Erstaunt habe ich heute bemerkt, daß ARD und ZDF doch wieder über das Räuber-und Gendarm-Spiel rund um die radelnden Labors berichten, die auch diesen Sommer wieder durch Frankreich touren. Ist wohl wieder so viel Ruhe eingekehrt, das nach der Masse der Einzelfälle nunmehr nur noch Einzelfälle aufgedeckt werden?
Offenbar sind EPO und das plumpe Blutdoping aus der Mode gekommen. In einschlägigen Foren werden Erfahrungen über Kreatin und Sodium Phosphat ausgetauscht, über die Gefahren der EPO-Alternativen und ihre Effekte. Über Gen-Doping wird nur geflüstert, und was wirklich eingenommen wird, wissen vermutlich nur die esoterischen Experten des inneren Zirkels.

Wie schon zuletzt, als Sportler noch reihenweise aufgeflogen sind, werden es höchst effiziente Cocktails sein, die schneller machen. Hormone, EPO, Eigenblut wurden aufgedeckt, von anderen Mitteln glauben zumindest Amateursportler, sie seien nicht nachweisbar, sicher aber: noch nicht.
Es gibt ohnehin legale leistungssteigernde Mittel, das fängt beim Kaffee an und endet bei Asthmamitteln. Nur was wirklich aufpeppt, ist verboten, sobald es bekannt ist.

Der Fall der Eisschnelläuferin Pechstein bringt eine neue verzweifelte Strategie ans Tageslicht: Wenn Sportler zu auffällige Blutwerte aufweisen, gelten sie als gedopt – oder auch nicht, wie sich in dem Zusammenhang bald herausstellen wird. Ich habe in früheren Artikeln zum Thema (Linkliste am Ende des Verlinkten) bereits gesagt, daß man sich auf Maximalwerte einigen könnte, dann aber bitte nicht um die Ecke: Sollen sich die Sportler im Rahmen solcher Legalität aufpeppen, wenn sie es nicht übertreiben. Das ist kontrollierbar und gibt allen die gleiche Chance.

Wer wissen möchte, ob gedopt wird oder nicht, kann sich die Bluttests gleich sparen. Die Leistungen, die erbracht werden, das durchschnittliche Tempo, sind ein sicherer Beweis dafür, daß mindestens fast alle weiterhin dopen. Der Fall Kohl wäre eine wunderbare Gelegenheit gewesen, das endlich zur Kenntnis zu nehmen. Stattdessen wurde eine weitere Karriere ruiniert, damit der bigotte Betrieb nur eines sichert: Die schreiende Dummheit einer Wettbewerbsverzerrung durch idiotische “Kontrollen”. Das Comeback von Lance Armstrong, König der Unerwischten, macht die Karikatur perfekt.

Die sauberen deutschen Medien setzen aber noch einen oben drauf: Die ARD leistet sich eine “Dopingredaktion”, was immer das sein mag. Zur Aufklärung trägt sie weniger als nichts bei, denn wer zehn Minuten googelt, erfährt mehr über leistungssteigernde Mittel, als das Fernsehen in den letzten 20 Jahren zu berichten wußte. Daß diese saubere Anstalt, deren Berichterstatter stets Teil einer korrupten Bande von Profiteuren waren, nichts zu einer Lösung des Problems beitragen, liegt in der Natur der Sache. Da Radsport derzeit kein ernstzunehmender Wettbewerb mehr ist, dennoch viele Interessenten hat, fährt man eine Doppelstrategie: Live-Berichte übers Radfahren und scheinheilige Enthüllungen über die bösen Dopingtäter. Damit sind natürlich die Sportler gemeint, an deren Leistung man mitverdient, und die man an den Pranger stellt, wenn offenbar wird, worauf diese Leistung beruht.

In den letzten Jahren wurde mein Respekt immer größer vor den Sportlern, die mit pharmazeutischer Hilfe noch besser werden, als sie ohnehin schon sind. Mehr Respekt habe ich nur vor denen, die ihren Sport aufgeben, weil sie diesen Weg nicht gehen wollen.
Überhaupt keinen Respekt habe ich vor den falschen Schlangen, die vom Geschäft leben und mit dem Finger auf die Erwischten zeigen. Sie spielen sich als Moralwächter auf und sind selbst genau der Abschaum, vor dem sie so scheinheilig warnen.