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Das Copyright liegt vermutlich beim Zeichner, dessen Seite offline ist. Ob die GdP Anteile daran hat, ist unklar.

Manchmal möchte ich lieber nichts schreiben, weil ich weiß, dass ich nicht dazu beitrage, über den Tag zu kommen. Noch mehr schlechte Nachrichten erträgt nicht jeder, und man hört schon die Überlebenskünstler der Boulevardleserschaft im Duktus gutgelaunter Überlegenheit tönen: “So schlimm ist es doch alles nicht!”. Nein, wenn man nicht hinschaut, ist es das nicht. Aber selbst dann wird es schlimmer werden.

Als neulich die dezent rassistische Karikatur aus einem Kalender der Polizei die Runde machte, war ich nicht amüsiert, aber auch nicht alarmiert. Gegen das, was ich bereits weiß über das Gebaren auf manchen Wachen, erschien es mir eher harmlos, und die Anlehnung an den Piraten aus Asterix wies auf einen eher naiven Rassismus hin, einen, über den ‘man doch mal lachen kann’, wenn man dumpf genug unterwegs ist. Nichts besonderes.

Wer hier etwas zu lachen hat

Das hier [der Artikel wurde kommentarlos entfernt] ist hingegen eine so aggressiv rassistische Variante, von der Polizei im Freistaat, der die Linke verbieten lassen will, das darf man schon als “faschistisch” bezeichnen. Wer sich noch mehr ekeln will, kann das hier tun. Die Nazis, die das lustig finden sollen, sind nicht irgendeine Kameradschaft in der Scheune am Wald, sondern deutsche Polizisten.

Die Wirkung, die so etwas hat, ist verheerend, wird doch denjenigen Kollegen und vor allem Kolleginnen, denen dabei schlecht wird, bedeutet, dass sie besser das Maul halten. Wenn sich dergleichen so schamlos öffentlich präsentiert, ist das wohl der breite Konsens. Was allzu weit davon abweicht, muss als unangemessen betrachtet werden. Übelster Chauvinismus als Kalenderblatt, da bleibt kein Zweifel daran, wo das Meinungsspektrum angesiedelt ist, wer hier etwas zu lachen hat und wer nicht.

Seit Jahren kritisiere ich Ausbildung, Kontrolle und Bezahlung der Polizisten, wobei sich die in Bayern in jeder Hinsicht immer wieder besonders hervorgetan hat. Ich zitiere aus dem verlinkten Artikel:

Freunde und Helfer oder Schweinezucht?

“Der Staatshaushalt soll schlank bleiben, und da spart man an allem, also auch am Sold der Polizisten. Dieser Widerspruch zwischen Ideologie und politischer Praxis ist für sich bereits skandalös. Es wird noch schlimmer, wenn man die Folgen bedenkt:

Wer strebt einen Job an, der so mies bezahlt wird und derart fordert? Was bietet der Beruf an Gewinn? Welche Mentalität entwickeln Menschen unter solchen Umständen? Talent und hohe Qualifikation zieht man so nicht an. Die Gefahr, daß der Reiz der Macht, den die Uniform verleiht, viele anlockt, ist immens. Und schließlich wird die Gemeinschaft der Frustrierten, Harten und Uniformmächtigen nachgerade zum Corpsgeist provoziert. Überdies ist die Bezahlung eine Aufforderung zur Korruption. [...]

Schließlich, und das macht es wahrlich nicht besser, ist die Alternative zur Polizei, die so langfristig nicht zuverlässig genug sein dürfte, der private Sicherheitsdienst. In manchen Städten der Welt haben solche längst die Gewalt übernommen. Vor allem dort, wo der Staat besonders schlank oder besonders korrupt ist – oder eben beides. Mit einem demokratischen Rechtssystem haben weder reaktionäre Sicherheitspolitik noch neoliberales Staatsverständnis etwas zu tun. Die Kombination aus beidem ist eine Katastrophe.”

Den Rechtsstaat endgültig zertrümmern

Und als sei ein Startschuss gefallen, den Nachtwächterstaat noch zu unterbieten und den Rechtsstaat in Europa endgültig zu zertrümmern, werden nicht nur ausgeblutete Staaten zu noch brutaleren Kostensenkungen gezwungen. Es werden jetzt in Großbritannien privaten Milizen polizeiliche Aufgaben übertragen, um aus den hoheitlichen Aufgaben auch noch Profit schlagen zu lassen. Diese Struktur, “private Sicherheitsdienste” den Staat ersetzen zu lassen, ist die bewusste Herbeiführung der Zustände, wie wir sie bis jetzt nur aus Entwicklungsländern kennen.

Was wird wohl passieren, wenn diese Privatarmeen, denen die Bürger zu gehorchen haben, bewaffnete Truppen aus noch miserabler bezahlten Söldnern, unter der Führung einer kleinen gut bezahlten Befehlshaberschaft durch die Städte patrouillieren? Wie soll man derart boshafte Angriffe auf die Zivilisation noch beschreiben, ohne das einem das Kotzen kommt?
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Update
: Sowohl die Morgenpost als auch welt.de haben ihre Artikel kommentarlos offline genommen. Seltsam erscheint vor allem, dass das Abendblatt ausdrücklich die GdP als Quelle genannt hat.
Update2: Bei dem Kartoonisten handelt es sich offenbar um Alfred Berger. Er ist offenbar selbst Polizist und stellt seine Werke kostenlos den Kollegen zur Verfügung. Es ist also davon auszugehen, dass der Skandal keine Ente ist. Warum die Dokumentation dieser rassistischen Ausfälle zurückgezogen wird, darüber kann ich nur spekulieren.
Update3: Auch die Homepage des ‘Künstlers’ ist inzwischen offline. Da hält jemand schwer einen Deckel drauf.
Update4: Die TAZ ist eingesprungen. Der Deckel hält nicht. Btw: ich habe gestern ebenfalls bei der Morgenpost angefragt, warum sie den Artikel entfernt haben und noch keine Antwort bekommen.
Update5: Immerhin hat die TAZ inzwischen vom Springerverlag eine Antwort erhalten (unter demselben Link ist ein aktualisierter Artikel zu finden). Darin heißt es, die Berichte seien “vorläufig” aus dem Netz genommen worden, weil die GdP “keinen Kalender herausgegeben” habe. Nun ist es ja richtig, solche Details zu korrigieren, aber das ändert ja nichts daran, dass die Kakrikaturen bei der bayrischen Polizei kursieren. Ob dahinter die GdP steht, ist in bezug auf entsprechende Vorwürfe natürlich relevant. Dann wäre es aber doch angebracht, die Urheber zu suchen und nicht das Phänomen zu verschweigen.
Update6: Die Morgenpost hat mir geantwortet:
Danke für Ihre E-Mail. Der Artikel ist nicht mehr online, weil es inzwischen Zweifel an der journalistischen Darstellung gibt. Heißt: Unter Umständen enthält der Bericht Fehler, etwa was die Frage betrifft, wer den Kalender herausgegeben bzw. veröffentlicht hat. Das prüfen wir – und so lange bleibt das Stück offline.”