Aus der bisherigen Diskussion vermeine ich zu erkennen, dass im Grunde weitgehende Übereinstimmung herrscht dahingehend, dass ohne die ordnende Instanz eines Staatswesens nicht wirklich etwas zu gewinnen ist für die Zivilisation. Wie aber soll man sich das vorstellen, wenn Staat sich immer hat korrumpieren lassen und zum Instrument der Mächtigen wurde, um ihre Macht zu erhalten?

Historisch betrachtet, ist es kurzsichtig zu behaupten, der Staat sei erstrangig ein solches Machtinstrument, zumal der moderne. Die Machtstruktur in den Feudalsystemen war keineswegs angenehmer fürs Volk, die Restauration in Form des Absolutismus auch kein Argument gegen ein bürgerliches Staatswesen. Auch die Ostblockstaaten waren solche, und bei deren Entstehung wurden die Eliten immerhin beinahe komplett ausgetauscht. Wäre das wohl gelungen, wenn sich nur kommunistische Regionalgruppierungen gebildet hätten?

Die Tyranneien im Italien der Renaissance als quasi unmittelbare historische Vorläufer der bürgerlichen Demokratien illustrieren ebenfalls, wie die Alternativen zumeist aussehen. Das moderne Staatsmodell wiederum wurde als Bollwerk gegen die Macht des alten Adels entworfen und wäre beinahe genial gewesen – hätte man nur daran gedacht, dass eine sich neu bildende Oberschicht dasselbe in grün etablieren könnte.

Guter Staat, böser Staat

Man kann dennoch nicht behaupten, der Staat an sich sei etwas Gutes, das Solidarität und Ausgleich schafft, und es würde ja bloß von außen korrumpiert. Auch wenn die wahre Macht heute eine dem Staat äußere ist, liegt der Keim der Verflechtung von Staat und Kapital bereits in der bürgerlichen Demokratie selbst.

Aus meiner Sicht liegt es am Ende nahe, den Staat als notwendige Instanz zu akzeptieren, ihn zu gestalten und zu immunisieren gegen die Übernahme durch Interessengruppen, insbesondere die Bildung einer Plutokratie. Ceterum censeo: Der Staat muss die bedingungslose Grundversorgung aller Bürger sicherstellen und Macht in jeder Form begrenzen. Keine andere Instanz oder Konstellation wäre dazu in der Lage.

Angesichts eines phantastischen Überflusses an Produktivkraft ist es ein Leichtes, unter Beteiligung aller (!) Bürger die Grundversorgung zu regeln und zu garantieren. Niemand muss dann mehr hungern, frieren oder sich versklaven lassen. Gleichzeitig müssen Einkommen und Vermögen sowie Landbesitz so geregelt werden, dass es keine Dynastien von Großgrundbesitzern und Habenichtsen mehr gibt. Das ist machbar, und es ist machbar, indem sich die Bürger gewahr werden, dass es ihr Staat ist und nicht der geborener Repräsentanten.

Eine einfache Alternative

Ein Weiteres ist die Verfügungsgewalt über Ressourcen jedweder Art. Materielle, aber auch die über Information und öffentliche Entscheidungen. Hier muss der Einfluss begrenzt werden sowohl in der Menge der Ressourcen als auch in der Dauer von Entscheidungsgewalt. Niemand darf über Jahrzehnte Entscheidungen für die Allgemeinheit treffen, während andere ohne relevanten Einfluss bleiben. Kurz: Es müssen ausreichend Maßnahmen getroffen werden, die Korruption auf ein Minimum begrenzen. Die Aufgabe des Staates, der Demokratie, besteht mithin darin, Macht auf eine möglichst breite Basis zu stellen. Für alles andere braucht man keinen Staat; dazu reichen Herren, Sklaven und bewaffnete Aufpasser.

In welcher Beziehung dies zur Organisation von Arbeit steht, werde ich in einem weiteren Artikel besprechen, der das Phänomen “Arbeit” näher beleuchtet.