klimapolitik, Entwicklungspolitik, hat sie mit einem besetzt, der Entwicklungshilfe nicht leiden kann. Alles in besten Händen. Immerhin hat sie ein paar Reden zum Thema gehalten. Kann sich noch wer an den Inhalt erinnern?

Ihren Verteidigungsminister und Nachfolger von Michel Glos als Problembär, Fanz-Josef Jung, ist sie endlich losgeworden, obwohl der von Kochs Gnaden eingesetzt war. Wie sagt der Engländer zu dem Schlamassel heute: “I removed the cause but not the symptoms”. Jetzt hat Guttenberg denselben Klotz am Bein wie sein Vorgänger. Gutti rennt damit die Tausend aber noch locker unter drei Minuten. Weil wenn nicht, würde jemand bemerken, daß das Ganze eigentlich längst ein Problem der Chefin ist. Die duckt sich geschickt weg und taucht auf in der

Gesundheitspolitik
vielleicht? Nachdem jahrelang Ullalala dort wesen und verwesen durfte, um einen sehr dummen Kompromiß zu Tode zu strukturieren, darf jetzt Frischling Rösler beweisen, daß er zwar zu unerfahren, dafür aber auch nicht alt genug ist, um seinen Posten sinnvoll auszufüllen. Egal, der Mann ist von der FDP, dem geborenen Koalitionspartner mit dem Passepartout fürs Glück: Wachstuum! Genau das ist seine Lösung für das Problem, daß bald alle weniger netto haben werden von ihrem geringeren Brutto. Es wird ja zügig wieder bergaufschwung gehen, dann wird alles gut, und die höheren Kosten fressen nur das bißchen Zuwachs wieder auf.

Wenn, ja wenn es nicht doch anders käme. Leider kommen wir hier nicht ganz um die in diesem Zeugnis nicht wirklich positive Wertung “Jahrhundertversagen” herum. Denn daß es nach der explodierten Deregulierung nur bei einer zaghaften Ankündigung der Dederegulierung blieb, wird sich bitter rächen. Am Markt ist Nichtstun einfach zu wenig. Wenn man in allen anderen Fällen doof herumsteht und darauf wartet, daß der Markt das schon regelt, ist hier einfach Schluß mit lustig. Der Markt sorgt nämlich für Wachstum. Je weniger Regulierung, desto mehr Wachstum. Und so macht er aus anfangs übersichtlichen Krisen am Ende eine gigantische Katastrophe.

Das alles läßt sie unangefochten. Und wenn sie wüßte, daß morgen die Welt unterginge – sie würde einen Minister hinschicken und sich mit etwas Schönerem beschäftigen. Winken, Schnittchen mit Ackermann, über rote Teppiche schweben. Die Frisur hält.