Echte Demokraten wissen, wie sie mit der Linken umzugehen haben: diffarmieren, isolieren, dämonisieren. Einen neuen Höhepunkt findet das in Münteferings neuester Sprachentgleisung:
Die Linkspartei vertritt auf Bundesebene eine nationale soziale Politik.” Diese inhaltsleere Floskel ist die pure Assoziation – die Linke soll als “nationalsozial(istisch)” betrachtet werden. Wer nichts zu sagen hat und für seine Lügen keine Argumente mehr findet, der bedient sich tendenziöser Assoziationen. Dies ist exakt das Spiel der Demagogen.
Flankiert wird diese Dreistigkeit aktuell durch einen Artikel in der “Zeit”, in dem Brigitte Fehrle einmal mehr darlegen kann, daß sie zwar keine Ahnung von der Sache hat, aber Oskar Lafontaine nicht leiden kann. Mit diesen Qualitäten ist sie früher schon aufgefallen. Fehrle bedauert, daß die Einbindung der Linken in politische Verantwortung und ihre Beteiligung an Regierungsverhandlungen nicht dazu führt, daß sie verschwindet. Die Autorin bietet alle ihre Möglichkeiten auf zu erklären, woran das liegen könnte und kommt zu keiner befriedigenden Antwort. Nich einmal “Protest”, so erkennt sie immerhin, kann das ausschlaggebende Moment sein, warum die Leute “Links” wählen.
Bedauerlicherweise liegt eine inhaltliche Betrachtung der Politik der Linken und ihrer Gegner jenseits des Spektrums der Möglichkeiten, die Frau Fehrle in den Sinn kommen. Das nimmt nicht wunder, denn sobald sie selbst “sachlich” wird, offenbart sie grobe Unkenntnis – sofern man sie nicht der Lüge bezichtigen will. Was sie vom Selbstverständnis der Parteien und ihrem Bezug zur je eigenen Geschichte weiß, ist offenbar nahezu nichts. So macht sie ihren Lesern weis:

Seit die Linke im Westen mithilfe der enttäuschten Sozialdemokraten und Oskar Lafontaine ihre Vergangenheit als Staats- und Stasipartei erfolgreich versteckt, könnte das Gesetz des unabhängigen Wachstums auch hier gelten. [...]
Denn der Wortbruch und das Scheitern einer Regierungsbildung danach waren auch eine Folge falscher Emotionen. Auf allen Seiten. Bei Andrea Ypsilanti, weil sie aus überzogenem Machtwillen und Eitelkeit blind war für die Bedenken in ihrer Fraktion. Bei Dagmar Metzger, weil sie ihr Nein zu einer rot-roten Kooperation mit (fast) nichts anderem als den Argumenten von 1990, mit Mauer und Stacheldraht, zu begründen wusste. Bei der Linken im Westen, weil sie sich ignorant weigert, für ebendiese Vergangenheit Verantwortung zu übernehmen
.”

Wer die Diskussionen und Programme der PDS, der Linkspartei und der Linken kennt, weiß, daß sie sich sehr intensiv mit ihrer DDR-Geschichte auseinandergesetzt hat. Ob einem das Resultat als ausreichend erscheint, kann man diskutieren, das ändert aber nichts an der Tatsache des offenen Umgangs damit. Würde man dieselbe Meßlatte etwa bei der CDU ansetzen, müßte man diese als Partei von sturen Nazis und Blockflöten betrachten. Daß Fehrle von ehemaligen SPDlern, die den Sockel der “Linken” im Westen bilden, verlangt, sie sollten Verantwortung für “Mauer und Stacheldraht” übernehmen, grenzt an Schwachsinn.
Der Sinn dieser würdelosen Veranstaltungen, die immer skurrilere Züge annehmen, ist der verzweifelte Versuch, eine Politik zu verhindern, die einfach bessere Argumente hat. Bessere als die all derjenigen, die immer noch “Demokratie” sagen, wo sie “Marktwirtschaft” meinen, und zwar diejenige, die den Reichen gibt und den Armen nimmt. In Zeiten, da dieser Mummenschanz nicht mehr nur lächerlich wirkt, sondern die westliche Zivilisation gefährdet, geraten die vermeintlich Staatstragenden zu Sargträgern der Demokratie. Brigitte Fehrle bemüht sich redlich, stets als erste in der Leichenhalle zu stehen.
Wer sich übrigens Argumente anhören will, mag sich mit den Reden von Oskar Lafontaine oder Ulrich Maurer beschäftigen.