jump

Foto: Matt Stoller

Beginnen wir daheim und rückblickend: Eine der größten Leistungen der Frankfurter Rundschau war die Aufklärung im Fall der gemobbten Steuerfahnder in Hessen. Unter dem Triumvirat Koch-Bouffier-Weimar war versucht worden, die erfolgreichen Beamten zu psychiatrisieren. Sie wurden durch ein falsches Gutachten für verrückt erklärt, weil sie in Deutschlands Bankenhauptstadt Steuerhinterzieher verfolgten. Nun, inzwischen wissen wir, dass es anderswo noch schlimmer kommen kann, da wird man schon mal für die Wahrheit jahrelang in die Geschlossene gesperrt.

Der damals zuständige und als “brutalst möglicher Aufklärer” in die Geschichte der Satire eingegangene Ministerpräsident Koch ließ die Affäre Schmenger/Wehrheim von seinen Vasallen, unter ihnen Nachfolger Bouffier, abwehren. Koch selbst klärt inzwischen als Chef von Bilfinger Berger auf, wie unschuldig die Landesregierungen vor ihm schon waren, als seine heutige Firma mutmaßlich Bestechungsgelder an seine damalige zahlte. In Hessen geht also alles mit rechten Dingen zu.

Der Investor, ein Fluchttier

Es kann daher nur völlig astrein sein, wenn Überweisungen von Verdächtigen an den Chef der hessischen Finanzbehörden getätigt wurden. Schließlich waren die seinerzeit noch nicht verdächtig und hatten sicher ganz unausweichliche Geschäftsbeziehungen mit Herrn Clemm. Da kann man keinesfalls Absichten oder Strukturen unterstellen, denn das hieße ja, in Hessen regierte eine Mafia.

Das Signal kommt jedenfalls an: Hier werden Investoren geschützt. Das ist auch bitter nötig, denn sonst flieht der scheue Tyrannosaurus ins Ausland. Im wahrsten Wortsinne feudal ist die Praxis, das Schützen des Kapitals von einem Institut besorgen zu lassen, welches eigentlich dessen ärgster Feind ist: dem Staat. Wie wir seit dreißig Jahren täglich zu hören bekommen, nährt dieser sich in verwerflichster Weise von Steuern, die jedes Wachstum zerstören. Aus dieser Not heraus überlässt der Privateigentümer das Zahlen dem gewöhnlichen Volk. Dieses zahlt von dem, was es gar nicht mehr hat, schließlich für seine eigene Unterdrückung. Wer sich von der Polizei aus der eigenen Wohnung verjagen lassen will, weil des Investors Profit gefährdet ist, muss dafür auch noch Überstunden machen. “Soziale Marktwirtschaft” wird das genannt.

Dieser Prozedur entziehen sich die Leibeigenen zunehmend durch Entleibung; der Sprung aus dem Fenster als sprichwörtlich letzter Ausweg ist ihr politisches Testament. Wenn ich einen Schritt zurücktrete und die Gesamtlage betrachte, sind sie die Falschen. Springen sollten die am anderen Ende der Verwertungskette. Eine Frage der Ehre, wie ich meine. Die aber ist vor langer Zeit aus den Marmorburgen ausgezogen und gibt keinen Grund zu der Hoffnung, dass sie sich dort je wieder blicken lässt.