Es geschieht ja durchaus häufiger, daß Journalisten nicht nur voneinander abschreiben, sondern daß es offenbar nur fünf Agenturmeldungen gibt, die an einem Tag einen Artikel wert sind. Heute ist so ein Tag, da könnte man auf die Idee kommen, es gäbe eine nationale Zentralredaktion, deren Ergüsse eben in allen Zeitungen zu erscheinen hätten. Als Zeichen journalistischer Freiheit allerdings in unterschiedlichem Wortlaut. Ich frage mich, ob sich denn niemand findet, der aus tausenden Meldungen etwas Interessanteres filtern kann oder sein Standardmenü wenigstens mit ein bißchen Schmackes servieren.
Wenn nämlich nicht, dann geht auch der Sport von gestern. Allemal spannender und hintergründiger als der Einheitsbrei aus der Agenturdose. Und das geht so:
Gestern berichtete die NZZ vom “Kontrollrausch der UEFA”: Diese will es sich vorbehalten, bei der anstehenden Fußball-WM nicht nur eine Gesichtskontrolle durchzuführen, sondern auch eine des Outfits. Sollten sich etwa größere Gruppen von Menschen einfinden, die Trikotwerbung eines nicht offiziellen Sponsors zur Schau tragen, droht ihnen Ungemach. Sie sollen ggf. ihre Accessoirs abgeben müssen. “Zieht euch aus, wenn ihr keine Sponsoren seid”, schallt es arhytmisch von den Rängen. Noch besser aber ist die Geschichte rund ums “Public Viewing”:
“Die Uefa sieht die Uefa Euro 08 TM als ihr Produkt und Eigentum. Daher verlangt sie von kommerziellen EM-Bar-Betreibern eine Urheberrechtsgebühr, wenn diese die Spiele auf einer Grossleinwand von über drei Metern Diagonale zeigen. Als Sport aber ist Fussball ein Gut der Allgemeinheit. Wäre dem nicht so, dann müsste die Uefa ihren auf eine Milliarde geschätzten Gewinn an der Euro 08 versteuern. Als gemeinnütziger Verein nämlich ist sie nur dann steuerbefreit, wenn ihre Arbeit dem Allgemeinwohl dient“.
Ja, das Allgemeinwohl! Dem ist die UEFA feste verpflichtet, und nur dem. Mag das Public Viewing in Gefahr sein – für Public Wiehern ist gesorgt.
Wie man es fast richtig macht, demonstrierte dagegen Karlheinz Rummenigge, der seinen Regierenden Oberbürgermeister Ude zur Meisterfeier einbestellt hatte. Ude war aber nicht gekommen, also hat der Vorstandsvorsitzende des ehemaligen FC Bayern München “e.V.”, heute “AG”, mal klar gemacht, wie die Bayern einen Titel feiern. Da wird sich nicht gefreut und gesoffen, nein. Meistertitel ist normal. Nicht normal ist, daß die Politik sich nicht zu Füßen der Aktiengesellschaft krümmt und ihrem Vorstand huldigt. Fur Feier des Tages wird folgerichtig der OB zur Sau gemacht. So ist’s zünftig. Nächstes Jahr ist dann die Kanzlerin dran.
Erfreulicher, jedenfalls für Anhänger echten Mannschaftssports, war das gestrige Finale der Eishockey-WM. Unfaßbar schnelles Hockey, virtuose Techniker, faszinierende kanadische Stürmerstars und am Ende der Sieg einer Mannschaft, die einfach eine war. Und was für eine! Die Kombinationen erinnerten teilweise an die große Zeit der Sbornaja. Und sie haben es nach all den Jahren auch einfach mal verdient. Herzlichen Glückwunsch, Rußland!