duchamp“Kranke Verzweiflung” will ein Kommentator festgestellt haben in meinen Artikeln. Ich fühle mich weder krank noch verzweifelt, muss aber zugeben, dass mich gewisse Zustände nicht eben optimistisch stimmen und es immer schwieriger wird, das Reale noch satirisch zu kommentieren. Der fröhliche Faschismus ergreift schleichend Besitz von Europa, jedenfalls war Demokratie gestern, und was vorgestern war, ist wieder groß im Kommen.

Wenn man Hildegard Hamm-Brücher zuhört, könnte man ins Schwärmen geraten von der guten mittelalten Zeit, der Zeit, als viele aus dem Grauen etwas gelernt zu haben schienen und es sogar in der CSU Antifaschisten gab. Dazu muss man die sozialliberale Ära übrigens keineswegs glorifizieren. Es reicht ein Blick auf die Gegenwart, um zu erkennen, das demokratische Gesinnung mega-out ist bei denen, die sich zur Wahl stellen und bei furchtbar vielen, denen es ausreicht zu wissen, wo der Feind wohnt.

Der Anti-Terror-Spuk …

Aktuell lispelt die Kanzleuse unentwegt das neue Wort, das ihre PR-Berater ihr eingetrichtert haben, in jedes verfügbare Mikrophon: “Mindestspeicherung”. Der Begriff, in den die Werbefuzzis, denen die Politik überschrieben wurde, alles Wichtige hineingelegt haben: Mindestforderung, Vorratsspeicherung, alternativlos. Und doch klingt es gar nicht schlimm und wurde vom Bundesverfassungsgericht in dieser Formulierung noch nicht abgewatscht. Inhaltlich ist die Idee nach wie vor grundgesetzwidrig. So wie fast alles aus der Schmiede der bleiernen Kanzlerin.

Die Legitimation für den Anti-Terror-Spuk soll wieder einmal die EU liefern. Dabei ist der Vertrag von Lissabon ausdrücklich nicht dazu geeignet, die Vorgaben der nationalen Verfassungen außer Kraft zu setzen. Überhaupt, die EU und der Terror: Zwar interessiert sich offenbar nur die TAZ für den ungarischen Staatsfaschismus und dessen Ausgestaltung im Alltag. Wäre es aber nicht durchaus die Aufgabe der EU-Mitgliedsstaaten, dazu wenigstens Stellung zu beziehen? Ungarn gehört in und mit dieser Verfassung nicht in die EU.

… und der Staatsterror

Terror und Willkür sind der Kern des Orbán-Regimes und seiner Putsch-Verfassung. Ich will nichts hören von einem “Antiterror”, den die EU fordert, so lange Faschisten vie Orbán dazu gehören. Dass Italien immer noch daran laboriert, seinen Duce loszuwerden, ist ein weiterer Hinweis darauf, dass in Europas Regierungen niemand die Eier in der Hose hat, sich dem Schlimmsten entgegen zu stellen. Schönwetter-Reden und “Kritik” an der Lage der Menschenrechte in China, das ist alles, was sie zustande bringen.

Das kann einen krank machen oder verzweifelt, aber so weit bin ich gar nicht. Es steht mir nur nicht zu Gesicht, die Wut, die mich angesichts dieser erbärmlichen Simulation von Politik überkommt, in Geifer zu verzaubern. Dass dabei ein manchmal dadaistischer Humorersatz ans Tageslicht tritt, kann ich mir durchaus nachsehen. Me absolvo.