gaddafi
 
Während es überall brennt, von Jemen bis Syrien und von Ägypten bis Westsahara alles im Umbruch ist, bombt die NATO in Libyen einen Diktator in die Flucht. Man soll glauben, das habe nichts mit Öl zu tun. Womit aber dann? Der deutsche Außenminister, von dem man nicht weiß, was er sonst eigentlich für seinen Job hält, hat der militärischen Intervention zunächst nicht zugestimmt. Jetzt aber, nachdem deutlich wird, dass das Mandat der Durchsetzung eines Flugverbots weit überschritten wird, schreitet er eifrig zur Tat: Der Rebellenrat sei die “legitime Vertretung” des Volkes. Den will er also “anerkennen”.

Was hat das Volk zu sagen

Legitimiert wodurch? Durch eine große Klappe? Fette Waffen? Kriegsglück? Wer sind diese Leute überhaupt? Sicher weiß auch Westerwelle das nicht, genauso wenig wie er sich je Gedanken machte darüber, was ein Volk zu sagen hat, wenn ein solcher “Rat” zusammen findet. Hauptsache man hat wieder wen, der womöglich Macht ausüben kann. Und vielleicht Öl verkaufen?

Deutschland hat wie alle anderen im Westen Gaddafi aus der Hand gefressen, egal wieviel Terror er und seine Familie über andere gebracht haben. Selbst das haarsträubende Todesurteil gegen bulgarische Krankenschwestern oder die Privatfehde gegen die Schweiz haben nichts daran geändert, dass der Diktator als ‘legitim’ betrachtet wurde. Es wurde ihm dafür sogar ein AKW versprochen.

Was hat sich an der Legitimität dieses handelsüblich irren Diktators geändert? Was unterscheidet sein Regime von dem Assads oder dem von Hamad bin Isa Al Chalifa? Marschieren wir da jetzt überall ein? Oder gibt es bei denen keine legitimen Rebellen?

Narren und Trittbrettfahrer

Die Strategie ist ebenso durchschaubar wie die Absichten. Der billige Versuch Westerwelles, sich bei potentiellen Kriegsgewinnlern einzuschmeicheln, entspricht allerdings seiner Kompetenz in außenpolitischen Fragen. Nicht nur, dass er nichts aus dem Balkankrieg gelernt hat. Nicht nur, dass er sich mit solchen Winkelzügen möglicherweise bei den Verbündeten unbeliebt macht. Es ist auch alles andere als klar, wie das Rennen ausgeht. Selbst wer sicher zu sein glaubt, dass Gaddafis Zeit abgelaufen ist, kann kaum vorhersagen, wer ihm nachfolgt. Die “Legitimen”, die sich der Guy d’Eau da ausgesucht hat, können dann schon wieder Geschichte sein.

Sollen also fortan alle selbst ernannten Räte und Heerführer anerkannt werden? Womöglich solche, die zerstritten sind und gänzlich unterschiedliche Interessen verfolgen? Gibt es überhaupt irgendwelche Richtlinien dafür, was der Herr Außenminister als legitim betrachtet und was nicht?
Am Ende wird man sich darauf verlassen können, dass er diese Entscheidung ohnehin nicht trifft. Er ist der nützliche Tor, der solche Spielchen spielen und sich dabei die Finger verbrennen darf. Wenn dann ganz woanders alles entschieden worden ist, wird die Kanzlerin das zu ihrer ganz persönlichen Linie machen und ihren Hofnarren zurechtweisen. Die Frage stellt sich allerdings, wozu wir den dann überhaupt brauchen.