Sie tun, was sie immer tun, nur fällt es inzwischen auf, weil Sachverstand und kluge Entscheidungen gefragt sind – und gefragt werden. Die größte aller Koalitionen eiert sich durch, und es ist beruhigend, daß es Sachzwänge gibt, denen sich auch die Berliner Kungelkönige nicht entziehen können. Die Krise regiert, und das allemal besser als die Merkel. Ernsthaft wollte sie Tietmeyer zum Chefexperten machen. Diese Komödie wurde nicht einmal zum Einakter, aber sie hämmert uns ins Bewußtsein, wer da noch immer wie “Regierung” spielt. Das zieht sich in einer Linie durch wie Koks in die Nüstern der Investmentbanker:
Daß für Haushaltsfragen der Bundestag zuständig zuständig ist – haben wir doch beinahe vergessen. Daß ausgerechnet – zu recht! – Guido Westerwelle daran erinnern mußte, offenbart die dramatische Unfähigkeit der “Krisenmanager”.
Wo ist Behle?” Der tauchte immerhin irgendwann auf. Auf Michel Glos muß wohl niemand mehr warten. Der Wirtschaftsminister, eigentlich der Zuständige schlechthin, träumt den Traum der Vollbeschäftigung, womit die Beschäftigung der anderen gemeint ist. Ein schlimmeres Versagen als das, was er durch sein Schweigen offenbart, ist nicht mehr denkbar.
Der ausgeglichene Haushaltsexperte Steinbrück, der innerhalb weniger Tage zum Amerikaner wurde, nachdem ihm jemand mitgeteilt hatte, daß es auch eine deutsche Finanzkrise gibt, schlägt denselben Schaum wie immer und orakelt, die “Brandstifter” müßten “danach” “zur Rechenschaft gezogen werden”. Wer sie sind, wann “danach” ist und welche Art der Rechenschaft gemeint ist, sagt er erwartungsgemäß nicht.
Als Bonmot am Rande nennt Karl Doemens in der FR dieses Lavieren “detailiert(e)” Erklärung “der geplanten Maßnahmen” und vergißt nicht zu erwähnen, daß Lafontaine ein Populist ist. Achso.
Und auch in einer nicht minder entscheidenden Frage kriegen die eisernen Durchregierer die Tür nicht zu. Haben sie es doch verabsäumt, Schäubles Krieg gegen die Bürger strategisch abzusichern. Als sei es schon soweit, daß ein paar Holzköpfe mit dem Rechtsstaat nach Belieben Schlitten fahren könnten, fragen sie inzwischen nicht einmal mehr die Fraktionen nach ihrer Meinung. Sie haben sich schon so sehr an das schöne Abnicken der Führerbefehle druch das Gewissen der Parlamentarier gewöhnt, daß sie einen Kabinettsbeschluß nicht mehr von einer Grundgesetzänderung unterscheiden können. Die CDU “zürnt”. Ausgerechnet “die neue Parteiführung” der SPD – die alte wurde nie gefragt – soll neuerdings auf Zuruf gegen die Basis und die Fraktion alles durchsetzen, was ein paar Steine und die zuständigen Paranoiker der Union sich unter einem Staatswesen vorstellen.
Ausnahmsweise zeigt sich, daß die normative Kraft des Faktischen stärker ist als die Sturmmtruppen der tumben Ideologie, der zuletzt jedes Fünkchen Politik geopfert wurde. Wer wagt vorauszusagen, was aus den Ruinen dieses Irrenhauses aufersteht?