Vor einem Jahr stand die hessische SPD zwischen einem Minister Jürgen Walter und dem hinterhältigsten “Gewissen” der deutschen Parlamentsgeschichte.
Bis zum 24.10.2008 hatte Walter, der schon die Koalitionsverhandlungen maßgeblich geführt hatte, um sein Ressort gefeilscht. Er wollte Minister für Wirtschaft und Verkehr werden, um seine Ideen oder die der ihm nahestehenden Lobbyisten umzusetzen. Da ihm aber eine solche Machtfülle nicht geboten wurde, sprang er eine Woche vor der Wahl der Ministerpräsidentin ab und entdeckte gemeinsam mit zwei weiteren Heckenschützen kurz darauf sein “Gewissen”.

Ich schrieb dazu einen Tag vor der Wahl im Parlament:

Wenn Jürgen Walter Karriere macht, dann als Büchsenspanner unter seinesgleichen. Und er macht alles richtig: Die hessische Koalition ist schon desavouiert, ganz gleich, ob sie zustande kommt oder nicht. Der Agenda-Fraktion liefert er genau das Chaos, das dem Versuch einer Linken Mehrheit angedichtet werden soll. Die zugeschaltete Presse wartet nur darauf, Ypsilanti das anzukreiden, was die SPD vollends ruiniert hat: Die Intrigen einer potitischen Machtelite, die keinen Wert auf die Meinung der Basis und der Bürger legt. Steinmeier und Münterfering ist es gelungen, ganz im Sinne Schröders zu verhindern, daß in der SPD noch jemand halbwegs sozialdemokratische Politik macht. Ihre Mietmaulwürfe sitzen überall und haben Narrenfreiheit.

Und ganz selbstverständlich haben die Medien in Presse, Funk und Demoskopie diesen Verrat nicht nur Andrea Ypsilanti angekreidet, sondern sie nach allen Regeln der Kunst niedergemacht. Noch heute dürften die meisten Deutschen Ypsilanti mit “Wortbruch” und Beck mit “muß weg” assoziieren. Der neoliberale Demoskop und Zahlendemagoge Güllner hat noch nach der Bundestagswahl ernsthaft Beck und Ypsilanti für die Niederlage verantwortlich gemacht und wird nach wie vor fleißig von willfährigen Abschreibern zitiert.

Für die allermeisten Leser ist das nichts Neues, warum also der eitle Verweis auf mein Geschwätz von gestern?
Ganz einfach: Weil die Fakten in Vergessenheit geraten und die Propaganda bleibt. An die Slogans erinnern sich noch alle, von den Hintergünden will niemand etwas wissen, und ich bezweifle auch, daß dieses Schmierentheater von der neuen Parteiführung aufgearbeitet wird. Dabei ist es noch lange nicht Geschichte, sondern wirksame Gegenwart.