Und das geht so:
Der Regierungschef der deutschen Bundesrepublik heißt “Kanzlerin”. Sie regiert wie ein erfolgreicher Präsident: Merkel läßt die anderen machen, sagt ab und an salbungsvolle Worte, auf die sich jeder nach Gusto seinen Reim machen kann und tut – nichts. Um Merkels “Image” macht die Sueddeutsche sich daher Gedanken, nicht etwa um die Frage, ob man von ihr etwas anderes erwarten dürfe.

Helmut Schmidt darf sich also bestätigt fühlen, wenn er im Interview mit der FAZ fehlende “Führungskraft” bemäkelt. Dies und die Tatsache, daß in Deutschland das Verhältniswahlrecht gilt, macht er unter anderem für das Aufkommen der Linkspartei verantwortlich. Es ist ja nicht neu, daß sich Schmidt selbt für den einzig wahren und allergrößten Kanzler aller Zeiten hält, aber seine Sicht dieser Dinge ist doch so kapriziös, daß man ihm nicht ganz folgen will. Hat er vielleicht seinen Hut in den Ring geworfen und will’s noch einmal wissen?
Weniger undifferenziert und erfreulich deutlich sind übrigens seine Äußerungen zu militärischer Gewalt im Allgemeinen und der Kosovo-Krise im Besonderen – ebenfalls im nämlichen Interview.

SPD-Fraktionsguru “Peitsche” Struck hat weniger Schmerzen, wenn es um “Kampfeinsätze” geht, ums schnöde Töten und Sterben. Legal, illegal, scheißegal werden jetzt “Piraten gejagt”. Er macht sich nicht einmal mehr die Mühe, einen Verteidigungszweck zu heucheln, ihm reicht es als Begründung aus, “deutsche Reeder” “schützen” zu wollen:
Es kann nicht sein, dass wir tatenlos zusehen, wie Schiffe gekapert werden und Lösegeld erpresst wird für Geiseln und auch für die Ladung.
Eben, dann muß Krieg geführt werden. Zur Verteidigung der Grenzen der Bundesrepublik, welche gelegentlich mit denen der Geduld deutscher Reeder identisch sind. Die erfolgversprechendsten Mittel gegen Schiffsentführungen sind übrigens passiver Natur. Es gibt Mittel, die es verhindern, daß Piraten an Bord eines Schiffes gelangen oder daß sie sich an Bord noch bewegen können. Diese werden allerdings nicht auf Kosten des Steuerzahlers installiert.
Das Motto “Kein Blut für Öl” hat eine ganz neue Aktualität gewonnen.

Und wo wir gerade bei Struck sind: Er weiß wohl, wem er und seine Seeheim-gesegneten und Agenda-approbierten Koaldemokraten ihre Posten zu verdanken haben. Sicher nicht den sozialdemokratischen Wählern, sondern den Seilschaften der oberen Mitte, die durch die CDU derzeit am besten vertreten werden. Deshalb will er eine Fortführung der “großen” Koalition. Regieren will er, nicht gewinnen oder gewählt werden. Daher fördert er nach Kräften die Verstümmelung der SPD zur Ersatz-FDP. Unerhört peinlich, daß der nervige Polit-Bot Pofalla sogar recht hat, wenn er feixt, daß es sich bei Strucks Anbiederung um eine “Kapitulation” handelt.

Wer das schon für trostlos hält, dem sei die Lichtgestalt der neuen Spezialdemokratie wärmstens ans Herz gelegt: Der Thorsten, der Schäfer, der Gümbel. Es ist zwar, auch das kennen wir, glatt gelogen, wenn SpOn behauptet, er bitte “um Verzeihung”, aber sein erbärmlicher Kniefall vor der vielverkauften Wortbruch-Mythologie ist um nichts besser. Ein echtes Dilemma ist die Frage, was man mehr verachten soll: Die Hanswurstigkeit des Gümbel oder die unappetitlich autoerotische Beziehung des “Spiegel” zu seinem eigenen Kampagnenjournalismus.