eurofaschQuasi ans Fernsehen gefesselt, blieb ich gestern an Maischbergers PR-Stuhlkreis für Entscheider hängen. Das begann damit, dass ich mich wieder einmal über die Anwesenheit des BDI-INSM-Gurus Henkel erregte. Wenn die neoliberalen Kampfquatscher schon ständig Gratis-Werbung für ihre kognitiv entkernte Ideologie machen, so denke ich, dann sollen sie das wenigstens bezahlen. Stattdessen kommt die Gebühren-Stasi zu jeder Einweihungsparty und nimmt uns dafür auch noch Geld ab.

Auch Frau Wagenknecht muss ich nicht ständig als Vorzeige-Linke dabei haben, es gibt da sicher noch andere, die auch etwas zu sagen haben. Wie dem auch sei, die Runde aus den Besagten, Wilhelm Hankel, Frank Lehmann und CDU-Mann Frank Steffel verlief anders als ich mir das hätte vorstellen können. Am Ende keimte gar der Verdacht auf, dass der Diskurs den Diskutanten eine Vernunft aufzwingt, die sie eigentlich mit allem Mitteln zu meiden versuchen.

Beachtliches Problembewusstsein

Die traurigste Figur machte daher auch Steffel, der nichts anderes zu bieten hatte als Kanzlerinnen-Funk, Gesundbeterei und alternativloses Beharren darauf, dass nicht gesagt werden dürfe, was nicht wahr sein darf. Es gibt keine Krise. Alles im Griff. Wir haben eine gemeinsame Lösung.

Alle anderen, das schließt ausdrücklich auch Henkel ein, boten zwar äußerst unterschiedliche Lösungsansätze an, zeichneten sich aber durch beachtliches Problembewusstsein aus und waren sich sogar weitgehend einig in den wichtigsten Analysen. Selbst Henkel machte keinen Hehl daraus, dass auch eiserner Sparwille und eine Entschuldung Griechenland nicht in den Stand setzen würde, sich wirtschaftlich zu erholen. Dass in einer gemeinsamen Währung mit Exportmonster Deutschland die Südländer ausgeblutet werden, erkennen inzwischen auch diejenigen an, die sonst glauben machen, man müsse den Staat nur genug verschlanken, dann blühten die Landschaften schon.

Niemand widersprach Sahra Wagenknecht, die erläuterte, dass Griechenland sich derzeit nur tot sparen könne, dass es nicht Ziel sein könne, einen Lohndumping-Wettbewerb loszutreten und dass Deutschlands ‘Erfolge’ bei den Exporten auf Kosten der Konkurrenzfähigkeit anderer Euroländer stattfindet. Sogar ihre Feststellung, dass die Banken als Auslöser der Krise und des großen Schubs der Staatsverschuldung gleichzeitig davon profitieren, stieß eher auf Zustimmung als auf keifenden Gegenwind. Na gut, Arnulf Baring fehlte ja auch unentschuldigt.

Deutschlands Egotrip

Eine Überraschung war der weitgehende Konsens nicht nur darüber, dass Sparen für die Südländer keine Lösung ist, sondern dass eine koordinierte Wirtschaftspolitik der Euroländer die einzige Möglichkeit (gewesen) ist, den Euro zu einer tauglichen Gemeinschaftswährung zu machen. Dass dies nicht der Fall ist, wurde bislang zumeist bejubelt, denn die tollen Exportrekorde Deutschlands sind nichts anderes als der Ausdruck eines gewaltigen Egotrips ausgerechnet der entscheidenden Volkswirtschaft in Euroland. Die neoliberalen Konzepte, die maßgeblich dazu geführt haben, sind gescheitert, bzw. der Euro ist an ihnen gescheitert. Letzteres erkennen alle, egal ob sie wieder Einzelwährungen bevorzugen, einen Nord/Süd-Split des Euros oder eine deutlich höhere Besteuerung von Gewinnen, Vermögen und Höchsteinkommen.

Ganz Gallien? Nein. Ein kleiner unbefestigter Geist in der Runde glaubt immer noch, man könne von einem Rettungsschirm zum nächsten gleiten, Schulden per Gesetz für unmöglich erklären, und dann werde ganz von selbst alles wieder gut. Ob Leuchten wie Frank Steffel allerdings am Ende wirklich entscheiden, wie es weitergeht, daran darf glücklicherweise gezweifelt werden.