Nachgerade rührend illustriert Dr. Dean den Unterschied zwischen dem, was Politk wäre, wenn sie Politik wäre und dem was sie ist: Funktion einer Marktideologie.
Wie weit sich der Mehltau über die gesellschaftlichen Bereiche Wirtschaft, Poltitik, Information und Bildung gelegt hat, kommentiert Jochen Hoff: Wenn die Uni Frankfurt, einst Hauptsitz der Kritischen Theorie, Josef Ackermann mit bemerkenswert destruktiver Energie eine Honorarprofessur zum Opfer bringen will, kann niemand mehr sagen, es laufe etwas falsch in diesem Land. Es ist vielmehr eine Orgie des “falschen Zustands”, die da stattfindet. Wäre Politik Religion, dürfte man adäquat auf den Altar scheißen und anschließend im Taufbecken vögeln.
Die Franzosen sind schon weiter und haben die Majestätsbeleidigung wieder eingeführt. Wer den Sohn des Sonnenkönigs kritisert, verliert seinen Job. Während Sarko sein Bumsgestell vorführt, um davon abzulenken, daß er ein politischer Versager ersten Ranges ist, lenkt sein Sohn wiederum davon ab, weil er schon als partyjugendlicher Politerbe noch unerträglicher ist. Ausgerechnet mit vorgeblichem “Anstisemitismus” wird da argumentiert. Es finden sich immer nützliche Idioten, es ist immer nützlich, idiotische religiöse Ressentiments zu bedienen, um dumpfe Empörung zu schüren. Wehe aber, es empört sich jemand über soziale Ungerechtigkeit oder Machtstrukturen.
Italien zeigt sich einmal mehr richtungsweisend: Berlusconi ist immun. Wer glaubt, das sei halt so im mafiösen Rom und gelte nicht für Resteuropa, soll einmal ein paar Jahre warten. Wir halten derweil still und glauben an das Gute.
Die Financial Times Deutschland mausert sich derweil zu einer Piste verborgener Kritik. Ironie vom Feinsten: Während politische Dilettanten es für ihre Bestimmung halten, kapitalistischer zu sein als der Kapitalismus, gönnt sich die Wirtschaftspresse mehr politisches Denken als jene:
Wenn wichtige Sozialdemokraten nun eine Neuauflage der Großen Koalition einer denkbaren Ampelkoalition vorziehen, bedeutet das auch: Angesichts der geringen Aussichten, 2009 stärkste Partei zu werden, würde die SPD de facto erstmals in ihrer Geschichte antreten, um eine Wahl zu verlieren. Was das mit politischer Verantwortung zu tun hat, muss einem erst einmal einer erklären.
Wolfgang Münchau weist in die richtige Richtung. Man kann ihm nicht wirklich abverlangen, Werbung für ein Linksbündnis zu machen, seine Konsequenz bleibt daher auf halbem Wege stecken. Seine Analyse ist immerhin weitsichtig:
In Deutschland wird die Linke weiter an Zulauf gewinnen, die SPD weiter schrumpfen und die Größendifferenz der drei linken Parteien immer kleiner. Wenn sich die SPD irgendwann zu einer Partnerschaft mit der Linken durchringt, wird das wahrscheinlich auf Augenhöhe passieren.”
Die sogenannten “Aufklärer” des 18. Jahrhunderts, seien es fehlinterpretierte Monarchen oder halbkritische Philosophen, hatten auch nie die Absicht, bestehende Machtstrukturen zu verändern. Immerhin gelang es ihnen, sich vom religiösen Wahn und den Lügengebäuden zeitgenössischer Dummheit entschieden zu lösen. Wir schreiben das Jahr 2008. Es ist “Demokratie“, gern übersetzt als “Volksherrschaft”. Die Welt ist informell vernetzt. Was hat sich geändert?
Weise formuliert der Wikipedia- Artikel:
Heute wird Demokratie zumeist als allgemeiner Sammelbegriff für Herrschaftsformen gebraucht, deren Herrschaftsgrundlage aus dem Volk abgeleitet wird“.
“Abgeleitet”, fürwahr. Die Herrschaft und ihre Formen werden immer weiter von den Völkern abgeleitet, und es sieht nicht so aus, als kehre sie auf absehbare Zeit dorthin zurück.