wettEin Vehikel des Neusprechs, das dringend zum Gegenstand nachhaltiger Kritik werden muss, ist der sogenannte “Wettbewerb”. Er klingt nett, erinnert an “Wettrennen” und lässt sich gern mit Begriffen wie “fair” in Verbindung bringen, womit er einer der Kernforderungen neoliberaler Konzepte folgt: Es sei ausschließlich positiv über kapitalistisches Wirtschaften zu sprechen. Zuvor war häufig noch die Rede von “Konkurrenz”, die “hart” und “brutal” sein kann und deutlich macht, dass es Verlierer gibt, die ausscheiden.

Einerseits “internationale”, “globale” Bedrohung, ist er aber “Anreiz”, Ansporn zu bestmöglicher “Leistung” im “Vergleich”, dem ‘wir’ standhalten müssen – was ‘uns’ immer wieder gelingt, als “Exportweltmeister”. Das ist wie im Fußball. Resultat solcher Konkurrenz ist das Gute für alle: “Aufschwung”, “Wohlstand”, “Wachstum”.
Hört man regelmäßig vom “Ausschalten”, “Vernichten”, “Zerstören” der Konkurrenz und der gemeinsamen Ressourcen? Von “kontraproduktiver Konkurrenz” etwa, “Ungerechtigkeit”, “Ausbeutung” und “unmenschlicher Atmosphäre”, von “asozialem Kapitalismus”?

Soziopathen am Werk

Wie im wahrsten Sinne irre das Verhalten derer sich gestaltet, die im Zentrum ökonomischer Konkurrenz ihre Soziopathien ausleben, das zeigt eine aktuelle Studie. Dass gnadenlose Konkurrenz einer Gesellschaft nicht dienlich sein kann, wissen diejenigen schon lange, die noch selbst denken dürfen. Dass aber offenbar nicht einmal mehr der eigene Vorteil im Vordergrund steht, sondern im Zweifelsfall zuerst der Nachteil der anderen, ist eine Erkenntnis, die Bände spricht. Zudem erweist sich diese Strategie nicht als erfolgreich, wird aber dennoch befolgt. Kein Wunder, dass diese Deppen dauernd Steuergelder brauchen, um ihre Spielchen zu finanzieren.

Selbst freie Verhandlungen zwischen Profiteuren und Zuträgern stellen in dieser Welt ein Hindernis dar, das überwunden sein will. Wo man die Gewerkschaften also noch nicht gänzlich zur Interessenvertretung der Arbeitgeber umgepolt hat, die ständig für Lohnsenkungen kämpfen, weht ein noch rauherer Wind. Am liebsten würde man Arbeitnehmerrechte ganz abschaffen. Dazu ist nicht nur die ‘Gesetzgebung’ aus der Feder des VW-Managers Hartz hoch willkommen, mit der man Arbeitslose in prekäre Arbeitsverhältnisse treibt. Da ist auch jede Methode recht, Arbeitnehmervertretungen zu korrumpieren und zu zerschlagen. Am besten noch ehe sie entstehen. Das müssen wir uns einmal genauer anschauen: Wie sollen wir im globalen Wettbewerb bestehen, wenn wir Gewerkschaften zulassen?

Bis alles in Scherben fällt?

Eine Basis, auf der die Verklärung dieser Zustände zum Paradies ‘soziale Marktwirtschaft’ beruht, sind das semantische ‘Zuckerbrot und Peitsche’ der Ideologie: “Vollbeschäftigung” vs. “Arbeitsplatzvernichtung”. Wenn eine Kette wie Schlecker pleite geht, wird so getan, als sei diesem grandiosen “Arbeitgeber” eine Träne nachzuweinen. Wenn die Machenschaften von Lidl immer wieder Thema sind, sagt niemand: “macht den Laden dicht!”, denn dass hieße ja – Schock, Horror, Schreck – dass Arbeitsplätze verschwinden.

Welch ein Unsinn! Was verkauft wird, deckt einen Bedarf (und sei es ein künstlich geschaffener). Wer glaubt, dass die Menschen Waren kaufen, bloß weil die billig sind? Der erlogene “Wettbewerb” fußt auf solchen Nonsensargumenten, um die Löhne zu drücken, damit die Gewinne höher ausfallen. Dieser Weg, auch das ist kein Geheimnis, führt zur Verarmung der Massen, zur Austrocknung der Binnenmärkte, zu volkswirtschaftlichem Schaden, zur Monopolisierung, weil nur noch wenige Großunternehmen in diesem Klima bestehen können. Eine brutale dumme Verdrängung und Vernichtung wirtschaftlicher Vielfalt. Das ist der Wettbewerb®

Wir müssen nicht wieder warten, bis alles in Scherben fällt. Wir können uns heute mit dieser brutalen Ideologie, ihren Urhebern und den Folgen auseinandersetzen. Die Propaganda eines Systems, das Menschen verachtet und als Material zur Gewinnerzielung betrachtet, kann man schon aktuell einem gerechten Urteil zuführen. Ich plädiere daher für eine umfassende Gegenwartsbewältigung.