schrammEine “Partei” wie die Piraten fasert zwangsläufig an allen Ecken und Enden auf, weil sie nicht gewachsen ist. Das war schon immer ein Problem der Shooting Stars, so auch bei “Schill-” oder “Stattpartei”. Nicht nur das Tempo spielt da eine Rolle, weil sich Strukturen nicht in der Eile bilden können, wie Funktionen besetzt werden müssen, sondern auch ein Mindestmaß an Homogenität, gemeinsamer Substanz, fehlt.

Bei einer Themenpartei ist das Problem, dass zwar das Ziel feststeht: Weniger Steuern, kein Fluglärm, Ausländer raus et cetera. Aber die Wege dorthin sind schon sehr unterschiedlich, und da zeigt sich gern, dass die Einigkeit nur äußerst oberflächlich besteht. Hinzu kommt bei einer solchen natürlich, dass Politik und Parlamentarismus sich nicht mit einem einzigen Thema bestreiten lassen. Welche Militärpolitik kann ich z.B. von einer Partei erwarten, die den Euro abschaffen will? Und welche Wirtschaftspolitik von einer Tierschutzpartei?

Bildquelle: Bastian Haas

Das Problem potenziert sich, weil der schnelle Erfolg ganz spezielle Karrieren hervorruft. Menschen werden plötzlich prominent, kommen unerwartet an hohe Einkommen, es öffnen sich ihnen Türen, die für andere verschlossen bleiben. Der Reiz der Macht und des Geldes korrumpiert. Das ist nicht zu vermeiden und keine persönliche Verfehlung. Es ist aber Teil des Geschäfts, und wer wissen möchte, was ihn erwartet, muss das einkalkulieren.

Womit wir beim Exempel Julia Schramm sind. Die junge Dame ist nicht besonders unmoralisch unterwegs oder korrupter als andere. Sie ist halt ein Sellface, das in jedes Verlagskonzept passt und hat die Gunst der Stunde genutzt. Die Widersprüche, in die sie sich verwickelt, sei es bezüglich Urheberrechts oder Parteifunktion, hat sie nicht selbst hervorgerufen. Sie ist allerdings ein Symptom für den Webfehler der “Piraten”, einer Partei, die sich in den vergangenen Jahren gegründet und etabliert hat, ohne irgend ein Verständnis für die Regeln des kapitalistischen Betriebs zu entwickeln.

Korrumpiert, entlarvt, abgeschossen

Keinerlei Verständnis, dafür ein Gespür, das peinlichst im Titel ihres offenbar inhaltsarmen Buches zutage tritt. “Klick mich” sagt die junge Frau, die sich gerade an einen Großverlag verkauft hat. Die gewollte phonetische Assoziation zum “Fick mich” ist nicht bloß Kaufanreiz, sondern eine Offenbarung ihres Verhältnisses zum Kapital. Sie hat die Beine breitgemacht, es mit sich machen lassen und kassiert. Gut kassiert. Somit kann sie sich des schalen Respekts derer sicher sein, die für weniger mehr tun. Wäre da bloß nicht die Illusion der Freiheit, auf deren Verkauf ihr bisheriger Erfolg beruhte.

Die Widersprüche des Systems, in dem die Piraten segeln, werden überall sichtbar, wo sie wirklich aktiv werden. Der eine negiert sich als Person, womit er erst recht verdeutlicht, dass er am Ende doch als beeinflussbarer Mensch sich selbst vertritt und nicht die Demokratie, sei sie fest oder flüssig. Die andere geht den Weg ihres eigenen kleinen Ruhms und zertrampelt das bisschen Inhalt, für das sie bislang stehen wollte. Urheberrecht? Drei zwei eins, meins. Das sind keine Zufälle, das ist alles, was von Piraten übrig bleibt, wenn das System sie wahrnimmt.

Die liebevolle Umarmung der Medien, die bislang noch keine neue Partei in dieser Herzlichkeit erlebt hatte, hat auch damit zu tun, dass sie mit Recht als harmlos eingestuft wird. Abgesehen davon, dass sie als starke Konkurrenz des Schmuddelkindes „die Linke“ nicht unwillkommen ist. Die Piraten, ihre versammelte Prominenz allemal, sind Kanonenfutter für das Establishment. Wo immer sie sich vorwagen, werden sie hier korrumpiert, da entlarvt und dort abgeschossen. Das wird so lange gehen, bis sie selig untergehen oder endlich begreifen, mit wem sie es zu tun haben auf der großen Bühne. Ich habe keine Zweifel, welcher Fall zuerst eintritt.