unbef

Im folgenden möchte ich ein Modell vorstellen, wie sich eine Gesellschaft anders organisieren könnte als die aktuelle, und sicher auch anders als bisherige, nämlich “sozialistische”. Der Entwurf enthält vieles, was mir persönlich gefallen würde, ist aber dennoch nicht frei von Beliebigkeit. Fast sämtliche Details könnten auch anders geregelt werden. Ich skizziere das, um die Gelegenheit zu bieten, sich am Beispiel abarbeiten zu können. Im Entwurf als solchem kreuzen sich abstrakte und konkrete Momente von Alternativen zum Bestehenden.

Meine Vorstellung basiert auf einigen zentralen Annahmen, die das Auseinanderfallen in Schichten, Herren und Sklaven, Arm und Reich etc. vermeiden helfen. Dazu gehören weitgehendes Gemeineigentum, konsequente Machtbegrenzung, das Primat der gemeinschaftlichen Organisation vitaler Produktion und dabei auch die Beteiligung aller nach ihren Möglichkeiten. Ich verzichte gänzlich auf den Versuch, Freiheit über ein gewisses Maximum hinaus zu sichern, dabei aber ein Minimum an persönlicher Freiheit für jedermann, das über alle bislang etablierten Gesellschaftsformen hinausgeht. Das darf man selbstverständlich kritisieren.

Eigentum, Produktion, Konsum

Beginnend mit der Eigentumsfrage gibt es kein Privateigentum, d.h. keinen vererbbaren Landbesitz und keinen Besitz an Produktionsmitteln, der Lohnarbeit zur Folge hätte. Privater Besitz von Grund und Boden ist zulässig, das lebenslange Hausrecht über die eigenen vier Wände und den Grund, auf dem diese stehen. Die Verteilung von Wohnraum ist dabei problematisch, ich möchte die Modalitäten an dieser Stelle aber nicht festlegen.

Die vitale Produktion hat Priorität vor der Herstellung von Konsumgütern. Es ist durch die gesamte Gemeinschaft (ggf. das Volk) zu sichern, dass ausreichend Ressourcen für Nahrungsmittel, Energie, Wohnraum, Gesundheitswesen, Altenpflege, Kinderbetreuung und die Infrastruktur zur Verfügung stehen. An diesen Aufgaben müssen sich alle beteiligen. Der zeitliche Aufwand für die notwendigen Tätigkeiten (die in dem Zusammenhang ggf. als “Arbeit” bezeichnet werden können) ist so zu verteilen, dass das erforderliche Maß an Wochen- und Lebensarbeitszeit von allen geleistet wird. Wer dazu beiträgt, hat das Recht auf seinen Teil am Gemeineigentum. Wer (z.B. aus gesundheitlichen Gründen) nicht dazu in der Lage ist, wird von dieser Voraussetzung befreit. Was als notwendig gilt, beschließen alle Beteiligten.

Die Verteilung der Tätigkeiten wird über eine Börse geregelt. Besonders unbeliebte Tätigkeiten (Kanalreinigung, Schädlingsbekämpfung o.ä.) können mit bis zum Zehnfachen des Zeitaufwands vergütet werden, der für einfache Aufgaben angerechnet wird. Es dürfen Grundqualifikationen gefordert werden, um Zugang zu bestimmten Tätigkeiten zu erhalten.

Über die vitale Produktion hinaus können weitere Produkte erstellt werden, die lokal, regional und überregional (in dieser Priorität) von der Gemeinschaft gewünscht werden. Die dazu notwendigen Ressourcen werden für angemessene Zeiträume zur Verfügung gestellt, auch darüber entscheiden die Beteiligten. Die Entscheidungen werden periodisch überprüft und basisdemokratisch getroffen. Langfristig wirksame Entscheidungen bedürfen einer (Dreiviertel-?) deutlichen Mehrheit. Ggf. betroffene definierte Minderheiten haben ein Vetorecht.

Politische Organisation

Vitale Ressourcen (Rohstoffe) sind überregional so zu verteilen, dass die Versorgung aller gesichert ist. Interregional können Ressourcen getauscht werden. Außenhandel kann unter der Kontrolle der Gemeinschaften in Fremdwährung betrieben werden. Dazu notwendige Bankgeschäfte werden von der Gemeinschaft kontrolliert.

Alle Entscheidungen werden subsidiär getroffen. Es kann aus organisatorischen Gründen notwendig werden, Delegierte zu wählen oder Einzelne mit langfristigen wichtigen Aufgaben zu betreuen. Damit verbundene Kompetenzen werden strikt auf Zeit verliehen, sind unter keinen Umständen verlängerbar und dürfen nicht gebündelt werden. Es ist daher dafür zu sorgen, dass nur solche Projekte etabliert werden, für die ausreichend breit verteilte Kompetenzen zur Verfügung stehen. Ausnahmen können solche Projekte sein (Grundlagenforschung o.ä.), die eindeutig keinen Machtzuwachs Einzelner oder Gruppen zur Folge haben. Sie bedürfen der periodischen Zustimmung der Gemeinschaft; die Resultate werden von dieser kontrolliert.

Jenseits der Privatsphäre unterliegen alle Vorgänge, Abstimmungen, Prozesse und Projekte strikter Transparenz. Es gibt keine Geheimhaltung. Es gelten keinerlei Einschränkungen der Bewegungsfreiheit, kein Arbeitszwang und keine Einschränkung der Meinungsfreiheit.

p.s.: Diese grobe Skizze lässt einige Bereiche aus, die einer Regelung bedürften und schließt möglicherweise welche ein, die weniger relevant sind. Zweck des Textes ist der Versuch, Zustimmung und Ablehnung zu bestimmten Ideen formulieren zu können, um die jeweiligen Utopien ein wenig zu sortieren.