Heute wieder kein Beitrag
Posted by flatter under HintergrundKommentare deaktiviert
18. Jul 2008 1:15
Neulich hielt ein Bekannter eine wütende Rede. Er fragte sich, was eigentlich passieren müsse, damit die Leute auf die Straße gehen. Vermutlich so ein Protestwähler (oder gar Nichtwähler), der gar nicht so recht weiß, wie er argumentieren soll und sich einfach “verarscht” fühlt. Es geht ihm nicht einmal schlecht.
Ich bin in solchen Situationen ein wenig hilflos. Das eine oder andere Beispiel könnte ich beisteuern, anhand dessen die “Verarschung” konkreter wird, aber was hilft es? So viele Geschichten, Details, verbogene Nachrichten, Beschwichtigungen über die alltägliche Korruption, kriecherische Medien und ein Leben wie in einem schlechten Film. Keine Lösung in Sicht. Die Ökonomisierung der Gesellschaft kann man nicht in einigen leicht verständlichen Sätzen artikulieren. Man kann sie gleichwohl mit großem Pomp leugnen und jede Opposition als Spinnerei von Radikalen abtun.
Ein Freund kritiserte mich für die Tendenz in meinem Blog, die täglichen Nachrichten nur zu kommentieren und mich über dies und das wohlformuliert zu echauffieren. Es sei doch besser, das alles durch den Kakao zu ziehen, und ich könne das doch.
Recht hat er insofern, als daß es wirksamer sein kann, die gekauften Büttel einer kranken Kultur ihrer ganzen Lächerlichkeit preiszugeben. Das ich das kann, wage ich nicht zu behaupten. Vielmehr komme ich mir oft vor wie die Schwachmaten, die immer noch von einem dopingfreien Radsport fabulieren.
Ich bin frustriert. Mühsam kontrolliere ich meine Wut, die zum Ausdruck zu bringen schlechterdings unmöglich ist. Was ich dabei sublimiere, führt immerhin gelegentlich zu guten Artikeln. Für gute Satire reicht es freilich nicht.
Ich habe heute lange über eine Allegorie nachgedacht auf die zentrale Legende, “Wirtschaftswachstum” sei der Schlüssel, die Grundlage und überhaupt das Alpha und Omega für eine glückliche Gesellschaft. Ich habe mir vorgestellt, wie ein fetter König seinen ausgemergelten Untertanen eintrichtert, er müsse nur mehr zu essen bekommen, dann bleibe genug für alle übrig. Ist damit alles gesagt? Ist damit irgendetwas gesagt?
Dann war da dieser Film über den Vietnamkrieg und die kuschelige Erkenntnis der ewigen Wiederkehr. Alles nur dejá vu, was regen wir uns auf? Es ist doch nicht schlimmmer geworden, im Gegenteil: In vergangenen Jahrhunderten war es noch viel schlimmer. Ich beginne mich gedankenversunken zu rechtfertigen: In vergangenen Jahrhunderten konnte ich mich nicht wehren, heute strample ich ein bißchen gegen den Wind.
In Duisburg gibt es ein SPD-Mitglied, seines Zeichens Stadtentwicklungsdezernent, der eine Spitzenidee hat: Wenn Essener Studenten der Universität Duisburg-Essen nach Dusiburg ziehen und ein 60-stündiges Praktikum pro Semester ableisten, sollen ihnen die Studiengebühren in Höhe von 500 Euro erstattet werden. Für Sklaven ein verdammt guter Lohn. Die SPD hat noch Ideen. Akademische Sklaven werden von ihr besser behandelt als im echten Leben, das muß doch einmal gesagt werden. Aber reicht das für einen Blogeintrag?
Drei wochen Urlaub sind vorüber. Definitiv zu kurz. Mir geht’s zum kotzen.
Juli 18th, 2008 at 05:55
Ich kann das was Du schreibst nur zu gut nachempfinden, stelle mir ähnliche Fragen. Wenn ich an zwei vergangene Brennpunkten des politischen Widerstands denke – Natodoppelbeschluss und Wackersdorf – glaube ich einen Unterschied zu können: Die Themen waren scheinbar einfacher, zumindest konnte man Plakate malen. Jetzt einen Slogan für ein Demoplakat zu malen, ein schier aussichtsloses Unterfangen. Ich sehe keinen einzelnen Missstand der schon so eklatant wäre (oder nicht von medialen Halblügen fingerdick überkleistert wäre), dass jedem beim ersten Blick vor Betroffenheit der Mund offen stehen bleibt. Es ist nur bei vielen das dumpfe Gefühl vorhanden, dass irgendwas nicht stimmt. Vielleicht ist die Zeit des Plakate malens noch nicht gekommen, vielleicht müssen erst hessische Verhältnisse übers ganze Land kommen, oder eine kritische Menge von Menschen die Hartzlüge durchschauen oder der nächste Datenskandal kommen, oder oder oder … bis dahin gehören wir zu den kleinen Stimmen, die hoffentlich den Weg bereiten oder helfen schlimmeres zu verhindern.
Was wäre die Alternative – schweigen und gar nichts tun – ich für mich sage “Nein”. In Wackersdorf habe ich einen damals alten Mann getroffen, auf die Frage was ihn zum Widerstand antreibe, antwortete er, er wolle sich von seinen Kindern nicht ein zweites Mal die Frage stellen lassen “Warum hast Du nichts getan?”
Juli 18th, 2008 at 05:55
Ich kann das was Du schreibst nur zu gut nachempfinden, stelle mir ähnliche Fragen. Wenn ich an zwei vergangene Brennpunkten des politischen Widerstands denke – Natodoppelbeschluss und Wackersdorf – glaube ich einen Unterschied zu können: Die Themen waren scheinbar einfacher, zumindest konnte man Plakate malen. Jetzt einen Slogan für ein Demoplakat zu malen, ein schier aussichtsloses Unterfangen. Ich sehe keinen einzelnen Missstand der schon so eklatant wäre (oder nicht von medialen Halblügen fingerdick überkleistert wäre), dass jedem beim ersten Blick vor Betroffenheit der Mund offen stehen bleibt. Es ist nur bei vielen das dumpfe Gefühl vorhanden, dass irgendwas nicht stimmt. Vielleicht ist die Zeit des Plakate malens noch nicht gekommen, vielleicht müssen erst hessische Verhältnisse übers ganze Land kommen, oder eine kritische Menge von Menschen die Hartzlüge durchschauen oder der nächste Datenskandal kommen, oder oder oder … bis dahin gehören wir zu den kleinen Stimmen, die hoffentlich den Weg bereiten oder helfen schlimmeres zu verhindern.
Was wäre die Alternative – schweigen und gar nichts tun – ich für mich sage “Nein”. In Wackersdorf habe ich einen damals alten Mann getroffen, auf die Frage was ihn zum Widerstand antreibe, antwortete er, er wolle sich von seinen Kindern nicht ein zweites Mal die Frage stellen lassen “Warum hast Du nichts getan?”
Juli 18th, 2008 at 18:44
Nein! Nicht resignieren! Als gereifter Oheim aus der SBZ (Ostzone, sibirische Grenze) lese ich Feynsinn manchmal mit beinahe feierlichem Genuss. Das darf man mir nicht nehmen.
Nach meiner Überzeugung ist dieses reformumtoste Land seit langem gänzlich unreformierbar. Gerade darin gründet sich Hoffnung. Es muss nur deutlicher (gemacht) werden. All der gepredigte Notdurftnonsens wird indes auch täglich deutlicher aus eigener Kraft.
Ich habe auf `zig Montagsdemos dieses von Heuschrecken bestäubte Blühen mit hierher geholt, dann zu staunen begonnen, es dann fassungslos bewundert und nun erfreue ich mich des wachsenden Wachstums. Diese meine Position beinhaltet kein viertel Pfund Ideologie. Ein wenig Einmaleins aber schon. Dazu merke ich noch etwas an.
In meiner schönen Heimatstadt (Cluster) schrumpft gerade der Tourismus. Laut heutiger Zeitung um 15 Prozent. Man kann das sehen. Im Umfeld der dicken Kirche würdigen eingezäunte Edeltouristen die vorbei schlurfenden genormten Touristen keines Blickes; was der Platz ansonsten zu bieten hat ekelt sie wahrscheinlich an. Etwas weiter sind all die aufgestellten Sommertische am warmen Sommertag …leer. Ein Tourismusbusinäsmään knurrt in der Zeitung: „Andere Städte machen aus Nichts eine Sensation.“ Soll heißen: „Ey Leute, macht gefälligst auch aus Nichts eine Sensation!“ Unsere Betten brauchen Last.
Wenn ein Konzernmann 27.000 Leuten den Abbeißplatz kündigt, finde ich daran falsch, dass er nicht 50.000 schmeißen will. Warum? Er sichert doch damit den Verbleibenden ihren Abbiss.
Tschuldigung, Flatter, ich nannte kürzlich einen Artikel und die Kommentare ein gepflegtes Geschnatter. Gemeint war, dass es doch ziemlich egal ist, ob der SPD-Rest dreizehn, dreizehneinhalb oder vierundfünfzig Prozent bekommt. Es ist so egal wie der rechte Fuß einer Krähe.
Es gibt da ein Sachbuch der Grazer Autors Gero Jenner. Ein Einmaleins zum Staunen. Welches Detail auch immer man im Auge haben mag, es leitet sich davon ab.
Juli 18th, 2008 at 18:44
Nein! Nicht resignieren! Als gereifter Oheim aus der SBZ (Ostzone, sibirische Grenze) lese ich Feynsinn manchmal mit beinahe feierlichem Genuss. Das darf man mir nicht nehmen.
Nach meiner Überzeugung ist dieses reformumtoste Land seit langem gänzlich unreformierbar. Gerade darin gründet sich Hoffnung. Es muss nur deutlicher (gemacht) werden. All der gepredigte Notdurftnonsens wird indes auch täglich deutlicher aus eigener Kraft.
Ich habe auf `zig Montagsdemos dieses von Heuschrecken bestäubte Blühen mit hierher geholt, dann zu staunen begonnen, es dann fassungslos bewundert und nun erfreue ich mich des wachsenden Wachstums. Diese meine Position beinhaltet kein viertel Pfund Ideologie. Ein wenig Einmaleins aber schon. Dazu merke ich noch etwas an.
In meiner schönen Heimatstadt (Cluster) schrumpft gerade der Tourismus. Laut heutiger Zeitung um 15 Prozent. Man kann das sehen. Im Umfeld der dicken Kirche würdigen eingezäunte Edeltouristen die vorbei schlurfenden genormten Touristen keines Blickes; was der Platz ansonsten zu bieten hat ekelt sie wahrscheinlich an. Etwas weiter sind all die aufgestellten Sommertische am warmen Sommertag …leer. Ein Tourismusbusinäsmään knurrt in der Zeitung: „Andere Städte machen aus Nichts eine Sensation.“ Soll heißen: „Ey Leute, macht gefälligst auch aus Nichts eine Sensation!“ Unsere Betten brauchen Last.
Wenn ein Konzernmann 27.000 Leuten den Abbeißplatz kündigt, finde ich daran falsch, dass er nicht 50.000 schmeißen will. Warum? Er sichert doch damit den Verbleibenden ihren Abbiss.
Tschuldigung, Flatter, ich nannte kürzlich einen Artikel und die Kommentare ein gepflegtes Geschnatter. Gemeint war, dass es doch ziemlich egal ist, ob der SPD-Rest dreizehn, dreizehneinhalb oder vierundfünfzig Prozent bekommt. Es ist so egal wie der rechte Fuß einer Krähe.
Es gibt da ein Sachbuch der Grazer Autors Gero Jenner. Ein Einmaleins zum Staunen. Welches Detail auch immer man im Auge haben mag, es leitet sich davon ab.
Juli 18th, 2008 at 21:37
[...] Heute wieder kein BeitragOh ja… [...]
Juli 18th, 2008 at 21:37
[...] Heute wieder kein BeitragOh ja… [...]
Juli 19th, 2008 at 19:48
Hi,
uns geht es ähnlich wie Dir. Je mehr wir den Umfang der ganzen verbrecherischen Verblödungsmaschine erkennen, um so frustrierender ist das.
Trotzdem versuchen wir irgendwie am Anzetteln einer Medienrevolte mitzuwirken und die Maschine der Corporate Media zu knacken. Wir würden uns freuen, wenn Du dir auch einen Volltextfeed zulegst und wir dich in unseren Parteibuch Ticker aufnehmen dürften.
Wenn Du magst, schau mal hier, das Konzept:
https://www.mein-parteibuch.com/blog/2007/08/19/keimzelle-fuer-eine-demokratische-und-pluralistische-medienlandschaft/
Besten Gruß
Ein Katzenfreund
Juli 19th, 2008 at 19:48
Hi,
uns geht es ähnlich wie Dir. Je mehr wir den Umfang der ganzen verbrecherischen Verblödungsmaschine erkennen, um so frustrierender ist das.
Trotzdem versuchen wir irgendwie am Anzetteln einer Medienrevolte mitzuwirken und die Maschine der Corporate Media zu knacken. Wir würden uns freuen, wenn Du dir auch einen Volltextfeed zulegst und wir dich in unseren Parteibuch Ticker aufnehmen dürften.
Wenn Du magst, schau mal hier, das Konzept:
https://www.mein-parteibuch.com/blog/2007/08/19/keimzelle-fuer-eine-demokratische-und-pluralistische-medienlandschaft/
Besten Gruß
Ein Katzenfreund
Juli 19th, 2008 at 23:30
Ist der deutsche Untertanengeist nicht fast schon sprichwörtlich? – Aber wenn die sog. Reformpolitik der “ganz großen Koalition” für immer mehr Menschen nicht mehr nur eine virtuelle, sondern eine höchst reale und persönlich erfahrbare Bedrohung ist, müßte sich selbst der “deutsche Michel” bewegen. Die Frage ist nur, in welche politische Richtung. Aufklärung im Internet kann diese aber wenigstens etwas beeinflussen.
Juli 19th, 2008 at 23:30
Ist der deutsche Untertanengeist nicht fast schon sprichwörtlich? – Aber wenn die sog. Reformpolitik der “ganz großen Koalition” für immer mehr Menschen nicht mehr nur eine virtuelle, sondern eine höchst reale und persönlich erfahrbare Bedrohung ist, müßte sich selbst der “deutsche Michel” bewegen. Die Frage ist nur, in welche politische Richtung. Aufklärung im Internet kann diese aber wenigstens etwas beeinflussen.
Juli 20th, 2008 at 00:11
@parteibuch: Nehmt mich gern im Ticker auf, Volltextfeed sollte jetzt eingestellt sein. Bitte kurze Rückmeldung, wenn es nicht funktioniert.
Juli 20th, 2008 at 00:11
@parteibuch: Nehmt mich gern im Ticker auf, Volltextfeed sollte jetzt eingestellt sein. Bitte kurze Rückmeldung, wenn es nicht funktioniert.
Juli 20th, 2008 at 18:15
Funktioniert. Danke und nicht unterkriegen lassen!
Juli 20th, 2008 at 18:15
Funktioniert. Danke und nicht unterkriegen lassen!