Schwarzfahren ist ein Delikt. Im Jahr 2009 wurden 50000 Deutsche wegen “Erschleichung von Leistungen” verurteilt, während in demselben Zeitraum 10000 wegen Steuer-und Zollzuwiderhandlungen verurteilt wurden. (Ich beschränke mich auf Deutsche, da Ausländer bei Zollzuwiderhandlungen aus naheliegenden Gründen die Statistik verzerren).

istfMan mag zwar meinen, angesichts der zu erwarten höheren Zahl von Schwarzfahrern sei das normal, allerdings geht es hier nicht um alle, sondern nur um solche, die von einem Gericht verurteilt wurden. Es gibt fünf mal so viele verurteilte kriminelle Schwarzfahrer wie Schmuggler und Steuerhinterzieher in diesem Land. Das spricht schon für gewisse Prioritäten. Wenn man dann noch weiß, dass der gemeine Hinterzieher sich durch Selbstanzeige und Nachzahlung seiner einfachen Steuerschuld reinwaschen kann, wird klar, dass der Schwarzfahrer eben ein vergleichsweise besonders schändlicher Mensch sein muss.

Eine Frage der Klasse

Noch deutlicher wird das, was man “Klassenjustiz” zu nennen nicht umhin kommt, wenn man auf den Umgang mit Korruption schaut. Die Anzahl der Verurteilten bei den Delikten “Vorteilsannahme”, “Bestechlichkeit”, “Vorteilsgewährung”, “Bestechung” und “Bestechlichkeit und Bestechung in Besonders schweren Fällen” betrug 2009 insgesamt 248! Davon ist Bestechung mit 129 Fällen die häufigste Straftat. Auf der anderen Seite – dort wo sich der Einfluss auswirkt, gibt es quasi keine Kriminalität.

Wir kennen hinlänglich die Kampagnen unter dem Motto: “Schwarzfahren ist kein Kavaliersdelikt“. Noch besser kennen wir allerdings diejenigen, die stets suggerieren, wer in Deutschland etwas leiste, werde durch viel zu hohe Steuern bestraft. Jeder weiß, was Maschmeyers, Ackermanns und Rürups aus der deutschen Politik gemacht haben, jeder kennt die Käufer der Schröders, Riesters und Clements. Was diese Herren treiben, um Steuermittel in Gewinne von Finanzinstitute zu verzaubern, ist auch kein Kavaliersdelikt. Es ist nämlich gar keines.

Legal, illegal …

Und dort, wo dann dennoch gegen geltendes Recht verstoßen wird, wo Millionen hinterzogen und ins Ausland verschoben werden, steht er: der gemeine Steuerfahnder, der rettet, was zu retten ist. Oder vielmehr: Dort stand er, denn wie die Leser der Frankfurter Rundschau oder dieses Blogs wissen, ist es nicht willkommen, dass effiziente Steuerfahnder in deutschen Großbanken herumschnüffeln. Frank Wehrheim hat darüber ein Buch geschrieben, das Jens Berger rezensiert. Ich hatte einmal das Vergnügen, mit Frank Wehrheim zu plaudern, und wenn sein Buch so kurzweilig ist wie seine Erzählungen, ist es schon allein deshalb lesenswert.

Darüber hinaus ist es – in dem Rahmen, den die Praxis der deutschen Justiz zulässt – ein Teilbericht über einen der größten Skandale in der Geschichte der BRD. Ein Skandal, der Dauerzustand geworden ist und noch immer kaum wahrgenommen wird.
Dass jetzt einige Richter nicht mehr über Schwarzfahrer verhandeln wollen, dass in Zukunft nicht mehr hunderte Beförderungserschleicher die Knäste füllen, darüber ist hingegen noch nicht das letzte Wort gesprochen. Es geht um Schäden in Milliardenhöhe. Die öffentliche Ordnung und Moral ist in Gefahr!