Grundgesetz gefährdet Arbeitsplätze
Posted by flatter under PolitikKommentare deaktiviert
15. Jul 2008 1:00
Das Grundgesetz soll wieder einmal geändert werden. Diesmal geht es um die Organisation der “ARGE”n, die vor Ort das “Fördern und Fordern” besorgen sollen, also Arbeitslose betreuen und verwalten. Das Bundesverfassungsgericht hatte im Dezember letzten Jahres festegestellt, daß die Überstellung von Kompetenzen der Kommunen auf die Arbeitsagentur gegen die im Grundgesetz festgelegte “Kompetenzordnung” verstößt. Heute einigten sich die Sozialminister der Länder darauf, die Verfassung entsprechend zu ändern.
Auf den ersten Blick sieht es so aus, als sei dies eine Detailfrage und es sei im Gegensatz zu anderen Attacken auf die Verfassung (etwa im Bereich Innere Sicherheit) eine Formalie, die da nur en passant geklärt werden müßte. Tatsächlich aber wird auch an diesem Beispiel wieder deutlich, daß sich die Große Koalition der Regierenden Kompetenzen anmaßen, die ihnen nicht zustehen. Niemand wird behaupten, daß die Organisation der Arbeits- und Sozialämter ein Ruhmesblatt deutscher Geschichte sei. Eine Neuorganisation war offenbar angezeigt, und eine Änderung des Grundgesetzes in diesem Zusammenhang wäre durchaus diskutabel gewesen. Allein die Vorgehensweise zeugt aber einmal mehr davon, daß eine Politik nach Gutsherrenart sich nicht um die eigenen Gesetze schert, Ideologie vor Vernunft geht und Inkompetenz das Geschehen bestimmt. Wenn der Chef der “Bundesagentur”, Jürgen Weise, die Zusammenarbeit der BA mit den Kommunen als “Katastrophe” bezeichnet, hat er völlig recht. Ist das aber eine hinreichende Begründung, quasi als Reparaturmaßnahme, die Verfassung zu ändern? Das Gegenteil ist der Fall. Grandios hat die beliebte Chefin der unbeliebten Bundesegierung dokumentiert, daß sie keine Ahnung hat, welche Folgen die “Hartz-Gesetze” haben. Nicht einmal die wichtigsten Eckpunkte von “HartzIV” sind ihr bekannt, geschweige denn hätte sie sich je mit dem Alltag der Betroffenen beschäftigt. Hiermit sind nicht nur die Arbeitslosen gemeint, sondern ebenso die Sachbearbeiter und der ganze zuständige Verwaltungsapparat. Genau dafür gibt es die Kompetenzordnung, die eben dafür sorgen soll, daß nicht auf jeder staatlichen Ebene Gesetze gemacht werden dürfen, die in die Kompetenzen der anderen eingreifen. Eine Zeitlang war der Begriff “Subsidiaritätsprinzip” en vogue, Entscheidungen sollten möglichst auf der untersten Ebene getroffen werden. Diese Vorgehensweise gilt als effektiv, weil die Wege so am kürzesten sind und die Kenntnisse der Lage vor Ort so optimal genutzt werden können. Es darf sogar als “wirtschaftsfreundlich” betrachtet werden, da eine zentralistische Verwaltung besonders bürokratisch und langsam arbeitet. In bezug auf die Kontrolle und Gängelung der Bürger, insbesondere der Armen, weht ein anderer Wind. Von oben herab soll sichergestellt werden, daß die politischen Vorgaben der Parteienherrschaft überall durchgesetzt werden. Daß so etwas im Chaos endet, soll kein Hinderungsgrund sein. Zur Verschlankung der Bürokratie wird halt das Widerspruchsverfahren eingedampft. Wenn die besser informierten Einrichtungen der Kommunen dem im Weg stehen, werden sie halt entmündigt. Wenn die völlige Unwissenheit der zentral Regierenden zu Lasten der Bürger geht, sind diese selbst schuld. Eine bis ins Kleinste verzahnte Propagandamaschine sorgt dafür, daß den Menschen dieser Unsinn als höhere Vernunft eingetrichtert wird.
Dem ist ein Grundgesetz nur im Wege, das bewundernswert durchdacht war. Warum soll es geändert werden? Schafft es doch einfach ab!
Juli 15th, 2008 at 10:47
Und wieder hast Du mir ein Thema “geklaut”. ;-)
Ich moechte aber gerne eine etwas abweichende und nicht ganz soradikal wie Deine formulierte Pointe beisteuern:
Regierungssitztung: Der Wirtschaftsminister blaettert im Grundgesetz: “Ey Leute habt ihr das schon gelesen? Hier steht: ‘Das Eiegntum soll dem Allgemeinwohl dienen.’ Muhahaha”
Die Justizministerin: “Was? Das geht aber so nicht – da koennten wir Aerger mit dem Verfassungsgericht kriegen, das muss den Verhaeltnissen angemessen geaendert werden in: Das Eigentum soll seinem Eigentuemer dienen!”
Der Arbeitsminister: “Geht leider nicht, der Artikel steht unter Ewigkeitsschutz”
Die Kanzlerin: “Dann muss der eben auch geaendert werden. Hier wird jetzt endlich durchregiert!”
Juli 15th, 2008 at 10:47
Und wieder hast Du mir ein Thema “geklaut”. ;-)
Ich moechte aber gerne eine etwas abweichende und nicht ganz soradikal wie Deine formulierte Pointe beisteuern:
Regierungssitztung: Der Wirtschaftsminister blaettert im Grundgesetz: “Ey Leute habt ihr das schon gelesen? Hier steht: ‘Das Eiegntum soll dem Allgemeinwohl dienen.’ Muhahaha”
Die Justizministerin: “Was? Das geht aber so nicht – da koennten wir Aerger mit dem Verfassungsgericht kriegen, das muss den Verhaeltnissen angemessen geaendert werden in: Das Eigentum soll seinem Eigentuemer dienen!”
Der Arbeitsminister: “Geht leider nicht, der Artikel steht unter Ewigkeitsschutz”
Die Kanzlerin: “Dann muss der eben auch geaendert werden. Hier wird jetzt endlich durchregiert!”
Juli 15th, 2008 at 10:49
Mist – der b Tag hatte hinter dem “das” geschlossen werden sollen .. grmmpf..
Juli 15th, 2008 at 10:49
Mist – der b Tag hatte hinter dem “das” geschlossen werden sollen .. grmmpf..
Juli 15th, 2008 at 12:15
Sag’s dem Admin ;-)
Juli 15th, 2008 at 12:15
Sag’s dem Admin ;-)
Juli 15th, 2008 at 12:24
Danke Chef!
Da haette der Admin aber auch gleich mal Korrektur lesen koennen ..:-D
Man sollte wirklich seine Kommentare nicht direkt in das Eingabefenster tippen, wenn es keine Vorschaufunktion gibt ..
;-)
Juli 15th, 2008 at 12:24
Danke Chef!
Da haette der Admin aber auch gleich mal Korrektur lesen koennen ..:-D
Man sollte wirklich seine Kommentare nicht direkt in das Eingabefenster tippen, wenn es keine Vorschaufunktion gibt ..
;-)
Juli 15th, 2008 at 13:16
Ich hatte auch den RS-Fehler gesehen, aber man gilt ja so schnell als Zensor, wenn man den Leuten ihre Hausorthographie zerstört.
Du bist übrigens nicht allein. Obwohl ich meist noch 2-3 mal Korrektur lese, raufe ich mir oft die Haare angesichts meiner Kommentartexte.
Juli 15th, 2008 at 13:16
Ich hatte auch den RS-Fehler gesehen, aber man gilt ja so schnell als Zensor, wenn man den Leuten ihre Hausorthographie zerstört.
Du bist übrigens nicht allein. Obwohl ich meist noch 2-3 mal Korrektur lese, raufe ich mir oft die Haare angesichts meiner Kommentartexte.
Juli 15th, 2008 at 14:46
Moin Roger,
es ist alles noch viel schlimmer…
Erstens – Art.14(2) steht nicht unter Ewigkeitsvorbehalt. Der bezieht sich auf Art.1 *und* 20, nicht auf 1 *bis* 20.
Zweitens – tut’s eh nichts zur Sache, da ua vom derzeitigen Vorsitzenden des BVerfG der Artikel ohnehin längst wie folgt interpretiert wird: Er sei keine Aufforderung an das Eigentum bzw die Eigentümer, sondern im Gegenteil eine an den Staat, die optimale Selbstverwertung dieses Eigentums zu gewährleisten. Ganz im Sinne des allen eigentlichen Zweck des Wirtschaftens auf den Kopf stellenden ‘Sozial ist, was Arbeit schafft’…
Juli 15th, 2008 at 14:46
Moin Roger,
es ist alles noch viel schlimmer…
Erstens – Art.14(2) steht nicht unter Ewigkeitsvorbehalt. Der bezieht sich auf Art.1 *und* 20, nicht auf 1 *bis* 20.
Zweitens – tut’s eh nichts zur Sache, da ua vom derzeitigen Vorsitzenden des BVerfG der Artikel ohnehin längst wie folgt interpretiert wird: Er sei keine Aufforderung an das Eigentum bzw die Eigentümer, sondern im Gegenteil eine an den Staat, die optimale Selbstverwertung dieses Eigentums zu gewährleisten. Ganz im Sinne des allen eigentlichen Zweck des Wirtschaftens auf den Kopf stellenden ‘Sozial ist, was Arbeit schafft’…
Juli 15th, 2008 at 14:49
Oerks – ismirschlechtjetzt ..
Trotzdem danke fuer die Aufklaerung.
Juli 15th, 2008 at 14:49
Oerks – ismirschlechtjetzt ..
Trotzdem danke fuer die Aufklaerung.
Juli 15th, 2008 at 15:06
[...] sollte, da ja ohnehin das jetzige Konstrukt der ARGEn verfassungswidrig ist – und prompt kommt die << Antwort der Sozialminister >> der Länder [...]
Juli 15th, 2008 at 15:06
[...] sollte, da ja ohnehin das jetzige Konstrukt der ARGEn verfassungswidrig ist – und prompt kommt die << Antwort der Sozialminister >> der Länder [...]
Juli 15th, 2008 at 15:32
Vielleicht ein Trostpflaster – man könnte immerhin Art.14 auch komplett abschaffen. So wie die FDP vor nicht allzulanger Zeit es ja schon mal für Art.15 vorschlug. Ein Junktim halte ich indes für wenig wahrscheinlich. ;)
Allerdings wird man sich mE auch hüten, Art.15 anzutasten – der ist ja auch mitnichten für einen evt Übergang zum ‘Sozialismus’ gedacht, sondern dient nach läufiger Auffassung im Gegenteil dazu, ‘notleidend’ gewordene und für die Versorgung der Bevölkerung dennoch unverzichtbare Unternehmen unter ‘Staatsobhut’ zu stellen, also auch wieder nur zur Stabilisierung ‘der ganzen Sch…e’. Verzeihung, der ‘Sozialen Marktwirtschaft’…
Juli 15th, 2008 at 15:32
Vielleicht ein Trostpflaster – man könnte immerhin Art.14 auch komplett abschaffen. So wie die FDP vor nicht allzulanger Zeit es ja schon mal für Art.15 vorschlug. Ein Junktim halte ich indes für wenig wahrscheinlich. ;)
Allerdings wird man sich mE auch hüten, Art.15 anzutasten – der ist ja auch mitnichten für einen evt Übergang zum ‘Sozialismus’ gedacht, sondern dient nach läufiger Auffassung im Gegenteil dazu, ‘notleidend’ gewordene und für die Versorgung der Bevölkerung dennoch unverzichtbare Unternehmen unter ‘Staatsobhut’ zu stellen, also auch wieder nur zur Stabilisierung ‘der ganzen Sch…e’. Verzeihung, der ‘Sozialen Marktwirtschaft’…
Juli 15th, 2008 at 20:45
“‘Das Eiegntum soll dem Allgemeinwohl dienen.’ Muhahaha”
Das Eigentum ist mittlerweile doch kaum noch etwas wert. Es gibt so viele gängelnde Regelungen für die Eigentümer von Firmen, Lokalen, Wohnhäusern, etc. Teilweise dient das Eigentum hier nur noch dem Staat bzw. der Allgemeinheit.
“So wie die FDP vor nicht allzulanger Zeit es ja schon mal für Art.15 vorschlug.”
Was überhaupt nichts ändern würde. Eine Anwendung von Art. 15 wäre nur durch allgemeines Gesetz möglich, das so hohe Kosten verursachen würde, daß es praktisch undenkbar ist. Ist wohl auch besser so.
Juli 15th, 2008 at 20:45
“‘Das Eiegntum soll dem Allgemeinwohl dienen.’ Muhahaha”
Das Eigentum ist mittlerweile doch kaum noch etwas wert. Es gibt so viele gängelnde Regelungen für die Eigentümer von Firmen, Lokalen, Wohnhäusern, etc. Teilweise dient das Eigentum hier nur noch dem Staat bzw. der Allgemeinheit.
“So wie die FDP vor nicht allzulanger Zeit es ja schon mal für Art.15 vorschlug.”
Was überhaupt nichts ändern würde. Eine Anwendung von Art. 15 wäre nur durch allgemeines Gesetz möglich, das so hohe Kosten verursachen würde, daß es praktisch undenkbar ist. Ist wohl auch besser so.
Juli 16th, 2008 at 10:23
“Das Eigentum ist mittlerweile doch kaum noch etwas wert. Es gibt so viele gängelnde Regelungen für die Eigentümer von Firmen, Lokalen, Wohnhäusern, etc. Teilweise dient das Eigentum hier nur noch dem Staat bzw. der Allgemeinheit.”
Dieser Eindruck ist aus der Sicht des kleinen und mittleren (‘Real-’) Eigentums sicher nicht ganz falsch. Das rührt aber daher, dass längst ganz andere Formen von Eigentum den Ton angeben – und in dessen Namen, und eben nicht im Namen von Staat und Allgemeinheit, finden diese ‘Gängelungen’ statt. Sie werden nur gerne als allgemeine oder staatliche Belange ‘verkauft’. Siehe dazu auch die Studie ‘Wem gehört die EU?’:
https://www.uni-muenster.de/PeaCon/wemgehoertdieeu/eu-web.htm
Juli 16th, 2008 at 10:23
“Das Eigentum ist mittlerweile doch kaum noch etwas wert. Es gibt so viele gängelnde Regelungen für die Eigentümer von Firmen, Lokalen, Wohnhäusern, etc. Teilweise dient das Eigentum hier nur noch dem Staat bzw. der Allgemeinheit.”
Dieser Eindruck ist aus der Sicht des kleinen und mittleren (‘Real-’) Eigentums sicher nicht ganz falsch. Das rührt aber daher, dass längst ganz andere Formen von Eigentum den Ton angeben – und in dessen Namen, und eben nicht im Namen von Staat und Allgemeinheit, finden diese ‘Gängelungen’ statt. Sie werden nur gerne als allgemeine oder staatliche Belange ‘verkauft’. Siehe dazu auch die Studie ‘Wem gehört die EU?’:
https://www.uni-muenster.de/PeaCon/wemgehoertdieeu/eu-web.htm
Juli 16th, 2008 at 12:35
Vielen Dank für den Link, eine dringende Leseempfehlung!
Juli 16th, 2008 at 12:35
Vielen Dank für den Link, eine dringende Leseempfehlung!