Einsam, aber tapfer schwimmen die Headliner der Nachrichtenruine “Ohne Spieglein” gegen den Beckenrand, versuchten sie doch gestern noch, ausgerechnet die Grünen als “Dagegen-Partei” darzustellen. Jene Radikalopportunisten, die inzwischen allem zustimmen, was sie irgendwie mit Regierungsfähigkeit im Verbindung bringen können. In deren Spitzengremien werden inzwischen Hardrock- und Heavy Metal-Fans bevorzugt. Das ewige Abnicken dort ist nur noch geübten Headbangern zuzumuten.

Dies haben bis auf die Verkündungsjournalisten von der Brandstwiete – und übrigens der Jungen Union – alle anderen inzwischen erkannt. Die dpa-Meldung “Grüne als Dafür-Partei – auf Regierungskurs” wird derzeit abgeschrieben wie bei der Koalition die wissenschaftlichen Arbeiten. Das ist zwar auch noch kein Journalismus alter Schule, der Inhalt stimmt aber wenigstens.

Wenn Sie in Berlin in den Ausstieg einsteigen …

schilfischDer Ausstieg aus dem Ausstieg als Einstieg in den Ausstieg oder auch der Konsens über Atomkraft als koalitionsfähige Alternative zum alten Atomkonsens, das ist das neue, bessere Konzept. Das Vertrauen ist groß, dass die Rücknahme des vorhandenen Ausstiegsgesetzes dem neuen Ausstiegsgesetz größte Autorität verschaffen wird. Dieses wird dann ganz sicher nicht mehr revidiert werden. Niemand hat die Absicht, neue AKW zu errichten.

Gegen diese überzeugende Strategie war wie so oft der lästige Prinzipienreiter und Grundsatzfreak Ströbele. In einer Koalition mit der CDU wird man ihn nicht gebrauchen können, und da er zuletzt dauernd Direktmandate geholt hat, drängt sich die Frage auf, wie lange er als Parteimitglied noch tragbar ist.

Der Rest der Partei ist etabliert und auf einem guten Weg, die Taktik der Totalumarmung ist durchaus raffiniert. Alle wollen “Mitte” sein, die Grünen hingegen sind einfach überall. Wo die Politik der anderen mit Lug und Trug assoziiert wird, verkörpern die Grünen Verlässlichkeit – sie machen einfach alles mit. Wo andere käuflich sind, haben die Grünen sich längst gratis angedient. Egal, auf welche Partei man einen Rochus hat, man kann statt ihrer auch die Grünen wählen. Das ergibt einen feinen Denkzettel bei unverändertem politischen Kurs. Allmählich beginne ich, diese konsequente und virtuose Umsetzung politischer Aerodynamik zu bewundern.

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