Wenn Kapitalismus nicht so mächtig wäre
Posted by flatter under WirtschaftKommentare deaktiviert
14. Dez 2009 0:33
Was wäre er für eine öde Veranstaltung!
Thomas Fricke macht in der FTD auf das Problem manipulierter Wechselkurse aufmerksam, die er treffend ein “Desaster” nennt. Je nach Perspektive mag man das als ein Detail des organisierten Wahnsinns betrachten oder als hinreichenden Grund für eine radikale Abkehr vom Kapitalismus. Es ist ja kein Zufall, daß Oskar Lafontaine als “gefährlichster Mann Europas” schon vor vielen Jahren und immer wieder feste Wechselkurse gefordert hat. Er ist auch deshalb persona non grata in der öffentlichen Diskussion. Kritik an seiner Position hat nie stattgefunden, die Propaganda hat vielmehr aus allen Rohren gegen einen der wenigen Vorschläge für eine andere Finanzmarktpolitik geschossen. Dabei kam es ihr zupass, daß es eben vom bösen Linken kam. Ansonsten hätte zumindest eine bessere Lösung gesucht werden müssen.
Westerwelle will derweil nichts Anderes als das “Weiter so“, weil seine Klientel davon kurzfristig profitiert. Eine Krise, gegen die dringend etwas getan werden müßte, sehen seine neoliberalen Experten nämlich nicht.
Er erhält in seiner Abneigung gegen eine Finanzmarktsteuer Unterstützung von einem, der auch nichts kapiert hat:
“Nach dem G-20-Gipfel in den USA Ende September sagte IWF-Chef Dominique-Strauss-Kahn, die Tobin-Steuer sei eine sehr alte Idee, die heute nicht mehr wirklich praktikabel sei. Seit Tobin vor über drei Jahrzehnten die Steuer vorschlug, hätten sich die Märkte stark verändert, so der IWF-Boss. Er warnte, die Finanzmarktakteure würden sich einfach innovative Instrumente einfallen lassen, um die Steuer zu umgehen.”
Eine mehr als dreißig Jahre alte Idee ist also übers Haltbarkeitsdatum. Ich verweise immer wieder auf das Lambsdorff-Papier, die Blaupause für den deutschen Neoliberalismus, die es immerhin auf stolze 27 Jahre bringt. Diese wird allerdings seitdem in der Praxis von einer Krise in die nächste gejagt, während die Tobin-Steuer nie umgesetzt wurde, geschweige denn weiter entwickelt.
Das sind die Argumente der Genies, die schon so oft den Kopf in den Sand gesteckt haben, daß sie längst nur noch paniert durch die Landschaft marodieren.
Ein wenig kritischer äußert sich Rudolf Maresch bei Telepolis, der einige Ursachen der Dauerkrise benennt, aber einen grundsätzlichen Fehler nicht recht beleuchtet, der aus dem engstirnigen Blick auf angebliche Erfolge des Kapitalismus resultiert. In dem Satz:
“Technologie und Kapitalismus hätten zwar den Handel ausgeweitet, die Politik werde aber weiter national betrieben“, klingt das nur kurz an.
Gemeinhin wird nämlich der technische Fortschritt dem Kapitalismus zugute gehalten, als hätte es jenen ohne diesen nicht gegeben, und als sei es nicht die wichtigste Aufgabe einer Wirtschaft der Zukunft, Fortschritt endlich von ungebremster Aneignung abzukoppeln.
Es sind schließlich nicht die Profiteure, die den Reichtum an Erfindungen und Möglichkeiten hervorbringen, sondern die Menschen, die nicht dafür arbeiten wollen, daß wenige davon reich werden. Die Abtrennung fruchtbarer Tätigkeit von jeder Solidarität, wie sie der Kapitalismus so fatal vorangebracht hat, ist ein Problem. Das andere ist die Frage, wie weltweit Menschen in organisierter Weise dazu gebracht werden können, ihr Denken und Schaffen für etwas Anderes einzusetzen als Geld.
Die Frage ist nicht, ob der Kapitalismus zugrunde geht, sondern wie und wann. Und ob es danach noch Menschen gibt, die aus diesen Wimpernschlag der Geschichte etwas lernen können.
Dezember 14th, 2009 at 05:36
Eine Finanzmarktsteuer wird ja sogar vom Entwicklungsminister abgelehnt (gegen den Rat seiner eigenen Leute). Naja, es ist für die Neoliberalen wohl offenbar doch effektiver, ihren Kampf für eine weiter Ausbeutung der Entwicklungsländer durch die Okkupation statt durch die Abschaffung des Entwicklungsministerius zu erreichen. Und die durch unregulierte Finanzmärkte verstärkte Umverteilung von unten nach oben wirkt für sie und ihrer neoliberalen Bundesbrüder stärker als Fragen wirtschaftlicher Stabilität – zumal sie unter Finanzmarktkrisen sowieso nicht selber zu leiden haben.
Dezember 14th, 2009 at 07:41
Das Argument mit Länder = national ist in meinen Augen eine Farce. Wenn die USA oder die EU sich einigen Zölle auf Waren einzuführen die nicht belegen können, dass sie z.B. umweltfreundlich produziert wurden, was sollen die Konzerne machen? Man hat auch national in meinen Augen eine Menge Möglichkeiten. Gerade die reichen Länder schieben das Argument vor um nichts tun zu müssen, aber ihre Märkte sind so bedeutend das sie diese Macht nutzen können.
Dezember 14th, 2009 at 09:16
Erstaunlich finde ich die Aussagen von Strauss-Kahn. Nur zur Erinnerung: Er war der franz. Finanzminister, die franz. Ergänzung zu Lafontaine, mit dem er eigentlich sehr gut zusammen gearbeitet hat, bevor er selbst mit fadenscheinigen Anschuldigungen aus dem Amt gemobbt wurde. Das er heute die Meinungen derjenigen vertritt, die die Sache damals eingefädelt hatten, ist wirklich beängstigend.
Dezember 14th, 2009 at 09:31
Tolles Blog mit guten Artikeln.
Vielen Dank für die gute Arbeit.
Das sind alles keine Themen für ein Studium der Wirtschaftswissenschaften, zumindest bei uns nicht.
Gruß jake
Dezember 14th, 2009 at 09:41
Ja, die Tobin-Steuer waere wirklich eine Katastrophe. Dazu darf es nicht kommen!
Man denke nur an all die armen Wertpapierjongleure, die dadurch ihre eintraegliche Einnahmequelle verloeren und dann tatsaechlich etwas produktives leisten muessten fuer ihr Geld.
Dezember 14th, 2009 at 12:21
Miegels Wachstumskritik ist nichts anderes als die Erhaltung des Status Quo.
https://www.heise.de/tp/r4/artikel/31/31680/1.html
Es ist sehr wohl möglich die Nutzungsdauer der gewöhnlichen Konsumgüter zu verdreifachen. Und den Produktivitätssprung in den Aufbau lückenloser Rohstoffkreisläufe zu investieren.
Ein Prozess der wieder zur Veränderung der Produkte führt.
Nur der Kapitalismus oder die Marktwirtschaft werden diesen Schritt nicht von sich aus tun!
Dezember 14th, 2009 at 13:47
Hallo zusammen,
bei Meinhard Miegel, und den anderen neoliberalen Denkfabriken fällt mir neuerdings eine Tendez auf, die erst seit Schwarz-Gelb regiert immer mehr zunimmt: Man redet davon, dass der (neoliberale) Kapitalismus nicht Schuld an der neuen Weltwirtschaftskrise sei. Und man leugnet schlichtweg, trotz aller Äußerungen von Wirtschaftsnobelpreisträgern, als Neolib und Betonkopf vom Schlage eines Sinn, Miegel & Co., dass eben diese Version des Kapitalismus ihr Waterloo erlebt hat, und als Zombie mit Steuergeldern sein Leben weiterfristet.
Interessant ist auch, dass diese selbsternannten “Experten” zu Hochzeiten der Krise in Deckung gingen, und nun wieder, wie der Ökonom Heiner Flassbeck völlig richtig feststellt, ihre Köpfe recken als wäre nix geschehen – hier in .de.
Gruß
Miegelwitz
Dezember 14th, 2009 at 14:39
Hier wird aufs neue dem Unhold Lafo und noch mehr Steuern ein Ständchen dargebracht. Die Einführung einer Tobin-Steuer nach James Tobin ist abwegig, absurd, abstrus und ab (damit). Aus der Verklumpung sachdienlicher Gründe seinen nur drei herausgerissen. 1. Wer heißt heute noch James? 2. Die welt- und damit volkswirtschaftliche Tendenz geht eindeutig weg von realen Gütern und Dienstleistungen, was von immer mehr Menschen durch Üben von Lohnverzicht unterstützt wird. Wirtschaftsdynamik wendet sich heute dem Handel mit ungeöffneten Briefumschlägen zu. Deren Inhalt ist Wachstum in Form von Kontrakten, die wiederum ihren Wert aus der allgemeinen und relativen Dynamik ziehen. Fragen Sie Ihre Landesbank oder Aufstockbehörde. 3. Die Institute haben längst nachgewiesen oder es versucht, dass die Erhebung einer Steuer auf Finanztransaktionen (James-Steuer) sich in ihrer Wirkung aufhebt. Nach meiner eigenen Berechnung würde der Bürokratieapparat der BR Deutschland durch etwa fünf Statistikstellen aufgebläht. Mein Fazit: Verbriefen Sie, sorgen Sie kapitalgedeckt vor und sichern Sie sich ab, indem sie wachstumsorientiert ein Hotelbett vor dem Reichstag in Berlin-Mitte aufstellen.
Dezember 14th, 2009 at 16:18
“Das andere ist die Frage, wie weltweit Menschen in organisierter Weise dazu gebracht werden können, ihr Denken und Schaffen für etwas Anderes einzusetzen als Geld.
Die Frage ist nicht, ob der Kapitalismus zugrunde geht, sondern wie und wann. Und ob es danach noch Menschen gibt, die aus diesen Wimpernschlag der Geschichte etwas lernen können.”
Das ist es, was mich auch gruseln macht. Je dringender wir über Alternativen und Übergänge nachdenken müssten, um nicht unter dem Diktat eines immer prekäreren Kapitalismus zunehmend dahinvegetieren zu müssen, desto mehr verengt sich der Horizont und erscheint ‘die Marktwirtschaft’ als Anfang und Ende aller Geschichte statt als der ‘Wimpernschlag’, der er geschichtlich tatsächlich nur ist. Oder es werden allenfalls mit der Naivität ‘gesunden Menschenverstandes’ eben solche illusorischen Gedanken gewälzt wie Miegels wachstumsloser Kapitalismus, weil man nicht wahrhaben will, dass für diesen existieren gleichbedeutend ist mit wachsen und die gegenwärtige ‘Krise’ eben im Kern schon eine Wachstumskrise. Der man gewiss nicht dadurch beikommt, indem man nonchalant auf einen Bestandteil verzichtet, der tatsächlich mal ‘systemrelevant’ ist. Zu Ende gedacht würde das schon den konsequenten Verzicht auf den ganzen Kladderadatsch gewinnorientierter Privataneignung bedeuten, aber so weit will man nicht nur nicht denken, man kann es wohl irgendwie auch gar nicht mehr. Und so tönte es gestern abend bei Annbrit Willner denn auch nur wieder ‘Waxtum, Waxtum, Waxtum’. Aber was da wachsen soll, warum und wieso, davon auch keine Rede. Auch nicht von Frau Wagenknecht.
Dezember 14th, 2009 at 16:24
@snozin
Was ist eigentlich – an ihrer 40jährigen – neoliberalen Ideologie so neu?
Eine Lehre aus der Krise könnte sein, dass die Neoliberalen in ihrer Arroganz, Ihren Lügen und ihrer Dreistigkeit das Scheitern ihrer Ideologie auch noch zu leugnen, immer mehr den Betonköpfen des Stalinkultes in der Ex-Sowjetunion ähneln. Fazit auch für Sie: Der Neoliberalismus, das sagen immerhin mehrere Wirtschaftsnobelpreisträger, ist gescheitert…..er erlebte seinen “Fall der Berliner Mauer” (Joseph Stiglitz)….
Deutschland übrigens, so sehe ich es, ist schon damals – was Honecker angeht – der reinste Witz gewesen, der hielt noch am Staatssozialismus fest als die Sowjetunion längst ruiniert war….
Merkel ist auch nicht besser, da bin ich sicher, nur eben mit umgekehrten Vorzeichen – dem gescheiterten neoliberalen Kapitalismus, der als Zombie weiterleben will….
Die Tobinsteuer mag zwar eine alte Idee sein, aber der Neoliberalismus ist eine noch ältere Idee – also weg damit, und ersetzen durch einen “Guten Kapitalismus”, der den Normalbürgern, und nicht den Bonzen zugute kommt….
Sind wir uns da einig?
Mfg
Miegelwitz
PS: Merkel hat ja – so eine Satire im ZDF – von Honecker direkt den Auftrag erhalten Deutschland endgültig zu ruinieren…..Ich weiß nicht, aber bei so manchem Betonkopf-Kommentar hier kommt mir die Sache nicht mehr als Satire vor…..
Dezember 14th, 2009 at 16:27
@Peinhard
Was das Wachstum, rein wirtschaftlich, für die Umwelt bedeutet, dass wage ich mir bei der SED-Agiprop Merkel – gar nicht auszumalen. Weltuntergang reloaded?
Irgendwo gab es doch mal eine Tagung, die schon vor 40 Jahren festgestellt hat – Wachstum ohne Rücksicht auf die Kosten für unseren Planeten Erde ist tödlich….
Haben unsere “Eliten” das etwa vergessen? Ansonsten volle Zustimmung, auch was Frau Wagenknecht angeht.
Gruß
Miegelwitz
Dezember 14th, 2009 at 16:40
@ MiegelWitz :
Das war ein snozin-Witz
Vermutlich hätte er größere Ironie-Tags seten sollen ;-))
Dezember 14th, 2009 at 16:56
@Miegelwitz
Es gibt aber keinen ‘guten Kapitalismus’, sondern höchstens einen erträglichen. Und auch den eben nur, wenn die Produktion mindestens so schnell wächst wie die Produktivität. Damit aber war es spätestens mit Einzug der Mikroelektronik vorbei. Und selbst wenn das benötigte Wachstum ökonomisch noch mal möglich würde, würde es eben ökologisch endgültig die Latte reissen. Deshalb ist nicht nur der Neoliberalismus am Ende, der ganze Kapitalismus ist es. Denn die keynesianischen Rettungsversuche der anderen Fraktion – Flassbeck et al – haben sich im Grunde auch schon in den Siebzigern blamiert – was ja auch erst dem Neoliberalismus die Renaissance ermöglichte. Und der ‘Anschub’, den es heute bräuchte, ist schlichtweg nicht mehr drin, eher kollabieren Staaten – womit sie ja auch schon anfangen. Und wehe, siehe oben, wenn es gelänge! Rohstoffkriege und potenzierte Umweltzerstörung wären das Ergebnis, aber kein ‘guter Kapitalismus’.
Dezember 14th, 2009 at 17:09
@ Miegelwitz
Meine Entostzonifizierung begann etwa 1991 und war bereits ein Jahr zuvor weitgehend abgeschlossen. Das mag erklären, dass ich heute wieder darüber nachdenke, was Ulbricht mit “Überholen ohne einzuholen” gemeint haben mag.
Inzwischen bin ich fast überzeugt, dass der damals kreierte Laufstil wieder aktuell ist. Der Ulbricht versuchte rückwärts rennend nach vorn zu kommen, rannte aber in die verkehrte Richtung. Verstehen Sie das?
Ich auch nicht. Aber ich halte für möglich, dass wir ihn bald überholen werden.
Dezember 14th, 2009 at 18:33
@snozin
Ich denke nicht, dass der Lauf in Richtung Ulbricht geht – Eher ins neoliberale Gegenteil, da die Herrschaften nix aus der Krise gelernt haben….und, Ironie der Geschichte, immer mehr an die einst stalinistischen – ich wiederhole mich – Betonköpfe, nur mit anderem Vorzeichen (=Kapitalismus pur) erinnern.
Was Lafo angeht, wenn Lafo ein “Unhold” sein soll, dann ist Merkel aber die Version hoch Zehn davon….
Lafo hat immerhin die heutige Krise, schon vor Jahren, vorausgesehen, und wurde deswegen solange von dem Genossen der Konzernbosse Gerhard Schröder (SPD) gemobbt bis er der Sache überdrüssig das Handtuch warf….
Die Konstellation war aber auch – um mal ein neoliberales Lieblingswort zu wiederholen – auch damals wirklich alternativlos – Die Herrschaften, die uns immerhin die schlimmste Krise seit 1929 eingebrockt haben, saßen damals noch am Zenit ihrer Macht – Die Krise, dass hoffe ich, ändert dies….
Es braucht ja nicht gleich der Sozialismus auszubrechen, eine andere Version des Kapitalismus in Richtung Wohlfahrtsstaat reicht mir völlig….
Gruß
Miegelwitz
Dezember 14th, 2009 at 18:37
Obwohl? Wenn ich es mir Richtig auslege, was Westerwelle & Konsorten so rauslassen – in alter Arroganz als wäre Ihre (neoliberale) Ideologie nicht grandios gescheitert: Ist für Neoliberale nicht der Wohlfahrtsstaat schon der pure Sozialismus? War nicht schon Roosevelt ein Sozialist? Ist es nicht auch Obama weil er vorhatte seine Gesundheitsreform auf wohlfahrtsstaatlicher Basis in den USA durchzuboxen? Ganz ohne Ideologie: Es reicht schon, dass man “Reformen” für die Unterschichten verlangt, die wirklich den Reichen in den Geldbeutel gehen, und schon ist man der schlimmste Sozialist aller Zeiten.
In diesem Sinne war sogar Jesus Christus ein Kommunist, und man sollte als Neoliberaler gleich das Christentum – eine Religion für Schwächlinge, wie es überzeugte neoliberale Sozialdarwinisten sehen – abschaffen – zynisch gesehen.
Gruß
Miegelwitz
Dezember 14th, 2009 at 21:44
@Peinhard
Einem Miegel zuzuhören verlorene Lebenszeit. Einen Marx zu lesen ist gelinde gesagt, schwere Kost und für einen Normalbürger nicht zu verstehen.
Hier vielleicht ein Lösungsansatz und eine vergnügliche Weihnachtslektüre. Dort werden die Produktionsstrukturen und das Zusammenleben einer vom Arbeiten als Selbstzweck befreiten Gesellschaft beschrieben. Einige einfache und in ihrer Logik bestechende Ansichten zum Geld sind auch enthalten.
Edward Bellamy
Das Jahr 2000 – Ein Rückblick auf das Jahr 1887
(1888)
Download als PDF bei
https://nemesis.marxists.org
Dezember 14th, 2009 at 22:21
Müssen wir uns wirklich darüber wundern, dass die neoliberalen Lügenmäuler, gekauften professoralen Hanswurste des Groß- bzw. Finanzkapitals schon wieder frech ihre Hälse recken nachdem die führenden Regierungen ihre Steuerzahler mit gigantischen Summen zur “Rettung” dieses ganzen Ausbeuter-Systems in Haftung genommen haben, in Haftung genommen haben ohne die geringste Gegenwehr der Bevölkerungen, Steuerzahler?
Klaro, dass allen diesen Kreisen nach diesem gelungenen “Coup” wieder der Kamm schwillt, sie weitermachen wollen wie bisher.
Weshalb denn nicht? Was hatten und was haben sie denn zu befürchten?
Sie wissen: Aus diesen Völkern ist noch eine Menge “rauszuholen”!
Dezember 14th, 2009 at 23:07
Es ist ja nicht nur so, daß sich die Deutschen nicht gegen ihre Ausbeuter wehren, nein, sie wählen sie sogar noch.
Dezember 15th, 2009 at 05:08
Was bei alledem nicht vergessen werden darf: Der Neoliberalismus bzw. dessen Ideologie wurde ja nicht von irgendwelchen Leuten wie Lambsdorff oder anderen vor 30 oder 40 Jahren “erfunden” – diese Ideologie ist wesentlich älter und reicht tief in die Zeit der Weimarer Republik zurück.
Letzten Endes ist diese “erste deutsche Demokratie” genau daran gescheitert, dass die Rezepte des deregulierten Marktes, der Umverteilung von unten nach oben, der Zerstörung der Sozialsysteme etc. genau so umgesetzt worden sind, wie wir das heute auch wieder erleben.
Wer mehr wissen will, wird hier fündig: https://www.systemfrage21.de/
Im Übrigen hat Peinhard vollkommen recht: Es gibt keinen “guten Kapitalismus”, der dauerhaft funktionieren kann – nicht solange es dieses Geld- und Zinssystem gibt, das uns beherrscht und das ein immerwährendes Wachstum (von Geld bzw. Profit) erzwingt.
Man wähnt sich in einer dunklen Dystopie eines kranken Irren, wenn man das überdenkt – und dennoch ist es unsere alltägliche, bittere Realität.
Dezember 15th, 2009 at 11:10
Ich weiss, ich bin unausstehlich. Ich halte es aber für absolut essentiell, immer wieder darauf hinzuweisen: der ‘Wachstumszwang’ kommt nicht aus dem Geld- und Zinssystem, sondern ist bereits im Prinzip der kapitalistischen Konkurrenz angelegt. Da jedes ‘Einzelkapital’ (=Unternehmen) ständig seine Produktivität steigern muss, um nicht hinter die Konkurrenz zurück- und letztlich aus dem Markt herauszufallen, muss auf der anderen Seite beständig die Produktion ausgeweitet werden, um insgesamt die ‘Mehrwertmasse’ nicht zu verringern, die eben nur aus ‘Beschäftigung’ gewonnen werden kann. Sonst rutscht die ganze Choose unweigerlich in eine Abwärtsspirale aus sinkender Beschäftigung, sinkender Kaufkraft und sinkender Produktion, sprich ‘Überkapazitäten’.
Ich halte das deshalb für so wichtig, weil andernfalls die Illusion genährt wird, man könne mit einem anderen Geld- und Zinssystem diesem grundlegenden Mechanismus bzw Zwang einfach irgendwie entfliehen. Die og Zusammenhänge kommen aber gänzlich ohne Rückgriff auf dasselbe aus. Es bereitet höchstens zusätzliche Schwierigkeiten, wenn zB Produktivitätssteigerungen und damit ‘Konkurrenzfähigkeit’ heute fast nur noch über Kredite finanziert werden können, deren Zinsen auch erstmal wieder ‘hereingeholt’ werden wollen – das grundsätzliche Problem hingegen berühren sie nicht. Es wäre daher ein Kampf gegen Windmühlen, wollte man seine Kräfte hier verschwenden. ‘Kooperation statt Konkurrenz’ oder ‘Teilen statt Tauschen’ müssten wir uns statt dessen auf die ‘Fahnen’ schreiben, sonst bleiben wir unweigerlich in der Dystopie gefangen…
Dezember 16th, 2009 at 01:38
https://de.wikipedia.org/wiki/Neoliberalismus
#Alexander_R.C3.BCstow_und_Wilhelm_R.C3.B6pke
“Im September 1932 umriss Alexander Rüstow auf einer Tagung des Vereins für Socialpolitik das neue liberale Credo:
„Der neue Liberalismus jedenfalls, der heute vertretbar ist, und den ich mit meinen Freunden vertrete, fordert einen starken Staat, einen Staat oberhalb der Wirtschaft, oberhalb der Interessenten, da, wo er hingehört.“
– Alexander Rüstow[13] ”
Grins.
Anscheinend hat der Neoliberalismus (quasi ein Oberbegriff) so viele gegensätzliche Strömungen, dass es gut wäre, kurz darauf hinzuweisen, was genau man denn meint.
M.Friedman:
” Milton Friedman
Milton Friedman
Der Nobelpreisträger Milton Friedman gilt als einer der bedeutendsten Vertreter des Neoliberalismus. Er entwickelte die geldpolitische Theorie der Chicago School zum Monetarismus weiter. Die Verstaatlichung natürlicher Monopole lehnt er als nicht zweckführend ab. Ebenso erreiche staatliche Einkommensumverteilung nicht die selbst gesteckten Ziele (Capitalism and Freedom (1962)). Er gehört zu den wichtigsten Befürwortern flexibler Wechselkurse.[4]
Später übertrug er die ökonomische Analyse auf politische Szenarien und entwickelte daraus eine Theorie des Lobbyismus und der Einflusse von Verbänden und Interessengruppen auf Parteien und Politik[4]:
“Is it really true that political self-interest is nobler somehow than economic self-interest? […] Just tell me where in the world you’re going to find these angels who are going to organize society for us? ”
„Ist es wirklich wahr, dass politischer Eigennutz in irgendeiner Weise edler ist als wirtschaftlicher Eigennutz? […] Können Sie mir sagen, wo Sie diese Engel finden wollen, die die unsere Gesellschaft planen sollen?“
– Milton Friedman: Interview 1979 mit Phil Donahue
”
Rüstow: annehmbar.
Friedman: unannehmbar.
Momentane Lage: Friedman und die Chicago School des Neoliberalismus.
“Vereinigte Staaten
Chicago School
Die Chicago School entwickelte sich aus der Opposition zum zunehmenden Interventionismus (vor allem zum New Deal) in den USA der Zwischenkriegszeit. Ihre Vertreter waren zumeist auch politisch und bemühten sich um die Umsetzung einer freiheitlichen Ordnung in politische Realität.[4]”
Grins.
Die Amis hatten Angst vor den phösen Kommunisten und denjenigen Maßnahmen, die die Weltwirtschaftkrise und die damaligen Probleme abmildern sollten (New Deal), und haben mal eben den Staat als ordnende Hand und Regulierer von Gerechtigkeitsproblemen und Verhinderer kapitalistischen Machtmissbrauchs für überflüssig erklärt.
Dezember 16th, 2009 at 05:07
Du bist keineswegs unausstehlich, Peinhard, sondern ein willkommener Anlass, grundsätzliche Fragen zu klären. :-)
Deine Kritik kann ich aber nicht ganz nachvollziehen. Angemommen, es gäbe die Zinsproblematik nicht und ein umlaufsicherndes Geldsystem wäre Realität – was spräche denn dagegen, dass ein Unternehmen dann einfach kostendeckend produziert, ohne dass zusätzliche Profite erwirtschaftet werden müssen? Die Konkurrenz wäre dann ja denselben Bedingungen ausgesetzt – und es würde endlich ein positiver Wettbewerb einsetzen, der tatächlich sinnvoll wäre!
Man sieht das doch an den Beispielen der Privatisierungen ganz deutlich: Krankenhäuser, die zuvor eine zumindest hohe Qualität für alle Patienten gewährleistet haben, sind nach der Privatisierung (also nachdem sie dazu gezwungen wurden, Profit abzuwerfen) dazu übergegangen, an eben dieser Qualität zu schrauben (Personaleinsparungen, Erhöhung der Arbeitszeiten etc.). Die Sucht nach Wachstum und Profit geht eben NICHT einher mit mehr Innovation, besseren Produkten etc. … das ist doch einer der Irrglauben der Marktfetischisten. Das gegenteil ist der Fall! Man findet an jeder Ecke Beispiele für diese nach unten gerichtete Konkurrenz.
Konkurrenz sollte man aber nicht in Bausch und Bogen verdammen – auch da muss man differenzieren. Was wir seit mehreren Jahrzehnten erleben, ist ein Konkurrenzkampf nach unten (!), und das ist natürlich nicht nur kontraproduktiv, sondern vollkommen verdammenswert! Konkurrenz, damit sie etwas Positives bewirken kann, muss nach oben gerichtet sein: Hin zu mehr Qualität, mehr Ökologie, mehr Humanismus, mehr Lebensqualität für alle Menschen (einschließlich der Beschäftigten). Dass dies NICHT geschieht, sondern wir die Pervertierung dessen erleben, liegt eben am Geld- und Zinssystem.
Solange sich der Staat und Unternehmen nicht vorhandenes Geld bei privaten Geldgebern “leihen” und das verzinsen müssen, wird sich niemals etwas ändern.
Außerdem denke ich, dass sich Kooperation und Konkurrenz nicht ausschließen. In einer Welt, in der Reiche nicht mehr ihr größtenteils virtuelles Kapital horten können, so wie das jetzt der Fall ist, sondern in der sie gezwungen werden, das Geld in Umlauf zu bringen, damit es nicht an Wert verliert, würden wir ungeahnte Innovationen erleben.
Dein Vorschlag ist die Abschaffung des Geldes? Oder habe ich Dich da falsch verstanden? Das halte ich für noch utopischer als alle umlaufsichernden Maßnahmen.
Dezember 16th, 2009 at 10:16
@Carlie
So ein Geldsystem gab es schon einmal. In Deutschland von 1933 – 45. Es wurde leider für die falschen Zwecke benutzt. Waffen sind keine Investitionsgüter die Gewinn abwerfen.
Dezember 16th, 2009 at 10:57
“Angemommen, es gäbe die Zinsproblematik nicht und ein umlaufsicherndes Geldsystem wäre Realität – was spräche denn dagegen, dass ein Unternehmen dann einfach kostendeckend produziert, ohne dass zusätzliche Profite erwirtschaftet werden müssen? Die Konkurrenz wäre dann ja denselben Bedingungen ausgesetzt – und es würde endlich ein positiver Wettbewerb einsetzen, der tatächlich sinnvoll wäre!”
Nein, der ‘Wettbewerb’ wäre ganz genau der gleiche, den ich auch schon beschrieben hatte, nur sozusagen eine (Zins-) Ebene tiefer. Der grundsätzliche Zusammenhang von Produktivitätssteigerungen und Produktionsausweitung wäre nach wie vor absolut der gleiche. Nicht umsonst versprechen ‘Freiwirtschaftler’ sich ja auch einen regelrechten ‘Boom’ von ihren Maßnahmen – da sind wir wieder genauso beim ‘Waxtum’ und seinen Grenzen wie vorher. Alle grundsätzlichen Mechanismen von Konkurrenz und Profitmaximierung würden genauso wüten wie vorher auch, da, wie gesagt, Aspekte des Kredit-, Geld- und Zinssystems auf dieser Ebene noch gar keine Rolle spielt. Unternehmen würden weiterhin Scheininnovationen erzeugen, um Umsatz und Gewinn zu steigern, sie würden weiterhin zu Lohndumping greifen, vor allem würden sie weiterhin rationalisieren. Die Hoffnung der Freiwirtschaft ist es denn eben auch nur, genau die Produktionsausweitung wieder erreichen zu können, die zur laufenden Kompensation der Rationalisierungseffekte nötig wäre. Darin unterscheiden sie sich letztlich sogar keinen Deut von den Steuersenkungsplänen der FDP, die ja auch bewirken sollen, dass mehr ‘real’ investiert wird. Denn Steuern und Abgaben liegen der Rendite an genau der gleichen Stelle auf der Tasche wie Zinsen auch, letztlich ist auch das nur eine Variante der ‘Angebotspolitik’.
Auch schliessen sich Kooperation und Konkurrenz im Markt durchaus aus – entweder Unternehmen kooperieren, oder sie konkurrieren. Kooperieren bspw alle Unternehmen einer Branche, so haben wir am Markt ein Oligopol oder sogar Monopol, mit allen für den ‘Verbraucher’ bekannten Folgen. Daran ändert auch kein Zinsniveau etwas grundsätzliches. Und auch die Verteilungsspielräume des Systems werden nach wie vor in der Produktion gelegt, und eben nicht erst in der Zirkulation. Solange Arbeitskraft für einen Lohn eingekauft werden muss, der ‘wertmäßig’ unter dem liegt, was diese Arbeitskraft an Werten schafft, kommt man aus dem Dilemma nicht heraus. Mein Vorschlag geht also auch nicht in erster Linie auf eine ‘Abschaffung des Geldes’, sondern auf die Abschaffung des existierenden Lohnsystems und der ‘Wertaneignung’ durch Einzelkapitale. Dass der Staat als ‘Ersatzkapitalist’ dies gerade auch nicht schafft, war im übrigen einer der Kardinalfehler des ‘Realsozialismus’. Gefragt wäre vielmehr eine ‘echte’ Vergesellschaftung nach dem Muster kooperierender Genossenschaften bzw einer ‘Großgenossenchaft’. Dann erst könnte auch die Konkurrenz mit ihren marketinggetriebenen Scheininnovationen um des Umsatzes willen (und auch ‘unterdrückte’ Innovationen aus demselben Grunde) abgelöst werden durch einen echten ‘Wettbewerb der Ideen’. Solange nämlich sind sie – Zinsen hin oder her – nämlich auch nur Mittel, aber nie Zweck des ‘Wirtschaftens’.
Dezember 18th, 2009 at 23:02
@#3
Wes Brot ich ess´ dess´ Lied ich sing! Oder: Beiße nie die Hand, die den Scheck unterschreibt! –> Menschen!
@#Peinhard
Alles was Du sagst: Richtig!!
funktioniert trotzdem nich! –> Menschen! (deshalb schreibst Du ja auch ‘echten’, gelle?)
Beste Grüße
Dezember 19th, 2009 at 06:35
[...] « Modernste Technologie Gute Lyrik bei Feynsinn 19.12.2009 Gerade bei Feynsinn entdeckt: …Ich verweise immer wieder auf das Lambsdorff-Papier, die Blaupause für den [...]
Dezember 19th, 2009 at 08:38
Mondragon funktioniert. Natürlich immer noch ein ‘kapitalistisches’ Unternehmen, aber es könnte dennoch ein Migrationspfad sein. Mit dem Verweis auf die ‘menschliche Natur’ sollte man nicht zu leichtfertig sein, das Verhalten lässt sich von den Verhältnissen schlecht trennen, es hat immer einen ‘Kontext’. Andererseits ändert sich über Generationen Eingeschliffenes natürlich auch nicht über Nacht…
Dezember 20th, 2009 at 22:18
[...] Wenn der Kapitalismus nicht so mächtig wäre,,, noch was gutes vom Feynsinn erzähl es weiter: [...]
Dezember 21st, 2009 at 05:18
Mein lieber Peinhard,
Deine Argumentation erschließt sich mir nicht, tut mir leid. Ich habe ja das Beispiel der Krankenhäuser angeführt – da wurde ja nun viele, viele Jahre vorgemacht, wie ein “Unternehmen” funktionieren kann, ohne dass es Profit abwirft. Seit dieses Paradigma geändert worden ist, geht es bergab – sowohl für die Patienten (“Kunden), als auch für die Beschäftigten.
Wenn das unsägliche Zinssystem endlich abgeschafft wäre, bräuchte auch kein Unternehmen mehr Scheininnovationen, die einzig dem Zweck dienen, den Profit zu erhöhen. Ganz im Gegenteil! Dann würde Konkurrenz auf einem völlig anderen Level stattfinden – nämlich einerseits bezüglich der Beschäftigten (“Hey, arbeitet bei uns – hier gibt es nicht nur mehr Lohn, sondern auch weniger Arbeitszeiten und mehr Sozialleistungen!”), und andererseits bezüglich der Produkte (“Bei uns betreut nachts nicht nur eine Pflegekraft die ganze Station!”).
Wachstum wäre dann nicht notwendig, um wirtschaftlich zu arbeiten. Wenn das Kapital seine “Gewinne” nicht mehr ohne Wertverlust horten kann, gibt es keinen Grund mehr zur Profitmaximierung – die Devise würde dann lauten: Reichtumsbewahrung! Mit dem positiven Nebeneffekt, dass die ganze Bevölkerung profitieren würde.
Und wenn der Staat endlich dazu übergehen würde, die Geldschöpfung in die eigene Hand zu nehmen, anstatt zinslastige Kredite von irgendwelchen Geldgebern zu nehmen, die das Geld sowieso nur virtuell schaffen, wären wir einen riesigen Schritt weiter. Wieso geben diese Leute das Geld dem Staat, wenn sie doch wissen, dass es im Leben niemals zurückgezahlt werden kann? Richtig … weil sie es gar nicht besitzen, sondern nur auf die Zinszahlungen scharf sind.
Dieses System ist einfach nur pervers – aber wir alle bezahlen es. Und das ist auch der Knackpunkt – wenn das nicht geändert wird, nützt kein wie auch immer gearteter Neuanfang etwas.
Dezember 24th, 2009 at 12:50
“Deine Argumentation erschließt sich mir nicht, tut mir leid. Ich habe ja das Beispiel der Krankenhäuser angeführt – da wurde ja nun viele, viele Jahre vorgemacht, wie ein “Unternehmen” funktionieren kann, ohne dass es Profit abwirft.”
Durchaus – nur eins ist es eben dann nicht: ein kapitalistisches Unternehmen. Und ‘wenn das alle machen würden’ oder sollten, dann hätten wir eben auch keinen Kapitalismus mehr.
“Wenn das Kapital seine “Gewinne” nicht mehr ohne Wertverlust horten kann, gibt es keinen Grund mehr zur Profitmaximierung – die Devise würde dann lauten: Reichtumsbewahrung!”
Genau dasselbe in grün, tut mir leid. Es wäre dann die Konkurrenz um die ‘maximale Reichtumsbewahrung’. Wie ich schon schrob, wäre der ganze Mechanismus höchstens um eine Ebene verschoben, aber keinesfalls ‘aufgehoben’.
“Dann würde Konkurrenz auf einem völlig anderen Level stattfinden – nämlich einerseits bezüglich der Beschäftigten (”Hey, arbeitet bei uns – hier gibt es nicht nur mehr Lohn, sondern auch weniger Arbeitszeiten und mehr Sozialleistungen!”), und andererseits bezüglich der Produkte (”Bei uns betreut nachts nicht nur eine Pflegekraft die ganze Station!”).”
Und das ist dementsprechend auch nur genau die gleiche ‘Vision’, die die gängige Lehre bei ‘vollständiger Konkurrenz’ und ‘Vollbeschäftigung’ auch bietet.
“Und wenn der Staat endlich dazu übergehen würde, die Geldschöpfung in die eigene Hand zu nehmen, anstatt zinslastige Kredite von irgendwelchen Geldgebern zu nehmen, die das Geld sowieso nur virtuell schaffen, wären wir einen riesigen Schritt weiter.”
Und auch das sehe ich nicht so – vielmehr einen Schritt ‘quer’ zurück beim ‘Realsozialismus’.
Lies nochmal die erste Entgenung von mir – entscheidend ist, dass Profitmaximierung wie Wachstumszwang eben nicht erst der ‘Zirkulationssphäre’, sprich dem Geldsystem entspringt, sondern bereits in der ‘Produktion’ durch die Konkurrenz verursacht wird. Und kein Zinsniveau kann daran etwas grundsätzlich ändern, weil es eben dort noch gar keine Rolle spielt.
Dezember 30th, 2009 at 03:39
Leider hat mich die Lebenswirklichkeit (Krankenhausaufenthalt) an einer zeitnahen Antwort gehindert – tut mir leid.
Dennoch werde ich auch aus Deiner neuerlichen Entgegnung nicht schlauer. Inwiefern soll denn in einer von der Zinsproblematik bereinigten Wirtschaft bereits im Produktionsprozess ein Wachstumszwang entstehen? Der Zwang (nicht der Wille) zur Profitmaximierung wäre damit doch abgeschafft. Und wenn es Kapitalbesitzern parallel unmöglich gemacht wird, Geld ab einer bestimmten Menge ohne Wertverlust zu horten, wäre auch der Drang gebändigt, immer mehr Geld zu scheffeln. Das erwirtschaftete Geld würde also in großen Teilen stets wieder zurück in den Wirtschaftskreislauf fließen und dort für Bewegung sorgen.
Der Volkswirtschaftler Prof. Bernd Senf hat das in seinen Büchern (“Der Tanz um den Gewinn”, “Die blinden Flecken der Ökonomie” und “Der Nebel um das Geld”) sehr anschaulich erklärt. Eine Ökonomie, die auf einem vom Zins befreiten und nicht mehr auf Schuld beruhenden Geldsystem funktioniert, würde all die negativen Folgen des Kapitalismus, die wir heute erleben müssen, nicht mehr hervorbringen. Es wäre kein Kapitalismus mehr, wie wir ihn jetzt kennen, sondern ein völlig neues System, das auch mit dem “Realsozialismus” der Vergangenheit nichts gemein hat.
Eine erste kleine Einschätzung aus der ARD-Sendung “Plusminus” findet man hier: https://tinyurl.com/yd6u2sc – weitergehende Infos finden sich in vielen Vorträgen von Herrn Prof. Senf, die man hier abrufen kann: https://www.berndsenf.de/MenuVortraegeSeminare.htm
Januar 1st, 2010 at 10:43
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Januar 4th, 2010 at 09:20
@Peinhard
Ich glaube: Erst Fressen, dann Moral! Natürlich: Die Verhältnisse! Klaro, bei der Übung scheint die Sonne. Da lässt es sich leicht rufen: “Frau und Kinder zuerst in die Boote!” Wenn’s dann ernst wird scheint meistens nich die Sonne – und dann heißt es: “Rette sich wer kann!” Deshalb: Vorrangig die Natur, nachrangig die Verhältnisse.
Beste Grüße
PS.: Habe das Link zum “Die Kriese des Tauschwerts” verlegt, will es weitergeben. Kannste Du das bitte noch’mal angeben? Hab’ den Text rauskopiert, bin noch am verstehen (Du hast recht, “iss wat schwergängig”), sehr interessant. Btw: Der Text iss von ’86, zweifellos immer aktuell. Hast Du da noch ‘n Update beizutragen? Geht auch notfalls an hh2203@operamail.com
Dank’ Dir im Voraus!