psychdol

Eine Frage, der die meisten meiner Kollegen, die wie auch immer als “linksliberal” eingestuft werden, gern ausweichen, ist die oben genannte. Die Hauptrichtung ist aus meiner Sicht die, in der die ‘Marktwirtschaft’ als solche nicht zur Disposition gestellt wird. Vielmehr wird hier Keynes beschworen, da gegenversteuert und dort gar die finale Eurorettung besprochen, nach der alles wieder gut sei. Wie ich aus vielen Kommentaren – nicht zuletzt aus anderen Blogs – erfahre, haben es vor allem linke ‘Kritiker’ noch nicht bemerkt, aber ich selbst gebe dem Kapitalismus, auch im Ballettkleidchen “Soziale Marktwirtschaft” schon lange keine Chance mehr.

Insofern halte ich mich für den Linksextremisten unter den Etikettliberalen, worin ich auch sehr bestärkt werde von jenen, die Marx für einen Sowjetgeneral halten und Sozialismus für eine Art Teufelsanbetung. Nicht nur um weiter zu verwirren, denn das hält wach, wage ich also den Versuch, den Kapitalismus doch noch zu retten. Alles, was ich dazu kann und muss, ist die entsprechende Frage zu stellen. Okay, ich werde sie auch erläutern.

Wer bleibt, der schreibt

Der Kapitalismus birgt offenbar drei Probleme: Erstens, er funktioniert nicht. Zweitens, das liegt an seinem Konstruktionsfehler und ist schon theoretisch nicht zu widerlegen. Drittens hat er das immer wieder empirisch belegt.
Leider ist es aber so, dass erfolgreich das Gegenteil behauptet wird. Dies wiederum hat teils nachvollziehbare Gründe. Vor allem ist da der zu nennen, dass die Überlebenden die Geschichte schreiben, in diesem Fall vor allem die USA – der ein echter Reset bisher erspart blieb als Sieger aus den zwei Weltkriegen.

Ansonsten lässt sich diagnostizieren und empirisch belegen, dass Marxens Analyse stimmt: Die Profitraten sinken periodisch, dagegen gibt es kein Mittel. Die Illusion, dass es anders sei, ist nur sekundär durch technische Umwälzungen und primär durch die Eroberung fremder Märkte aufrecht zu erhalten. Letzteres aber gelingt eben nur den wenigsten. Die meisten gehen dabei erst recht unter. Die einzige Chance, dass es irgendwann weitergeht, liegt im Zusammenbruch. Danach kann man bei Null anfangen und sich wieder so lange über ‘Wachstum’ freuen, bis wieder zu viel Kapital auf zu wenig Absatz trifft. Eine Situation, die wir in historisch einmaligen Dimensionen derzeit weltweit erleben.

Vom Ende zum Ende zum Ende

So stellt sich also die Frage, wie die Zukunft des Kapitalismus aussehen soll. Eine Variante, die man ernst nehmen könnte, die aber ausgerechnet die Fürsprecher der (alternativlosen) ‘Marktwirtschaft’ nicht anbieten, ist die der geplanten Resets. Der periodische Zusammenbruch müsste demnach so vorgesehen sein und der holde ‘Wettbewerb’ an einem Punkt x|y beendet werden, um alles wieder auf “Los” zu schicken. Wer das will, sollte das bitte sagen und sich mit den Folgen befassen. Dazu sei angemerkt, dass auf dem Niveau an Produktivität, das bereits erreicht ist, dieser Punkt sehr schnell wieder erreicht werden wird.

Wer das nicht will und glaubt es sei möglich, Kapitalismus so zu stabilisieren, dass die periodischen Krisen samt Zusammenbruch vermeidbar wären, soll mir bitte erklären wie. Bislang ist mir keine Theorie bekannt, die das auch nur annähernd zu leisten imstande ist. Am peinlichsten aber ist, dass der politisch-ökonomische Komplex sich diese Frage nicht einmal stellt. Meine linksliberalen Kollegen übrigens auch nicht. Sie müssten sich bei der Gelegenheit vielleicht klar machen, dass ein bisschen “Sozialismus” (die Art, vor der die FDP immer warnt) in der Marktwirtschaft zwar nicht das Schlechteste wäre, den Prozess aber auch bestenfalls verlangsamt. Oder kennen die einen Trick, der mir entgangen ist?