Uns fällt der Himmel auf den Kopf. Wir Gallier stehen auf unserem Feldherrnhügel und sehen die einst überlegenen Truppen des Imperiums als Häuflein Elend um uns herum liegen. Anders aber als “Anno 52″ (v.Chr.) sind nicht wir es, die verbrannte Erde hinterlassen haben. Die Truppen des Imperiums werden auch nicht fliehen. Wir werden sie nicht vertreiben, im Gegenteil: Wir werden ihnen helfen, weiter stolz ihr Signum durch unsere Länder zu tragen. Haben wir doch glernt: Gallien wurde erst durch die Römer eine bühende Landschaft. Ohne sie gäbe es uns gar nicht.
Wir Gallier, das sind die die Staatsbürger und die Römer sind die Sturmtruppen der freien Marktwirtschaft. Historische Vergleiche haben ja Konjunktur, dieser ist meiner. Eat this!
Die Quintessenz stimmt jedenfalls: Uns fällt der Himmel auf den Kopf. “Hier geht nichts mehr”, meinte der tapfere Börsenerklärbär der Tagesschau heute, und die Restjournaille plakatiert unisono, der Dax sei “gerettet” – weil das strunzdumme Gezocke mit VW-Aktien einen Tageshype verursacht hat, dem in der Oper über diese Zeit sicher ein Akt gewidmet werden wird. Sollten Leerverkäufe nicht verboten werden? Nicht einmal das, und wenn’s der Indexrettung dient, ist doch alles im Lot.
Das Motto stimmt ebenfalls: Die spinnen, die Römer!
Immerhin haben sie jetzt Angst vor uns. Die Radikalgallier der Linken sind den römischen Barden viele Lieder wert, eines singt heute der Schirrmacher, der meint, die “LINKE” könne “über von ihr erzwungene Enthaltungen als Mitspieler in vier Landtagen den Bund in erstaunlichem Umfang kontrollieren“. Das nenne ich “Panik”.
Inzwischen wird sehr ernsthaft über feste Wechselkurse diskutiert, der Urgallier Sarkozy etwa fordert solche. Sollte er sich damit durchsetzen, hätte der radikalgallische Volkstribun auch noch im letzten Detail recht behalten. Eher überquert Hannibal mit Elefanten die Alpen!
Rom wird nicht fallen. Oder? In den Provinzen rumort es. Es heißt, Rom könne seinen Söldnern keine Beute mehr bieten. Noch fallen sie nicht scharenweise ab von der großen Macht. Zu viele Statthalter wissen, daß sie keine Zukunft haben, wenn Rom fällt. Zu viele Söldner haben ihre Familien gegen sich aufgebracht, und noch immer singen die Barden dieselben Lieder. Viele Kinder kennen nur noch deren Gesänge, und bislang haben nur die tapfersten Gallier ihre Barden geknebelt. Neue Lieder werden nur heimlich in Wald angestimmt.
Die Herden sind in Aufruhr. Sie wissen nicht, wohin. Die saftigen Wiesen, von denen die Barden singen, sind karges Land, das niemand mehr bewirtschaftet. Uns fällt der Himmel auf den Kopf. Wird dies das Ende sein? Die Gallier glauben es. Immer mehr Römer glauben es. In Rom macht sich ein neuer Kult breit, der Erlösung und Nächstenliebe verspricht. Unsere Druiden warnen uns, daß am Ende doch wieder Rom das Zentrum der Macht sei. “Erlösung” und “Nächstenliebe” seien nur die neuen Titel der alten Barden. Dann sei es doch besser, uns fiele der Himmel auf den Kopf.
Unser Dorfältester sagte heute zu mir: “Wenn du weißt, daß morgen die Erde untergeht, dann reiße noch heute einen Apfelbaum aus und schlage ihn dem nächsten dekadenten Römer in seine dämliche Hackfresse!”