Was wäre er für eine öde Veranstaltung!
Thomas Fricke macht in der FTD auf das Problem manipulierter Wechselkurse aufmerksam, die er treffend ein “Desaster” nennt. Je nach Perspektive mag man das als ein Detail des organisierten Wahnsinns betrachten oder als hinreichenden Grund für eine radikale Abkehr vom Kapitalismus. Es ist ja kein Zufall, daß Oskar Lafontaine als “gefährlichster Mann Europas” schon vor vielen Jahren und immer wieder feste Wechselkurse gefordert hat. Er ist auch deshalb persona non grata in der öffentlichen Diskussion. Kritik an seiner Position hat nie stattgefunden, die Propaganda hat vielmehr aus allen Rohren gegen einen der wenigen Vorschläge für eine andere Finanzmarktpolitik geschossen. Dabei kam es ihr zupass, daß es eben vom bösen Linken kam. Ansonsten hätte zumindest eine bessere Lösung gesucht werden müssen.

Westerwelle will derweil nichts Anderes als das “Weiter so“, weil seine Klientel davon kurzfristig profitiert. Eine Krise, gegen die dringend etwas getan werden müßte, sehen seine neoliberalen Experten nämlich nicht.
Er erhält in seiner Abneigung gegen eine Finanzmarktsteuer Unterstützung von einem, der auch nichts kapiert hat:

Nach dem G-20-Gipfel in den USA Ende September sagte IWF-Chef Dominique-Strauss-Kahn, die Tobin-Steuer sei eine sehr alte Idee, die heute nicht mehr wirklich praktikabel sei. Seit Tobin vor über drei Jahrzehnten die Steuer vorschlug, hätten sich die Märkte stark verändert, so der IWF-Boss. Er warnte, die Finanzmarktakteure würden sich einfach innovative Instrumente einfallen lassen, um die Steuer zu umgehen.”

Eine mehr als dreißig Jahre alte Idee ist also übers Haltbarkeitsdatum. Ich verweise immer wieder auf das Lambsdorff-Papier, die Blaupause für den deutschen Neoliberalismus, die es immerhin auf stolze 27 Jahre bringt. Diese wird allerdings seitdem in der Praxis von einer Krise in die nächste gejagt, während die Tobin-Steuer nie umgesetzt wurde, geschweige denn weiter entwickelt.
Das sind die Argumente der Genies, die schon so oft den Kopf in den Sand gesteckt haben, daß sie längst nur noch paniert durch die Landschaft marodieren.

Ein wenig kritischer äußert sich Rudolf Maresch bei Telepolis, der einige Ursachen der Dauerkrise benennt, aber einen grundsätzlichen Fehler nicht recht beleuchtet, der aus dem engstirnigen Blick auf angebliche Erfolge des Kapitalismus resultiert. In dem Satz:
Technologie und Kapitalismus hätten zwar den Handel ausgeweitet, die Politik werde aber weiter national betrieben“, klingt das nur kurz an.
Gemeinhin wird nämlich der technische Fortschritt dem Kapitalismus zugute gehalten, als hätte es jenen ohne diesen nicht gegeben, und als sei es nicht die wichtigste Aufgabe einer Wirtschaft der Zukunft, Fortschritt endlich von ungebremster Aneignung abzukoppeln.

Es sind schließlich nicht die Profiteure, die den Reichtum an Erfindungen und Möglichkeiten hervorbringen, sondern die Menschen, die nicht dafür arbeiten wollen, daß wenige davon reich werden. Die Abtrennung fruchtbarer Tätigkeit von jeder Solidarität, wie sie der Kapitalismus so fatal vorangebracht hat, ist ein Problem. Das andere ist die Frage, wie weltweit Menschen in organisierter Weise dazu gebracht werden können, ihr Denken und Schaffen für etwas Anderes einzusetzen als Geld.
Die Frage ist nicht, ob der Kapitalismus zugrunde geht, sondern wie und wann. Und ob es danach noch Menschen gibt, die aus diesen Wimpernschlag der Geschichte etwas lernen können.