fat

Für mehr Wachstum im globalen Wettbewerb! Verteilung der Haushalte mit mehr als 200$ pro Tag; Quelle: Worldmapper

Wir sind noch nicht durch mit dem Umbau des Sozialstaats zu einer Privatbank. Zwar werden die den Staat betreffenden Entscheidungen, vulgo: “Politik” den Gepflogenheiten in Finanzinstituten immer ähnlicher, aber einige Verdienstmöglichkeiten für Investoren sind noch nicht ausgeschöpft. Zum Beispiel könnte man statt Staatsanleihen so etwas wie eine Gesetzausfallversicherung oder, für Premiumkunden, eine Verfassungsausfallversicherung installieren. Dann würden die Anleger bei einer Revolution noch schnell Kasse machen, ehe sie den Fluchtwagen besteigen.

Das Grundgesetz wurde unter Merkel zur reinen Verfügungsmasse. Ihre Regierungen, die sich die Gesetze gleich von den Lobbyisten schreiben lassen, weil sie selbst nicht adäquat alphabetisiert sind, machen auch vor Verfassungsänderungen nicht halt. Das können sie, weil die neoliberale Volksfront von Grün bis CDU sich in ihrer Inkompetenz immer zu mindestens zwei Dritteln einig ist. Und wem die These näher liegt, dass sie eher alle korrupt seien, dem sei konzediert, dass sie dann zweifellos von denselben Lobbyisten korrumpiert werden.

Wann immer sie fröhlich gegen das Volk regieren und solche Alternativlosigkeit ins Grundgesetz schreiben, sind sie sich einig. Wachstum Wettbewerb Vollbeschäftigung Globalisierung Sparen ihrwisstschonwas. Und das muss eben notfalls dort stehen, wo schon das mit der “Würde des Menschen” steht, damit man keine falschen Prioritäten setzt. Aktuell gibt es zwei Beispiele für dergleichen, die recht verschieden aussehen, sich aber derselben Haltung verdanken.

Alternativlosigkeit ins Grundgesetz

Im Jahr 2006 musste die grandiose Idee eines “Kooperationsverbots” von Bund und Ländern in der Bildungspolitik festgeschrieben werden. Warum? Weil Wettbewerb Wettbewerb Wettbewerb. Der ist gut, und was ihm im Weg steht, muss ausgemerzt werden. Ich schrieb damals folgendes dazu:

Ob wohl die Länder untereinander kooperieren dürfen? Oder wäre das wieder ein Bund? Und wenn alle dasselbe wollen und der Bund eben auch? Oder wenn sich herausstellen sollte, daß Bund und Länder jeweils Kompetenzen haben, die nur gemeinsam sinnvoll auszuüben sind?
Warten wir’s ab! Ich bin sicher, so ein Kooperationsverbot ist ein sehr lustiges Gesetz. Es wird viel zu lachen geben.

Wolfgang Lieb kommentiert heute die Pläne zu einer Revision dieses Blödsinns, die ihm nicht weit genug geht. Die Verfassung erweist sich wenige Jahre nach dem letzten Bildungsgewurschtel schon wieder als Spielwiese für beliebige politische Vorhaben. Gefällt uns nicht, ändern wir – weil wir’s können. Wozu wählen wir eigentlich noch, wenn der Konsens der Dilettanten nicht nur parteiübergreifend, sondern auch grundgesetzübergriffig ist?

Die Mehrheit steht

Das Schlimmste aber ist das Dilettieren im Interesse einer Finanzwirtschaft, das inzwischen den Rang der Absolutheit genießt. Kein Gesetz, keine Verfassung Europas, keine Wahlentscheidung hat mehr Einfluss darauf und man wünscht sich allein deshalb schon so etwas wie ‘Politik’ zurück, weil selbst die nicht so geistlos war wie Diktatur der Geldhäuser.

Frank Lübberding weist unter anderem auf einen Effekt der “Schuldenbremse” hin, den ich bislang noch nicht ausreichend gewürdigt habe. Dass “Schuldenbremsen” die Konjunktur abwürgen, die Staaten bewegungsunfähig machen und Wirtschaften auf Guthabenbasis im Kapitalismus nicht funktioniert, habe ich bereits mehrfach angemerkt. Ein ganz besonderes Schmankerl aber kommt hinzu: Wohin mit dem Geld, das nicht mehr in die Finanzierung der Staatsschulden fließt? Was passiert, wenn Staatsanleihen nicht mehr gekauft werden?

Dann muss also noch viel mehr Geld in noch heiklere Finanzabenteuer investiert werden – obendrein Geld, mit dem wir Pflege und Rente finanzieren sollen. Das ist nicht weniger als das Signal zum letzten Gefecht. Noch einmal alles, was drin ist, auf den Markt werfen, diesmal mit potenziertem Risiko. Das bringt Wachstum, ja sicher. Sehr schnelles sogar. Die Blase, die sich dann bildet, wird als “Armageddon Bubble” in die Gechichte eingehen. Dafür lohnt es sich auf jeden Fall, das Grundgesetz zu ändern, alle Grundgesetze. Und weil Frau Merkel, die mit ihrem Namen für diese Entscheidung steht, Physikerin ist, werden wir auch den ‘Tag danach’ bewältigen. Mit ihrer Hilfe und der ihres evangelischen Gottes ist dann eben die Änderung der Naturgesetze fällig. Die “Opposition” aus “SPD” und “Grünen” hat bereits Zustimmung signalisiert.