Neulich hielt ein Bekannter eine wütende Rede. Er fragte sich, was eigentlich passieren müsse, damit die Leute auf die Straße gehen. Vermutlich so ein Protestwähler (oder gar Nichtwähler), der gar nicht so recht weiß, wie er argumentieren soll und sich einfach “verarscht” fühlt. Es geht ihm nicht einmal schlecht.
Ich bin in solchen Situationen ein wenig hilflos. Das eine oder andere Beispiel könnte ich beisteuern, anhand dessen die “Verarschung” konkreter wird, aber was hilft es? So viele Geschichten, Details, verbogene Nachrichten, Beschwichtigungen über die alltägliche Korruption, kriecherische Medien und ein Leben wie in einem schlechten Film. Keine Lösung in Sicht. Die Ökonomisierung der Gesellschaft kann man nicht in einigen leicht verständlichen Sätzen artikulieren. Man kann sie gleichwohl mit großem Pomp leugnen und jede Opposition als Spinnerei von Radikalen abtun.
Ein Freund kritiserte mich für die Tendenz in meinem Blog, die täglichen Nachrichten nur zu kommentieren und mich über dies und das wohlformuliert zu echauffieren. Es sei doch besser, das alles durch den Kakao zu ziehen, und ich könne das doch.
Recht hat er insofern, als daß es wirksamer sein kann, die gekauften Büttel einer kranken Kultur ihrer ganzen Lächerlichkeit preiszugeben. Das ich das kann, wage ich nicht zu behaupten. Vielmehr komme ich mir oft vor wie die Schwachmaten, die immer noch von einem dopingfreien Radsport fabulieren.
Ich bin frustriert. Mühsam kontrolliere ich meine Wut, die zum Ausdruck zu bringen schlechterdings unmöglich ist. Was ich dabei sublimiere, führt immerhin gelegentlich zu guten Artikeln. Für gute Satire reicht es freilich nicht.
Ich habe heute lange über eine Allegorie nachgedacht auf die zentrale Legende, “Wirtschaftswachstum” sei der Schlüssel, die Grundlage und überhaupt das Alpha und Omega für eine glückliche Gesellschaft. Ich habe mir vorgestellt, wie ein fetter König seinen ausgemergelten Untertanen eintrichtert, er müsse nur mehr zu essen bekommen, dann bleibe genug für alle übrig. Ist damit alles gesagt? Ist damit irgendetwas gesagt?
Dann war da dieser Film über den Vietnamkrieg und die kuschelige Erkenntnis der ewigen Wiederkehr. Alles nur dejá vu, was regen wir uns auf? Es ist doch nicht schlimmmer geworden, im Gegenteil: In vergangenen Jahrhunderten war es noch viel schlimmer. Ich beginne mich gedankenversunken zu rechtfertigen: In vergangenen Jahrhunderten konnte ich mich nicht wehren, heute strample ich ein bißchen gegen den Wind.
In Duisburg gibt es ein SPD-Mitglied, seines Zeichens Stadtentwicklungsdezernent, der eine Spitzenidee hat: Wenn Essener Studenten der Universität Duisburg-Essen nach Dusiburg ziehen und ein 60-stündiges Praktikum pro Semester ableisten, sollen ihnen die Studiengebühren in Höhe von 500 Euro erstattet werden. Für Sklaven ein verdammt guter Lohn. Die SPD hat noch Ideen. Akademische Sklaven werden von ihr besser behandelt als im echten Leben, das muß doch einmal gesagt werden. Aber reicht das für einen Blogeintrag?
Drei wochen Urlaub sind vorüber. Definitiv zu kurz. Mir geht’s zum kotzen.