Wo die einen es sich lang und schmutzig geben, nehmen die anderen gar keine Notiz. Während sich Insider vor allem auf seiten liberaler (nein, ich meine nicht “Steuersenkung”, ich meine “Freiheit”) Verteidiger der Bürgerrechte heftig erregen, scheint die Mehrheit keinerlei Interesse daran zu haben, sich verteidigen zu lassen. In den Medien treten die Strafverschärfer, Babyretter und Pornofeinde völlig konsistent auf. Sie sind ja schon immer für den ‘starken Staat’ (so lange er billig bleibt), gegen alles Neue und natürlich gegen Schmuddelkram in der Öffentlichkeit.

kipoBürgerrechtler hingegen sind schwer in der Defensive. Mit der angeblich “freiheitlichen” Partei stehen ihnen die Lobbyisten des Urheberrechts entgegen, um das es ökonomisch letztendlich geht. Die sog. “Konservativen” eh (siehe oben) und die SPD, weil sie immer gegen alles ist, was ihr als nicht staatstragend ausgelegt werden kann. Grün kann sicher noch irgendwer kaufen, die haben halt auch einfach keine Ahnung, und überhaupt ist die Kompetenz in Sachen Netz bei Politikern erschreckend miserabel.

Worum es geht

Worum geht es aber bei der “Vorratsdatenspeicherung”? Ich falle mal mit der Tür ins Haus und stelle das so dar: Vergesst diese sperrige Vokabel, sie lenkt nur vom Thema ab. Das Thema steht da oben, es geht um den schönen Begriff “verdachtsunabhängig“. Auch der klingt weit harmloser als das, was er aussagt, aber er weist in die richtige Richtung. Die Daten, die da gesammelt werden sollen, sollen über alle Bürger gesammelt werden. Darauf setzen dann erst alle Versuche auf, dieses Instrument der Diktatur unter Kontrolle zu bekommen.

Warum aber? Weil damit Verbrechen verhindert werden? Das wäre ungefähr so, als müssten wir alle ein lückenloses Fahrtenbuch führen und es bei einer Behörde einreichen, damit die im Falle eines Verbrechens weiß, wo wir zur Tatzeit waren. Damit ließen sich grausame Verbrechen aufklären, die sonst ungesühnt blieben: Babymorde, Folter und Handtaschenraub.

Aus gutem Grund aber darf die Polizei erst nach einer Tat ermitteln – und zum Beispiel Leute fragen, wo sie gewesen sind.
Nun werden die furchtbarsten Szenarien gemalt: Mafia, Terror, Kinderpornos. Soll man gegen solche Verbrechen nichts tun dürfen? Auch nicht präventiv?
Doch, man darf. Im Fall, read my lips, eines Verdachts. Im Fall einer definierten Gefahr – dafür betreiben wir sogar Geheimdienste! Dann darf mit richterlicher Genehmigung oder Parlamentsbeschluss gesammelt, geschnüffelt und überwacht werden, was das Zeug hält.

Ein Volk von Verbrechern?

Und jetzt die Masterfrage: Wozu brauchen wir – ‘im Internet’ oder sonstwo – eine Sammlung von persönlichen Daten aller Menschen, die sich in der Bundesrepublik aufhalten, ohne dass sie irgend einer Straftat verdächtig sind? Weil jeder von uns einen Kinderpornoring gründen könnte? Weil wir alle Sprengstoff herstellen wollen könnten? Weil wir organisierte Spontanhandlungen verhindern wollen? Oder geht es am Ende doch um illegale Datentransfers, Urheberrechtsverletzungen, für deren Nachweis kein Richter eine Spitzelgenehmigung erteilt, weil das eben keine schwere Straftat ist?

Also noch mal zum Mitschreiben: Verdachtsunabhängige Ermittlung ist das Kennzeichen des Überwachungsstaats. Es spielt keine Rolle, ob sie ‘im Internet’ oder sonstwo zur Anwendung kommt. Sie gehört verboten.