Jürgen Walter, das neoliberale U-Boot in der hessischen SPD, wäre beinahe ein Ehrenmann. Er macht es anders als der Meuchler von Heide Simonis und stänkert öffentlich gegen den Kurs seiner Chefin. Einiges schränkt dennoch den Respekt vor ihm ein, zum Beispiel seine Motive und die Tatsache, daß er nicht einmal in der Lage ist, sich festzuglegen oder an entscheidenden Abstimmungen teilzunehmen. Walter denkt vor allem an Walter und hält Fraktionsdisziplin offenbar genau dann für verhandelbar, wenn sie nicht seinen Zielen dient. Er weiß sich gestützt durch die machtpolitische Spitze in Berlin und die produzierte Öffentlichkeit. Dies macht ihn stark und trägt ihm den Titel “Gegenspieler” ein, wie SpOn ihn nennt. Ypsilanti muß alles auf eine Karte setzen. Da Walter meint, “Verstecken” spielen zu können, versucht sie, ihn zur “Disziplin” zu zwingen. Die Zustimmung für ihren Versuch, eine illegitime Regierung abzulösen, ist gewaltig. Ihre Gegner berufen sich auf ein “Gewissen”, das sie zuvor noch nie entdeckt haben und ein Wahlversprechen, das an der Realität scheitert. Wären sie konsequent, wären sie nach der Mehrwertsteuererhöhung aus der SPD ausgetreten. Jene aber war ein dreister Wahlbetrug der Machtspitze, mit der sie sich im Bunde wissen.
Figuren wie Walter hat es schon immer gegeben. Daß dieser Menschenschlag Konjunktur hat, liegt nicht nur an der SPD, aber in ihr sind sie offenbar bestens aufgehoben. Der “Gegenspieler” ist ein Geisterfahrer aus Kalkül und insofern kein “Gegenspieler”, sondern ein potenzieller Verräter. Die Wortwahl bei SpOn und anderen ist daher tendenziös, zumal im Zusammenhang mit der penetranten Etikettierung Lafontaines als “Populisten”. Worte machen Leute.
Was Jürgen Walter sich da leistet, ist unerträglich. Es spricht Bände, daß sich niemand finden will, der sein Spiel wirksam unterbindet. Man darf wohl davon ausgehen, daß er sich der Unterstützung von höherer Ebene versichert hat. Nicht nachvollziebar ist für mich daher die aus der hessichen SPD geäußerte Ansicht, er bekomme in der SPD “keinen Fuß mehr auf den Boden”, noch weniger das, was Christian Teevs bei SpOn dazu schreibt:
Wenn Ypsilanti am Dienstag scheitert, reißt sie ihn mit in den politischen Abgrund. Egal ob er ihr die Stimme verweigert oder nicht.
Sollte sie dagegen Erfolg haben, wird sie ihm diesen Auftritt in Fulda wohl kaum verzeihen – und ihn auf Dauer von einflussreichen Positionen fernhalten.
“.
Einflussreiche Positionen in der SPD und vor allem in den ihr angeschlossenen Seilschaften werden nicht von Andrea Ypsilanti vergeben. Wenn Jürgen Walter Karriere macht, dann als Büchsenspanner unter seinesgleichen. Und er macht alles richtig: Die hessische Koalition ist schon desavouiert, ganz gleich, ob sie zustande kommt oder nicht. Der Agenda-Fraktion liefert er genau das Chaos, das dem Versuch einer Linken Mehrheit angedichtet werden soll. Die zugeschaltete Presse wartet nur darauf, Ypsilanti das anzukreiden, was die SPD vollends ruiniert hat: Die Intrigen einer potitischen Machtelite, die keinen Wert auf die Meinung der Basis und der Bürger legt. Steinmeier und Münterfering ist es gelungen, ganz im Sinne Schröders zu verhindern, daß in der SPD noch jemand halbwegs sozialdemokratische Politik macht. Ihre Mietmaulwürfe sitzen überall und haben Narrenfreiheit.