Scholzofon, der linke Neoliberale
Posted by flatter under PolitikKommentare deaktiviert
13. Apr 2009 12:52
Olaf Scholz, den die FR neulich noch ernsthaft einen “Linken in der SPD” genannt hat, knallt in einem Interview mit der FAZ all sein neoliberales Gold auf einmal auf auf die Theke und bestellt Schampus für Freund Guido.
Eingangs betet er brav sein Credo, das Bekenntnis zur Agenda 2010:
“Man tut niemandem einen Gefallen, wenn man die Krise ständig in den düstersten Farben malt und alle sich angstvoll am Händchen halten. Jetzt sind die Mutigen gefragt, nicht die Feigen. Zum Glück haben wir den Arbeitsmarkt mit den Schröderschen Reformen rechtzeitig effizienter gemacht. Das hilft uns jetzt.”
Richtig, die Millionen, die in ungesicherten Arbeitsverhältnissen ihre Minilöhne kassieren, bekommen demnächst nicht mehr das Schwarze unterm Nagel oder werden nach Hause geschickt, in ihr Heim mit Hartz. Viele hatten nie die Gelegenheit, in die Arbeitslosenversicherung einzuzahlen. Sie stehen dem Ein-Euro-Arbeitsmarkt wieder zur Verfügung.
Was “mutig” ist und was “feige” in dem Zusammenhang, erschließt sich mir nicht recht. Ist “Mut” der Steinbrücksche Optimismus, der die Krise noch nicht sieht, wenn die Möbel schon abgeholt sind? Oder geht es einfach darum, ein bißchen Kriegspropaganda zu machen, weil das immer gut kommt? Fehlt nur noch ein Feind, gegen den man derart “mutig” zu Felde ziehen kann. Wen hätten wir denn da? Terroristen, Islamisten, Sozialschmarotzer?
Bemerkenswert kritisch fragen Oliver Hoischen und Markus Wehner nach:
[FAZ :] Wie lautet die Überschrift für den Wahlkampf der SPD, wenn Sie eine vorschlagen sollen?
[Scholz :] Arbeit sichern! Darum muss es gehen. Wir sollten uns zur Bedeutung der Arbeit für unsere Gesellschaft bekennen.
[FAZ :] Das könnte auch Guido Westerwelle sagen. Was mögen Sie an ihm?
[Scholz :] Guido Westerwelle ist ein intelligenter, beweglicher Politiker. Mit dem man regieren kann.
Man fragt sich, warum die SPD nicht einfach in die FDP eintritt. Das deprimierend stupide Motto “Arbeit sichern!” ist ein unverhohlener Ableger des neoliberalen Kampfmottos “Sozial ist, was Arbeit schafft”. Ausdrücklich angeknüpft an die Agenda 2010, ist nichts Gutes zu erwarten. Die SPD wird vermutlich ihre Mindestlöhne durchsetzen wollen, um sie dann sofort senken zu können. Und damit sich Arbeit auch lohnt, wird das ALG II gleich mit gedrückt. Nein, das ist kein Witz. Das sehe ich so kommen.
Am Ende auch noch den antikommunistischen Amokläufer und unbelehrbaren Marktbefreier Westerwelle zu loben, zeigt deutlich, wo Scholz wirklich steht: Mit beiden Beinen auf dem Rücken der Geringverdiener, mit dem Kopf tief im dunklen Hintereingang der “Leistungsträger”.
April 13th, 2009 at 15:55
Über Olaf den Lügner habe ich schon so viel geschrieben… da wundert mich das auch nicht mehr. Zur Zeit widersprechen sich Olaf der Lügner und sein Parteichef Münzhering ja wunderbar gegenseitig, ohne das überhaupt zu merken: während Münzhering davon faselt, die Dumpingforderung von ver.di nach 7,50 Euro/Std. Mindestlohn zu unterstützen, quasselt Olaf der Lügner noch von ca. 7,20 Euro/Std. Mindestlohn für die Leiharbeitsbranche, die er unbedingt durchsetzen will.
Sie sind verkommen, aber sie sind auch Deppen.
April 13th, 2009 at 15:56
Ich hatte mir mal vor einiger Zeit die als Parlamentarier anzugebenden Nebeneinkünfte von Olaf Scholz angeschaut und traf auf eine ‘limited’ in England, über die sich bei Google sonst nichts weiteres fand. Für mich ist Scholz ähnlich wie Tiefensee ein mäßig intelligenter Mann ohne tiefere Ethik aber mit Karrieredenken, und somit der ideale Fall für die Lobbyisten in Deutschland. Da wundert mich also gar nichts mehr.
April 13th, 2009 at 20:04
Schon mal was von Christian Rickens gehört? Nein? Nachholen. Linksneoliberale gibt es nach dem Buchautor Christian Rickens wirklich.
Mein Fazit nach Lesen des neuen Buches von Christian Rickens, es sind die alten Rechtsneoliberalen, die sich nun gerne als Linksneoliberale verkaufen.
Neoliberale Tatsachenumkehr eben….
Mich frägt eigentlich nur noch:
Bemerken die eigentlich nicht, dass ihre Lügerei entlarvt ist? Oder sind die so ideologisch verbohrt, dass die weiterlügen als hätte es nie eine von Neoliberalen verursachte Finanzkrise gegeben?
Gruß
Nachdenkseiten-Leser
April 13th, 2009 at 20:06
Oder ist es nach dem scheitern des angeblich weder linken, noch rechten, Neoliberalismus, der in Wahrheit sehr weit rechts angesiedelt war mittlerweile “in” sich als Linksneoliberaler zu verkaufen?
Fazit:
Nicht täuschen lassen, weder von Rickens noch Scholz oder sonstwem….
Gruß
Nachdenkseiten-Leser
April 13th, 2009 at 21:45
Zuweilen glaube ich, bereits ein Stück weiter zu sein, wenn ich überzeugt bin, dass der Politikbetrieb als ganzes oder die “SPD” durch Personen wie Tiefensee und Scholz ausgezeichnet ins Bild gesetzt ist. Noch mehr kann man, realistisch betrachtet, nicht verlangen. Denn das hieße dann, auf das Comeback von Scharping oder die Unsterblichkeit von Struck zu setzen.
April 14th, 2009 at 06:58
[...] Von Flatter. Olaf Scholz, den die FR neulich noch ernsthaft einen “Linken in der SPD” genannt hat, knallt in einem Interview mit der FAZ all sein neoliberales Gold auf einmal auf auf die Theke und bestellt Schampus für Freund Guido. Eingangs betet er brav sein Credo, das Bekenntnis zur Agenda 2010: [...]
April 14th, 2009 at 10:22
@Nachdenkseiten-Leser:
Links und Neoliberal das geht genauso gut zusammen wie Jungfräulichkeit und Prostitution.
Aber die offensichtliche Umdeutuung und Vereinnahmung von dem was Links ist, zeigt überdeutlich, was das Problem ist in diesem Land. Links der Mitte gibt es ne Menge “unbeackertes Land”, nachdem sich die SPD als Partei Links von der Mitte verabschiedet hat, und die Grünen heftigst in Richtung Äquidistanz zu CDU und SPD rudern. Denn die über 90% der Abgeordneten im Bundestag, die Parteien vertreten die sich “in und rechts der Mitte” ansiedeln, korrespondieren schlicht nicht mit den entsprechenden Anteilen in der Bevölkerung.
April 14th, 2009 at 11:57
@2
Ja, die “Limited”, da stecken allerlei eigenartige Konstrukte bis zur Briefkastenfirma dahinter, klingt nicht grad seriös.
Der Name sagt ja schon alles: limited [room for guessing]…
April 14th, 2009 at 17:04
Hast Recht, eigentlich könnte man darüber lachen:
Erinnerst du dich noch an die Zeiten wo alle in die so genannte “Neue Mitte” wollten?
Tja, nun wollen auf einmal alle – via Herdentrieb – “links” sein, nach dem Scheitern des neoliberalen Kapitalismus, welches natürlich – außer von Wirtschaftsnobelpreisträgern wie Krugman und Stiglitz – auch geleugnet werden soll.
Eigentlich hat der Neoliberalismus sich doch selbst erledigt – Wie bei jeder Ideologie fängt hat nun die große Lügerei an – Die größte ist übrigens, dass der – schon immer äußerst rechts angesiedelte Neoliberalismus keine Ideologie sein soll.
Ich hoffe, dass dies immer mehr dämmert – nicht nur uns hier im Forum, der Marktfundamentalismus – auch Neoliberalismus genannt – hat sich erledigt.
Auf bessere Zeiten – ohne Neoliberalismus…
Gruß
Nachdenkseiten-Leser
April 14th, 2009 at 17:10
Lachhaft wäre es, wenn nun auf einmal auch die alte Partei der Besserverdiener – die FDP -, und die verbandelte CDU/CSU, als “Links” durchgehen will.
Wundern würde es mich nicht ;-)
Da sollten wir immer dran denken – Echte Linke wären nie auf Sozialabbau (Agenda2010, HartzIV usw. usf.) und globalem Rohstoffkrieg gekommen.
Dies sollte mal eine Partei propagieren – im Verein mit GlobalisierungskritikerInnen.
Ich denke, dass solange Sozialabbau und Krieg weitergehen keine Partei – außer der Linken vielleicht – wählbar ist.
Dies sollte man einmal den Menschen sagen, die CDU/CSU/FDP/SPD/GRÜNE wählen wollen.
Anders ausgedrückt – Solange es von allen als soziale Wohltat verkauft wird, wenn es in Deutschland wieder Armentafeln und Hunger sowie Hartz IV & andere soziale Grausamkeiten gibt, und solange diese Parteien diese Verhältnisse nicht abstellen sollten die für keinen in Deutschland lebenden Wähler wählbar sein.
In Berlin leider auch die Linkspartei – im Stadtparlament Wowereits (die Ausreden mit “Sachzwängen”, die offensichtlich von den GRÜNEN geklaut sind zählen hier nicht).
Fazit:
Nicht an ihren Worten sollt ihr die Parteien messen, vor Stimmabgabe, sondern an ihren Taten, und die sprechen leider eindeutig gegen ALLE Parteien im Bundestag/-rat.
Gruß
Nachdenkseiten-Leser
April 14th, 2009 at 19:35
@NDS-Leser #10
“Wenn Wahlen etwas ändern würden, wären sie verboten” – Tucholsky (?)
April 14th, 2009 at 20:44
@Watawah
Deswegen plädiere ich ja dafür, dass man genau hinsieht, wem man dieses Jahr seine Stimme gibt – CDU/CSU/FDP/SPD/GRÜNEN hätten übrigens sofort meine Stimme, wenn die glaubhaft ihre Lobbyisten aus Banken und Versicherungen enttäuschen würden, und Hartz IV sowie andere soziale Grausamkeiten abschaffen würden, statt diese hirnrissiger Weise noch zu verteidigen.
Bei entsprechender Wahlbeteiligung, da bin ich sicher, würden diese Parteien ihr eigenes Grab schaufeln, wenn die weitermachen wie gehabt, aber ich denke auch, dass die größte Partei Deutschlands – die Nicht- und Ungültigwähler – dafür sorgen werden, dass Angie/Westerwelle als neoliberal-marktfanatisches Dream-Team 4 Jahre weitermachen dürfen wie gehabt.
Ich glaube auch, dass das Zitat von Tucholsky stammt, bin aber nicht sicher Watawah ;-)
Übrigens, alle paar Jahre irgend einen/eine Lobbyistin als Kanzlerin zu wählen ist wirklich keine Demokratie, deswegen plädiere ich ja für eine direkte Radikaldemokratie – wie in unserem Nachbarland mit dem schönen Auto-Kennzeichen CH.
Gruetzi
Nachdenkseiten-Leer
April 14th, 2009 at 23:23
Viele dieser Damen und Herren Politiker kennen nicht den Unterschied von “link” und “links”. Links sind nur einige, ganz wenige aber link sind sie fast alle. Wie diesen Profilügnern die Klammer geht, kann man schon daran sehen, daß ein gewisser Müntefering den Deutschen eine Verfassung spendieren will. Siehe hier z. B.
https://www.handelsblatt.com/politik/international/muentefering-regt-gesamtdeutsche-verfassung-an;2236029
Diese Volkszertreter wissen, daß nichts mehr zu retten ist. Ein äußerliches, kurzes Aufblühen des verfaulenden Körpers unserer Scheindemokratie ist alles, was zu sehen ist.
Die Zeit der wirklichen Linken wird kommen weil sie kommen muß. Leidensfähigkeit macht stark – und vor dieser Stärke dürfen die Angst haben, die die Leiden verursachen.
April 15th, 2009 at 08:45
@ Nachdenkseiten-Leser:
Das Problem in der Schweiz ist, ist, dass dort jede Gruppe “bedient” werden muss und weil die Schweiz nicht arm ist, funktioniert das auch (noch). Heißt aber nicht unbedingt, dass da so vieles so viel besser läuft.
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Als nächstes kommt vermutlich “neoliberal ist sozial” oder ähnliches.
Und wenn die Schröderschen Reformen schon gepriesen werden, dann können eigentlich Arbeitslager und das Anmieten ganzer Arbeitstrupps durch Firmen nicht mehr allzu fern sein. Ist ja eigentlich schon so, wenn man sich überlegt, dass HartzIV einen Arbeitszwang darstellt und dass der Unterschied zwischen Leiharbeitern und Hartzis auf der einen und auf der anderen Seite Arbeitslagerinsassen lediglich in großzügiger bemessenen Wohnquartieren, einem eigenen Bankkonto und einer gewissen Bewegungsfreiheit besteht.