Wer nichts mehr vor sich sieht, wünscht den Untergang des Ganzen herbei, so lässt sich Adorno aus dem hier verlinkten Vortrag verkürzt zitieren. Was er damit meint, ist dass der rechtsextreme, der faschistische Charakter, in der Krise zum Düsteren, Mächtigen, Zerstörerischen neigt. Dies ist nur ein Detail seiner äußerst aktuellen Ausführungen, die ich nur empfehlen kann.

Zwei Gedanken kamen mir an dieser Stelle, nämlich zuerst die Frage, ob die Neigung zu Untergangsszenarien nicht auch dem hiesigen, eher radikal linken Klientel zu eigen ist und zweitens dass dies “nichts vor sich Sehen” eines der schlimmsten Zeichen dieser Zeit ist.

Wir müssen uns, um Ersteres kurz abzuhandeln, nicht wirklich Sorgen machen, an dieser Stelle bestünde eine Analogie zwischen Linken und Rechten, ganz im Gegenteil. Wenn Adorno hervorhebt, dass diese Symptomatik einhergeht mit fehlender Theoriebildung, weist er en passant auf die entscheidende Differenz: Es herrscht hier keine Lust am Untergang, dem Taumeln ins mystische Grauen, sondern die oft verzweifelte Bemühung um ein Danach im Bewusstsein dessen, was aller Wahrscheinlichkeit nach passieren wird. Wirklich aktuelle Diskussionen zeichnen sich dabei durch eine Vielzahl alternativer Ansätze aus, die gegeneinander in Stellung gebracht werden.

Der Untergang

Womit wir beim Thema sind: Die aktuelle Version der Endphase des Kapitalismus ist charakterisiert durch eine beinahe kultivierte Aussichtslosigkeit, eine Apokalypse unter Betäubung, in die hinein uns nicht geifernde Fanatiker führen, sondern Manager einer – wie paradox – alternativlosen Beliebigkeit. Es gibt kein Ziel und keinen Sinn, aber alles muss genau so sein wie es ist.

Die Menschen folgen dabei in ihrem Klammern an die Zwangsvorstellungen der neoliberalen Konfession des Kapitalglaubens ihren Führern, ohne dass diese irgendein Heilsversprechen oder auch nur Trost parat hätten. Es wird kein Endsieg in Aussicht gestellt, nicht einmal das Ende der “Krise”, aber es wird jeder Zwang begrüßt, jede Schikane bejubelt, jede Einschränkung gefeiert, von der die Führung sagt, dass sie nötig seien. Dem entsprechend bedeutet “gemeinsam erfolgreich”, dass das Konterfei der Führerin überlebensgroß auf ihre Untertanen herabblickt, als sehe sie uns, beobachte uns, wachte über uns wie die schon sprichwörtliche “Mutti” über Kleinkinder. Technisch wird das Ganze derweil im Hintergrund besorgt – von der Geheimpolizei.

Warum sollte sich das jahrzehntelang propagandistisch vorbereitete Volk also aufregen? Der Untergang, den es ohnehin begrüßt, wird abgedimmt, pastellfarben und mit freundlicher Untermalung kredenzt. Es gibt nichts zu kämpfen und nichts zu gewinnen, nur den allmählichen Trott ins Nichts, für nichts, gegen nichts. Dafür steht das personifizierte Nichts, das nichts meint, nichts sagt und nichts tut. “Sie kennen mich“. Ja. Schon seit Jahrtausenden. Schon immer.